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Alt 12.03.2017, 14:27   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Koko!

Je größer der Minderwertigkeitskomplex, desto lauter und heftiger das Aufgeplustere, das Sich-auf-Brust-Schlagen der offiziellen Silberrücken!

Es ist wie mit den militanten Nazis in den Dreißigern: Die waren auch nie in der Mehrheit, machten aber den meisten Lärm!
Ich bin sicher, die "Anhänger" (ich möchte fast von "Anhängseln" sprechen) Erdogans sind insgesamt betrachtet bestenfalls 20-30% der türkischen Bevölkerung, aber jetzt eindeutig im Aufwind der Macht tun sie alles, um ihre Stellung zu zementieren und das Land zu isolieren, damit ihnen dort keiner mehr dreinreden kann, ähnlich wie Nordkorea. Dem Volk wird erzählt, was es hören und glauben soll, die Staatsdoktrin schreibt vor, wie man zu denken und handeln habe - und fertig ist die Machtplattform für einen weiteren Diktator, bzw. eine Diktatur der Bildungsfernen und Großmachtträumer, der islamistischen Geiferer und Koranfaschisten.
Diese Diktatur bewahrt und zementiert die Macht der Männer über die Frauen, der Brutalen über die Gebildeten, der Vergangenheit über die Zukunft. Wer nicht mitgeht, landet im Gefängnis, bis er gebrochen ist oder an "Herzinfarkt" stirbt - oder emigriert.

Ich denke, Hauptauslöser für diese Entwicklung ist nicht ein Geiferer wie Erdogan, der ist bloß ein Symptom - nein, es ist die europäische Politik, der Umgang mit der beitrittswilligen Türkei über Jahrzehnte hinweg.
Die Türken sahen und sehen sich in Europa aus ihrer Sicht gefühlsmäßig als Menschen zweiter Klasse wahrgenommen, als Gastarbeiter für's Grobe gut genug, verachtet und verlacht vom Bildungsbürgertum. Sie wurden Jahre um Jahre hingehalten (wofür es aus unserer Sicht natürlich eindeutige Gründe gab) und ausgegrenzt, die gefühlte Gleichberechtigung durch das Symbol der Aufnahme in die europäische Geminschaft wurde ihnen unter teils fadenscheinigen Vorwänden immer wieder verweigert, aber immer wieder in Aussicht gestellt wie die Karotte, die dem sprichwörtlichen Esel vor die Nase gehalten wird, damit er den Karren brav weiterzieht.

So zumindest sieht es ein nicht unerheblicher Teil der türkischen Bevölkerung, da bin ich sicher. Als Erdogan mehr und mehr erkannte, wieviel Zustimmung er in der Bevölkerung erlangen konnte, wenn er sich gegen Europa stellte, wenn er so tat, als würde er sich diese (sicher teils, aber leider nicht so ganz eingebildete) nationale Demütigung nicht länger bieten lassen, schlug er natürlich nur zu gern in diese Kerbe. Jetzt reitet er den Tiger und kann nicht mehr absteigen. Das Ganze gewinnt eine unbarmherzige Eigendynamik, die ihm mittlerweile ganz Europa zum Feind machen wird.
Europa meint natürlich Erdogan selbst und seine nationalistische, ungerechte und undemokratische Politik. Die (dümmeren) Türken differenzieren da leider nicht. Für sie ist die Ablehnung des Staatsoberhauptes gleichbedeutend mit der Ablehnung des Staates selbst, also quasi eine umfassende Geste der Demütigung (weil dumme Menschen nun mal verallgemeinern), und Erdogan tut natürlich alles, um es auch genau so wirken zu lassen.
So glauben viele Türken wirklich, all das wäre das Ergebnis westlicher Verachtung und Rassismus, und nicht die Folge des diktatorischen Gebarens ihres Quasiherrschers. Denn wie der Frosch im Wasser, der - erwärmt man es langsam genug - darin sitzen bleibt, bis er kocht, so haben auch sie die Folgen und Konsequenzen der schleichenden Umwandlung ihres Staatsapparates nie begriffen, sei es aus Bildungsmangel, oder weil sie es nicht sehen wollten.

So kann Erdogan von "Nazis" reden und künstlich aufgebaute Gegner meinen, ohne dass seine Zuhörer erkennen, dass sie sich selbst wie Nazis verhalten! Eine Tragödie.


Und Mahnungen werden - wie immer schon - ungehört verhallen. die Fäden werden gezogen und die Puppen tanzen. So war es immer schon ...

Resignative Grüße, eKy
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Geändert von Erich Kykal (22.03.2017 um 14:28 Uhr)
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