Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Finstere Nacht

Finstere Nacht Trauer und Düsteres

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 01.02.2017, 15:34   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard Grabstein

(Für Franz Nikolaus Niembsch, Edler von Strehlenau)

Ein alter Stein, mit sich allein,
ruht still an meinem Gartenrain
und schweigt zu meinen Grillen.
So steht er da, tagaus, tagein,
als saugte er das Leben ein
und meinen freien Willen.

Als trüge er das Weh der Welt,
dem all mein Leid sich zugesellt,
in seiner blinden Tiefe,
aus der es ruft mit jedem Tag,
den weiter ich erleben mag,
als ob ein Schicksal riefe.

Er sah mein Glück vorüberziehn
und alles andre hin und hin
verwehen mit dem Winde.
So sage mir, du alter Stein:
Wird mir die Ruhe tröstlich sein,
die unter dir ich finde?
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (25.11.2017 um 11:28 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.02.2017, 17:00   #2
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard

Lieber Erich,

dein Gedicht hat eine interessante Form, ist das deine Idee? Mir ist diese Art Sechszeiler noch nicht untergekommen, soweit ich mich erinnere.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.02.2017, 18:40   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi Thomas!

Das Reimschema AABCCB - keine Ahnung, ob es dafür eine eigene Bezeichnung gibt, aber ich bin sehr sicher, dass viele Dichter schon im 19. Jahdt derlei verwendeten.
Auch ich habe mich dieser Form schon öfters bedient, vor allem in der Frühzeit meines erneuten Dichtens, so zwischen 2005 und 2007. Ich sehe nichts Auffälliges oder Besonderes darin.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.02.2017, 19:43   #4
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Servus, Erich,

hab erst einmal diese Persönlichkeit gegoogelt
Das ist ja Nikolaus Lenau!
Und wieso widmest du ihm ein Gedicht, das übrigens - wie könnte es anders sein -
sehr schön ist.

Zur Form:
Sind das nicht sogenannte Stanzen?
Oder wenigstens Strophen in Anlehnung daran?

Stanze

LG Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.02.2017, 20:21   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi Chavi!

Ich habe mich schon gewundert, warum Thomas nicht nach der Widmung fragte - vielleicht wusste er Bescheid?

Ich habe heute (erstmals) einen repräsentativen Auszug aus Lenaus lyrischem Schaffen gelesen (gelbes Reclam-Büchlein!) und erkannte eine gewisse Seelenverwandtschaft bezüglich der Inhalte (pessimistischer Weltschmerzdichter) wie auch des Stils, auch wenn er nur wenige Sonette schrieb und meist eher kurzzeiliger dichtete.
Eine weitere Ähnlichkeit: Auch er schrieb nur Lyrik (fast nur gereimt), keine oder kaum Prosa, sah sich ganz der Dichtkunst verschrieben.

Ich gedachte ihn daher mit dieser Hommage zu ehren, die ganz in seinem Stil gehalten ist (bis auf den unbetonten Auftakt, er hätte eher den betonten gewählt), lyrisch wie inhaltlich.


Ich glaube, Stanzen sind anders. Vielen Dank für das Lob!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.02.2017, 11:42   #6
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Hallo eKy,

Das ist ein ungewöhnliches Reimschema. Finde ich gut. Die Sprache ist knackiger als sonst von dir. Was die Lyrik nicht mindert.

Sehr sehr schön!

Liebe Grüße sy

PS: ich habe versucht von Franz Nikolaus Niembsch, Edler von Strehlenau Gedichte zu finden, doch bin ich wohl nicht auf die richtigen Seiten gekommen und konnte leider nichts von ihm lesen.

  Mit Zitat antworten
Alt 02.02.2017, 16:24   #7
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi Sy!

Franz Nikolaus Niembsch, Edler von Strehlenau

Du hättest besser auch die Kommentare gelesen: Der Künstlername des von mir bewidmeten Dichters ist Nikolaus Lenau.

Das Gedicht ist größtmöglich in seinem lyrischen Stil gehalten.

Vielen Dank für das Lob!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.02.2017, 10:59   #8
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Lieber eKy,

Wer liest, ist echt im Vorteil

Ich habe nun die richtigen Seiten gefunden, und Gedichte von ihm gelesen. " Winternacht" zum Beispiel. Sehr naturverbunden und etwas melancholisch. Und " Bitte", sehr lyrisch und schlicht, einfach wunderbar!
Ich kannte den Dichter noch gar nicht. Da kann man mal sehen, du hast ihn mir nahe gebracht.

Danke für den Tipp

Liebe Grüße sy




Hier ist Hochnebel
  Mit Zitat antworten
Alt 03.02.2017, 11:28   #9
Kokochanel
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Ich finde, Erich, im Moment hast du einen "wunderbaren Lauf". Du schreibst ein Werk nach dem anderen, philosphisch, sprachlich und bildlich meisterhaft.
Hier der alte Stein als Ersatz für den alten Vater vielleicht, den es nicht mehr gibt, der raten könnte.
Vielleicht aber auch als Identifikation des Prots mit dem Stein- er akzeptiert seine Grillen, schöne Doppeldeutigkeit, sein Anderssein.
Sicherlich traurig, Einsamkeit verströmend, aber auch die bewusste Entscheidung zur Individualität.
Denn Verzweiflung spüre ich nicht, wenn auch eine von Einsamkeit geprägte Melancholie.Ich sehe vielmehr ein friedliches Gegenüber mit dem Tod und dem Leben.

Ganz starke Zeilen, wie ich finde!!
Sehr gerne gelesen von Koko, die grippig nur Satire hinbekommt im Moment...
  Mit Zitat antworten
Alt 03.02.2017, 15:16   #10
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi Koko!

Gute Besserung! Ich lag von Weihnachten an 4 Wochen lang flach - drei davon hatte ich praktisch gar keine Stimme! Gerade in der ersten Woche war ich so mies drauf - ich kann nachempfinden, dass einem da die Inspiration flöten geht - man hat genug mit Transpiration und Respiration zu tun!

Der Inhalt beschreibt das Zwiegespräch eines Protagonisten mit seinem eigenen zukünftigen Grabstein, der in seinem Garten steht, vielleicht als Familiengruft. (In manchen Regionen - oder heute noch in den USA - beerdigte man seine Toten auch mal im eigenen Garten, besonders, wenn man wohlhabend war.)
So sieht er jeden Tag dieses memento mori beim Blick hinaus, wie ein dräuendes Schicksal, ein unausweichliches Ende - und hält innere Zwiesprache mit ihm, wohl, um die Aussicht erträglich zu machen.

Du hast es gut erkannt.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (14.08.2018 um 11:50 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Ein Grabstein erzählt eine Geschichte Friedhelm Götz Der Tag beginnt mit Spaß 2 20.11.2011 11:21
Der Grabstein Galapapa Denkerklause 12 19.08.2009 07:57


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 00:15 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg