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Alt 26.09.2014, 08:39   #8
AAAAAZ
Wortgespielin
 
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Hallo Lai,

das Gedicht ist außergewöhnlich schön, und sticht hier heraus, keine Frage. Was kommentiert wurde ist auch alles sehr stimmig.
Eine ganz andere Sicht befällt mich, wenn ich die Radikalität deiner Gedanken lese und nachspüre. Das Gedicht betrifft ja die Generation der langlebigen Dauerbeziehungen, welche wie Blinde und Einäugige zusammen durchs Leben stiefeln oder gestiefelt sind. In einer solchen Beziehung entstehen solche wunderbaren Abhängigkeiten, die in in deinem Liebeslied besungen werden.
In einem unabhängigeren Lebensentwurf würden solche Situationen kaum angestrebt und könnten vielleicht kaum ertragen werden. Bei diesem würde ein anderes Liebeslied besungen werden. Beim Drahtseilakt und beim Fallschirmsprung würden die Protagonisten in hoher Selbstverantwortung auf die eigenen Kräfte vertrauen. Die Liebesdefinition und und das Liebesselbstverständnis bestünde vielleicht eher im Annehmen des Gegenübers mit seinen Stärken und Macken, als diejenige Person zum Hüter des eigenen verborgenen Raumes und zum Drahtzieher der eigenen Handlungskraft feiern. Solch einen Generalschlüssel wären heute viele nicht mehr bereit, aus der Hand zu geben. Es wird mehr in dem Bewusstsein gelebt, so zu handeln, als wenn der andere nicht da wäre, der einem als Sprungtuch und Sicherheit dient. Keine verlängerte Mama- Papa- Nummer.
Ob diese ,,andere" Beziehung als emanzipierte Unabhängigkeit zur elterlichen Ursprungsbeziehung gefeiert werden darf, oder ob sie letztendlich Ausdruck von Beziehungsunfähigkeit ist, wäre eine andere Diskussion, und soll hier auch gar nicht weiter vertieft werden.
Aber wie gesagt, mir gefallen deine Zeilen, könnte aber auch diejenigen verstehen, die ein anderes Liebeslied pfeifen und in sich tragen.
sehr gerne gelesen, AZ
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