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Alt 13.05.2011, 07:19   #1
a.c.larin
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hallo ihr beiden,

na - ihr habt aber eine menge "sorgen". manchmal habe ich den eindruck, die philosophie verkompliziert nur das leben.

der gedanke, dass ich möglicherweise gar nicht existieren könnte, weil es kein "ich" gibt, erheitert mich.
dann würde ich aber jetzt wirklich gerne wissen, wer hier die ganze zeit die computertasten drückt...?
oder wer immer das geschirr in der abwasch stehen lässt oder wer am klo das licht brennen lässt oder ..... oder......

auch dieses gedankenexperiment stimmt meine laune fröhlich:
jemand behauptet: "dich gibt es gar nicht" - worauf ich ihm eine runterhaue und ihn dann frage, woher sein "veilchen" kommt?

ich denke, rein strafrechtlich betrachtet, sollte sich die idee, dass es kein "Ich" gibt, nicht allzu sehr verbreiten - denn das würde die ganze jurisprudenz, so wie wir sie heute kennen, über den haufen werfen. abgesehen davon will heutzutage ohnehin keiner mehr verantwortung übernehmen....
unsere moralischen westen sind schneeweiß - "weiß mit möpsen drauf"....
(ein toller sager, der sorgte hierzulande sehr für erheiterung)

@ falderwald:
ich möchte dich auf einen denkfehler hinweisen.
du sagst, die regeln im universum seien "logisch". das kann aber nicht sein - denn das hieße ja dann, dass es ein irgendwie geartetes überregionales, überzeitliches bewusstsein gäbe, das diese logik einsetzt - ein umstand, den du selber in frage stellst. ich würde daher vorschlagen, du verwendest an diese stelle das wort "funktional". die regeln und strukturen im universum sind funktional, weil sie sich so aufgrund der zu einem bestimmten zeitpunkt vorherrschenden massen= energieverhältnisse gebildet und zuge der entwicklung auf einem bestimmten level eingependelt haben.

das könnte sich aber auch wieder ändern.
der magnetische nordpol wandert ja - und auch die erdachse ist im laufe der jahrmillionen schon einige male in die andere richtung gekippt.
die veränderungen passieren nur über einen so langen zeitraum hinweg, dass sie für ein menschleben, ja nicht einmal für ein paar generationen einer spezies von belang sind.
konkrete, aktuelle örtlich ereignisse betreffen und da schon viel mehr.
das uns das nicht egal ist, dürfte ein indiz für die tatsache sein, dass es uns doch irgendwie gibt.

die sache mit der selbstwahrnehmung möchte ich auch noch ergänzen:
es ist nicht selbstverständlich, dass wir unsere finger als unsere finger wahrnehmen. das körperbewusstsein entwickelt sich auch erst allmählich.
ein baby weiß noch nicht, das sein finger sein finger ist.
schmerzen oder hunger werden als diffuses unbehagen wahrgenommen.
es fühlt sich symbiotisch eins mit der mutter - und erst durch eine vielzahl von berührungen entdeckt es, was zu ihm selbst gehört und was außerhalb ist. und auch die ersten trennungsängste werden wach....
das "ich" ist das, wo der körper ist.
über berührungen lernt das gehirn sein wahrnehmungen zu differenzieren.
eine erkenntnis, die in der neonatologie dazu geführt hat, dass man die frühgeborenen nun nicht mehr bloß in den brutkasten legt, sonden ihnen gezielte "streicheleinheiten" verpasst, in einer wohldosierten, der entwicklung des babys angepassten menge.
man kann kleine kinder nämlich auch überfordern, wahrnehmungsmäßig.
daher: haltet sie bitte von der glotze fern! kleinkindergehirne brauchen eine andere "lernumgebung" (bauklötze, bilderbücher: anschauen und vorlesen und: bewegnug, bewegung, bewegung!!!!)

die "ich"-wahrnehmung ist zunächst eine neuronale sache. so haben wir es gelernt. sie kann durch unfall oder krankheit auch gestört/ zerstört werden. wer darüber mehr wissen will, dem empfehle ich oliver sacks: "der tag, an dem mein bein fortging".

alles ist eins?
im wienerischen heißt: "ollas is ans" soviel wie: es ist wurscht (=egal)

ach so.
warum machen wir dann so viel theater um die tatsache unserer persönlichen, individuellen endlichkeit - wenn es doch ohnehin egal ist?

möglicherweise ist das der beste "beweis" für die existenz dieses kleinen, begrenzten "ichs".
das ego weiß um seine endlichkeit und protestiert und meutert, sucht nach "erklärungen", auch wenn das an der letzten tatsache gar nichts ändert, somit also nutzlos ist.

ein bewusstsein, das sich in allem wiedererkennt, findet den individuellen tod wahrscheinlich gar nicht mehr so schrecklich....
man braucht dann auch keinen "schutz" mehr - denn man war und ist ja auch nie wirklich in "gefahr".

"verkraften" muss man nur das leben. (was mitunter schwierig genug ist)
das sein aber trägt immer. und darin geht auch nichts verloren.

so.
ich ( oder wer immer das jetzt ist, der gerade in die küche geht) mache mir jetzt kaffee!

liebe grüße,
larin

Geändert von a.c.larin (13.05.2011 um 07:30 Uhr)
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Alt 14.05.2011, 14:00   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, Falderwald, und Hallo, larin,

ich dachte mir beinahe schon, dass die Behauptung, das "Ich" wäre nur eine Illusion, Diskussionen auslösen würde. Was ich sehr verständlich finde, denn was könnte eine größere Bedrohung sein als der Tod? Die Nicht-Existenz, meiner Meinung nach.

Persönlich stehe ich dieser Behauptung negativ gegenüber, denn zwei "Widersprüche" ergeben sich für mich daraus. Der eine Widerspruch findet sich in meinem Gedicht - damit diese "Unterhaltung" auch beim Thema bleibt.

"Alles ist Eins". Die Frage ist doch: Verlieren wir uns oder kehren wir zu Etwas "zurück"? Ist es möglich, dass mit dem Tod unsere Existenz endet? Das ist eine philosophische und metaphysische Frage, denn die Wissenschaft würde darauf mit einem klaren Ja antworten.

Metaphysisch betrachtet sind wir (die Menschen) immer Teile eines "Ganzen". Kommt es also beim Tod zum Verlust des individuellen Ichs? Ich persönlich denke, ja. Also führt das zur für mich etwas beklemmenden Frage, weshalb wir dann "Ichs" sind, also die Natur (Evolution) sich solche Mühe gibt, etwas so Hochkomplexes zu schaffen, das nur so "kurze Zeit" über "da" ist ... Macht eigentlich keinen Sinn, die Natur neigt immer zur Effektivität - also muss das "Ich" effektiv sein - auch auf längere Sicht, sonst würde es nicht beibehalten.

Grund für meine "Irritation" ist aber auch ein, wie ich finde, echter "Denkfehler", der in der Behauptung, das "Ich" wäre nur eine Illusion, liegt.

Wozu sollte das dienen? Wenn das "Ich" illusionär ist, sind die Auswirkungen exakt die Gleichen, als wenn es real ist. Es kann gar keinen feststellbaren Unterschied geben - und zwar in beiden Fällen!

Das ist absurd. Für mich fast ein Paradoxon. Aus diesem Grund schließe ich mich den Reihen der "Illusionsgläubigen" nicht an. Sie haben nämlich das Wichtigste nicht - einen Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptungen.

Aber es ist für mich doch enttäuschend, dass gerade die Philosophie mehr und mehr Abkehr vom "freien Denken" nimmt und dafür eine "Wissenschaft" wird - deren Vertreter demnächst wohl in weißen Kitteln auftreten ... Der Link, der mich auf das Thema brachte.

Und so lange der mir nicht gegeben wird - nun ja, die Wissenschaft. Was Wissenschaftler nicht alles wissen ... um es ein paar Jahre später wieder umzuwerfen - oder aus schierer Sturheit manchmal auch nicht, selbst wenn es ganz offensichtlich falsch war. Die Erde ist eine Scheibe, Spinat enthält furchtbar viel Eisen, Kaffee ist ungesund, es gibt ein Vakuum (wird gerade ganz neu angezweifelt) und eine Hummel kann nicht fliegen, ja, ja ...

Mit "Alles ist Eins" meinte ich in meinem Gedicht eher mein persönliches Fazit: Ich bin, nur als ein unendlich kleines Mimimalstteilchen im Sein, so unwichtig, dass ich alleine für mich eigentlich gar nicht vorhanden bin.

Aber: Wenn im "Ganzen" auch nur das allerwinzigste "Teilchen" fehlt, dann ist das "Ganze" - nicht mehr ganz. Als Teil von Allem bin ich, sind wir alle, auch eine Ameise im Gras - absolut unverzichtbar und deshalb von grenzenlosem Wert.

Der menschliche Denkfehler liegt (für mich) im Ausgehen von sich selbst als das Maß aller Dinge. Immer nur der Mensch im absoluten Zentrum der Wertigkeit. Das halte ich für falsch. Alles ist Eins, und das Eine ist in Allem. Wenn ich also Schaden zufüge/verursache, schade ich immer dem "Ganzen" - und damit auch mir selbst. Das ist Verantwortung, weshalb ich sehr bewusst und achtsam durch mein Leben gehe.

Meine "ganz persönliche" Lebensphilosophie. Wobei ich damit noch in den Anfängen stecke.

Liebe larin, ich gehe mir jetzt auch einen Kaffee holen.

Liebe Grüße

Stimme der Zeit
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Alt 14.05.2011, 23:43   #3
Dana
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Liebe Stimme,

schon die ersten Verse:

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit
Im Universum findet sich die Wahrheit,
sie reist durch Dimensionen voller Fragen.
zeigen auf, wie unendlich weit wir von der Wahrheit entfernt sind.
Aber auch umgekehrt: Sie kann direkt vor und in uns sein - wie die berühmte Brille auf der Nase.

Dein Gedicht ist spannend und fordert eben diese spannende Diskussion heraus. Dabei gestehe ich, dass ich solche "Debatten" sehr, sehr mag, wenn sie "unzänkisch" im Meinungsaustausch stattfinden. Eingebrachter Humor kann nur steigernd zu "Fantasiehöhenflügen" beitragen.

Du hast ins Sonett alles einfließen lassen: Träume, Realitäten, Religionen Wissenschaften, Fantasie und Freiheit - der Philosophie keine Grenzen gesetzt.

Ich habe auch die Kommentare und deine Antworten mit Begeisterung gelesen, trotz der hohen Wissenschaften, die den Leser fast erschlagen.
(Wir zwei leisten es uns öfter, bis zum Erschlaffen, viele erdenklichen Möglichkeiten auszusprechen - wissend, dass es immer nur unbewiesene und eigene Vorstellungen bleiben.)

Wir, unwesentlichen Kleinsteilchen des Ganzen, wissen evtl. vor unserem Seinbeginn, wie es ist. Vielleicht lösen wir uns schlicht aus Neugier (oder Karma) aus dem Ganzen und die Bedingung dabei ist, in der Materie nicht zu wissen.
Ein oder unser höheres Bewusstsein, das außerhalb der Materie vollkommen ist, erprobt sich in der materiellen Welt, immer und immer wieder. Genauso scheitert es immer und immer wieder.
Wir ahnen ein "EINS" auch hier, das durchaus denkbar wäre, wenn alle sich einig wären. Unsere Träume, Vorstellungen, Hoffnungen sind Zeugen dafür.
Wir scheitern an der Gier, Macht und an Kämpfen, die uns über die Geschichte immer aufzeigen, wie sehr wir uns vom gemeinen Wohl gelöst haben.

Da die Zeit nur unsere "Erfindung zur Orientierung" ist, spielt es keine Rolle, wann wir so weit wären. Dieses "Seinspiel" kann in der Unendlichkeit unendlich gespielt werden.

Selbst wenn wir alle es einmal schaffen sollten ein friedliches, harmonisches und gutes (ich weiß, alles nur unsere Wertungen) Erden- oder ...sein zu führen, würde es nicht bedeuten, dass es dann aufhörte. Im Gegenteil - wir würden weiterhin immer und ewig wiederkommen, um zu sehen, zu tasten, zu hören und zu fühlen.

Abgesehen von großen Wissenschaften, von Philosophien, von Geschichtskenntnissen über vergangene Kulturen, von Religionen - die zu erfassen schon schwer, wenn nicht gar unmöglich ist, frage ich nach
"Kleinigkeiten", die wir immer wieder erfahren, erleben und nicht erklären können?
Man geht an hunderten von Menschen vorbei, ohne sie wahr zu nehmen. Eine/einer ist es, die/der Blickkontakt aufnimmt, lächelt und weitergeht.
Es gibt "Versionen", die aussagen, dass sich zwei begegnet sind, die sich einander mit dieser Geste verziehen haben.

Warum sind uns völlig "Fremde" manchmal vertrauter als Personen, die wir länger kennen? Kennen wir den Fremden noch länger?

Sicher kann man speziell diese "Kleinigkeiten" als unwichtig, spinnerig und unwissenschaftlich abtun. Sie sind aber da und wollen uns etwas sagen. Wir hören/sehen nur ob der "Kleinigkeit" nicht hin. Dabei wissen wir von unendlichen Größen und von der Bedeutung des Kleinsten (Atome und noch kleiner).

Sind all diese Zufälligkeiten wirklich nur Zufälle oder fallen sie uns zu , damit wir erkennen und weiter kommen?

Zurück zur Erstaussage:

Zitat:
Zitat von Dana
Wir ahnen ein "EINS" auch hier, das durchaus denkbar wäre, wenn alle sich einig wären. Unsere Träume, Vorstellungen, Hoffnungen sind Zeugen dafür.
Wir scheitern an der Gier, Macht und an Kämpfen, die uns über die Geschichte immer aufzeigen, wie sehr wir uns vom gemeinen Wohl gelöst haben.
Diese zwei Seiten einer Medaille hindern uns daran, wirklich zu sehen. Wir werten.
Wenn ich an Kant und Schopenhauer anschließe und den Willen einsetze, dann erlaube ich mir zu denken und zu träumen. Beides schließt nicht aus, dass ich evtl. ein Wissen vertrete, das ich nicht beweisen kann:

Wir sind EINS und wir begegnen uns immer wieder.
Nicht unbedingt mit jedem "Forumsdichter" - aber ganz bestimmt immer wieder den Menschen, die wir lieben. In welcher Form und Eigenschaft sei dabei unbelassen.

Erkennst du, mit welcher Hingabe ich mich auf dein Gedicht eingelassen habe?
Es erklärt ein wenig den Sinn des Seins.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 15.05.2011, 15:38   #4
Stimme der Zeit
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Hallo, liebe Dana,

ich beginne mit dem Schluss deines Kommentars, wenn du erlaubst:

Zitat:
Erkennst du, mit welcher Hingabe ich mich auf dein Gedicht eingelassen habe?
Es erklärt ein wenig den Sinn des Seins.
Für den ersten Satz möchte ich mich von ganzem Herzen bedanken, das ist wohl das schönste Geschenk, das man bekommen kann.

Der zweite Satz - nun ja, ich möchte gerne geschmeichelt sein, fürchte aber, dass das über den Selbstanspruch der Verfasserin hinausgeht, es sind ja nur meine Gedanken ...

Zitat:
Wir, unwesentlichen Kleinsteilchen des Ganzen, wissen evtl. vor unserem Seinbeginn, wie es ist. Vielleicht lösen wir uns schlicht aus Neugier (oder Karma) aus dem Ganzen und die Bedingung dabei ist, in der Materie nicht zu wissen.
Das finde ich jetzt durchaus erstaunlich, denn genau diesen Gedankengang hatte ich auch schon. Ja, denn wenn wir wüssten, würde es nicht funktionieren. Was ich bereits weiß, das brauche ich nicht mehr zu lernen.

Zitat:
Ein oder unser höheres Bewusstsein, das außerhalb der Materie vollkommen ist, erprobt sich in der materiellen Welt, immer und immer wieder. Genauso scheitert es immer und immer wieder.
Ich persönlich glaube nicht an ein "wirkliches" Scheitern. Wie sagt das Sprichwort so schön: Aus Fehlern lernt man am meisten. Wenn also alles glatt liefe, würden wir nichts lernen, was dann "wirkliches" Scheitern wäre ...

Die duale Struktur des Universum macht einen Sinn, denn alles muss ein Gegenstück haben, damit es überhaupt funktioniert. Der größte Fehler der Religionen liegt darin, Prinzipien zu Göttern zu erheben: Gott ist das Gute, der Teufel das Böse. Gut und Böse sind nur Funktionsmechanismen, die existieren müssen, um eine Entscheidung möglich zu machen. Wer keine Wahl hat, kann nicht wählen - wir "wählen" ständig, bewusst und unbewusst. Das funktioniert nur mit Ja und Nein, denn ein "Vielleicht" bringt uns in unserer Entwicklung nicht weiter. Alles im Leben ist Entscheidung, unaufhörlich im "Großen" und im "Kleinen", die wiederum selbst Entscheidungsprinzipien sind. Kreise in Kreisen, die nicht "ins Sinnlose" führen, sondern zurück zu uns selbst.

Zitat:
Sicher kann man speziell diese "Kleinigkeiten" als unwichtig, spinnerig und unwissenschaftlich abtun. Sie sind aber da und wollen uns etwas sagen. Wir hören/sehen nur ob der "Kleinigkeit" nicht hin. Dabei wissen wir von unendlichen Größen und von der Bedeutung des Kleinsten (Atome und noch kleiner).
Außerdem, liebe Dana, ist alles eine Frage der subjektiv menschlichen Wertung. Wir sind es, die werten: Ein Ding, Ereignis, Gedanke bewertet sich nicht selbst. Von daher gibt es in Wirklichkeit keine "Kleinigkeiten". Nur wir Menschen denken so, denn das müssen wir auch, sonst würde der Entscheidungs- und Lernprozeß wiederum nicht funktionieren. Aber im Grunde genommen gibt es kein "wichtig" oder "unwichtig", kein "klein" oder "groß" ...

Zitat:
Sind all diese Zufälligkeiten wirklich nur Zufälle oder fallen sie uns zu , damit wir erkennen und weiter kommen?
Ich glaube überhaupt nicht an den Zufall. Wenn man alleine mal bedenkt, wie viele einzelne Faktoren (ganz objektiv gesehen!) zusammen gekommen sind, um auch nur unsere kleine Murmel (die Erde) und das Leben darauf zu ermöglichen, das wäre eine sehr, sehr lange Liste. Meine Überzeugung ist: Viel zu viel Zufall, als dass es Zufall sein könnte! Das Zusammenspiel unzähliger Faktoren ist notwendig, vom Abstand zur Sonne, der Beschaffenheit eben dieser; der elementaren Zusammensetzung unseres Planeten, seiner idealen Größe; nicht zu schweigen vom Mond, der genau die richtige Größe hat, genau den richtigen Abstand, der genau so lange im geeigneten Abstand bleiben wird, wie nötig; die Tatsache, dass wir uns in einer sehr "ruhigen Gegend" im Universum befinden, und, und, und ...
(Nur die Vorstellung von einem alten Mann mit Bart, also nee ...)

Zitat:
Wir sind EINS und wir begegnen uns immer wieder.
Ja. Nur nicht immer hier. In der Unendlichkeit muss es eine unendliche Anzahl an Möglichkeiten geben - Fakt: Alles ist möglich, immer und überall. Wir sollten uns selbst nicht so wichtig nehmen, indem wir stur behaupten, nur auf dieser einen Murmel gäbe es Leben. In der Ewigkeit und Unendlichkeit ist kein Irgendwo weit weg, das ist nur unsere Kurzsichtigkeit - im mehrfachen Sinne des Wortes.

Ich glaube daran, dass das "Einssein" immer ist - wir nehmen es nur während unserer "Lern-Lektionen" nicht wahr. Genau so soll es ja auch sein, siehe weiter oben.

Meine "Triebfeder" ist die Hoffnung, dass wir wachsen und werden können - damit das "Tier Mensch" irgendwann zum Menschsein findet, denn davon sind wir noch weit entfernt. Aber der "Trost" ist, wir haben ewig Zeit.

Herzliche Grüße

Stimme der Zeit

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Geändert von Stimme der Zeit (15.05.2011 um 15:46 Uhr) Grund: Ergänzung.
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Alt 16.05.2011, 22:47   #5
Falderwald
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Hi Stimme,

das ist wieder so eine interessante Diskussion, wie wir sie letzte Zeit hier öfter auf dem Eiland finden.
Es ist manchmal schwer hinterher zu kommen, so daß ich mich erst heute wieder zu Wort melde.

Hm, das ist die Frage.
Wenn wir nicht existieren, also nur eine Illusion sind, dann verlöre der Tod eigentlich seinen Schrecken, denn was nicht existiert, kann auch nicht sterben.
Dadurch würde sich allerdings wieder eine neue Frage eröffnen und zwar, wessen Illusion wir dann eigentlich sind.
Da sich "meine Illusion" ziemlich "real anfühlt", müsste schon ein gewaltiges Bewusstsein dahinter stehen, um sich diese, im wahrsten Sinne des Wortes, einzubilden.
Ich könnte theoretisch sogar damit leben, denn mir wird doch ein gewisser Handlungsfreiraum dabei gewährt, so daß ich zumindest das Gefühl habe, ein Individuum zu sein, dessen Gedanken frei sind.

"Alles ist Eins".
Klingt gut, ist auch sehr wahrscheinlich, denn das Universum als Ganzes betrachtet, setzt sich aus allen Dingen zusammen, die sich in ihm befinden und es damit sozusagen erst bedingen.
Man könnte es aber auch herumdrehen und sagen: "Alles ist Nichts".
Wenn nämlich keine Auge da wäre, diese Welt zu betrachten, dann wüsste auch niemand etwas von ihrer Existenz.
Aber was wäre das für eine Existenz, wo kein Bewusstsein vorhanden ist, um ihr Dasein zu bestätigen?
Könnte es nicht vielleicht doch sein, daß die Natur das Bestreben, also den Willen hatte, wahrgenommen zu werden?
Zuerst als Lichtreiz bei den Pflanzen, dann als gefühlte Umwelt bei den Mikroorganismen, weiter zu den Tönen der niederen Wirbellosen, bis hin zu Geschmack, Geruch und Bildern in den Gehirnen der Wirbeltiere und endlich zum abstrakten Gedanken, der mit allen anderen Fähigkeiten vereint, dies alles erst bewusst entstehen lässt und sich nur im Menschen findet, der sie, diese allumfassende Natur, einfach bewundern muss, der erfahren und wissen will, der ihr in Kunst und Ästhetik nachzueifern trachtet und versuchen wird, ihr all ihre Geheimnisse zu entlocken, die sie noch für uns bereit hält und nach und nach preiszugeben bereit ist, wenn wir uns dementsprechend verhalten und ihr Werk, welches sie extra für uns geschaffen hat, zu würdigen wissen?
Wäre das nicht eine denkbare Möglichkeit?

Wäre es nicht denkbar, daß dieses Ding in mir, das Ich, die Seele, der Intellekt, das Selbsbewusstsein einfach nur der in mir manifestierte Wille der Natur zum Leben ist, der mich mit der nötigen Lebensenergie versorgt, solange mein endlicher biologischer Körper das mitmacht?
Ich glaube auch, daß mein Intellekt und mein Selbstbewusstsein mit dem Tode aufhört zu existieren.
Das besagt aber noch nicht, daß der in mir wohnende Lebenswille dabei auch zwangsläufig verloren gehen muss.
Wer weiß, vielleicht entschwindet dieser Wille hier und wacht sofort irgendwo und irgendwann wieder auf, durch zwei klar Augen seine Umwelt erblickend und mit einem Denkorgan ausgestattet, welches freilich wieder ganz von vorne anfangen muss, denn es muss lernen, sich in seiner neuen Umwelt und ihren Bedingungen zurecht zu finden.
Das wäre eine schöne These...

Mit der Philosophie ist es so, wie Schopenhauer sie beschrieben hat und sie zu allen Zeiten war.
Man muss Geld damit verdienen können und deshalb wird man genau das tun, was von einem erwartet wird, also modern und wichtig im Zeitgeist zu erscheinen.
Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben, was Schopenhauer ausdrücklich verurteilte, denn sein Streben galt der Wahrheit.
Selbstverständlich gab es rühmliche Ausnahmen, die sogar für ihre Überzeugung starben, aber selbst Kant musste nach dem Tode des alten Fritz' zurückrudern, weil er sonst nicht mehr sicher gewesen wäre.

Ein seriöser Wissenschaftler sollte sich vor der Behauptung hüten, daß mit dem Tod unsere "Existenz", was auch immer das ist, enden wird.
Er wird höchstens sagen, daß nach dem jetzigen Stand aller wissenschaftlicher Erkenntnisse die biologische Existenz endet. Was jedoch das eigentliche Wesen in uns ausmacht, kann er mit seinen empirischen Methoden nicht erfassen, so daß dieses eindeutig dem Bereich der Metaphysik zuzuordnen ist.
Und da gibt es ja bekanntlich viele Theorien, Thesen, Ideen, Ideale und Dogmen.

Ich denke nicht, daß der menschliche Denkfehler im Ausgehen von sich selbst als das Maß aller Dinge ist, denn von was sollte er sonst ausgehen?
Er kann ja nur von sich selbst ausgehen und zwar so, wie seine Sinne es ihm erscheinen lassen.

Es ist seine Vorstellung der Welt und er kann sich nur an und mit ihr messen.
Daß er seine Bedeutung dabei überschätzt, ist zweifelos täglich zu erkennen und liegt klar auf der Hand.
Aber Antworten wird er nur in sich selbst finden und nur wenn er es schafft, seiner inneren Stimme Gehör zu verschaffen, die ihm ständig zuflüstert: Du exitierst. Kannst du nicht denken, sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken?

Er hat nichts anderes zur Verfügung und leider sind nicht alle gleich ausgestattet, so daß jeder seine Möglichkeiten nutzen muss, um zu erfahren, wahrzunehmen und wenn möglich mitzuteilen, so wie es alle Künstler und auch wir Dichter tun.

Das ist meine Dichterseele...


Liebe Grüße

Falderwald


Servus larin,

ich glaube nicht, daß es ein Denkfehler ist, eine Logik hinter diesem ganzen System zu vermuten.
Das setzt nicht unbedingt ein höheres Bewusstsein voraus, sondern lediglich den Satz vom zureichenden Grunde, der da lautet: Jedes Sein oder Erkennen könne und/oder solle in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
Das setzt lediglich eine logische Folge voraus, die nicht einfach durch "funktional" ersetzt werden kann.
Funktional ist ein momentan funktionierendes System, weil es funktioniert, was aber keine weiteren Veränderungen unmöglich macht.
Es gibt immer eine Ursache, dann kommt ein Grund hinzu und dann kommt das Werden in Form einer Veränderung als logische Folge dabei heraus.
Wir sollten nicht vergessen, daß der Begriff "Logik" eine menschliche Erfindung ist, deren Prinzipien sind:
  1. Satz der Identität: Begriffe sollen stets die gleiche Bedeutung haben
  2. Satz des Widerspruchs: gleichzeitige Bejahung und Verneinung einer Aussage ist unmöglich
  3. Satz vom ausgeschlossenen Dritten: von zwei widersprüchlichen Aussagen kann nur eine richtig sein, keine Dritte
  4. Satz vom zureichenden Grund: nichts geschieht ohne einen Grund (s.o.)

Und diese Prinzipien habe ich konsequent angewendet, so daß meine Aussage von der Abwesenheit logischer Regeln m. E. durchaus einen Sinn macht und zwar genau in der Bedeutung, die der Begriff Logik symbolisiert.

Zitat:
die sache mit der selbstwahrnehmung möchte ich auch noch ergänzen:
es ist nicht selbstverständlich, dass wir unsere finger als unsere finger wahrnehmen. das körperbewusstsein entwickelt sich auch erst allmählich.
ein baby weiß noch nicht, das sein finger sein finger ist.
Dem Letzteren wage ich zu widersprechen.
Dann kneife ein Baby mal feste in den Finger. Es wird dir schon zeigen, daß es ganz genau weiß, wessen Finger da ein Schmerz zugefügt wurde.
Auch wenn es das komische Ding noch nicht unter dem Begriff "Finger" kennen kann, so weiß es jedoch schon ganz genau, daß es damit greifen kann und zu ihm gehört.
Ich kann mich genau daran erinnern, daß ich nach der Ärztin der erste Mensch war, mit dem meine jüngste Tochter Kontakt nach ihrer Geburt hatte.
Die Ärztin musste die Mutter versorgen und ich sollte das Baby waschen und trocknen. Sie hat bei der ersten Gelegenheit nach meinem Finger gegriffen und versucht, ihn festzuhalten. Auch wenn es ein Reflex war, so musste dieser über das vegetative Nervensystem ausgeführt werden und somit hat sie auch die Berührung, also einen Reiz, wahrgenommen, sonst hätte dieser Reflex nicht asugelöst werden können.

Zitat:
das "ich" ist das, wo der körper ist.
Hm, ich würde einfach ein "s" streichen, dann ist diese Aussage stimmig: das "ich" ist da, wo der körper ist.

Zitat:
über berührungen lernt das gehirn sein wahrnehmungen zu differenzieren.
Das ist nur teilweise richtig, denn das "Getaste" ist ja eine Wahrnehmung und damit einer der fünf Sinne.
Es ist ganz sicherlich ein wesentlicher Lernvorgang damit verbunden, der aber lediglich die räumlichen Dimensionen und die Oberflächenstrukturen, sowie Temperatur- wie Atmosphärenunterschiede betrifft.
Durch bloßes Betasten kann ich mir zwar ein "Bild" von einem Gegenstand machen, seine Größe einschätzen, wahrnehmen ob er hart, weich, rauh, glatt, kalt, heiß, trocken oder nass ist, aber niemals erfahren, wie er schmeckt, riecht oder ob er schallt.

Ich denke, der Einsatz in der Neonatologie bei den Frühchen hat da mehr psychologische Hintergründe.


Liebe Grüße

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2011, 16:58   #6
Stimme der Zeit
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Hallo, Faldi, und Hallo, alle "Mit-Interessierten",

besser spät als nie ...
(Diesen Kommi hatte ich völlig vergessen )

Du stellst die Frage:

Zitat:
wessen Illusion wir dann eigentlich sind.
Da sich "meine Illusion" ziemlich "real anfühlt", müsste schon ein gewaltiges Bewusstsein dahinter stehen, um sich diese, im wahrsten Sinne des Wortes, einzubilden.
Also, ich stelle gleich am Anfang mal fest: Ich glaube nicht daran, dass das menschliche "Ich" nur illusorisch ist. Das nur, damit es betreffs des Folgenden keine Missverständnisse gibt, denn ich spiele zuerst den "Advocatus Diaboli".

Also: Diese Theorie geht davon aus, dass das, was wir uns unter dem Begriff "Ich" vorstellen, wäre nur ein geistiges "Rechenmodell". Dieses Modell entsteht im Laufe der (früh)kindlichen Entwicklung, erweitert und verfeinert sich dann im Laufe des Lebens ständig. So wird davon ausgegangen, dass es irgendwann in einer Phase der vormenschlichen Evolutionsgeschichte eingeführt wurde. Da es sich im Sinne eines echten Überlebensvorteils bewährte, wurde es beibehalten. Ein fiktives Szenario als Beispiel: Ein "Vormensch", der auf auf einem Baum saß, konnte von seinem Standort aus auf den benachbarten Baum blicken. Dort hingen sehr leckere Früchte. Aber: Um an sie heran zu kommen, musste er von seinem Ast auf einen Ast des anderes Baumes springen. Sein Vorteil, als er sein "Ich-Bewusstsein" entwickelte: Er konnte die Gegebenheiten durchdenken. Er war in der Lage a) festzustellen, dass er auf einem Ast saß; b) durch bewusstes Denken konnte er einschätzen, wie die Äste beschaffen sind (durch Vergleiche aus bereits gewonnenen Erfahrungen, aus der Erinnerung) und so erkennen, ob die Äste in der Lage wären, sein Gewicht auszuhalten; c) zu erkennen, dass sein Gewicht beim Auftreffen auf den anderen Ast höher ist als sein tatsächliches Körpergewicht und d) aus allem die Schlussfolgerung ziehen, ob er den Sprung wagen kann oder nicht. Das ist nicht alles, ein Bewusstsein ist in der Lage, sich daraus "Vorstellungsbilder" zu erschaffen, d. h. der Vormensch kann "vorausdenken", sich also bildlich vorstellen, was passieren wird - Extrapolation.

Eine Eigenschaft des menschlichen Bewusstseins, die dafür sorgt, ist die Fähigkeit des analytischen Denkens und der Abstraktion. Wenn ich das tue, dann kann das passieren, dann wird das passieren (er stellt sich die Szenarien vor und "spielt" sie geistig durch), und so kann unser Vormensch entscheiden, ob er springt, also die Chance auf Nahrung das Eingehen eines Risikos lohnt, und ob das Risiko "tragbar" ist. Ein "Ich" kann sämtliche Varianten "vorwärts und rückwärts" durchdenken - ohne den Sprung tatsächlich auszuführen, also nur in der Imagination. Worin liegt der ganz besondere Vorteil? Dadurch wird die Gefahr minimiert, es beginnen nicht Instinkt und Bedürfnis allein zu walten, sondern hier kommt der "Verstand" hinzu. Die Wahrscheinlichkeit des Überlebens steigt explizit an. Deshalb hat sich die Spezies Mensch durchgesetzt. Denn Tatsache ist: Kunst ist Abstraktion, Sprache ist Abstraktion, und die Schrift ist eine Abstraktion. Wir nehmen Symbole (Buchstaben, Schriftzeichen, Zahlen) und nutzen diese als "Stellvertreter" für die Dinge. Z.B. "B A U M" - ein Symbol B, ein Symbol A, ein Symbol U, ein Symbol M und das "Wort-Symbol" BAUM. Wir lernen, diese Symbole zu deuten und zu kombinieren, das erhöht unsere Fähigkeit zur Kommunikation (dem Austausch von relevanten Informationen) ganz enorm! Als aus dem Vormensch ein "Mensch" wurde, konnte dieser seiner Sippe mitteilen: "Der Ast hält. Kommt mit, ich habe einen Obstbaum voller Früchte gefunden!" So steigen nicht nur die eigenen Überlebensschancen, sondern die seiner Familie/Gruppe ebenso und dadurch auch die der ganzen Spezies. (Hier nur zur Verdeutlichung, denn das nahm seinen Anfang durch den "Auftritt" des "Ich-Bewusstseins")

Jeder, der den Bedeutungsinhalt der Symbole erlernt hat, kann geistig erkennen, aha, hier geht es um einen Baum - das Gehirn "dechiffriert" und setzt die Symbole wieder in Bilder (Töne, Gefühle) um, denn wir denken "bildhaft". So funktioniert auch die gesprochene Sprache mittels einer "Lautsymbolik" und auch die "Klopfsprache" für Menschen, die blind und taub sind mittels einer "Berührungssymbolik". Auch die Fähigkeit, in "Oberbegriffen" zu denken, ist eine Abstraktion. Wir können sagen: Das ist eine Fichte, das ist eine Buche, das ist eine Eiche - und wir können sagen, das sind alles Bäume. In diesem Sinne ist die Sprache eindeutig eine Form von Kunst - und die Schrift ebenfalls. Willkommen im Reich der Abstraktion und der Symbolik - einem Gedichteforum!

Jetzt kommt meine Rolle als "Advocatus Angeli", denn die Behauptung vom "Illusionären Ich" hat einen gewaltigen "Haken". Weshalb sollte eine Illusion einen echten Überlebensvorteil bieten und ein tatsächliches Ich nicht? Diese Behauptung erschließt sich mir nicht. Denn das wäre ja, als ob ich mir ein Butterbrot vorstelle (also die "Illusion eines Butterbrotes") und illusorisch hineinbeiße, um mir dann vorzustellen, ich hätte gegessen und wäre satt. Mein Tischnachbar dagegen mampft fröhlich ein Echtes. Wer würde da wohl auf die Dauer verhungern? Das führt den angeblichen "Vorteil" der Illusion gegenüber dem Realen ad absurdum. Eine Illusion soll also besser für das Überleben sein als die wirkliche Existenz - na, Mahlzeit!

Die Fähigkeit, uns "Illusionen zu machen" ermöglicht dem realen Sein, zu überleben, eine "Begabung", die wir Fantasie nennen ...

Und, Faldi, da hast du absolut recht: Die Bedeutung des Begriffs der Illusion bedingt, dass etwas Reales da sein muss, das sich eine illusionäre Vorstellung macht. Damit eine "Ich-Illusion" existieren kann, muss irgendetwas sich diese Illusion vorstellen. Eine Illusion kann sich keine Illusionen machen! Quod erat demonstrandum.

Sehr gerne mitgedacht!

Liebe Grüße

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Alt 25.05.2011, 21:14   #7
Dana
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Liebe Philosophen,

wenn ihr (wir) so weiter machen, lösen wir irgendwann alle Rätsel auf.
Was machen wir danach?

Hier sind wir beim Ich, beim Bewusstsein und drehen uns um eine Wahrheit, um Erkenntnisse und Fragen, die uns "auf der Seele" brennen.
Ob es reine Illusionen sind, ob sie logisch oder real sind, sei dabei zunächst hingestellt. Gerade das macht das Rätsel aus. Alle Aspekte sind da, so wie jeder von uns da ist.
Nur angenommen, wir wären hier zu hundert oder zu tausend - kämen ebenso viele "Denkweisen" zu Tage, und die gilt es zu ordnen.

Philosophie, so wir wir sie geschichtlich verfolgen können, gibt es seit unzähligen Generationen und die ersten uns bekannten sind nicht ohne. Das bedeutet, man kann sich nicht auf die "erkenntnisreiche Neuzeit" berufen. (Eher das Gegenteil.)

Betrachtet man den "PC Mensch" (den Vergleich hast du, Stimme, auch schon gebracht), dann kommt man aus dem Staunen und Bewunderung nicht mehr heraus.
Es ist beinahe unmöglich, das Gegebene an den Funktionen im Wunder Mensch zu erlernen und zu begreifen. (Den realen PC übrigens auch nicht, zumindest ich nicht)

ALLES IST EINS - d.h. alles Denkbare, alles Undenkbare, alles Wissenschaftlichte und Unwissenschaftliche, Reales und Unreales, Religion und Atheismus, Materie und Antimaterie und, und, und ...

Heißt das nicht auch, wir dürfen nichts ausschließen? Zumindest gibt es dafür rein wissenschaftlich noch kein Ausschlussverfahren. Es werden immer noch gegebene Wahrheiten widerlegt.

Alles, was wir zur Zeit "behaupten," "denken" oder "glauben", darf eigentlich nicht zum Streitobjekt werden. (Hier schließe ich Himmel und Hölle in der Form, wie sie Religionen uns bisher bildlich dargestellt haben, aus. Es sind Märchen, wie die von Andersen, nur dass man daraus keine Religion gemacht hat. Als gutes Gleichnis wären Teile aus beiden (Religion und Märchen) sogar positiv anwendbar.)

Alles ist Eins - dieses unbegreifliche ALLES brennt uns auf der Seele.

Warum ausgerechnet auf der Seele?

Im Herzen brennen Emotionen wie Liebe, Hass, Güte und Neid.
Im Kopf schmerzen oder kreisen Wissen und Gedanken, die Beweise suchen und oft finden.

Jedoch die Antwort lässt auf sich warten.

Wir werden sie vielleicht darum nicht finden, weil wir uns selbst noch nicht erklären können. Wir funktionieren, aber sobald wir uns die Funktionen und die Zusammenhänge anschauen und zu begreifen versuchen, scheitern wir an der uns gegebenen "Bio-Technik".
Wir sind nämlich zusätzlich ein "PC" mit Illusionen, Visionen, Träumen und Phantasien. Das sind Eigenschaften, die sind - und trotzdem trennen wir sie von Logik und Wissenschaft.

Kämen wir eher zum EINS, wenn wir Trennungen unterließen?

Ich gestehe:

Ich will, dass es eine Seele gibt und erkenne sie über diesen Willen. Wie sonst sollte ich darauf kommen?
Mit ihr wäre auch alles Unerklärbare erklärbar - zur Zeit nicht im Hier und Jetzt, aber irgendwann vielleicht doch?

Ich mag solche Fäden.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 02.06.2011, 20:23   #8
Stimme der Zeit
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Liebe Dana,

ich mag solche Fäden auch. Sehr!

Ja, die Frage nach der "Seele". Das ist ein Wort, oder besser, ein Begriff der Künstler, Philosophen, Religionen und Wissenschaftler gleichermaßen interessiert. Wobei der Unterschied wohl im Motiv liegt; was der eine sucht, glaubt der Andere zu gefunden zu haben; der Dritte möchte die Existenz beweisen und der Vierte die Nicht-Existenz. Ganz zu schweigen von all den vielen Vorstellungen, was sie denn nun ist - die Seele.

Darauf hat noch nie jemand eine Antwort gefunden, und ich glaube auch nicht, dass das passieren wird. Meiner Meinung nach, wie ich bereits erwähnte, ist der Mensch mehr als nur ein "Ich", vielleicht "verstehe" ich diesen Begriff daher anders als üblich.

Was mich immer wieder irritiert hat, ist ein typisch auftretender "Denkfehler". Immer wieder, wenn jemand darauf angesprochen wird, ist die Rede von "meiner Seele". Hier ist der Kontext meiner Meinung nach falsch - "mein" bedeutet, ich habe da also irgendwo in mir etwas, das mir , mein ist. . Das kann dann aber nicht Ich sein, also etwas "Separates". Dabei bekomme ich immer die (ich gebe es zu, etwas absurde) Vorstellung einer "leuchtenden Kugel", die irgendwo im Körper steckt. Der Fehler steckt aber auch noch in einer anderen Vorstellung - es heißt, die Seele komme in den Himmel, oder es wird gebeten: Mach, dass meine Seele in den Himmel kommt. Das heißt, die Seele geht "irgendwohin" - und was wir dann aus mir? Dann kann sie also nicht "Ich" sein, sondern etwas Anderes, das mit mir zusammen in diesem Körper steckt. Damit kam ich irgendwie noch nie sonderlich klar.

Ich denke, dass ich die "Seele" bin - die "Seele" spricht, denkt, fühlt und handelt - ergo: Ich. Wie sollten sonst "zwei" getrennte Wesen in mir wohnen? Nein, Körper, Geist (Verstand) und das, was "Seele" genannt wird, das ist eine Einheit. Alles ist Eins - auch das "Selbst" eines Menschen. Weshalb ich ganz bewusst diesen Begriff verwende, das tue ich mit Grund.

Was heißt, ich "leugne" nicht die Existenz der Seele - ich glaube nur, dass dieser Begriff völlig fehlinterpretiert und in falschem Zusammenhang gebraucht wird. Denn, von meiner persönlichen Sichtweise einmal abgesehen, kann weder ihre Existenz noch ihre Nicht-Existenz bewiesen werden, weshalb darüber gestritten wird, seit die Menschheit sich dieses Wort ausgedacht hat. Damit sollte ein Rätsel "erklärt" werden, das nicht zu erklären ist. Da wir nun einmal nur begrifflich denken können, muss eben alles einen Namen haben, sonst könnten wir nicht daran denken, und auch nicht darüber nachdenken ...

Nun ja, die alten Ägypter betrachteten den "grauen Glibber" im Kopf als ziemlich rätselhaftes und nutzloses Zeug - sie entfernten ihn bei der Mumifizierung, da sie ihn als völlig unwichtig erachteten - im festen Glauben, die Seele wohne in der Leber. Weshalb diese auch eine besonders schöne Kanope (Grabgefäß) bekam. Manchmal stelle ich es mir sehr interessant vor, wenn ich durch eine technische Vorrichtung in die Vergangenheit "spickeln" könnte, um zu sehen, was es da wohl noch so für Vorstellungen gab.

Zitat:
Kämen wir eher zum EINS, wenn wir Trennungen unterließen?
Vielleicht nicht, vielleicht ja - ich behaupte nicht, das wissen zu können. Aber: Wenn diese Separierung aufgehoben würde, also Wissenschaft, Philosophie, Kunst und (wenn's denn sein muss, es geht hier ja ums "Prinzip") auch Religion tatsächlich zusammen arbeiten würden, dann könnten erstaunliche Dinge geschehen. Selbst wenn nur die Wissenschaftler der einzelnen, völlig unterschiedlichen Fachrichtungen ihre Forschungen und Ergebnisse miteinander frei und offen teilen würden - dann könnten wir wirkliche Fortschritte machen. So bäckt jedes Grüppchen seine eigenen Brötchen, und es kommt eben kein echter Fortschritt dabei heraus. Ja, hier könnte man wieder die dahinter liegenden Motivationen diskutieren - aber das würde wohl eine endlose Debatte werden, denn bisher waren sich da schon keine zwei Menschen darüber einig, ganz zu schweigen von Mehreren, von Ländern oder der Welt - eine illusionäre Wunschvorstellung - aber, ganz insgeheim: Schön wär's, wenn auch total unrealistisch.

Ja, liebe Dana, ich glaube, dass es die Seele gibt, und den Körper, und den Verstand - es gibt uns. Unser "Selbst". Ich glaube, dass der Mensch mehr ist als nur die Summe dieser "Teile", er ist eine Ganzheit.

"Ganzheitswissenschaftsphilosphieglaubenskunst " - das wollte ich hier nur mal eben "erfinden", auch wenn es, wie ich zugebe, ein sehr lustiges "Bandwurmwort" ist.

Liebe Grüße

Stimme der Zeit
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Alt 06.06.2011, 23:49   #9
Falderwald
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Hi Stimme,

ich gehe jetzt erst mal auf deinen Beitrag #10 eiin, auch wenn Dana und du schon weiter seid.

Zitat:
Also, ich stelle gleich am Anfang mal fest: Ich glaube nicht daran, dass das menschliche "Ich" nur illusorisch ist.
Ich denke wir sind uns da im Grunde einig...

Zitat:
Das nur, damit es betreffs des Folgenden keine Missverständnisse gibt, denn ich spiele zuerst den "Advocatus Diaboli".
...weshalb ich auch das Teufelchen einmal widerlegen möchte:

Das fiktive Szenario kann als Erklärung für die Entwicklung des Intellekts und des Ich-Bewusstseins, wie wir es kennen, nicht genügen, denn ich halte dagegen, daß der Affe heute noch immer genau so, wie dargestellt, verfährt und sich beim Sprung auf den nächsten Baum auch die Knochen nicht bricht.
Dasselbe gilt sogar für ein Eichhörnchen. Auch das muss einschätzen, wie weit seine Kraft für einen Sprung reicht und ob das zu erreichende Geäst oder Gezweige sein Gewicht trägt.
Und wenn ich diese possierlichen Tierchen beobachte, dann sehe ich genau, daß die das sehr wohl können.

Zitat:
Eine Eigenschaft des menschlichen Bewusstseins, die dafür sorgt, ist die Fähigkeit des analytischen Denkens und der Abstraktion. Wenn ich das tue, dann kann das passieren, dann wird das passieren (er stellt sich die Szenarien vor und "spielt" sie geistig durch), und so kann unser Vormensch entscheiden, ob er springt, also die Chance auf Nahrung das Eingehen eines Risikos lohnt, und ob das Risiko "tragbar" ist. Ein "Ich" kann sämtliche Varianten "vorwärts und rückwärts" durchdenken - ohne den Sprung tatsächlich auszuführen, also nur in der Imagination. Worin liegt der ganz besondere Vorteil? Dadurch wird die Gefahr minimiert, es beginnen nicht Instinkt und Bedürfnis allein zu walten, sondern hier kommt der "Verstand" hinzu.
Hier muss ich leider sagen, daß diese Aussage des "Advocati Diaboli" schlicht falsch ist.
Nicht in der Hinführung aber doch im Ergebnis, denn nicht der Verstand kommt hinzu, sondern die Vernunft. Und das ist ein riesengroßer Unterschied.
Warum?
Schopenhauer definierte den Verstand so:

„Das subjektive Korrelat der Materie oder der Kausalität, denn beide sind eines, ist der Verstand, und er ist nichts außerdem. Kausalität erkennen ist seine einzige Funktion, seine alleinige Kraft.“

Und auch Kant definierte den Verstand als das an Sinneseindrücke gebundene, aposteriorisch arbeitende Erkenntnisvermögen, wohingegen er der Vernunft die Bedeutung als dem gegenüber dem Verstand höheren Erkenntnisprinzip zuspricht, also genau das, was im o.a. Zitat beschrieben steht.

Verstand also muss jedes Lebewesen seinen Fähigkeiten nach mehr oder weniger schon besitzen, sonst könnte es nicht in seiner Umwelt existieren.
Es muss sehen, es muss abschätzen und schließlich ein Urteil fällen, wo immer dieses auch herkommen mag, jedoch nicht als Entscheidung aus abstrakten Gedankengängen heraus, was vornehmlich dem Menschen mit seinem außerordentlichen Denkorgan zukommt.

Zitat:
Die Wahrscheinlichkeit des Überlebens steigt explizit an. Deshalb hat sich die Spezies Mensch durchgesetzt. Denn Tatsache ist: Kunst ist Abstraktion, Sprache ist Abstraktion, und die Schrift ist eine Abstraktion. Wir nehmen Symbole (Buchstaben, Schriftzeichen, Zahlen) und nutzen diese als "Stellvertreter" für die Dinge. Z.B. "B A U M" - ein Symbol B, ein Symbol A, ein Symbol U, ein Symbol M und das "Wort-Symbol" BAUM. Wir lernen, diese Symbole zu deuten und zu kombinieren, das erhöht unsere Fähigkeit zur Kommunikation (dem Austausch von relevanten Informationen) ganz enorm! Als aus dem Vormensch ein "Mensch" wurde, konnte dieser seiner Sippe mitteilen: "Der Ast hält. Kommt mit, ich habe einen Obstbaum voller Früchte gefunden!" So steigen nicht nur die eigenen Überlebensschancen, sondern die seiner Familie/Gruppe ebenso und dadurch auch die der ganzen Spezies. (Hier nur zur Verdeutlichung, denn das nahm seinen Anfang durch den "Auftritt" des "Ich-Bewusstseins")

Jeder, der den Bedeutungsinhalt der Symbole erlernt hat, kann geistig erkennen, aha, hier geht es um einen Baum - das Gehirn "dechiffriert" und setzt die Symbole wieder in Bilder (Töne, Gefühle) um, denn wir denken "bildhaft". So funktioniert auch die gesprochene Sprache mittels einer "Lautsymbolik" und auch die "Klopfsprache" für Menschen, die blind und taub sind mittels einer "Berührungssymbolik". Auch die Fähigkeit, in "Oberbegriffen" zu denken, ist eine Abstraktion. Wir können sagen: Das ist eine Fichte, das ist eine Buche, das ist eine Eiche - und wir können sagen, das sind alles Bäume. In diesem Sinne ist die Sprache eindeutig eine Form von Kunst - und die Schrift ebenfalls. Willkommen im Reich der Abstraktion und der Symbolik - einem Gedichteforum!
Nun, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit des Überlebens für ein Lebewesen in einer feindlichen Umwelt, daß weder scharfe Klauen oder Zähne, noch starke Hände hat und zudem fast allen Vierbeinern aufgrund seines aufrechten Ganges auf zwei Beinen beim Laufen unterlegen ist und zudem noch nicht mal so gut riechen oder hören kann, um eine Gefahr frühzeitig zu erkennen?
Unterlegene körperlichen Waffen, "schlechte" Sinnesorgane und keine Fluchtmöglichkeiten bieten keine guten Überlebenschancen, wenn das nicht irgendwie ausgeglichen wird.
Also bleibt nur die Kommunikation (u.a. Warnungen) und die Fähigkeit, mit List (Waffen benutzen und schaffen) zu überleben.
Dabei ist Sprache ein notwendiges Mittel (das Schreiben kam erst viel, viel später dazu).

Aber wie kam es dazu?

Der "Advocatus Diaboli" spricht hierbei immer wieder von einem Vormenschen.
Wer oder was war denn nun genau dieser Vormensch?
Die heutige Wissenschaft geht davon aus, daß der Mensch und die Primaten einen gemeinsamen Vorfahren hatte, dessen eine Richtung sich so und die andere so entwickelte.

Der aufrechte Gang entlastete die Hand, was deren Entwicklung ermöglichte und Werkzeuggebrauch wurde möglich. Dazu ist eine präzise Führung der Hand Voraussetzung, was erst sensible Handflächen ermöglichen. Primatenhände besitzen empfindliche Tastballen.

Auch der stark ausgebildete, in mehrere Richtungen drehbare Daumen, der jedem Finger gegenübergestellt werden kann ist für differenziertes Zupacken besser, als der kürzere Daumen der Affen, dessen, soweit ich weiß, mittleres Gelenk sogar fast steif ist und damit der Affenhand nur einen einfachen Pinzettengriff erlaubt.
Das Präzisionswerkzeug Hand in Verbindung mit dem um seine Längsachse drehbaren Arm wurde zu einem Greif-,Erkundungs- und Manipulationsinstrument, und damit zur Grundlage jeder kulturellen Betätigung.
Womit wir bei den körperlichen Voraussetzungen für die geistige Entwicklung angelangt wären.

Die Sprache war da nur noch der nächste notwendige Schritt.
Die ersten Worte hatten noch einen symbolischen und bildhaften Charakter, jedoch je differenzierter die Sprache wurde, desto abstrakter wurden auch deren Begriffe, die sich nämlich zum großen Teil gar nicht mehr bildhaft vorstellen lassen.

Das beste Beispiel sind Zahlen. Eine Menge bis zehn oder zwanzig kann man sich durchaus noch vorstellen, danach wird es schon schwierig.
Man lege jemandem mal 37 Kaffeebohnen vor und derjenige soll auf Anhieb sagen, wieviele das sind. Er wird scheitern, denn er muss zuerst zählen, ihm bleibt sonst nur ein Schätzen.
Unser bewusstes Denken läuft also keinesfalls bildhaft ab, sondern höchsten durch Bilder unterstützt.

Der Rest der Ausführungen des o. a. Zitats ist in Ordnung.

Jetzt wollen wir uns noch einmal das Engelchen anschauen:

Zitat:
Jetzt kommt meine Rolle als "Advocatus Angeli", denn die Behauptung vom "Illusionären Ich" hat einen gewaltigen "Haken". Weshalb sollte eine Illusion einen echten Überlebensvorteil bieten und ein tatsächliches Ich nicht? Diese Behauptung erschließt sich mir nicht. Denn das wäre ja, als ob ich mir ein Butterbrot vorstelle (also die "Illusion eines Butterbrotes") und illusorisch hineinbeiße, um mir dann vorzustellen, ich hätte gegessen und wäre satt. Mein Tischnachbar dagegen mampft fröhlich ein Echtes. Wer würde da wohl auf die Dauer verhungern? Das führt den angeblichen "Vorteil" der Illusion gegenüber dem Realen ad absurdum. Eine Illusion soll also besser für das Überleben sein als die wirkliche Existenz - na, Mahlzeit!
Diese Aussage ist nicht logisch.
Wenn ich nur eine Illusion bin, dann verhält es sich mit allen anderen Dingen ebenso. Also würde mein Nachbar auch nur in die Illusion eines Brotes beißen und könnte damit sehr wohl überleben.

Der größte Widerspruch in der These vom "Illusionären Ich" findet sich darin:

Zitat:
Die Fähigkeit, uns "Illusionen zu machen" ermöglicht dem realen Sein, zu überleben, eine "Begabung", die wir Fantasie nennen ...

Und, Faldi, da hast du absolut recht: Die Bedeutung des Begriffs der Illusion bedingt, dass etwas Reales da sein muss, das sich eine illusionäre Vorstellung macht. Damit eine "Ich-Illusion" existieren kann, muss irgendetwas sich diese Illusion vorstellen. Eine Illusion kann sich keine Illusionen machen! Quod erat demonstrandum.
Und darin stimmen wir völlig überein...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 07.06.2011, 09:51   #10
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Hi, Faldi,

ich habe Dienstags und Mittwochs morgens "frei" (da arbeite ich jetzt anders), deshalb möchte ich gerne antworten, wo ich gerade Zeit dazu habe.

Wie ersichtlich, habe ich "Wissenslücken"; in einigen deiner Ausführungen erkenne ich also gerne deinen "höheren Wissensstand" an. Ich lerne ja immer freudig dazu und kann auch meine Meinung ändern, wenn ich merke, dass ich von falschen Voraussetzungen ausgehe und daher meine Schlussfolgerungen "daneben" gingen.

Darf ich versuchen, meine Überlegungen zu erklären: Mit "bildhaft" meinte ich nicht, dass wir in Bildern denken, sondern eigentlich meinte ich Vorstellungsbilder. Wobei ich gerade merke, dass ich jetzt in "Schwierigkeiten" komme - wenn ich nämlich aus oben bereits genannten Gründen den passenden Begriff nicht kenne. Ich versuche es trotzdem mal.

Wie denken wir? Das kann jetzt wieder ein Irrtum von mir sein, aber ich meine, dass ein "Gedanke" (ein Wort, ein tatsächliches Bild, ein "geistig gehörter" Ton) ein Vorstellungsbild ist, denn wir stellen uns ja "etwas" vor, was immer das auch sein mag. Ohne Vorstellung funktioniert das nicht. Ich denke mir das so: Ein (Wort, Bild, Ton) ist ein Begriff, ein Begriff ist eine Vorstellung, und eine Vorstellung ist ein geistiges "Bild". Ich weiß nicht, ob ich das jetzt erklären konnte, aber besser kann ich es in diesem Fall nicht. Auch Präzision muss ich wohl noch lernen, gar nicht so einfach, das Ganze. Eventuell habe ich den falschen Begriff benutzt und hätte anstatt von "bildhaft" von "begrifflicher Vorstellung" sprechen sollen. Übungsbedarf in Sachen Diskussion ... *Grübel*

Zitat:
Das fiktive Szenario kann als Erklärung für die Entwicklung des Intellekts und des Ich-Bewusstseins, wie wir es kennen, nicht genügen, denn ich halte dagegen, daß der Affe heute noch immer genau so, wie dargestellt, verfährt und sich beim Sprung auf den nächsten Baum auch die Knochen nicht bricht.
Dasselbe gilt sogar für ein Eichhörnchen. Auch das muss einschätzen, wie weit seine Kraft für einen Sprung reicht und ob das zu erreichende Geäst oder Gezweige sein Gewicht trägt.
Und wenn ich diese possierlichen Tierchen beobachte, dann sehe ich genau, daß die das sehr wohl können.
Ja, aber Faldi: Ein Wellensittich "hilft" seinen Küken beim Schlüpfen, das ist genetisch fest verankertes Verhalten, ebenso wie die Fähigkeit von Eichhörnchen, von Ast zu Ast zu springen. Im Grunde genommen ist das angeboren, es muss also nicht erlernt, sondern nur geübt werden. So, wie ein Vogel das Fliegen auch nicht lernen, sondern nur üben (und die Flugmuskulatur trainieren) muss. Die "Erinnerung" ist also schon da, ich hoffe, ich drücke mich verständlich aus. Bei Primaten liegt meiner Meinung nach die Sache etwas anders, sie sind ja auch ziemlich "dicht an uns dran". Aber Tatsache ist, dass z. B. nicht alle Schimpansen sich im Spiegel selbst erkennen, sondern nur manche, und meistens die älteren Weibchen. Ich glaube, hier "verschwimmen die Grenzen" etwas. Von da her gehe ich nicht 100 % konform mit der Aussage bezüglich "Verstand" bei Tieren. Ist eine im Genom verankerte Rassenerinnerung "Verstand"? Erkennen Tiere wirklich Ursache und Wirkung? Ich muss gestehen, dass ich daran zweifle. Das Wellensittichweibchen wirkt auf uns "rührend", da wir von uns selbst ausgehen, finden wir diese "Besorgnis" toll - aber das stimmt leider nicht. Es reagiert aus einem angeborenen in den Genen verankerten "Programm" so - ausgelöst wird sein Verhalten durch die Bewegungen des Eies und die Laute, die das Küken von sich gibt. Man hat diesbezüglich Tests durchgeführt. Wenn z. B. keine Laute ertönen (ganz bestimmte Laute sogar!) oder das Ei sich nicht bewegt, dann reagiert das Weibchen nicht und lässt sein Küken sterben. (Im Lebensraum von Wellensittichen ist die Luft oft zu trocken, das Küken klebt an den Eihäuten fest und kann sich nicht selbst befreien. Da hat die Evolution mit einem Überlebensmechanismus reagiert.) Aber - es benutzt nicht den Verstand, um zu erkennen: Oh, mein Küken hat Probleme beim Schlüpfen, ich muss helfen, denn sonst stirbt es. Ich glaube daher auch nicht, dass das Eichhörnchen seinen "Sprung" durchdenkt und eine Kausalität erkennt.

Hier liegt es wahrscheinlich daran, dass ich den Begriff "Verstand" wohl anders definiere, und Vernunft für mich die Fähigkeit ist, ihn "richtig zu nutzen", wobei ich hoffe, dass ich dich jetzt nicht wieder gedanklich auf eine von mir (in Ermangelung besserer rhetorischer Fähigkeiten bzw. Kenntnisse) falsch ausgelegte Fährte bringe ...

Zitat:
Der aufrechte Gang entlastete die Hand, was deren Entwicklung ermöglichte und Werkzeuggebrauch wurde möglich. Dazu ist eine präzise Führung der Hand Voraussetzung, was erst sensible Handflächen ermöglichen. Primatenhände besitzen empfindliche Tastballen.

Auch der stark ausgebildete, in mehrere Richtungen drehbare Daumen, der jedem Finger gegenübergestellt werden kann ist für differenziertes Zupacken besser, als der kürzere Daumen der Affen, dessen, soweit ich weiß, mittleres Gelenk sogar fast steif ist und damit der Affenhand nur einen einfachen Pinzettengriff erlaubt.
Das Präzisionswerkzeug Hand in Verbindung mit dem um seine Längsachse drehbaren Arm wurde zu einem Greif-,Erkundungs- und Manipulationsinstrument, und damit zur Grundlage jeder kulturellen Betätigung.
Womit wir bei den körperlichen Voraussetzungen für die geistige Entwicklung angelangt wären.
Ja, davon "hörte" ich. Dass vermutet wird, es sei eigentlich die Entwicklung des Daumens gewesen, die erst die Entwicklung unseres Gehirn ermöglicht haben soll. Hier muss ich ehrlich sagen, gut, es gibt die "kleine Ursache mit großer Wirkung", es klingt auch sehr logisch - aber irgendwie überzeugt mich das doch nicht so ganz. Es gab viele aufrecht gehende Dinosaurier - aber sie entwickelten weder einen Daumen noch eine uns vergleichbare Hand, und auch kein vergleichbares Gehirn. Und sie hatten sehr, sehr lange "Zeit" dafür, der "Konkurrenzkampf" war groß, und die Umwelt bedrohlicher als heute, denn vulkanische und tektonische Aktivitäten waren viel höher ...

Der aufrechte Gang, die "feindliche" Umwelt, sie "erklären" mir nicht alles, da "fehlt" mir etwas in dieser "Logik-Kette". Wir hätten doch ebenso gut Klauen und Zähne entwickeln können, nicht? Ich meine das vom "Grundprinzip" her - natürlich ist Intelligenz der effektivste Weg, klar.

Zitat:
Diese Aussage ist nicht logisch.
Wenn ich nur eine Illusion bin, dann verhält es sich mit allen anderen Dingen ebenso. Also würde mein Nachbar auch nur in die Illusion eines Brotes beißen und könnte damit sehr wohl überleben.
Jetzt macht's mir Spaß hier: Das ist auch nicht logisch. Denn dein Nachbar ist ja nur illusorisch - wenn er also gar nicht "wirklich lebt", kann er auch nicht "überleben" - mittels einer weiteren Illusion namens "Butterbrot". Und als Illusion könntest du ja gar nicht wahrnehmen, wie eine andere Illusion in etwas hinein beißt ...*Kicher*

Zitat:
Und darin stimmen wir völlig überein...
Aha! Und warum bekam ich gerade von einer Illusion eine illusorische Vorstellung als (zwangsläufig illusorischen) Beweis für eine illusorische Behauptung, die von einer weiteren Illusion aufgestellt wurde - rein illusorisch betrachtet, natürlich!

(Platon hat auch so "Gespräche" in seinen Dialogen geführt - die eigentlich überflüssig, da illusorisch waren. Aber ich habe den schleichenden Verdacht, dass es ihm genau so viel Vergnügen machte wie mir heute ...)

Liebe Grüße (ganz in "echt")

Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (07.06.2011 um 10:08 Uhr) Grund: Nachträgliche Ergänzung.
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