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Alt 19.04.2014, 05:19   #15
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

darüber brauchen wir gar nicht diskutieren.

Wenn es dir so gefällt, dann lass es stehen.
Normalerweise muss man deine Gedichte auch gar nicht "x-en", weil die Metrik sowieso meist stimmig ist.
Bei dir lege ich jedoch tatsächlich strengere Maßstäbe an, weil du ein sehr erfahrener Dichter bist und dir selbst normalerweise Unregelmäßigkeiten in der metrischen Struktur selbst sofort auffallen.

Sicher kann man das lesen, d. h. aber nicht, dass es auch fließt.
Als ich den Text zum ersten Mal betrachtete, kam ich unweigerlich ins Stolpern an den von mir monierten Stellen.

Vielleicht kann ich es dir mathematisch klarmachen.

Um eine fließende Metrik in einer Strophe zu erreichen, bedarf es eines Rhythmus.
Dem Rhythmus liegt, egal in welcher Deutung, immer eine Regelmäßigkeit zugrunde. Diese Regelmäßigkeit kann man auszählen.
Jede Einheit ergibt einen Takt. Die Taktlänge bestimmt der Dichter oder der Komponist.
Der Dichter arbeitet mit Silben, der Komponist mit Noten.
Auf jeden Fall muss bei der Auszählung der Takte am Ende eines Werkes stets eine teilbare Zahl herauskommen, sonst fehlt etwas, es geht nicht auf.

Das gilt für jede Strophe in der Dichtung, sowie für jeden Satz (oder Strophe) in der Musik.

Bei allen drei Strophen dieses Gedichtes beträgt die Silbenanzahl jedoch 37.
Und 37 ist eine Primzahl.

Das kommt in diesem Falle daher, dass du willkürlich in jeder Strophe eine Silbe weggelassen hast.
Und das geschah noch nicht einmal an denselben Versen der jeweiligen Strophe und die sogenannten Bruchstellen sind nicht an denselben Stellen innerhab der Verse.
Es wird also unwuchtig:

S1

xXxXxxXxX 9
xXxxXxxXx 9
xXxxXxxXxX 10
xXxxXxxXx 9

S2

xXxXxxXxX 9
xXxxXxxXx 9
xXxxXxxXxxX 11
xXxxXxXx 8

S3

xXxXxxXxX 9
xXxxXxxXx 9
xXxxXxXxxX 10
xXxxXxxXx 9

Bruch in S1

an Dinge, von denen die Seele schwer

Liest sich das tatsächlich flüssig?
Oder das?

an Dinge, von denen die Seele mir schwer

Bruch in S2

dass ich noch zu hoffen wage.

dass ich noch zu hoffen mich wage

Bruch in S3

Mein Lieben jedoch, es setzt sich zur Wehr

Mein Lieben jedoch setzt sich "dichtend" zur Wehr

Mal abgesehen davon, dass dies eine unschöne Satzkonstruktion ist, die du ja selbst schon weiter oben bemängelt hast, weil du nicht zufrieden damit bist, wäre die Metrik dann auch hier wieder fließend.
Warum schreibst du das so? Nicht "es" setzt sich zur Wehr, sondern "mein Lieben" setzt sich zur Wehr. Das "es" ist völlig unnötig und fällt sofort als notwendiges Füllsel an dieser Stelle auf.
Durch das Komma entsteht eine Zäsur, also ein Einschnitt, an dieser Stelle, die ebenso unnötig ist, denn es fließt nicht mehr, ich komme beim Lesen ins Stolpern.

Wie gesagt, natürlich ist unsere Lesart unterschiedlich, man kann sich das immer schön lesen, das schaffe ich auch mit dem Text, aber die Metrik ist streng nach den Regeln im Eimer und die Satzkonstruktion (s.o.) sehr unglücklich.

Das ließe sich also vermeiden und der Text würde auf jeden Fall dadurch gewinnen.

Also denk mal bei Gelegenheit darüber nach...


Liebe Grüße

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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