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Alt 05.06.2011, 12:48   #1
wolo von thurland
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Standard wetter(k)lage

von schwüle erdrückt verdunsten gedanken
auf nadeln gegrillt über glühendem hirn.
die schläfe gepierct, durchbohrt die stirn,
der schädel geritzt von schneidenden pranken.

ein feuer im kopf verbrennt mir zu asche,
was war und was ist, geschweige was wird.
der wille klebt fest wie suppe am herd.
ohnmächtiger geist bleibt gefangen in flasche.

ich warte so sehnlich auf donnerrollen
und wolken, die alles mit regen laben,
gewitter, die reinigend wirken sollen,

ideen, die munter ins freie traben,
wie fohlen auf blühenden weiden tollen!
ob pferde manchmal migräne haben?
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Alt 05.06.2011, 15:27   #2
Dana
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Hallo, wolo von thurland,

zuerst ein freundliches Willkommen auf dem Eiland.

Deine Wetter(k)lage spricht mir aus dem Herzen. Gar nicht so sehr um meinetwillen, als um meinen kürzlich angelegten "Berggarten".

Besonders gut gefällt mir die Vielfalt der Metaphern, die das Befinden besser nicht greifen können.

Hier lese ich für mich heraus, dass das lyr. Ich ganz besonders die Gedankenenge bedauert. Es ist nicht mehr frei für die Dichtung.

Zitat:
Zitat von wolo von thurland
ohnmächtiger geist bleibt gefangen in flasche.

ich warte so sehnlich auf donnerrollen
und wolken, die alles mit regen laben,
gewitter, die reinigend wirken sollen,

ideen, die munter ins freie traben,
Das reinigende Gewitter ersehne ich auch. Ich erwähnte schon oben, warum.

Ein feines Sonett, dass du mit einer gut pointierten Frage beschließt.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 20.06.2011, 16:50   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, wolo,

ich fange mit dem "Schluss" an, und zäume, wenn du erlaubst, das "Pferd" von "hinten auf".

Zitat:
ob pferde manchmal migräne haben?
Also, ich habe keine Ahnung - aber dass Musen manchmal Migräne haben, da bin ich mir mittlerweile sicher. Meine jedenfalls ...

In der Ansicht über die Vielfalt der Metaphern möchte ich mich Dana anschließen. Das gefällt mir wirklich gut. Denn es ist meine "Schwachstelle", und gerade deshalb lese ich gerne Gedichte mit "bunten" Sinnbildern.

Ich tue mich allerdings an ein paar Stellen ein wenig schwer:

Zitat:
ein feuer im kopf verbrennt mir zu asche,
was war und was ist, geschweige was wird.
der wille klebt fest wie suppe am herd.
ohnmächtiger geist bleibt gefangen in flasche.
Eigentlich: "... in der flasche". Nur wären es dann sogar 13 Silben ...

Zitat:
ob pferde manchmal migräne haben?
Mein Vorschlag: "ob pferde manchmal auch migräne haben?" 11, und die Betonung passt so auch. Nimm es aber nur als Vorschlag zur Güte, ich will dir in deinen Stil nicht unbedingt "reinreden", es sei denn, du möchtest es, ja?

Und zum Schluß: Ich finde es sehr gelungen, wie du die "Qualen" eines Dichters darstellst, der sich (ich weiß genau, wie das ist!) den Kopf zermartert. Sich manchmal ein "geistiges" Gewitter herbei zu sehnen, das ist wohl unser aller "Schicksal".

Sehr gerne gelesen, du weißt ja, ich mag deine Art zu schreiben.

Liebe Grüße

Stimme
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Alt 21.06.2011, 05:11   #4
wolo von thurland
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hallo stimme der zeit
danke fürs lesen und den kommentar.
"ohnmächtiger geist bleibt gefangen in flasche" ist wirklich eine scheussliche zeile, da will ich überlegen.

wird/herd: da kritisierst du wohl den reim?

ob pferde manchmal migräne haben?
ob pferde manchmal auch migräne haben?
dein vorschlag hat eine hebung zu viel. deshalb auch an dich die frage: kommt silbenzahl vor hebungszahl? mir ist eigentlich die hebungszahl wichtiger, darum auch scheussliche verse wie der oben zitierte. ich verstehe alle deine bemerkungen, nur zum thema "silbenzahl" bin ich schlicht uninformiert.

und zum schluss: nur drauf mit den kommentaren. ich bin dankbar dafür. sollte irgendwie ein anderes bild von mir erstanden sein, so stimmt es nicht.

lg w.

Geändert von wolo von thurland (21.06.2011 um 05:14 Uhr)
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Alt 21.06.2011, 06:35   #5
Stimme der Zeit
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Moin, wolo,

ah, ich glaube, das liegt 1.) daran, dass "Migräne" Migräne betont wird, so entsteht ein fünfhebiger Jambus (Sonett); zuvor hattest du nur 4 Hebungen, also eine zu wenig.
"ob pferde manchmal migräne haben?", "ob pferde manchmal auch migräne haben?"

2.) hat "Ideen" für mich 3 Silben "I-de-en", deshalb las ich in diesem Vers auch 11 Silben - daher "passten" die 10 im letzten Vers für mich nicht. (Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass das so richtig ist - nur finde ich online lediglich das Wort "Idee", ich sage deshalb: Möglich, dass ich mich irre.)

Das wollte ich so als Vorschlag zur Korrektur anbieten. Wie gesagt, nehmen musst du nichts, es ist nur eine Anmerkung.

Das "klassische" Sonett ist ein jambischer Fünfheber mit 11 Silben (weibliche Kadenzen) oder 10 Silben (männliche Kadenzen). Der Kadenzwechsel sollte stringent sein, z. B.:

10,11,11,10 oder 11,10,10,11; 10,11,10/10,11,10 oder 11,10,11/11,10,11 oder 11,11,10/11,11,10 u.s.w. Es sollte "zueinander passen".

Die Silbenzahl hat allerdings bereits Hugo von Hofmansthal auf 8/7 Silben "gekürzt", er schrieb sie auch im 4hebigen Trochäus; es ist schlicht Ansichtssache, ob man das als "regelgerecht" betrachten will oder nicht.

Ich ganz persönlich (nicht im Sinne einer "Vorschrift") finde eben, der jambische Fünfheber sollte sein, er macht ein Sonett für mich eigentlich erst zum Sonett. Weißt du, ein Sonett ist ein "Klanggedicht", und der typische "Sonett-Rhythmus" entsteht nur auf diese Weise.

Ist die "Abweichung" zu groß, ist es ein Gedicht, das einem Sonett stark ähnelt, z. B. vom Aufbau her - für mich ist es dann kein "echtes" Sonett. Aber: Wie gesagt, das ist nur meine persönlich-private Ansicht und muss deshalb nicht für alle gelten.

Dein Gedicht gefällt mir trotzdem gut - das hat mit der "Form" wenig zu tun, ich mag den "Inhalt" sehr. Form und Struktur sind nicht alles ...

Dämonisch liebe Morgengrüße

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Geändert von Stimme der Zeit (21.06.2011 um 06:41 Uhr) Grund: Kleine Ergänzung.
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Alt 22.06.2011, 12:12   #6
wolo von thurland
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liebe stimme der zeit
ich weiss mit nur noch so zu helfen, dass ich mein eigenes gedicht mit x-en versehe.
ideen war für mich auch dreisilbig, migräne betone ich auch auf der zweiten silbe.
ich habe nach meinem empfinden nirgends fünf hebungen.
irgendwas muss ich falsch machen, weil man das alles offenbar anders versteh. aber was?
lg w.

von schwüle erdrückt verdunsten gedanken
xXxxXxXxxXx
auf nadeln gegrillt über glühendem hirn.
xXxxXxxXxxX
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Alt 22.06.2011, 16:48   #7
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Hallo, wolo,

abgesehen von einer Stelle, wo ich anderer Meinung bin, hast du richtig geixt. Ich habe mich (wieder mal) missverständlich ausgedrückt. Das kommt davon, wenn ich weiß, was ich meine - und irgendwie unterbewusst davon ausgegangen bin, du wüsstest es ebenfalls. Was natürlich nicht so ist.

Dass ich den "Pferde-Vers" auf 11 Silben gebracht habe und ihn in einen fünfhebigen Jambus "ummodelliert" habe, diente eigentlich keiner "Korrektur", sondern als Beispiel. Deshalb muss ich mich entschuldigen, dass ich das Wort "Vorschlag" verwendete. Deshalb hast du (klar!) daraus geschlossen, es sei ein Verbesserungsvorschlag. Schau, ich wollte nur etwas verdeutlichen - und sicher nicht dein Gedicht "umschreiben", das wäre auch ein bisschen viel, stimmt's?

Kein Problem, deshalb schreiben wir uns ja: Damit wir die Möglichkeit haben, uns öfter mal falsch zu verstehen.

Was die Stelle betrifft, wo ich anderer Meinung bin, es geht mir dort um das Wort "ohnmächtiger". Ich schaffe es nicht, xXxx zu betonen, für mich klingt das "verkehrt". Ich habe sogar extra meine Suchmaschine angeworfen, allerdings konnte ich kein direktes bzw. passendes Beispiel finden. Es ist also mein "Gefühl", das mir sagt, hier ist ein "Misston". Was ich weiß, ist:

Ohnmacht: Xx
ohnmächtig: Xxx
Ohnmächtigkeit: XxxX

Von seiten der Prosodie klingt "ohnmächtiger" für mich eher wie XXxx. Was nicht mit dem Metrum übereinstimmen muss. Aber auf jeden Fall liegt m. E. die Betonung in jedem Fall auf "ohn". Falls ich mich da irren sollte, würde ich mich freuen, wenn du eine "Quelle" mit der korrekten Betonung nennen könntest - es gibt manche Worte, die ich schlicht aus solchen Gründen nicht verwende, und über die ich im Web keine "Betonungs-Informationen" finden kann.

Also gibt es (meiner Meinung nach) nur 2 Möglichkeiten: XxxX oder (da es keine 3 unbetonten Silben nacheinander gibt) XxXx - was für mich ebenfalls "misstönt". Ich tendiere also zur XxxX. Das ergibt in diesem Vers 5 Hebungen.

Ich wollte dir nur, ganz unverbindlich, den "klanglich/rhythmischen" Aufbau des "klassischen" Sonetts nahe bringen, das war nicht "belehrend" von mir gemeint.

Nichts für ungut, in Ordnung?

Liebe Grüße

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Alt 22.06.2011, 20:27   #8
wolo von thurland
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liebe stimme
bitte, wir kennen uns lange genug, um schlicht und einfach eine stelle vom andern seinen dichtereien auseinander zu beineln. lass also das "nichts für ungut", bitte.
ich poste doch hier verse in der hoffnung, dass was zurück kommt! also danke für deine kommentare.
zu deinem letzten kann ich aber nur antworten, dass ich schon bei meiner ersten antwort schrieb, ich hielte den betreffenden vers für einen fürchterlichen. "ohn macht" wurde ganz sicher früher mal auf macht betont, aber das ist keine entschuldigung.
lg w.
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