Seniorentag

[a.c.larin]

„Seniorentag“ ist sicher fein -
da kauft man kostengünstig ein:
Im Supermarkt gibts zehn Prozent
auf alles! Wenn dich jemand kennt,

brauchst du auch keinen Ausweis haben,
kommst heute leicht an gute Gaben.
Ich gönn es jedem Pensionst,
dass er auch mal bevorzugt ist

und kauf gern zu normalen Preisen.
(kann ja per Ausweis nichts beweisen)
So steh ich in der Warteschlange-
heut dauerts ganz besonders lange.

Doch jetzt komm ich! Ich zahl und geh,
schau auf die Rechnung, und: Au weh!
Da unten steht: Für Sie - Rabatt!
Was man mir abgezogen hat,

sind zehn Prozent, wie bei den Alten!
Doch Freude kann sich nicht entfalten:
Der Nachlass zeigt, dass mich die Welt
für eine alte Schachtel hält !

Mein Arbeitgeber leider nicht -
der nimmt mich lang noch in die Pflicht.
Bin ich nun Stütze oder Last?
Man schiebt mich hin, wos grade passt,

sodass der Dümmste jetzt versteht:
Es bist nicht du, um den es geht.....

[Stimme der Zeit]

Hallo, liebe larin,

ebenso wie in Sachen Humor gelingt es dir hier im Bereich Gesellschaftskritik den Inhalt gut zu "transportieren". Gewürzt natürlich mit einem kräftigen Schuss Ironie - sonst wäre es wohl nicht von dir.

Das mit dem "Seniorentag" hatte ich noch gar nicht mitbekommen. Großartig. Einfach großartig. Demnächst gibt es einen "Kleinkindertag", einen Ü20, Ü30, Ü50 und Ü100-Tag, einen "Rabatt für Alle, die größer als 1,50 m sind"-Tag - und einen Tag für Alle, die kleiner als 1,50 m sind; einen für Blonde, für Rothaarige, für Brünette; und, und, und ...

So viel zum Prinzip der "speziellen Bevölkerungsgruppen-Einkaufstage". ich stimme dem Inhalt des Gedichts absolut zu, wobei ich das gerne unter: "Ab sofort gibt's Osterhasen ab 24. Dezember, 12.00 Uhr zu kaufen" verbuchen möchte.

Ich war neulich in einem Drogeriemarkt. Im UG kaufte ich Vogelfutter und noch einige andere Artikel; danach ging ich nach oben ins EG, um noch ein Deodorant zu erwerben. An der Kasse "strahlte" mich die Kassiererin an und meinte: "Sie bekommen für jeden Einkauf Rabatt. Ich kann den Bon von ihrem anderen Kassenzettel gleich abziehen!" Und, ich staunte - 20 Cent!

Dieser "Kauf- und Konsumierungswahn" nimmt allmählich überhand. Wenn ich nicht bereits Nerven hätte, bräuchte ich welche. Irgendwann werden wir noch an den Haaren in ein Geschäft gezerrt, während sich zwei andere Ladeninhaber um einen Kunden duellieren ...

Das ist die "eine Ebene". Ich erkenne noch zwei Weitere:

Ab 40 wird es Zeit für die Rente - ich sollte mir schon mal einen Platz im Altersheim buchen. Auf der einen Seite sind wir alt, auf der anderen sollen wir künftig wohl bis zum Beerdigungstermin arbeiten.

Die dritte Ebene spricht für mich von der "Entmenschlichung" unserer Gesellschaft. Der Mensch ist nichts, das Geld alles, was zählt.

Im Grund genommen liegt das Problem darin, dass das globale Wirtschaftssystem nicht wirklich etwas taugt. Es ist auf ständiges, ununterbrochenes Wachstum hin ausgerichtet (Konsum und Bevölkerung) - was nicht dauerhaft funktionieren kann! Ich wünschte, die Damen und Herren der Politik würden sich mal global zusammen setzen, um sich endlich etwas Vernünftigeres einfallen zu lassen. Ja, ich weiß, ich bin eine unrealistische Träumerin.

Von den Folgen für die Umwelt rede ich erst gar nicht ...

Vom Inhalt (Klasse!) zum "Formalen":

kommst leicht heut an die guten Gaben.

Ich glaube, bei diesem Gedicht warst du ziemlich "sauer", denn dieser Vers ist ein bisschen arg "verdreht". Wie wäre es z. B. mit:

kommst heute leicht an gute Gaben. (?) - nur ein Vorschlag zur Güte!

schau auf die Rechnung kurz: Au weh!

entweder

schau auf die Rechnung, und: Au weh!

oder

schau kurz die Rechnung an: Au weh!

Das war auch schon die ganze "Mäkelei".

Wie auch bisher: Gerne gelesen - ist "gekauft"!

Liebe Grüße

Stimme der Zeit

[a.c.larin]

guten morgen stimme der zeit,

ja - du hast recht , ich hab hier ein wenig flott dahergereimt.
(aber in dem fall musste ichs, da mir sonst die idee flöten gegangen wäre).

die konsumverliebtheit unserer zeit ist schon was echt seltsames.
man wird von angeboten überhäuft, nur, damit man irgendetwas kauft -
selbst am telefon wirft die wirtschaft ihre schlingen aus....

das hat natürlich auch gewisse vorteile - aber seltsam ist es doch.

am allerschrägsten fand ich es vor cirka einem jahr: da bestellte ich etwas in einem versandhaus. es war meine erste bestellung da.
nach zwei monaten wurde ich für meine "langjährige treue kundenschaft" beglückwünscht und belohnt und bekam zum "jahrestag meiner erstbestellung (wohlgemerkt: nach zwei monaten!) ein kleines werbegeschenk.
erstaunlich, wie schnell doch manchmal die zeit vergeht!

dieses gedicht sollte eigentlich ein heiteres werden - ist dann aber irgendwie gegen ende fast bitter geworden, wahrscheinlich aufgrund der erkenntis, dass die vermeintliche freundlichkeit nicht einem tatsächlichen wohlwollen entspringt, sondern nur dem überlebensdruck der anderen.....

wir werden berechnet.
die konzerne wollen überleben.
der staat will überleben.
und weil wir selber teil dieses (kapitalistischen) systems sind, rechnen wir fleißig mit: wo gibts die billigsten t-shirts? klar und clever kaufen bei....
doch die taiwanesische näherin kann von dem hungerlohn, der ihr bezahlt wird, kaum überleben. und das billighuhn aus europa ruiniert den preis auf dem örtlichen markt in nordafrika.........

man stelle sich vor, hier im lyrikfoum hätten wir eine ähnliche gangart:

Wenn Sie eines meiner Gedicht lesen, schenke ich Ihnen gratis eines dazu!

oder:

Heute im Sonderangebot: Zwei Ideen in einem Satz !

(aber nur für "friends of gedichte -eiland", bei Vorlage der neuen rabattkarte)

es ist verdammt hart, der beste zu sein......

danke für deine anregungen.
ich habe sie schon in die regale eingeschlichtet,

lg, larin

Hallo Larin,
dein Gedicht ist ein wenig ironisch bis satirisch angehaucht, aber diesmal nicht wirklich lustig.
Dein Kommentar schon. Besonders die zwei Ideen in einem Satz find ich gut!
Gerne gelesen.

liebe Grüße
LyTau

[a.c.larin]

morgen LyTau,

eben - weil einem hier ein wenig das lachen im halse stecken bleibt, habe ich das gedicht auch nicht unter "humor" eingereiht.
(das war wohl so, weil es mich zum zeitpunkt des schreibens auch selber hin-und hergerissen hat).
wie du aber ebenfalls ganz richtig erkannt hast: beim schreiben des kommentares hatte ich meinen humor wiedergefunden!

wozu auch sich ärgern und irgend jemandem grollen? schadet nur der eigenen gesundheit!
und die 5 euros ersparnis sind ja schließlich auch kein beinbruch.....

man guckt also auf das positve hin - und veräppelt den blödsinn!

fazit: so bleibt unterm strich nur noch gewinn übrig - und das auf der ganzen linie!

liebe grüße,
larin