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Alt 17.08.2014, 17:46   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

es spricht ja auch nichts gegen schöngeistige Worte und romantische Texte an sich, aber das ist eben nicht die alleinige Realität, in der wir leben.

Man muss auch nicht wie Kurt Tucholsky überwiegend als Gesellschaftskritiker und Satiriker auftreten - er lebte ja auch in einer ganz besonderen Zeit - aber ich wünschte mir zuweilen doch, dass die Poesie bzw. Lyrik manchmal etwas "härter" zu Werke geht.

Immer nur lieb und schön sein, brav und bieder, gut spießbürgerlich, dem Mainstream angepasst und mundgerecht zugeschnitten wie chinesisches Essen ist nicht nur langweilig, sondern auch wenig konstruktiv und geht am wahren Leben vorbei, weil es einen großen Teil der Wirklichkeit ausschließt.

So ist das Leben eben nicht, es gibt nicht nur Liebe und Frohsinn, Ästhetik, Konstruktivität oder bisweilen "romantische Trauer", da ist auch noch die Kehrseite, Wut, Hass, Verzweiflung, Destruktivität und alles was dazu gehört.

Wer das ausblendet, verschließt sich vor der Realität, der ist ein Schwärmer, ein romantisch angehauchter und verklärter Träumer, der in seiner eigenen Welt lebt.

Das darf er auch, das ist kein Problem, für mich nicht, aber ich bin nicht so und ich will auch nicht so sein. Ich will romantisch sein, wenn ich in der Stimmung dazu bin und eben nicht auf Knopfdruck, nur weil ich mich Dichter schimpfe.

Also musst du dich gar nicht angesprochen fühlen, denn in deinen Texten findet sich zuweilen doch auch eine dunkle und bittere Seite, mit der du abgerechnet hast.

Zitat:
Ist das im Grunde nicht die gleiche Art Verachtung, wie sie religiöse/politische Fanatiker jenen gegenüber hegen, die in ihren Augen nicht die richtige Einstellung, die richtige Rasse oder den richtigen Glauben haben?
Das mag sein. Doch ich verschieße dabei keine Kugeln, Granaten oder Raketen. Meine Waffen sind Worte, Zeilen und Sonette...

Zitat:
Wenn wir Andersartiges nicht neben uns her existieren lassen wollen/können, ohne uns darüber zu mokieren und/oder es ironisch/zynisch abzuwerten, was unterscheidet uns dann noch von den so und zurecht veachteten Extremisten? Dass wir dieses "Andere" nicht gleich mit Feuer und Schwert zu tilgen versuchen? Ein für die "Anderen" vielleicht im direkten Vergleich angenehmer, aber letztlich schwacher Trost.
Was uns unterscheidet?
Ganz einfach: Worte können mich nicht verletzen. Es sind immer nur die Handlungen, die hinter diesen Worten stehen.
Wenn jemand Arschloch zu mir sagt und das auch so meint, dann drückt er damit lediglich seine Missachtung vor meiner Person aus.
Das könnte man viel subtiler anstellen, aber derjenige kann oder will das eben nicht.
Deswegen würde ich ihm aber niemals sofort ein Messer in den Hals stechen, dazu besteht keine Notwendigkeit.
Wäre es andersherum, wäre ich mir nicht so sicher.

Zitat:
Dies schreibt ein gern in Worten hehrer Poesie Onanierender , der sich angesprochen fühlt...
Du darfst gerne und so oft du magst in Worten hehrer Poesie onanieren, wenn es dich glücklich macht und dir Befriedigung verschafft.
Solange das niemand als Standard für die Lyrik festlegt und ihr diesen Stempel aufzudrücken versucht, braucht sich auch niemand angesprochen zu fühlen...

Vielen Dank für deine Gedanken zum Thema...


Hi Chavi,

ich fang mal weiter unten an.

Doch, das war von Anfang an so gewollt.
Meist steht der letzte Vers fest, zumindest sinngemäß, also ich weiß, wo ich hin will.
Man kann ja in den meisten Fällen die Begriffe ersetzen, wenn sie metrisch nicht in die Aussage passen oder die Satzkonstruktion verändern.

Mit der Metapher liegst du ganz richtig, auch wenn du sie quasi indirekt spiegelst.

Du gehst es richtig an, der Dichter ist zunächst einmal ein ganz normaler Mensch mit positiven und negativen Gefühlen, deren Grenzen durch die jeweilige Individualität nicht genau festzulegen sind.
Darüber will er schreiben.
Wenn sich seine Lyrik auf eine seiner individuellen Seiten beschränkt, so wird sie dem Dichter aber niemals gerecht werden können, denn sie zeigt ja nur ein halbes und geschöntes Bild auf.

Zitat:
Sie meinen, nur wer von Liebe, blühenden Blumen und Romantik schreibt, sind die wahren Dichter...?


Du hast dich nicht verlesen, da besteht ein aktueller Bezug.

Ich finde es schade, dass Thomas sich in Claudis Faden vor einer Diskussion über seine Thesen drückt, indem er vorgibt, er habe meine Ausführungen nicht verstanden.
Und so habe ich mit diesem Sonett offiziellen lyrischen Einspruch gegen eine davon eingelegt.

Ich bedanke mich für deinen Kommentar und deine Ausführungen zum Thema...


Vielen Dank für eure Rückmeldungen...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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