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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 01.11.2009, 10:24   #1
Leier
gesperrte Senorissima
 
Registriert seit: 07.02.2009
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Mütterchen hat Blasenkrebs,
Vater ist schon amputiert.
Kinder sind als liebe Plebs
vom Pflegen schon sehr lang frustriert.

Enkel wollen nicht mehr riechen
Krankenzimmers Dauermuff,
Mütterchen möcht sich verkriechen.
Vater kennt den Schmerz kariert.

Auf vier Rädern kommt das Essen,
Geschmack ist da nicht angesagt.
Sterben heißt es oder Fressen,
wenn der Durst auch noch so plagt.

An den Hinterbacken blühen Wunden.
(Als Eltern hatte man sich noch geschunden),
die Haut ist mangels Pflege schier verdorrt.
Ein Glück: Die Hypothek war nicht geschnorrt.

Wir wollen nicht in Villa Rosenhain,
das Paradies der Alten.
Wir wollen, dass der Tagesschein
uns sterben läßt im Kinderhalten.
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Alt 01.11.2009, 12:02   #2
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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liebe cyparis,

da hast du deinen finger auf eine wunde unserer zeit gelegt!

verständlich, dass die alten sich etwas anderes wünschen, als "villa rosenhain" -
andererseits : wenn es sonst keine nahen angehörigen gibt, die deren pflege leisten können, ist "villa rosenhain" vielleicht trotzdem noch das kleinere übel.
das problem an der sache ist, dass die pflege und betreuung meist an einer einzelnen person hängen bleibt ( zumeist sind es frauen), die dann über längere zeit sowohl die psychische als auch die körperliche versogung des alten menschen leisten können muss! das ist bei einer dementen person ein ziemlich kräfteraubender job( für den man vielleicht auch eine entsprechende ausbildung bräuchte ?) wenn man bedenkt, dass die heute pflegebedürftigen "alten" weit in den achtzigern sind und deren kinder daher etwa in den sechzigern sein müssen, kann man sich leicht vorstellen, dass hier eine schere aufgeht, die nicht immer leicht zu schließen ist.
sind die kinder jünger, muss sich die pflege mit der eigenen berufstätigkeit vereinbaren lassen, sowie mit den weiteren familiären und wohnraumbedingten umständen .....

eine gute freundin von mir hat ihre alte mutter 10 jahre lang daheim gepflegt, war "nebenbei" aber noch voll berufstätig und hatte zuletzt auch noch ein kleinkind. irgendwann war sie dann an den grenzen ihrer eigenen körperlichen belastbarkeit und musste - sehr schweren herzens - ihre mutter in ein heim geben...

eine zeitlang habe ich selbst im zuge eines betreuungsprojektes in einem altersheim eine alte dame besucht, ich weiß daher, wie sehr sich die alten leute über besuch und zuwendung freuen ( wer nicht?).
mitunter steht ein "neutraler" besucher den geschichten, die dabei erzählt werden, aber offener gegenüber als die angehörigen selber!
man darf nicht vergessen, dass das konfrontiertsein mit krankheit und tod auch bei den angehörigen jede menge emotionen hervorrufen kann, mit denen sie dann vielleicht genauso alleine sind, wie die alten und kranken selber!

leider hat man uns in der schule nicht beigebracht, wie wir mit uns und anderen in krisensituationen umgehen sollten - deshalb wurstelt jeder zunächst mal nach gutdünken so rum ( und in der tat gibt es da gar keine allgemeingültigen regeln, weil die situationen zu speziell, individuell unterschiedlich sind).

dennoch glaube ich, dass es hoch an der zeit ist, das sich die gesellschaft in ihrer gesamtheit dessen bewusst wird, dass wir uns als menschen in dieser welt vor allem um unser menschsein zu kümmern haben.
wenn die hitzigen diskussionen, die derzeit in deutschland und östereich im bildungssektor stattfinden, wieder nur dahin gehen, wie man kinder "funkrionstüchtiger" macht , (damit sie besser in das wunschbild der wirtschaft passen), geht der ganze palaver meines erachtens wieder am kern der sache vorbei.

bildung ist mehr.
menschsein auch.
wenn wir diesen umstand vernachlässigen, werden wir alle den preis dafür zahlen müssen, manche zu unrecht , manche möglicherweise erst sehr viel später im leben.

warum gibt es einen gesamtgesellschaftlichen altersüberhang , während die kinder ausbleiben?
wir müssen in die kinder investieren, wenn wir wollen, dass wir im alter nicht alleine gelassen sind. nicht nur finanziell, sondern auch emotional.
denn so wie die kinder in ihrer jugend von uns umsorgt uns betreut wurden und dadurch betreuung und versorgung gelernt haben,so werden sie sich auch später um die betreuung und versorgung der alten kümmern.

und ein klitzkleines bisschen sollte auch die demographische entwicklung wieder ins lot gebracht werden.....

schwierige sache ingesamt,
mit wüschen allein ist da nicht geholfen!

liebe grüße,
larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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