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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 10.03.2012, 23:37   #1
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 3.375
Standard Kellerkinder

Kellerkinder

Im dunklen Keller
pfeifen und singen
vertreibt die Angst.

Im Dunkel der Seele
dichten und singen
lindert die Angst.

Am hellem Tage,
dein kleines Gedicht
verrät es nicht.
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Alt 11.03.2012, 08:25   #2
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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lieber thomas,
das ist ein interessanter gedanke: dass unsere gedichte so einiges von dem beinhalten, was wir in unseren "kellern" mit uns rum schleppen.

auch wenn das nicht immer eins zu eins umgesetzt wird - ich glaube schon, dass es sowas wie einen psychologischen "fingerprint" gibt, den jeder autor hinterlässt. vielleicht nicht mit einem einzigen gedicht - aber in summe, wenn man mehreres von ihm liest.

(es gibt sogar sprachprofiler, die geschriebenes in bezug auf wortwahl und worthäufigkeit untersuchen und dann texte mehr oder weniger bestimmten personen zuordnen können, im sinne von sprachlichen codierungen, die signifikant für jemanden sind.)


also: gerade das, was wir zu verbergen suchen , verrät uns am allermeisten!

ich hoffe, jetzt habe ich dich nicht zu sehr erschreckt!

liebe grüße, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 11.03.2012, 10:01   #3
fee
asphaltwaldwesen
 
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nur wer das dunkel kennt, schätzt den wert des lichts recht, lieber thomas.


in diesem sinne lese ich deine "kellerkinder".

schreiben wider die angst. ein starkes leuchtmittel sozusagen.
vielleicht "über-schreiben" auch manche mit gedichten ihre (oft unbewussten) ängste.
die angst als antrieb, als motivator fürs schreiben - wenn man's den kellerkindern dann nicht anmerkt, wurde da etwas in positive energie umgewandelt - also tatsächlich bezwungen. zumindest für ein, zwei gedichte lang.


ein mehr als spannendes gedicht, das in seiner kürze tiefen eindruck und anhaltenden denkanstoß hinterlässt.


sehr gerne gelesen.


lieber gruß


fee
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan
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Alt 12.03.2012, 12:28   #4
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 3.375
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Liebe Larin,

du hast mich überhaupt nicht erschreckt. Ja, wir verraten uns mit unserer Gedichten. Und das nicht nur durch die, die wir schreiben, sondern auch, wenn wir Gedichte anderer Dichter vortragen. Und auch das Publikum verrät sich durch mehr oder weniger feine Reaktionen. Poesie (und Kunst ganz allgemein) ist ein zutiefst sozialer Akt.

Von Sprachprofilern habe ich noch nicht gehört. Etwas Ähnliches habe ich in Bezug auf Musik schon kennen gelernt. Es gibt Computerprogramme, die auf Grundlage solcher Profile Musik erzeugen können, die wie Mozart, Beethoven etc. klingt. Für ein paar Takte klingt das auch so, aber dann merkt man schnell, dass es seelenlos ist. Computerprogramme sind eben nicht sozial.

Liebe Grüße
Thomas


Liebe fee,

Vielleicht können wir durch das Pfeifen, Singen, Dichten etwas Licht (bzw. lichter) machen. Wie lange das anhält, ist nicht so wichtig, denke ich, wenn es nur überhaupt funktioniert. Wenn ich nach einer Rechtfertigung für Poesie (oder Kunst) suchen würde, dann wäre das sicherlich einer der gewichtigsten Gründe.

Liebe Grüße
Thomas

P.S.: Es freut mich übrigens sehr, dass ihr beide das kleine unscheinbare Gedichtlein Wert geschätzt habt.
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Alt 12.03.2012, 15:52   #5
a.c.larin
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hallo thomas,
ja, so wie man auch bilder nach farbe und strichführung zuordnen kann, hat sich eine art "wissenschaft" etabliert, die dem "sprachlichen fingerprint" auf der spur ist!

besonders bei der verbrechensbekämpfung/verbrechensaufklärung kommt das zum tragen.
(hab dazu ein interessantes buch gelesen: "der code des bösen" von raimund h. drommel: der autor stellt darin seine methode der urheberschaftsidentifkation dar, und auch, wie er dazu gelangte)

da guckt man die eigenen texte gleich nochmal aus einem ganz anderen blickwinkel an.....

na hauptsache, jeder weiß noch, was er selber fabriziert hat!


liebe grüße, larin
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Alt 12.03.2012, 20:45   #6
Dana
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Beiträge: 5.637
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Hallo Thomas,

ich denke auch, dass in jedem Menschen ein "Kellerkind haust". Dieses sucht nach "Ventilen", um auf seine Existenz aufmerksam zu machen. Nicht einzig der Aufmerksamkeit wegen für sich selbst. Es ist ein Suchen nach Linderung, Befreiung und Mitteilung.
Ein solches Ventil ist wohl auch die Dichtung. Das hast du anschaulich, schön und treffend in kürzesten Versen verdeutlicht.

Was mir besonders gefällt:

Zitat:
Zitat von Thomas
Am hellem Tage,
dein kleines Gedicht
verrät es nicht.
Darin ist beides enthalten. In einem Gedicht kann man sich sehr gut "verstecken" aber auch offen Beobachtungen ganz allgemein halten.
Der psychologische Hintergrund ist dabei sehr interessant, wobei ich das gar nicht problemschwer betrachten möchte.
Dort, wo sich andere durch Verhalten (wobei verhalten auch eine andere Bedeutung haben kann), mitteilen, tun es Schreiber und Dichter durch Verse.

Eine Freundin hat mich so auch einst erwischt:

Ich las ein Gedicht von mir. Darin kam ausschließlich ein lyr. Du vor.
Sie las es mir in "Ichform" vor und wir hatten anschließend eine sehr interessante und gute Diskussion.

Ein kleines aber sehr feines Gedicht, dass trotz der Kürze länger beschäftigt.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.03.2012, 18:36   #7
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe Dana,

vielen Dank für dein Interesse und die Beschreibung deiner Erfahrung mit der Ich-Form, welche ich gut nachvollziehen kann.

Liebe Grüße
Thomas
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