Thema: Einsicht II
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Alt 04.10.2012, 19:05   #8
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Antigone,

ich benutze die Seite www.duden.de, es gibt m. E. keine aktuellere Version.

Auch dort steht freilich, "mit besonderem Nachdruck" dafür.

Wenn du diesen hier ohne Notwendigkeit geltend machen möchtest, so habe ich selbstverständlich nichts mehr dagegen einzuwenden.

Goethe und ich machen es halt anders...


Zitat:
Tja, was soll ich zu deinen Überlegungen zur menschlichen Gesellschaft sagen? Du beziehst dich in deinen Äußerungen auf die Gesellschaft, die du kennst, die bürgerlich-kapitalistische. Was deine Einschätzung dieser Gesellschaft angeht, sehe ich es ähnlich, ich ziehe aber andere Schlussfolgerungen daraus.
Nein, ich beziehe mich auf verschiedene Gesellschaftssysteme.
Ob sie bürgerlich-kapitalistisch, religiös, sozialistisch oder national geprägter Natur sind, spielt überhaupt keine Rolle.
Sie alle haben nur eine Funktion: Die regionalen Regeln festzulegen, nach denen das jeweilige Spiel funktioniert.
Sie bleiben jedoch, was sie sind, künstliche Konstrukte.

Zitat:
Menschen sind Wesen, die auf Einwirkungen von außen reagieren. Wenn also die Umwelt menschenfeindlich ist, gibt es zwei Möglichkeiten der Reaktion: Entweder der Mensch zieht sich zurück, wie du das tust, oder er beginnt ihr Funktionieren zu begreifen und dagegen anzugehen, ob nun mit oder ohne Erfolg. Was ich sehe, ist in dieser Gesellschaft die totale Resignation, du bist da keine Ausnahme. Ob das allerdings auf längere Sicht klug ist, steht auf einem anderen Blatt, denn ohne Widerstand können sich die Verhältnisse nur verschlechtern.
Alle Wesen reagieren auf äußerliche Einwirkungen, ohne Ausnahme, das ist keine menschliche Eigenschaft.

Aber ich glaube, wir haben uns hier missverstanden.
Ich ziehe mich keineswegs zurück, ich (be)nutze das System lediglich für meine Zwecke mit meinen Möglichkeiten. Resigniert habe ich auch noch lange nicht, denn schließlich schreibe ich ja darüber.
Wahrscheinlich wird das keinen Erfolg haben, denn selten hat ein Schreiberling nur mit seiner Schreibmaschine etwas verändert oder bewegt, aber immerhin ist das besser als nichts.
Die Gesellschaftsformen liefern mir genügend Material für den ein oder anderen intellektuellen Erguss.
Ich für meinen Teil kann mich daran himmlisch ergötzen.

Zitat:
Ich weiß, dass es auch anders geht. Im Gegensatz zu dir kenne ich jetzt zwei Möglichkeiten der Organisation menschlichen Zusammenlebens, und ich weiß, dass ich noch vor 20 Jahren in einer völlig anders strukturierten Gesellschaft gelebt habe, in deren Mittelpunkt tatsächlich der Mensch und nicht der Profit stand. Viele, die ich kenne, wollen das heute nicht mehr wahrhaben, sie werden ihre Gründe haben. Aber jetzt lebe ich in dieser von dir geschilderten Gegenwart, und ich weiß, wie schwierig es ist, ihr gegenüber eine Haltung einzunehmen, die nicht resignativ ist.
In Anbetracht deiner Deutschkenntnisse unterstelle ich jetzt einfach mal, daß du hier das ehemalige DDR-Gesellschaftssystems meinst.

In dessen Mittelpunkt stand also tatsächlich der Mensch?

Du meinst tatsächlich den Staat, der seine Grenzen mit einer Mauer, Stacheldraht, Tretminen und scharf schießenden Grenzsoldaten schützen musste, damit ihm die Menschen, die in seinem System im Mittelpunkt standen, nicht einfach davon laufen würden?
Du benennst also den Staat, wo jeder nicht konforme Mensch damit rechnen musste, als politischer Gegner verfolgt und seiner Freiheit beraubt zu werden?
Du nimmst wirklich als Beispiel jenen Staat, der über 40 Jahre von der Sowjetunion abhängig war und lediglich subventioniert wurde und der zusammenbrach, als der große Bruder finanziell in die Knie ging, weil er das nicht mehr stemmen konnte?
Ha, da war es ja kein Wunder, daß hier nicht der Profit im Mittelpunkt stand.
Welcher Profit denn auch und wofür?

Und den Menschen so in den Mittelpunkt zu stellen, heißt nichts anderes, als ihm eine bestimmte Ideologie aufs Auge zu drücken und diejenigen, die das nicht wollen zu bestrafen, anstatt sie gehen zu lassen. Auf einen solchen Mittelpunkt kann ich verzichten.

Also wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich auf jeden Fall für die Freiheit entscheiden, auch wenn ich sie vielleicht nicht völlig nutzen kann, weil mir die finanziellen Möglichkeiten fehlen.
Aber immerhin besitze ich die theoretische Möglichkeit dazu und habe sie immer besessen.

Zitat:
Das alles aber beweist, dass eben nicht nur die Natur der einzige Bezugspunkt des Menschen ist, sondern immer auch die Gesellschaft - auch dann, wenn man mit ihr nichts zu tun haben will.
Nein, das alles beweist lediglich den Prozess der Einordnung des Individuums in die jeweilige Gesellschaft und die damit verbundene Übernahme gesellschaftlich bedingter Verhaltensweisen durch das Individuum.

Doch eines scheint dabei in Vergessenheit geraten zu sein:

Nur weil es sich bei Gesellschaft um ein künstliches Konstrukt handelt, spielt der Mensch eine Rolle darin. Sie muss nicht einmal mit seinen Überzeugungen übereinstimmen, denn der Mensch kann sich gut verstellen.

Das Atmen, Trinken und Essen aber, das kann er nicht vortäuschen.

Der Mensch muss nicht einmal zwangsweise die gesellschaftlich bedingten Verhaltensweisen übernehmen, wenn er bereit ist, die Konsequenzen dafür zu tragen. In zivilisierten Ländern muss er dabei nicht einmal um seine Existenz fürchten.

Hört er aber auf zu Atmen...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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