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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 09.11.2009, 20:07   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Wortspiel:

Wortspiel:


Du triffst die Worte, die Du gestern sprachst
Am Morgen wieder; sie erbauten nachts
Die Wut, den Zorn, den Hass: Was Ungeschlachts.
Du ahnst es kaum, Du siehst nichts, tanzt und lachst.

Gespannt der Hahn. Die Zündschnur glüht: Bald krachts.
Dann bricht der Urlaut laut hervor, der Schmerz
Zerkreischt die Stille, schrillt als falsche Terz;
Am Ende stirbt das Herz: Die Tonart machts.

Erzähl mir nicht und auch nicht Dir, Du hättst
Vom Unheil nichts gewusst, das sich im Wort verkleidet.
Wer zu den Waffen greift, der wird verletzt.

Wer attackiert und fordert, der erleidet.
Es ist die Sprache, die die Grenzen setzt,
Und was Du sagst, das bare Wort, entscheidet.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt

Geändert von Walther (12.11.2009 um 18:20 Uhr)
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Alt 10.11.2009, 22:10   #2
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 23.02.2009
Ort: BadenWürttemberg
Beiträge: 526
Standard

Hallo Walther

Dein Sonett ist formal in großen Teilen recht gut gelungen, finde ich.
Inhaltlich kann ich es leider nicht ganz zu meiner Zufriedenheit interpretieren.
Ich verstehe es dahingehend, dass Worte, ein Zwist, ein Streit oder dergleichen im Vorfeld für Spannung gesorgt haben.
Das, was gesagt wurde und wird ist im Wort "abgeschossen" worden, hat vielleicht Ärger und Verletzung verursacht.
Das Gedicht ist ganz sicher nicht oberfächlich konzipiert, ich finde aber, es gibt auch keinen leichten Zugang. Ist es vielleicht zu speziell privat?
Nicht ganz so geschickt sind die Reime ausgesucht und auch rhythmisch stolpere ich beim Lesen.
Vor allem Zeile1 in Strophe2
Gespannt der Hahn. Zündschnüre glühn: Bald krachts
muss "Zündschnüre" umständlich betont werden - Betonung auf die 2.Silbe. Das finde ich nicht gelungen.
Wenn du stattdessen einfach "die Zündschnur glüht" einbaust, läufts besser, meine ich. Also:
Gespannt der Hahn. Die Zündschnur glüht: Bald krachts

Was meinst du dazu?


Blaugold
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Alt 12.11.2009, 18:28   #3
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard

Guten Abend, Blaugold,

danke für den Eintrag. Ich habe Deinen Vorschlag umgesetzt, weil in der Tat die Sprachmelodie so besser passt, auch wenn damit die Lautmalerei des Verses etwas an Pepp verliert. Man kann nicht alles zugleich haben.

Es mag sein, daß Dir der Text nicht ganz zusagt. Er ist nicht persönlich, sondern stellt durchaus eine allgemein gültige Aussage dar: Wer nicht darauf achtet, was er sagt, wer Worte als Waffen einsetzt, muß mit Gleichem rechnen.

Lieber Gruß W.
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Alt 21.11.2009, 19:06   #4
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Hallo Walther,
ich war schon am 9. 11. beeindruckt, wurde abgelenkt und tat danach anderes.

Dein Wortspiel gefällt mir ausgesprochen gut. Worte können tatsächlich wie Waffen eingesetzt werden - ja, sie werden es auch.
Obendrein ein Sonett - klasse.

Ganz besonders spricht mich die 1. Strophe an. Manchmal erfasst man das Ausmaß der Worte später. Man hat über Nacht darüber sinniert.
Und dann das: "Erzähl mir nicht, und dir nicht, ..." einfach genial und tief geschaut.

Es war schon gezielt. Erst wenn der andere fällt, schreit man: "Das hab ich nicht gewollt."

Nur "Zerkreischt" würde ich in "Zerreisst" ändern - wie gesagt, ich.

Für mich ein Feines mit großer Aussage.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 22.11.2009, 12:10   #5
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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lieber walther,

dein "wortspiel" gefällt mir! zum einen ist es die sonettform, die du gekonnt darbietest (also, soweit ich das beurteilen kann, ich bin aber kein sonett-experte), zum anderen ist es die aussage, die meinen zuspruch findet:

Zitat:
Wer zu den Waffen greift, der wird verletzt.
wenn es bloß nur das wäre! leider werden auch menschen verletzt, die nie zu den waffen gegriffen hätten! "kollateralschaden" nennt man das dann.

doch gewaltanwendung fängt immer mit einer verrohung in der sprache an.
der ton macht eben die musik.
hat schon was für sich, hin und wieder auch eine goldwaage zu benützen, auf die man wort für wort legt...

gewogen und mit 24 karat punziert,
larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 23.11.2009, 15:34   #6
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
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Hallo Dana,

danke für das Auffinden dieses kleinen Sonetts. Es ist nicht viel, es ist nicht gut, es ist ein Werk eines fleißig Übenden, der sich Gedanken über die Sprache macht, die er doch liebt. Er will einfach nicht, daß man mit ihr Gewalt antut (und ihr auch). Und er will den Sinn dafür schärfen, daß Sprache viel ist, aber kein Spiel. Sie ist ernst, auch wenn sie zum Lachen bringt, muß man sie ernst nehmen.

Das Wort "zerkreischen" bereitet die schrille falsche Terz vor. Daher möchte ich das Verb gerne beibehalten, wiewohl Dein Vorschlag viel für sich hat. Ich werde ihn in jedem Falle im Kopf behalten, weil ein Gedicht ja "lebt", also nie wirklich fertig wird.

Lieben Dank und Gruß W.

Hallo larin,

die "collateral damage" habe ich hier weitgehend ausgeblendet, da es zum personale Beziehungen, also Freund-, Partner- und Bekanntschaften ging, als ich mich dem Thema zuwandte. Aber Du hast Recht: Die Fernwirkungen von bösartig mißbrauchter Sprache durchziehen vor allem die jüngere Geschichte dramatisch und tragisch.

Danke für Deine einfühlsamen Hinweise.

LG W.
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