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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 13.04.2010, 10:56   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Standard Der Zaungast

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Der Zaungast


Es sang aus der Hecke des Nachbarn so fein,
direkt dort am Zaune mit Kraft und Brillanz
ein Vöglein ganz rund mit erhobenem Schwanz:
Das muss wohl der Zaunkönig sein, fiel es mir ein.

„Der König bün ick!“, klang es von seinem Platz,
er zog eine Show ab, wie ein Musikant,
ich dachte, gewaltig, doch als ich ihn fand,
erschien er mehr wie ein gewöhnlicher Spatz.

Er ist zwar wahrhaftig ein großer Flötist,
das Trällern fällt ihm nämlich wirklich nicht schwer,
doch ein großer Schnabel macht lang noch nichts her,
kein Wunder, daß er nur der Zaunkönig ist.

Ein Zaun ist geduldig und hört gerne zu,
wie er vor den Tauben sein Liedgut verprasst,
doch manchmal hört auch vor dem Zaune ein Gast:
„Der König bün ick!“ – Ach, jetzt gib endlich Ruh…!


Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 13.04.2010, 12:12   #2
ruhelos
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hallo falderwald,

den Zaunkönig hast du treffend verdichtet. Deiin Gedicht wirkt auf mich wie eine Fabel, denn es scheint unterschwellig eine kleine Moralpredigt zu beinhalten. Eine Warnung vor Hochmut oder Stolz und sich nichts auf sein Können einzubilden, denn bei allem Können gibt es auch genug Makel, die jeder hat. Dein Gedicht wikrt trotzdem nicht schulmeisterisch. Die fröhliche Stimmung ist deutlich erkennbar. Besonders gefällt mir das Reimmuster mit den umarmenden Reimen. Sie runden die Geschichte schön ab. Gern und schmunzelnd gelesen.

Viele Grüße
ruhelos
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Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen. (Mark Twain)
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Alt 13.04.2010, 16:58   #3
ginTon
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hallo lieber faldi,

hatte die geschichte bissle verkehrt erzählt sie jetzo aber gefunden
eine meiner lieblingsgeschichten früher..

Zur Sommerszeit gingen einmal der Bär und der Wolf im Wald spazieren; da hörte der Bär so schönen Gesang von einem Vogel und sprach: “Bruder Wolf, was ist das für ein Vogel, der so schön singt?” “Das ist der König der Vögel”, sagte der Wolf, “vor dem müssen wir uns neigen”; es war aber der Zaunkönig. “Wenn es das ist”, sagte der Bär, “so möchte ich auch gerne seinen königlichen Palast sehen, komm und führ mich hin.” “Das geht nicht so, wie du meinst”, sprach der Wolf, “du mußt warten, bis die Frau Königin kommt.”

Bald darauf kam die Frau Königin und hatte Futter im Schnabel und der Herr König auch, und sie wollten ihre jungen atzen. Der Bär wäre gern nun gleich hinterdreingegangen; aber der Wolf hielt ihn am Ärmel und sagte: “Nein, du mußt warten, bis Herr und Frau Königin wieder fort sind.” Also nahmen sie das Loch in acht, wo das Nest stand, und trabten wieder ab.

Der Bär aber hatte keine Ruhe, wollte den königlichen Palast sehen und ging nach einer kurzen Weile wieder vor. Da waren König und Königin richtig ausgeflogen; er guckte hinein und sah fünf oder sechs junge, die lagen darin. “Ist das der königliche Palast!” rief der Bär, “das ist ein erbärmlicher Palast! Ihr seid auch keine Königskinder, ihr seid unehrliche Kinder.” Wie das die jungen Zaunkönige hörten, wurden sie gewaltig bös und schrien: “Nein, das sind wir nicht, unsere Eltern sind ehrliche Leute; Bär, das soll ausgemacht werden mit dir.”

Dem Bär und dem Wolf ward angst, sie kehrten um und setzten sich in ihre Höhlen. Die jungen Zaunkönige aber schrien und lärmten fort, und als ihre Eltern wieder Futter brachten, sagten sie: “Wir rühren kein Fliegenbeinchen an und sollten wir verhungern, bis ihr erst ausgemacht habt, ob wir ehrliche Kinder sind oder nicht: der Bär ist dagewesen und hat uns gescholten.” Da sagte der König: “Seid nur ruhig, das soll ausgemacht werden.”

Flog darauf mit der Frau Königin dem Bären vor seine Höhle und rief hinein: “Alter Brummbär, warum hast du meine Kinder gescholten? Das soll dir übel bekommen, das wollen wir in einem blutigen Krieg ausmachen.” Also war dem Bären der Krieg angekündigt und war alles vierfüßige Getier berufen: Ochs, Esel, Rind, Hirsch, Reh und was die Erde sonst alles trägt. Der Zaunkönig aber berief alles, was in der Luft fliegt; nicht allein die Vögel groß und klein, sondern auch die Mücken, Hornissen, Bienen und Fliegen mußten herbei.

Als nun die Zeit kam, wo der Krieg angehen sollte, da schickte der Zaunkönig Kundschafter aus, wer der kommandierende General des Feindes wäre. Die Mücke war die Listigste von allen, schwärmte im Wald, wo der Feind sich versammelte, und setzte sich endlich unter ein Blatt auf den Baum, wo die Parole ausgegeben wurde. Da stand der Bär, rief den Fuchs vor sich und sprach: “Fuchs, du bist der Schlaueste unter allem Getier, du sollst General sein und uns anführen.” “Gut”, sagte der Fuchs, “aber was für Zeichen wollen wir verabreden?” Niemand wußte es. Da sprach der Fuchs: “Ich habe einen schönen, langen, buschigen Schwanz, der sieht aus fast wie ein roter Federbusch; wenn ich den Schwanz in die Höhe halte, so geht die Sache gut und ihr müßt drauflosmarschieren; laß ich ihn aber herunterhängen, so lauft, was ihr könnt.”

Als die Mücke das gehört hatte, flog sie wieder heim und verriet dem Zaunkönig alles haarklein. Als der Tag anbrach, wo die Schlacht sollte geliefert werden, hu, da kam das vierfüßige Getier dahergerannt mit Gebraus, daß die Erde zitterte; Zaunkönig mit seiner Armee kam auch durch die Luft daher, die schnurrte, schrie und schwärmte, daß einem angst und bange ward; und gingen sie da von beiden Seiten aneinander. Der Zaunkönig aber schickte die Hornisse hinab, sie sollte sich dem Fuchs unter den Schwanz setzen und aus Leibeskräften stechen. Wie nun der Fuchs den ersten Stich bekam, zuckte er, daß er das eine Bein aufhob, doch ertrug er es und hielt den Schwanz noch in die Höhe; beim zweiten Stich mußte er ihn einen Augenblick herunterlassen; beim dritten aber konnte er sich nicht mehr halten, schrie und nahm den Schwanz zwischen die Beine.

Wie das die Tiere sahen, meinten sie, alles wäre verloren, und fingen an zu laufen, jeder in seine Höhle; und hatten die Vögel die Schlacht gewonnen. Da flogen der Herr König und die Frau Königin heim zu ihren Kindern und riefen: “Kinder, seid fröhlich, eßt und trinkt nach Herzenslust, wir haben den Krieg gewonnen.” Die jungen Zaunkönige aber sagten: “Noch essen wir nicht, der Bär soll erst vors Nest kommen und Abbitte tun und sagen, daß wir ehrliche Kinder sind.” Da flog der Zaunkönig vor das Loch des Bären und rief: “Brummbär, du sollst vor das Nest zu meinen Kindern gehen und Abbitte tun und sagen, daß sie ehrliche Kinder sind, sonst sollen dir die Rippen im Leib zertreten werden.” Da kroch der Bär in der größten Angst hin und tat Abbitte. Jetzt waren die jungen Zaunkönige erst zufrieden, setzten sich zusammen, aßen und tranken und machten sich lustig bis in die späte Nacht hinein.



hey das ist doch auch mal ne geschichte liebe Grüße gin
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Geändert von ginTon (13.04.2010 um 18:43 Uhr)
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Alt 14.04.2010, 21:51   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber Faldi,
ein lustiges oder gar belustigendes Gedicht über den kleinen Schreihals.
Um den Zaunkönig gibt es viele Sagen und Erzählungen.
Auffällig an ihm ist, dass er durch alle Jahreszeiten "trällert" - so gar nicht Vogelart. Vielleicht ist es der Drang ein König zu sein, wobei jeder Gast willkommen ist - auch der Zaungast.
Mit seinen Listen müht er sich die Großen zu verhöhnen, doch stets mit mäßigem Erfolg.

Du hast all diese Merkmale wunderbar verdichtet und auf den Punkt gebracht.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 14.04.2010, 22:07   #5
Chavali
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Lieber Faldi,

unser Zaunkönig ist schon ein kleiner Gernegroß.
Überall will er mitmischen, überall pfeift er sich ran, um dann (meist zu spät) zu erkennen, dass
alle Plätze schon besetzt sind, so dass ihm nur der Zaugast-Platz bleibt

Ja, Hochmut kommt vor dem Fall und wenn ein Spatz meint, dass er ein König sei - lassen wir ihm diesen Spaß!

Zaungastwinkende Grüße!
Chavali
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Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Geändert von Chavali (14.04.2010 um 22:11 Uhr)
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Alt 15.04.2010, 22:51   #6
Falderwald
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Liebe ruhelos,

ja, mir hat die Fabel "Der Zaunkönig" der Gebrüder Grimm vor Augen gestanden.
Als die Vögel damals einen König wählen wollten, sagte der Kiebitz, nicht mit mir und wanderte aus.
Man findet ihn heute nur noch an den norddeutschen Küsten und Inseln.

Wenn dieser Kiebitz nun heute zurück käme um zu "kiebitzen", sozusagen als Zaungast, so hätte er eine erstaunliche Entdeckung gemacht.
Da hatte sich jemand zum König der Vögel ernannt, dabei war dieser vermeintlich Schlaue nur ein kleiner, unscheinbarer dicker Vogel, dessen List von vielen Vögeln durchschaut wurde.
Nur einige dumme Tauben gurren noch heute Zustimmung.
Doch das tun sie überall da, wo sie gefüttert werden.
Und die treiben sich an jedem Zaun herum.

Beim Zaunkönig eben, der einmal ein König war und sich daraufhin in einem Mauseloch verstecken musste...


Hi gin,

ja, schöne Fabel ist das, die kenne ich auch.
Dieser Zaunkönig ist aber auch listig.
Natürlich können die Kleinen auch schmerzhaft stechen.
Wenn dies zum Sieg der vermeintlich Schwächeren führt, gehört ihnen meist die Sympathie.
Die Frage ist am Ende nur, selbst wenn der Zaunkönig als König anerkannt wird, wem nützt das was?
Also ich hätte mir nicht die Mühe gemacht, die Mäuler der arroganten Kleinen auf diese Weise wieder zum Futtern zu bringen.
Ich schwöre dir, die hätten spätestens dann wieder gefuttert, wenn der Hunger anfängt weh zu tun.
Egal...

Danke fürs Auffrischen der alten Fabel...


Liebe Dana,

der kleine Krachschläger ist tatsächlich an keine Jahreszeit gebunden.
Du hörst ihn im Sommer, wie im Winter.
Sein Lockruf: "König bün ück!"
So beschreiben es jedenfalls die Gebrüder Grimm.

Na ja, was anderes bleibt ihm ja auch gar nicht übrig, denn für sein Königreich, was er mit List und Tücke gewonnen hatte, musste er teuer zahlen, um schließlich doch abzudanken.
So ist das, wenn man sich zuerst zu hoch auf dem Rücken eines Adlers aufschwingt, um dann in einem Mauseloch Schutz suchen zu müssen.

Deswegen können wir ihn nun ruhig höhnen lassen, es ist nur ein harmloser kleiner Spatz, dem außer dem Gesang nichts geblieben ist. .. .


Liebe Chavali,

weißt du was das Schönste an der Rolle ist?
Man ist eben überall nur Zaungast, nur nicht hinter dem eigenen Zaun.

Und das Kreuz mit diesen Gernegroßen ist, daß sie das in ihren beschränkten Horizonten nicht erfassen können.

Dabei kochen sie alle nur mit Wasser, deshalb geb ich dir Recht:

Lassen wir den kleinen Piepmatz trällern...


Vielen Dank für eure Beiträge...

"König bün ick!"

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 16.04.2010, 09:53   #7
Ibrahim
Verstorbener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.03.2009
Ort: Puch/Salzburg
Beiträge: 597
Standard Hallo Falderwald!

Dein Gedicht ist ein Gedicht. Ichhabe das Glück, von meinem Küchenfenster aus diese Heckenhuscher beobachten zu können. LG Ingo
__________________
Ich will mit meinen Reimen die Leute zum Schmunzeln, Weinen oder Fluchen bringen.
Ibrahim ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2010, 00:59   #8
Falderwald
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Hallo Ingo,

"Heckenhuscher"

Finde ich Klasse, den Ausdruck, der gefällt mir.
Eigentlich sind sie ja ganz putzig, diese kleinen Gesellen.
Doch ich muss beim Zaunkönig immer wieder an die Fabel denken.

Auf den Kopf gefallen war er ja nicht, doch was hat es ihm genützt?

Ich kann ihn leider (bislang) nicht durchs Küchenfenster sehen.
Bleibt mir also nur die Rolle als Zaungast, manchmal...


Vielen Dank für deinen Kommi...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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