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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 08.07.2017, 18:15   #1
mallarme
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 299
Standard Spät

Unablässig schiebt sich der nicht enden
wollende Verkehrsstrom
durch die nächtlichen Alleen der Stadt.

Motorübersteuernd lechzt jemand
nach Aufmerksamkeit und krachend
gleitet der teure Wagen durch die Nacht.

Das Meer der Zerstreuung suchenden
Passanten flutet, die durch Baugerüste
eingeengten Trottoire.

Der auf etwas Kleingeld Hoffende,
streckt den zerbeulten Kaffeebecher
der gleichgültigen Menge entgegen.

Die Lichter der Ampeln verschwimmen
mit den werbenden Neonschriftzügen
zum Nachtlicht unwirtlicher Wohnstätten.

In schmutzige Decken gehüllt,
schlafen sie im Eingangsbereich der
Calvin Klein Boutique …

… doch,
der Rausch des billigen Fusels
wird sie keine Ruhe finden lassen.

Verschämt werfe ich zwei Euro
in den zerbeulten Pappbecher
und tauche in der Menge unter.
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Alt 09.07.2017, 09:30   #2
Kokochanel
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Lieber Mall,

du hast ein Bild der Stadt gezeichnet, so wie ich sie auch sehe: unwirtlich, kalt, menschenfeindlich.
Menschen gehen in ihr unter, verlaufen und verlieren sich in ihr, in ihrem Leistungsdruck und Konformitätszang. Der Bettler ist ein Symbol dafür.
Der, der sich noch aufrecht hält, wirft ihm eine Münze hin, schamvoll fast, wissend, dass jeder dort enden kann und dort sitzen könnte.
Da hatten wir ja fast Gedankenübertragung- habe soeben eine Serie über die Stadt fertiggestellt im neuen Prosastil.

Lächeln von Koko
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Alt 09.07.2017, 16:25   #3
mallarme
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 299
Standard

Liebe Koko,

genau wie Du es sagst:

Der, der sich noch aufrecht hält, wirft ihm eine Münze hin, schamvoll fast, wissend, dass jeder dort enden kann und dort sitzen könnte.

Diese Ohnmacht auch, das wir als reiche Gesellschaft nichts ändern, nichts ändern können oder vielleicht nichts ändern wollen an dieser Tatsache.
Bin da unsicher, stehe der Sache auch ein wenig ohnmächtig gegenüber, das soll es auch ausdrücken .

Zitat:
Da hatten wir ja fast Gedankenübertragung- habe soeben eine Serie über die Stadt fertiggestellt im neuen Prosastil.

Interessant das Du auch an diesem Thema gearbeitet hast, da bin ich ja gespannt drauf .

Beste Grüße
mall
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Alt 10.07.2017, 12:11   #4
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Hallo mall,

die drei Kommata in Strophen 3 + 4 + hinter doch sind überflüssig, gar falsch.

Mir ist der Text nicht lyrisch genug, da keine Verdichtung stattgefunden hat.

https://de.wikipedia.org/wiki/Lyrik

Wiki sagt: Lyrik

Zitat:
vor allem durch ihre Kürze, ihre strengere sprachliche Form, ihre semantische Dichte (Ausdruckskraft) und sprachliche Ökonomie (Prägnanz),
ihre Subjektivität und ihren Bezug auf ein lyrisches Subjekt
Zitat:
Ausdrucksmittel verwendet (siehe beispielsweise Reim, rhetorische Figur, Metapher),
Zitat:
was nicht selten zu einer vom Gewohnten abweichenden Anordnung von Wörtern, Wortgruppen und Sätzen führt.
Dein Text ist gut, interessant und sehr zeitbezogen, zeichnet ein Bild der Gesellschaft.
Aber er wirkt ein wenig wie eine Geschichte, ein Prosatext:

Unablässig schiebt sich der nicht enden wollende Verkehrsstrom durch die nächtlichen Alleen der Stadt.
Motorübersteuernd lechzt jemand nach Aufmerksamkeit und krachend gleitet der teure Wagen durch die Nacht.
Das Meer der Zerstreuung suchenden Passanten flutet die durch Baugerüste eingeengten Trottoire.
Der auf etwas Kleingeld Hoffende streckt den zerbeulten Kaffeebecher der gleichgültigen Menge entgegen.

Die Lichter der Ampeln verschwimmen mit den werbenden Neonschriftzügen zum Nachtlicht unwirtlicher Wohnstätten.
In schmutzige Decken gehüllt, schlafen sie im Eingangsbereich der Calvin Klein Boutique …
… doch der Rausch des billigen Fuselswird sie keine Ruhe finden lassen.
Verschämt werfe ich zwei Euro in den zerbeulten Pappbecher und tauche in der Menge unter.



Sehr gern mit beschäftigt hat sich mit lieben Grüßen
Chavali


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.07.2017, 21:35   #5
mallarme
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 299
Standard

Liebe Chavali,
hab dank für Deine Hinweise, das mit den Kommas ist sicher richtig,
da habe ich mir zu wenig Gedanken gemacht. Sollten mehr als Trenner
wirken, sind aber Satzbaumäßig sicher kontraproduktiv.

Was Du zur Form des Gedichtes an sich sagst, ist aus meiner Betrachtung
Ansichtssache, ohne die Theorie der Lyrik vergewaltigen zu wollen.

Ich hatte es als eine Art kleine Ballade aufgefasst, ein erzählendes Gedicht,
was sicherlich auch starke Züge von Prosa trägt. Vielleicht ist die Grenze da
fließend.

Das was Du bezüglich der Wortstellung erwähntest:

"was nicht selten zu einer vom Gewohnten abweichenden Anordnung von
Wörtern, Wortgruppen und Sätzen führt."

wollte ich bei diesem kleinen Werk gerade vermeiden, wollte es, der Situation
entsprechend, möglichst "schnörkellos" hinsetzen.

Aber danke Dir sehr für Deine Hinweise, in der Theorie bin ich keinesfalls
sattelfest, das hatte Koko auch schon mal bezüglich eines Reimgedichtes
kritisiert. Ich werde versuchen da etwas an mir zu arbeiten, aber seht es mir
nach, dass ich da nicht mehr perfekt werde. Trotzdem möchte ich gern mit
Spaß an lyrischen Formen und Freude an Experimenten etwas mitteilen.

Beste Grüße
mallarme
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