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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 23.04.2017, 23:50   #11
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi EV!

Die sog. "moderne Lyrik" hat in meinen Augen viel kaputt gemacht, sie hat dazu beigetragen, dass heute kaum noch jemand Gedichte liest, weil kein Normalverbraucher dieser abgehobenen Hirnwixerei noch folgen konnte oder wollte. Ein ähnliches Schicksal wie die sog. "moderne Klassik" in der Musik ...

Ja - ich bekenne mich dazu: Was die typische moderne Lyrik betrifft, bin ich eindeutig voreingenommen und intolerant. Aus mehreren Gründen, die alle hier aufzuführen zu lang dauern und mich zudem aufregen würde.

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 24.04.2017, 00:31   #12
Eisenvorhang
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Hallo eKy

Ich verstehe Dich schon und die Gründe warum du so eingestellt bist, kann ich mir halb halb herleiten.
Die Tendenz, dass Menschen dazu neigen generell weniger zu lesen wird immer mehr zum Trend.
Die Handwerklichkeit fällt weg, das saubere und geduldige Einpflegen; man könne fast sagen: die Lyrik der Faulen.

Ich versuche das Phänomen aber zu verstehen. Das sicherlich psychologische Gründe, gesellschaftliche, politische bla bla bla ^^
Abstrakte Worte verhelfen abstrakten Gefühle nach außen zu dringen, wie man sie vermutlich in der formgebundenen Lyrik nicht nach außen tragen kann. Das System normiert und erwartet pausenlos, das raubt Kräfte auf allen Ebenen. Und Arno Schmidt hat bewiesen, dass es auch gute freie Lyrik gibt, neben all den Schmarrn.

Mir geht es nicht darum etwas zu mögen oder nicht.
Sondern freiem Denken Raum zu schaffen, um irgendwann die Qualität der Lyrik vollumfassend zu steigern. Nicht durch mich, ich spreche damit eine innere Haltung an.
Mit elitärem und arrogantem Verhalten schafft man das nicht. Ohne dem, hätte der Mensch schon viele Jahre früher Strom erfunden.
Freigeister werden verurteilt - und ich bin mir sicher, dass du das verstehen kannst wovon ich schreibe.
Ich verstehe beide Seiten.

vlg

EV
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Alt 24.04.2017, 08:54   #13
Thomas
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Hallo Eisenvorhang,

du generierst dich hier als Freigeist und bezeichnest jemanden, der Gedichte schreibt, wie Erich es getan hat, als "Sprachrassisten". Jemand, der Lyrik liebt und deshalb mit Sprache ernsthaft umgeht, kannst du nicht sein.

Interessanterweise charakterisierst du korrekt, wenn du schreibst "Die modernere Lyrik hingegen erfordert rohes Nachdenken, a-prioristisches Wissen und Zugriff auf neues Wissen." Wozu es aber nicht reicht ist, dass du erkennst, dass in dieser apriorischen Abstraktheit das Problem für das Sichtum der sogenannten modernen Lyrik liegt. Nicht nur das, du überhebst dich des Nachdenkens, indem du sofort danach Andere herabsetzen, und sagts: "Was der Hund nicht kennt, frisst er nicht."

Ob ein großer Freigeist begreifen kann, dass NEU nicht unbedingt GUT ist? Oder das man mit brennendem Herzen nach gutem Neuen sucht, und das überhebliche Geschwätz über moderne Lyrik schmerzt?

Bevor du dich nicht in aller Form bei Erich entschuldigt hast, bist du für mich kein ernsthafter Gesprächspartner mehr.

Tschüss Thomas
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© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller

Geändert von Thomas (24.04.2017 um 09:03 Uhr)
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Alt 24.04.2017, 11:06   #14
Eisenvorhang
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Hallo Thomas

Ich entschuldige mich nicht, weil ich Erich nicht angegriffen habe, sondern vor allgemeiner Arroganz gewarnt habe. Der Vermerk, dass diese Zeilen nicht ihm gelten, ist in meinem Post klar und deutlich hervorgehoben.

Ich warne nur vor einer Position, in der man sich begibt und andere belächelt oder gar ausgrenzt. In meinen Augen ist das pathologisch und nicht nur in der Lyrik vorzufinden.
Auch überhebe ich mich nicht - es gibt Tendenzen, die ich wahrnehme und ich persönlich würde, egal was passieren würde, so nicht handeln. Das ist meine Meinung und dazu stehe ich auch. Zu oft habe ich im Leben Mobbing aktiv und passiv miterlebt und aus einer derartigen Haltung wird es geboren.
Auf eKy ist das nicht gemünzt und wurde in keiner Silbe von mir so ausgedrückt. Hier beginnt aber bereits die Aggression und Projektion gegen jemand, der das hinterfragt. Und genau das versuche ich damit zu sagen.

"Ob ein großer Freigeist begreifen kann, dass NEU nicht unbedingt GUT ist?"
Woher soll man das denn wissen, wenn man es verurteilt und dem keine ernste Chance gibt. Dümmer kann man davon nicht werden. Allein meine Neugier treibt mich sowieso zu allem hin.
Ich verstehe eine Vorverurteilung einfach nicht respektive die Position, die das gebiert.

Und ich verstehe auch nicht, Thomas, warum du mich persönlich angreifst. Ich kenne Dich nicht, ich habe kein Problem mit Dir und deine Lyrik finde ich toll.
Wenn Du aber unbedingt gegen mich argumentieren willst, dann muss ich das und Deine Meinung respektieren und werde Dir künftig aus dem Weg gehen.

vlg

EV

Geändert von Eisenvorhang (24.04.2017 um 11:25 Uhr)
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Alt 24.04.2017, 11:21   #15
Erich Kykal
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Hi EV, Thomas!

Erst mal - vielen Dank für dein Parteiergreifen, Thomas, aber ich habe mich eigentlich gar nicht gekränkt gefühlt. EV hat mE. nur nach einer Ausdrucksmöglichkeit für sein Argument gesucht, es lag ihm nichts daran, jemanden herabzusetzen, so zumindest habe ich es gelesen.

Ich verstehe EVs Standpunkt und ehrlich gesagt würde ich das "Problem" freie Lyrik auch gern entspannter betrachten können - aber es zieht mir fast jedesmal wieder die Halskabel auf, wenn ich lesen muss, WAS alles diese sog. "Künstler" heutzutage als Lyrik zu bezeichnen wagen!

Ich will nicht abstreiten, dass manch gute Sachen darunter sind, aber ich kann einfach nicht begreifen, warum dieses ständige Erneuern Müssen und Neue-Wege-Suchen überhaupt sein muss!

Die Lyrik zu Rilke's Zeit war schon ein perfektes sprachliches Ausdrucksmedium -warum das um jeden Preis (auch den der sprachlichen Schönheit und Eleganz) "weiterentwickeln"?
So sind denn auch die meisten dieser Versuche schrecklich, angefangen mit den onomatopoetischen Ergüssen eines Jandl bis hin zum "frei Abgetropften" aus dem Unterbewussten, das wild und beliebig abgeteilt hingeschmiert als der Lyrik letzter Schluss und Schrei verkauft wird!

Dieses jämmerliche Gestammel überhaupt als Lyrik zu bezeichnen, halte ich schon für eine veritable Frechheit! "Strukturierte Prosa" oder "Sprachexperiment" wäre angemessen. Aber Lyrik ist für mich etwas anderes!

Ich denke, dass Lyrik heute so ein Stiefkind der Literatur ist und kaum mehr Leser findet, liegt einerseits sicher an der Prosaisierung der Welt durch die harten Zeiten des 20. Jhdts, die Weltkriege und Wirtschaftskrisen, den wiederaufbau usw - die Leute hatten schlicht andere Probleme.
Später gab es neue Medien, Radio, Fernsehen, Kino, Internet - die neue Ablenkung und Freizeitbeschäftigung boten. Gedichte brauchte einfach keiner mehr.

Andererseits liegt es - so denke ich - auch sehr an der abgehobenen experimentalen Hirnwichserei der Poeten selbst, die auf der verkrampften Suche nach ewig "Neuem" die Leserschaft schließlich vergraulten.
Lyrik ist Schönheit und Innigkeit der Sprache, aber wenn diese Sprachspielerei zum Selbstzweck wird und einfach NICHT mehr schön ist, wenden sich viele davon ab. Genau das merkt man seit den 30er-Jahren des letzten Jhdts.

Meine Ablehnung der Moderne ist also nicht "elitär" motiviert, sondern hat triftige Gründe. Und das moderne Zeux gefällt mir schlicht und einfach auch gar nicht. Ich bevorzuge Sprachmelodie und Gleichklang. Ich höre lieber Bach und Händl als so einen "modernen" Devianztöner, der atonalen Fabrikhallenlärm produziert und das "moderne Klassik" nennt! Ich betrachte lieber einen Da Vinci oder einen Impressionisten als ein "modernes" Schüttbild, bei dem mir ein Text daneben erklären muss, wie das der "Künstler" überhaupt gemeint hat!

Und probiert habe ich alles: Ich habe sogar früher mal eine Weile abstrakt gemalt! Ich habe mir "moderne Klassik" reingezogen und versuchte objektiv zu bleiben. Ich habe moderne Lyrik gelesen. Umsonst - für mich ist das meiste davon nun mal MÜLL!


Also bitte bloß kein böses Blut meinetwegen!

LG, eKy
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Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (24.04.2017 um 18:47 Uhr)
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Alt 24.04.2017, 11:37   #16
Eisenvorhang
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Danke eKy, so war es auch nicht gemeint.
Kein Wort gegen Dich oder gegen Deine Lyrik.

Um kurz einen Professor zu rezitieren, den ich kenne:

Auf Deine Frage:

"-warum das um jeden Preis (auch den der sprachlichen Schönheit und Eleganz) "weiterentwickeln"?

Weil es in der Natur des Menschen liegt, nie zufrieden zu sein und immer Entwicklung zu ersehnen. Alles andere ist Profilneurose.

vlg

EV
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Alt 24.04.2017, 13:05   #17
Thomas
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Lieber Eisenvorhang,

ich habe mich sehr geärgert, weil ich es so verstanden habe. Ich habe es nochmals gelesen und finde den Begriff "Sprachrassist" immer noch nicht toll. Es ist gut, dass nun eindeutig gesagt ist, dass es nicht gegen Erich gemeint war. Wenn ich im Ton etwas zu scharf war, dann bitte ich es zu entschuldige, ich war zornig.

Erich weiß, dass ich seine Position nicht ganz teile, aber ich bin froh, dass er diese seine Meinung hat und vertritt. Für mich ist das sehr wertvoll, gerade weil ich nach Neuem suche, aber nach Neuem, das wirklich eine Weiterentwicklung ist. Und man kann sehr wohl beurteilen, was nur neu ist und was eine Weiterentwicklung ist. Dafür muss man sich jedoch um ein immer tieferes Verständnis der "Alten" bemühen, und sie nicht einfach für obsolet erklären.

Liebe Grüße
Thomas


P.S.: mir ist aufgefallen, dass "Alles andere ist Profilneurose." eine in diese unbegründeten Form unzulässige Verallgemeinerung ist. Ich stimme mit dir völlig überein, dass "es in der Natur des Menschen liegt, nie zufrieden zu sein und immer Entwicklung zu ersehnen." Es gibt jedoch nicht nur einen Grund dafür, wenn jemand das nicht so sieht.
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Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller

Geändert von Thomas (24.04.2017 um 13:17 Uhr)
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Alt 24.04.2017, 13:37   #18
Eisenvorhang
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Hallo Thomas

"Sprachrassist" trifft auf bestimmte Menschen zu, die im Eiland hier nicht verkehren und möglicherweise auch im jeden anderen Forum auf Lebenszeit gebannt wurden wären.

Ich wagte ein Experiment und die Folge war Hetze in jeden meiner Fäden. Und persönliche Angriffe. Ich sei "Poetiker", mein Deutsch sei von Grund auf grotten schlecht und katastrophal, es sei eine Zumutung für die lyrische Welt. Jetzt verrate mir was das soll? :]

Das verbinde ich mit Sprachrassismus, wenn Kritik nicht mehr im Mittelpunkt steht, sondern das eigene selbstverliebte Dünkel.
Und das schöne Gedicht von Erich, was ich zufällig fand, war ein Grund meiner Zeilen.

Meine Absicht war jedoch nicht, dass zu erreichen was du empfindest oder wie es ankam, wie es andere empfänden könnten.

Die unzulässige Verallgemeinerung; damit liegst Du richtig, wenngleich das Ziel dieser Verallgemeinerung war Faules aufzudecken. Der Professor wollte damit provozieren.

Die für mich wahren Gründe, warum so viel verkommt, obliegen in der Psychologie einerseits und in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts andererseits und das Lyrik vermiest wird, beginnt oft in der Schule, trotzdem besteht der Drang sich der Schrift zu bedienen, weil das Schreiben als Solches eine Linderung seelischer Belastungen darstellt. Und nicht jeder ist so schlau, dass er 98% der Bevölkerung intellektuell hinter sich lassen kann. Das Glück haben nicht viele und die, die es haben, haben wieder ganz andere Probleme.

Kurz und oberflächlich zusammgefasst, nehme ich wie folgt wahr:
- eine bestimmte Anzahl der Lehrer lassen das Zuckrige der Lyrik versauern durch Analyse und qualvolle Interpretationen mit Rahmenbedingungen und eine Bewertung von Interpretation (was ich nach wie vor bescheuert finde).
Für interessierte und womöglich begabte Autoren ist das bittere Kost, weil es Mündigkeit mindert und für Desinteressierte, Desinteresse steigert.

Dabei wird das Schöne im Wort und das Schöne um dem Wort vergessen. Das Spiel, nämlich der Baukasten und das Dichten, geraten in den Hintergrund. Eine wohlklingende Sprache, die allerunser Herzen vibrieren lässt, wird nicht herausgelöst, sondern verhapselt, abgetan und wissenschaftlich abgehandelt. Kinder und Jugendliche.

- Die Gesellschaft wird zunehmend zu einer Ellenbogengesellschaft, dass Schreiben dient zunehmend als abstraktes Mittel Schmerzen zu lindern(der heutigen generation, wahres interesse verblasst), völlig entleibt von Form, Wissen und Handwerk - trotzdem dient es als Ventil. Ausleben durch Individualismus. Und Individualismus meint freie Entfaltung.

Das Dichten ist, ich schreibe ja selbst erst seit Anbeginn April, mit viel Lernerei verbunden.
Wer sich entfalten möchte, aber nicht lernen will, aus welchen Gründen auch immer, der bedient sich halt dem Expressionismus und der Abstraktion.

Hier entsteht nun ein Defizit, in dem man überlegen könnte etwas zu verändern. Und wenn ich nicht völlig falsch liege, waren Gedichte schon weit vor Rilke nicht form-, wohl aber melodiegebunden, frei von Reimen und Metrik.
Es hat sich weiterentwickelt und wurde zu dem was viele Sprachliebhaber so mögen. Und es entwickelt sich immer weiter. Die Frage ist nur wohin?
Mir fehlen die fähigen Vermittler. In der Schule hasste ich Lyrik und das Gesülze vom Lehrer mit seinen geforderten Analysen. Jetzt bin ich 14 Jahre aus der Schule und urplötzlich liebe ich das Wort und das Einzige was in mir hallend keimt, ist die zähe Erinnerung längst vergangener Tage.

Und: kein Thema Thomas - Schnee von gestern!

vlg

EV

Geändert von Eisenvorhang (24.04.2017 um 16:34 Uhr)
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Alt 24.04.2017, 14:08   #19
Thomas
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Lieber Eisenvorhang,

was Professoren und Lehrer sagen, ist halt oft nicht das Gelbe vom Ei. Auch mir hat man in der Schule die Poesie fast versaut. Ich hasse Gedicht-Interpretationen, was mir übrigens bis heut beim Kommentieren im Forum Probleme bereitet. Zum Glück habe ich im zarten Alter von 9 Jahren wirkliche Poesie durch einen damals fast 80 Jahre alten Lehrer kennen gelernt, der einfach, frei von der Leber weg, wunderschön Gedichte rezitierte, ohne Erklärung und Drumherum, einfach so. Es war eine Süßigkeit besser als Schokolade. Das haben sie mir später nicht mehr nehmen können.

Es freut mich, dass du auf diesem Weg bist. Es ist nicht einfach, wir leben in sehr "unlyrischen" Zeiten. Aber das war früher auch schon so ähnlich, ich vermute, dir wird Rainer Maria Rilkes "Kleine Schrift" mit dem Titel "Über den Dichter" gefallen, vielleicht holt sie Erich ja für dich herbeit.

Vergessen wir den Zoff. Es tut mir auch leid, dass dir in einem anderen Forum übel mitgespielt wurde, aber das konnte ich ja nicht wissen.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 24.04.2017, 14:53   #20
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Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
Weil es in der Natur des Menschen liegt, nie zufrieden zu sein und immer Entwicklung zu ersehnen.
Ich verstehe nicht, warum bei solchen Themen immer nur von dieser Warte der absoluten "Biernernstigkeit" und im Zusammenhang mit Kunst auch noch von Unzufriedenheit ausgegangen wird.
Ich vermittle meinen Kunstschülern immer sehr eindringlich und bewusst, dass Künstler in erster Linie "kreativ" sind (wodurch sie sich ja von den Kunsthandwerkern in gewisser Weise unterscheiden) - und das hat vor allem und in erster Linie etwas mit Erschaffen zu tun.

Sobald also etwas (technisch wie inhaltlich) perfektioniert und beherrscht ist, findet aus kreativer Sicht kein Erschaffen mehr statt, sondern Reproduzieren (von der Warte der Entwicklung aus betrachtet). Das ist jetzt nicht per se schlecht oder negativ - denn auch das will handwerklich gekonnt sein und bringt viel Schönes und Erbauliches hervor und auch hier bringen es nur wenige zu meisterlichem Niveau. Aber im Erschaffen (also dem Kreieren, wie es das Wörtchen "kreativ" nun mal andeutet) liegt nun mal vor allem das spielerische Hervorbringen von Neuem, Neuartigem. Dass dies nicht aus Unzufriedenheit geschieht, sondern aus dem Drang, Grenzen zu überschreiten, im Neuerschaffen auch sich selbst neu zu finden und erfinden, und aus spielerischem Antrieb, scheint mir bei solchen Ausführungen immer völlig in Vergessenheit zu geraten.
Der Mensch ist das einzige Tier, das auch noch im Erwachsenenalter "spielt" - und Kunst - egal in welcher Form - ist Ausdruck dieses Spielens.

Ja - Künstler experimentieren, nehmen aktuelle Einflüsse ihrer Umwelt auf, verbinden alte Traditionen mit neuen Impulsen ihrer Zeit, testen Grenzen aus, wollen sehen "was alles geht" (und auch, was nicht) - und oft ist das Ergebnis gar nicht so wichtig, sondern das Tun. Und oft gibt es so etwas wie ein "gelungenes Werk" im herkömmlichen Sinne gar nicht mehr. Sondern ein "Ergebnis" eines Versuchs.
Diese Ergebnisse sind dann Zeugnisse dieser spielerischen Prozesse und der Einflüsse ihrer Epoche und deren Wurzeln, verstehen sich selbst aber oft eben gar nicht mehr als Kunstwerke im herkömmlichen (und vielleicht auch inzwischen schon überholten) Sinne. Mit dem alten akademischen Maßstäben darf man an zeitgenössische Kunst einfach nicht mehr herangehen.

Das möchte ich hier doch zu bedenken geben. Meine 10 bis 14 jährigen SchülerInnen waren diesbezüglich übrigens immer am aufgeschlossensten und haben rasch verstanden, einen entspannten Umgang mit moderner Kunst zu finden. Und der war weit entfernt von jeglicher Bierernstigkeit. Immerhin geht es doch bei Kunst um Genuss und Freude. Aber auch das wird heute gerne vergessen. Unter anderem auch, dass man das Recht hat zu sagen "gefällt mir persönlich gut/nicht" (solange man sich mit einer unsachlichen Wertung zurückhält).

Abgesehen davon lese ich allüberall mindestens genau so viel gereimten Mist wie versfreien. Bei beidem sind schlichtweg Unvermögen und Oberflächlichkeit die Ursache für das Übel. Die gewählte Form ist es m.E. nicht.

Gruß,
fee
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"Du musst, wenn du unser Glück beschreiben willst,
ganz viele kleine Punkte machen wie Seurat.
Und dass es Glück war, wird man erst aus der Distanz sehen.”

― Peter Stamm, Agnes

Geändert von fee_reloaded (24.04.2017 um 16:29 Uhr)
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