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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 30.12.2011, 23:17   #1
Falderwald
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Standard Manipulation: Gewissenlos

Manipulation: Gewissenlos


Wem braunes Ideal die Sicht verblendet,
dem ist die Menschlichkeit genommen worden,
der hat im Dunstkreis gleichgesinnter Horden
sein Mitleidsdenken rationell beendet.

Kein Mensch im Land will hier das feige Morden,
denn wer ein Leben national verschwendet,
hat stets das Ansehn der Kultur geschändet,
belohnt wird das mit Knast anstatt mit Orden.

Es sind die Ausgeburten der Extreme,
die ihrer Welt den Frieden nicht vergönnen
aufgrund der eigenen Vernunftprobleme.

Ob Staatsverblendung oder Religionen,
stets sind es jene, die mit Geist nichts können;
das zieht sich leider quer durch die Nationen.


Falderwald
. .. .



__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 02.01.2012, 19:09   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, Faldi,

ich werde noch Verschiedenes anfügen, aber vorerst:


Tödliches Blendwerk

Die Braune Ansicht blendet viele Augen,
zur Tarnung wechseln ab und zu die Farben,
doch töten Narren stets mit Feuergarben:
Ein Mensch kann ohne Menschlichkeit nichts taugen!

Idole sind es, die den Geist verdarben,
weil sie Vernunft aus den Gehirnen saugen,
um so die Abwehrkräfte auszulaugen.
Ihr Ziel? Der "Sieg!" - Weshalb die "Feinde" starben.

Wir haben Glück, bei uns gibt es noch Strafen,
wir können diese Mörder Mörder nennen;
es gilt jedoch zu wachen, nicht zu schlafen!

Ein Ideal macht Dumme gern zu "Grafen";
denkt nach, wir sollten die Geschichte kennen:
"Das Braune" duldet alle nur als Sklaven!


Auszüge aus dem Weltgeschehen der letzten paar Jahre:

Schottland:
Schottische Nationalisten um Ministerpräsident Alex Salmond wollen ihr Land von allem Englischen befreien.

Italien:
1944 ermordet die SS 560 Menschen in einem italienischen Dorf, vor allem Frauen und Kinder. Die Täter sind verurteilt, aber frei. Die Überlebenden fordern Gerechtigkeit.

Türkei:
Die Ermordung des türkischen Journalisten Hrant Dink liegt mehr als vier Jahre zurück. Nun ist der Täter verurteilt worden – doch er muss nur das halbe Strafmaß absitzen.

Österreich:
Eine verschworene Gemeinschaft huldigt weiterhin ihrem "Heldenkanzler" Engelbert Dollfuß.

Nordirland:
Im nordirischen Belfast ist der Konflikt zwischen Protestanten und Republikanern während des jährlichen Oranier-Marsches eskaliert.

Thailand/Kambodscha:
Die Gefechte an der Grenze von Thailand und Kambodscha reißen nicht ab. Der Konflikt ist vor allem innenpolitisch motiviert. Die Anheizer sitzen in Bangkok.

Deutschland:
Im idyllischen Vorpommern stoßen Neonazis mehr auf Zuspruch als auf Widerstand. Mit regionalen Kameradschaften versuchen sie die einsamen Gemeinden für sich zu gewinnen.

Sri Lanka:

Sri Lankas Rebellen sind am Ende. Sie verschanzen sich hinter Zivilisten, die Regierung lässt feuern.

Deutschland:
Die CDU hat ein Problem: Sie will das weltläufige Bürgertum vertreten und lebt zugleich in einer Symbiose mit dem rechtspopulistischen Parteiflügel. Auf die Reaktionären will auch Angela Merkel nicht verzichten.

Japan:
Japan sucht neues Selbstbewusstsein – und fällt zurück in alten Nationalismus.

Ungarn:
In Ungarn ist der Stalinismus lebendig Als der Budapester Zeitungsverkäufer I. G. den Kommentar des ehemaligen italienischen Präsidenten Francesco Cossiga zur ersten Runde der ungarischen Parlamentswahlen las, war er nicht einmal empört.

Polen:
Ich schlage zu, also bin ich: Nach dem deutsch polnischen Ausgleich herrscht nun ein schleichender Grenzkrieg der Fremdenfeindlichkeit.

Diese Liste könnte noch sehr, sehr lange so weitergehen. Wichtig ist, dass wir endlich wirklich aufwachen - in dieser Sache ist zum Schlafen nie die "richtige" Zeit.

Der Titel des Gedichts lautet "Manipulation: Gewissenlos" - machen wir uns nicht "Mission Impossible" zum Titel, um schon "im Vorfeld" aufzugeben. Deshalb danke, Faldi, dass du nicht schweigst. Ich tue das auch nicht, erst neulich erzählte ich eine Geschichte über "Aasfressende Galgenvögel". (Allerdings weiß ich nicht, ob dieses Antwortsonett mir gut genug für ein Posting gelungen ist. Wenn du denkst, es wäre einigermaßen in Ordnung, poste ich es gerne separat und weise auch auf dein Sonett hin.

Liebe, hellwache Grüße

Stimme
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Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


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Alt 04.01.2012, 16:26   #3
Falderwald
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Moin Stimme,

danke für das gute Antwortsonett, die beiden Texte können nebeneinander stehen und sich die Hände reichen.

Die aufgeführte Liste könnte man wirklich endlos fortsetzen.

Ich erinnere hier noch einmal an die Brandanschläge in Solingen am 29.05.1993 und in Mölln in der Nacht zum 23.11.1992.

Zitat:
Der Titel des Gedichts lautet "Manipulation: Gewissenlos" - machen wir uns nicht "Mission Impossible" zum Titel, um schon "im Vorfeld" aufzugeben. Deshalb danke, Faldi, dass du nicht schweigst. Ich tue das auch nicht, erst neulich erzählte ich eine Geschichte über "Aasfressende Galgenvögel". (Allerdings weiß ich nicht, ob dieses Antwortsonett mir gut genug für ein Posting gelungen ist. Wenn du denkst, es wäre einigermaßen in Ordnung, poste ich es gerne separat und weise auch auf dein Sonett hin.
Nein, eine Mission Impossible ist das nicht, auch wenn sich dieses Übel nicht gänzlich ausschalten lässt.
Darüber muss geredet werden und die beste Vorbeugung ist Bildung und Aufklärung. Da ist auch unser Staat gefordert. Den jungen Menschen müssen Perspektiven und Möglichkeiten geboten werden, sonst könnte das womöglich noch zunehmen.

Dein Antwortsonett ist ausgezeichnet (s.o.) und ich finde, du könntest es ruhig zur Diskussion stellen.

Danke für den Kommi...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 04.01.2012, 21:24   #4
wüstenvogel
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Standard Manipulation: Gewissenlos

Hallo Falderwald,

ein beeindruckendes, politisches Gedicht im besten Sinne.

Mit den ersten drei Strophen bin ich inhaltlich voll einverstanden.
Es ist schlimm, dass nach so vielen Jahren der braune Spuck noch in so vielen hirnlosen Köpfen herumgeistert.
Ganz furchtbar finde ich, dass diesen Ansichten auch Taten gefolgt sind und wahrscheinlich noch folgen werden.

Da ich mich für einen religiösen Menschen halte, muss ich dir widersprechen, wenn du (alle) Religionen als geistlos bezeichnest.

Falls du damit religiöse Ideologien meinst, die ihren Glauben als den einzig wahren und richtigen bezeichnen, gebe ich dir allerdings recht.

Alle Weltreligionen haben dieselbe "Goldene Regel".
Hierzu einige Beispiele:

"Tue nicht anderen, was du nicht willst, dass sie dir tun." (Judentum)

"Keiner von euch ist ein Gläubiger, solange er nicht seinem Bruder wünscht, was er sich selber wünscht." (Islam)

"Was du selbst nicht wünschst, das tue auch nicht anderen Menschen an."
(Chinesische Religion)

Das ließe sich noch fortsetzen.

Du wirst mir sicher zustimmen, wenn ich sage, dass beim Befolgen dieser "Goldenen Regel" so etwas wie Faschismus nicht möglich ist, ihn erst gar nicht entstehen lassen würde.

Von daher würde ich die letzte Strophe etwas verändern:

Ob politische oder religiöse Ideoogie
stets sind es jene, die mit Geist nichts können
das zieht sich leider quer durch die Geschichte
vergiss das nie!

Mir ist klar, dass das nicht dein (Schreib)Stil ist, aber ich denke, dass du mir
inhaltlich beipflichten kannst.

Liebe Grüße

wüstenvogel

Geändert von wüstenvogel (04.01.2012 um 21:26 Uhr)
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Alt 04.01.2012, 23:37   #5
Falderwald
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Hallo wüstenvogel,

natürlich habe ich hier nur die religiösen Fundamentalisten angesprochen: "Es sind die Ausgeburten der Extreme..."

Wenn die von dir genannten goldenen Regeln befolgt würden, könnte Faschismus niemals entstehen, da stimme ich dir zu.

Leider ist dem nicht so, weil es für alle diese goldenen Regeln auch immer Ausnahmen gibt. So wird z.B. in einigen islamischen Schriften durchaus zur Gewalt gegen Andersgläubige aufgerufen, im Judentum ist die Rede vom auserwählten Volke (au weia) und das Wort Jesus Christus', du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" ist in der Vergangenheit immer wieder ad absurdum geführt worden, dafür sprechen u. a. die Scheiterhaufen von Giordano Bruno und Lucilio Vanini (dem vorher noch die Zunge rausgeschnitten wurde).
Über die chinesische Religion weiß ich zu wenig, allerdings ist bekannt, daß es in der chinesischen Sprache keine Vokabel für das Wort "Gott" gibt.
Zudem meine ich noch zu wissen, daß für die Chinesen eine Religion eine Lehre unter vielen ist und andere Lehren daher nicht ausschließt, also keine unfehlbare Gültigkeit für sich beansprucht und somit auch keine Ideologie sein kann.

Das Problem, welches ich mit religiösen Ideologien jeglicher Art habe, ist, daß jede einzelne von ihnen Anspruch auf die alleinige Wahrheit erhebt und davon gibt es so viele, daß ein unbefangener Beobachter eigentlich ganz verwirrt zurück bleiben müsste.

Wenn jemand einen Glauben besitzt, dann muss er von der Wahrheit seiner Annahme überzeugt sein, sonst wird es unglaubwürdig und damit unlogisch.
Religiosität an sich kann sich in vielen Gestalten zeigen.
Wenn jemand friedlich nach den zitierten goldenen Regeln lebt, so ist dagegen sicherllich nicht einzuwenden, eine Moral muss der Mensch ja haben.

Die moralische Formel: "Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem andern zu" ist aber schon uralt und findet sich in vielen alten Philosophien.
Diese "Regel" ist eigentlich logisch und bedarf meiner Meinung nach keines Glaubens oder einer Religion, weil sie sich am Menschen und am Menschsein an sich orientiert.
Sie definiert sich über das Mitleid, also über die Fähigkeit sich in die Situation eines anderen (Objekt) zu versetzen, sich darin selbst zu sehen und, wenn irgend möglich, in einer Notlage zu helfen oder sie zu lindern.
Und zwar aus erkennenden, rein menschlchen Gründen und nicht durch ein Motiv, daß durch jenseitige Sanktionen manipuliert und damit rein egoistischer Natur ist.

Aber darum ging es ja eigentlich nur am Rande.

Jede Ideologie, sei sie politischer oder religiöser Art, schränkt die Handlungsfähigkeit eines Ausübenden auf unverhältnismäßige Art und Weise ein. Auch wenn viele Menschen das gar nicht für sich selbst erkennen.
Da aber liegt genau der Schwachpunkt, der von den Vertretern dieser Richtungen z.T. schamlos ausgenutzt wird.
Wenn jemand davon überzeugt ist, mit seinen Handlungen kein "Unrecht" zu begehen, dann fällt nämlich auch die Hemmschwelle für die unmenschlichsten Verbrechen.

Darin liegt die Gefahr und die gilt es zu bekämpfen, immer und überall.

Deinem Vorschlag kann ich inhaltlich zustimmen, wie du aber selbst schon erwähntest, passt das hier überhaupt nicht in das Schema des Sonetts, so daß ich leider lediglich bei der inhaltlichen Zustimmung bleiben kann.

Da ich aber, wie oben schon erwähnt, nur die Extremen angesprochen habe, denke ich, daß wir durchaus gemeinsame Berührungspunkte vorweisen.


Danke für deinen Kommentar und die erläuternden Gedanken...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 05.01.2012, 01:12   #6
wüstenvogel
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Standard Manipultaion: Gewissenlos

Hallo Falderwald,

es gibt da mehr als "nur" Berührungspunkte" zwischen unseren Ansichten.

Ideologien gleich welcher Art haben die Menschheit schon immer an den Rand des Verderbens geführt.
Ich teile auch deine Kritik an bestimmten Auswüchsen des Islam, des Judentums und vor allem des Christentums. Die Hexenverfolgungen stehen für mich auf einer Stufe mit den Judenverfolgungen im "3. Reich".
Das spricht aber nicht gegen bestimmte Ideen des (Ur)Christentums.
Das Prinzip:"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" bedeutet zuallererst, dass man sich selbst lieben muss, um andere zu lieben. Die Liebe zu sich selbst ist die Vorbedingung für die Liebe zu allem anderen. Diese Liebe hat für mich auch etwas mit der Liebe zur Natur zu tun, von der wir ja ein Teil sind.
Leider bleiben viele in der "Selbstliebe" gefangen, machen nicht den notwendigen Schritt auf andere zu.

Religiosität, da stimme ich dir zu, kann sich in vielen Gestalten (und auch in verschiedenen Religionen) zeigen.

Zum Schluss dazu noch ein Zitat aus dem Buddhismus:
"Ein Zustand, der nicht angenehm oder erfreulich für mich ist,
soll es auch nicht für ihn sein;
und ein Zustand, der nicht angenehm oder erfreulich für mich ist,
wie kann ich ihn einem anderen zumuten?"

In diesem Sinne

Liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 15.01.2012, 19:48   #7
Falderwald
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Hallo wüstenvogel,

das hätte ich beinahe übersehen...

Zitat:
Ideologien gleich welcher Art haben die Menschheit schon immer an den Rand des Verderbens geführt.
Ich teile auch deine Kritik an bestimmten Auswüchsen des Islam, des Judentums und vor allem des Christentums. Die Hexenverfolgungen stehen für mich auf einer Stufe mit den Judenverfolgungen im "3. Reich".
Dem stimme ich zu.
Ich möchte nur noch hinzufügen, daß diese Hexenverfolgungen, die sich ja gegen Frauen und Männer gleichermaßen richteten, nicht nur ein Produkt verblendeten Glaubens waren, sondern auch Mittel zum Zweck unerwünschte (politische) Gegener aus dem Weg zu räumen, Wissen, Fortschritt und andere Weltanschauungen zu unterdrücken und vor allem auch, um sich materielle Besitztümer wie z. B. Ländereien anzueignen.


Zitat:
Das spricht aber nicht gegen bestimmte Ideen des (Ur)Christentums.
Gehen wir einmal davon aus, daß es die historische Person Jesus von Nazareth gegeben hat.
Er selbst konnte sich noch gar nicht als Christ in diesem Sinne bezeichnen, er war ein jüdischer Prediger, denn er hatte nichts anderes als das alte Testament, auf das er aufbauen konnte.
Ich gehe (mit Schopenhauer) davon aus, daß Jesus, der aus einer armen Zimmermannfamilie stammte, bei seinem Bildungsstand eine ägyptische und damit für die damaligen Zeiten eine kosmopolitische Erziehung genossen haben muss.
Dabei hat er erkannt, daß es nicht nur ein auserwähltes Volk gibt, sondern daß alle Menschen gleich seien und dies war der Inhalt seiner Lehren und somit war die alte Ordnung in Palästina bedroht.
Erst nach seinem gewaltsamen Ableben entwickelte sich das Christentum und gründete auf Wundern und Offenbarungen, die man den naiven Menschen der damaligen Zeit nahezubringen versuchte.
Jesus wurde zu einer Legende stilisiert, die genau in das Bild der Zeit passte.
Man musste schon daran glauben, um es als wahr anzunehmen.
Dieser Glaube basierte auf erfundenen Geschichten und Allegorien und es ist egal, welche Moral damit transportiert werden sollte, es ist und bleibt eine Moral, die den vorhandenen menschlichen Egoismus benutzt, um moralisch wertvolle Handlungen zu erzielen, sozusagen eine geschickte Psychologie in einem einfachen Gewande.
Himmel und Hölle, Gott und Teufel, Zuckerbrot und Peitsche.
Und alles basierend auf einer des Menschen widernatürlichen, das Leben verneinenden Art, welche auf ein völlig unbewiesenes Jenseits abzielt und solcherweise mit Versprechungen lockt, die nicht eingehalten werden können.
Und der Clou des Ganzen ist, bisher hat sich noch niemand darüber beschweren können.
Für mich stellt das Ganze eine Farce dar, eine auf Lügen und Unwahrheiten aufgebaute Geschichte die zu einer moralischen Wahrheit hinführen soll.
Ich behaupte hingegen, daß dies wertlos im eigentlichen moralischen Sinne ist, denn alle Handlungen, die nicht aus eigener Überzeugung geschehen, sind erzwungene Handlungen, eines freien Menschen unwürdig und degradiert ihn zu einem bloßen Lebewesen, was nicht in der Lage ist, aus sich selbst zu erkennen, was Gut und Böse ist.
Das einzige was der Mensch bräuchte, wäre Mitleid in ausreichendem Maße, also die Fähigkeit sich selbst im anderen zu erblicken.
Nur wenn ich diese besitze, mich also selbst im anderen zu erkennen, als leidendes und fühlendes Wesen, wird es mir möglich sein, moralisch einwandfreie Handlungen zu begehen.
Und dafür bedarf es keines Gottes oder irgendeiner höheren unglaublichen Macht.

Deine Worte sagen ähnliches aus, aber dann frage ich, wofür die Religiosität überhaupt noch gebraucht wird.

Sind die Menschen immer noch so naiv wie vor zweitausend Jahren, daß sie so etwas benötigen? Hätten sie sich, nicht zuletzt durch Kant und Kollegen, weiter entwickeln können?

In jeder Religion finden sich Wahrheiten, aber alle sind nach demselben Schema gestrickt, denn nur so können sie funktionieren.

Der Buddhismus macht da die einzige Ausnahme, weil er auf Freiwilligkeit und die Fähigkeit der eigenen Erkenntnis setzt.
Nötig ist er hingegen genau so wenig.

Neulich sagte jemand zu mir, nachdem ich seinen Glauben abgelehnt habe, er würde für mich beten.
Ich antwortete ihm, er solle seine Energien sinnvoll nutzen, einem Alten oder Einsamen ab und an Gesellschaft leisten, einem Kind Lesetraining geben oder sich sonstwie sozial engagieren und praktische Lebenshilfe geben, anstatt in einer Kirche seine Lebenszeit sinnlos zu verschwenden mit unnützen Gebeten an einen nicht vorhandenen Gott in der Hoffnung seines eigenen Seelenheils.

Ich kann keiner Religion irgendetwas abgewinnen.

Und noch viel weniger kann ich mir bei meinem heutigen Wissenstand vorstellen, um es einmal mit Arthur Schopenhauer zu sagen, daß ich eines Tages vor ein individuelles Wesen treten und mich rechtfertigen soll:
Einst war ich nichts, dann hast Du mich aus Nichts erschaffen, dafür bin ich Dir dankbar und wenn ich gefehlt haben sollte, dann ist das meine Schuld.

Das kriege ich beim besten Willen nicht fertig.

Ich hoffe, du nimmst mir meine Ausführungen jetzt nicht übel, aber das sind meine Gedanken...


Danke für die erneute Rückmeldung...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2012, 21:42   #8
wüstenvogel
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Hallo Falderwald,

warum sollte ich dir deine sehr ausführlichen und nachdenkenswerten Ausführungen übel nehmen?

Sicher war Jesus nicht mehr und nicht weniger als ein bemerkenswerter Mensch (wenn es ihn überhaupt gegeben hat). Ob er besondere Kräfte und Fähigkeiten besessen hat, kann niemand (mehr) sagen. Das wird sehr gut in dem Buch "Ein Mensch namens Jesus" von G. Messadie beschrieben.

Da ich nicht GLAUBE, dass die Entwicklung allen Lebens bloßer Zufall und eine Entwicklung von gewissen (günstigen oder ungünstigen) Umständen ist, sondern dass dazu so etwas wie ein "göttlicher Funke" oder eine Idee notwendig ist, würde ich mich als religiösen Menschen bezeichnen.

Was mich an der Person von Jesus so fasziniert, ist die Einheit von Theorie
und Praxis in seinem kurzen Leben und sein konsequentes Eintreten für die Menschen am Rande der Gesellschaft. Das hätte natürlich auch ein "normaler Mensch" tun können.

Du hast es sehr gut auf den Punkt gebracht:

"Das einzige, was der Mensch bräuchte, wäre Mitleid in ausreichendem Maße, also die Fähigkeit, sich selbst im anderen zu erblicken."

Jesus hat dazu gesagt: "Was ihr dem geringsten meiner Brüder angetan habt, das habt ihr mir getan."

Ich denke schon, dass die religiösen Propheten notwendig sind - so lange, bis wir ihre Lehren verinnerlicht haben und sie damit aufgehoben, überflüssig sind.

Vielleicht hast du aber auch Recht, wenn du sagst, dass die Religonen mehr Unheil als Heil bewirkt haben - einiges spricht dafür, anderes dagegen.

Wichtig ist, was du in deinem neuesten Gedicht so klar ausgedrückt hast, dass wir Menschen uns in Toleranz üben müssen.

Viele liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 15.01.2012, 21:55   #9
Falderwald
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Hallo wüstenvogel,

ich glaube auch nicht, daß das Leben sich zufällig entwickelt hat.
Aber ich glaube daran, daß es eine Folge der sich bietenden Umstände war.
Das Streben der Natur ist die Existenz als solche.
Wie diese Existenzen aussehen, hat sie immer wieder mannigfaltig unter Beweis gestellt.
Aber einen göttlichen Funken kann ich nicht erkennen.
Die Lebensenergie ist nicht unerklärlicher, als die Elektrizität, der Magnetismus, die Gravitation, die chemische Reaktionsfähigkeit der Stoffe usw...
Es muss kein göttlicher Wille dahinterstecken, aber es kann.
Aber das ist nur eine von unendlich vielen Möglichkeiten. Und die endgültige Wahrheit werden wir wohl in diesem Leben nicht mehr in Erfahrung bringen können.

Dein Beitrag ist ein sehr schönes Schlusswort und wir sollten das als Abschluss einer netten Diskussion so stehen lassen...


Liebe Grüße

Falderwald
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