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Ein neuer Morgen Fröhliches und Hoffnungen

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Alt 11.03.2013, 20:52   #11
Lord Skarak
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Hallo Eky!

Zitat:
Zitat von Eky
O du heilige Hinterlist! Wie köstlich die zynische Satire - wer immer sich in Selbstmitleid suhlt und an Suizid denkt - nach diesem Gedicht denkt er sich: Ich bin doch nicht blöd! Wenn mein Tod der Welt ohnehin egal ist, dann kann ich auch genausogut am Leben bleiben und vielleicht noch was erreichen!
Ich würde jederzeit unterschreiben dass der Text gute, kurzweilige Satire ist. Aber du meinst diesen Einwurf wahrscheinlich trotzdem nicht ernst, oder? Er entspricht mehr der satirischen Grundhaltung des Gedichtes, würde ich annehmen. Denn, mit Verlaub, ich glaube dass solche Gedankengänge von realen Suizidenten nicht gegangen werden. Ich glaube, man zieht als potentieller Selbstmörder nicht - oder nur in absoluten Ausnahmefällen - den Schluss, dass es ohnehin egal ist was man macht wenn die Welt sich nicht für einen interessiert und man deswegen genausogut weiterleben kann. Wirklich, ich glaube umkehrpsychologische Aggression und Sadismus haben bestenfalls kurzzeitig eine hemmende Wirkung. Die Erfahrung wird bald entsprechend der vorherrschenden selbstzerstörerischen Denkmuster behandelt. Die Crux im Selbstmörder ist glaube ich, dass bei ihm nicht Gedanken Gefühle hervorbringen, sondern Gefühle Gedanken. Gedanken haben im klaren, gesunden Geiste einen wegweisenden Charakter. Beim Suizidalen sind aber die allesdurchziehenden Gefühle dasjenige, was die meisten Gedanken hervorbringt. Das mündet im ausgeprägten präsuizidalen Syndrom dann in sich passiv aufdrängenden, nicht mehr bewusst herbeigeführten Phantasien selbstzerstörerischen Inhalts, was ich auch versuchte möglichst einprägsam in meiner entsprechenden Kurzgeschichte wiederzugeben. Auf lange Sicht bestärkt zynische Umkehrpsychologie den Suizidenten wahrscheinlich eher in seinem Vorhaben, da sie wahrscheinlich neben Demütigung Aggression hervorruft, welche als eine der Hauptursachen eines suizidalen Gemütszustandes betrachtet wird. So zumindest aus meinem laienhaften Wissen aus einigen Büchern und Recherchen. Ich glaube, wenn man jemandem sagt er soll doch weiterleben weil er bisher ein Versager war, dann muss das nicht zwangsläufig motivierend wirken. Komplexes Thema jedenfalls.

Viele Grüße,
Skarak
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Alt 12.03.2013, 00:54   #12
Erich Kykal
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Beiträge: 8.570
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Hi, Skarak!

Natürlich wollte ich keine grundsatzpsychologische Diskussion vom Zaun brechen. Klar gibt es mannigfaltige Motive für den Suizid, und mannigfaltige Charakterbausteine und Wendungen, die dahin führen können.
Mir stand jener wehleidig selbstverliebte Sichselbsttötenwollender vor Augen, der seinen "Abgang" wie eine Vorstellung zelebrieren will, um der Welt zu beweisen, wie schuldig sie an seinem Untergang ist. So nach dem Motto: "So, jetzt hab ich's euch aber gezeigt, wie ernst es mir war. Seid gefälligst zutiefst betroffen und habt ein schlechtes Gewissen!!!"
Das ist eine nicht zu unterschätzende Triebfeder für manche - ich weiß das auch deshalb, weil ich als Jugendlicher und Mobbingopfer einige Jahre selbst auf dieser Schiene gefahren bin. Zum Glück war ich zu feige und doch zu lebenswillig für den finalen Schritt.
Wenn mir damals obiges Gedicht meinen fundamentalen Irrtum bezüglich der eklatant unempathischen Nachtodeserfahrung meiner Umwelt vor Augen geführt hätte (ich malte mir richtig schön aus, wie verzweifelt alle wären, sich lebenslänglich schuldig fühlen würden - mein Grab würde zur Pilgerstätte all derer werden, die mich "in den Tod getrieben" hätten...), es hätte - zumindest auf mich, so weit muss ich das einschränken - die besagte Wirkung nicht verfehlt.

Ich möchte deinen kompetenten Ausführungen keinesfalls widersprechen - aber so weit es mich angeht, hätte es gewirkt: Ein heilsamer Schock, der sprichwörtliche Eimer kalten Wassers ins Gesicht einer überhitzten, in Selbstmitleid zerfließenden Fantasie, die selbstgefährdende Wege beschreitet.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 27.03.2013, 11:43   #13
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
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Beiträge: 9.909
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Liebe Dana,

ich mag mir auch kein Urteil über jene erlauben, die so etwas tun.

Normalerweise nimmt man sich auch jenen Menschen an, die mit diesem Gedanken spielen und man versucht, sie davon abzubringen.

Oft ist es ja auch wirklich "nur" ein Hilfeschrei, weil sich jemand mit seinen Sorgen, Ängsten und Nöten allein gelassen fühlt oder vor der Zukunft fürchtet.
Es gibt aber auch jene, welche die Sorgen, die sich andere um sie machen, gezielt (be)nutzen, um ein bestimmtes Ziel damit zu erreichen.

Sicher sein kann man sich aber in keinem Fall und das ist es ja, was die Sache so schwierig macht, denn wirklich in jemanden hineinschauen, können wir nicht.

Manchmal aber kann es doch heilsam sein, etwas zu tun, was das Gegenüber nicht erwartet, um eine bestimmte Wirkung damit zu erzielen.

Es ist und bleibt eben ein Balanceakt. .. .


Hi Lord,

ich bin mir darüber im Klaren, dass solch ein Text nicht unbedingt die gewünschte Wirkung bei einem Betroffenen hervorruft.

Ich glaube vielmehr, dass diejenigen, die sich wirklich zum Suizid entschlossen haben, das Ding auch in die Tat umsetzen.
(Ich selbst kannte zwei Menschen meiner Altersstufe, die es vollbracht haben. Da kam aber keine große Ankündigung. In einem Fall noch nicht einmal ein Abschiedsbrief, so dass wir bis heute rätseln, warum er dies tat.)

Es gibt aber eben auch jene, die sich nicht sicher sind und mit der direkten Ankündigung einer solchen Tat lediglich Aufmerksamkeit auf sich ziehen möchten.
Da könnte es schon wirken, denn letztlich tangiert es die Welt nicht wirklich, ob einer sich umbringen will oder nicht.
Wenn man ihm dies klarmachen kann, ist das eigentlich schon die halbe Miete, denn damit entfällt ein Teil seiner Motivation.

Der Text sollte auch keine wissenschaftliche oder grundsatzpsychologische Diskussion lostreten, sondern lediglich eine Satire sein, die - zugegeben - ziemlich zynisch und bösartig klingt.
Aber genau dieses herzlose Verhalten lässt den ankündigenden Selbstmörder in einen Spiegel blicken, denn seine Vorgehensweise, nämlich die Gefühle der anderen für seine Zwecke auszunutzen, zeugt von derselben Einstellung.

Wie gesagt, das trifft auf keinen Fall auf alle Betroffenen zu, aber eine Menge solcher Ankündigungen haben genau dies zum Ziel...


Servus Erich,

fangen wir mal mit der Widmung an.
Du hast Recht, eigentlich bedarf es dieser nicht, in jenem Fall aber inspirierte mich ein Text von Lord Skarak zu diesen Zeilen, so dass ich diesen nicht unerwähnt lassen wollte. Seine Idee lag schließlich meinem Sonett zugrunde.

Ansonsten aber hast du die Zielgruppe, an die dieser Text gerichtet ist, gut erkannt und beschrieben (jener wehleidig selbstverliebte Sichselbsttötenwollender).

Ich denke, diesem kannst du mit einer solch bitterbösen, zynisch gefühllosen Satire doch ganz schön den Schneid abkaufen.
(Eine Ex-Freundin verlangte nach der vollzogenen Trennung einmal von mir, ich möge sie doch nur einmal ein paar Minuten in meiner Wohnung allein lassen. Ich antwortete, ich sei doch nicht verrückt, wenn sie sich das Leben nehmen wolle, dann könne ich ihr ein Seil zur Verfügung stellen, vor dem Haus stände schließlich eine Birke, denn eine solche Schweinerei wolle ich nun wirklich nicht in der Wohnung haben. Das hatte gewirkt, ehrlich.)

Natürlich wirkt so etwas nicht bei jedem, aber manchmal spürt man es eben einfach, dass hier nur ein verzweifelter Erpressungsversuch vorliegt.

Da kann solch eine Umkehrpsychologie durchaus recht hilfreich sein...

Zwei deiner Vorschläge habe ich dankbar umgesetzt und dementsprechend den Text geändert.
Von S2Z4 mag ich mich nicht trennen...


Vielen Dank für eure Kommentare und Gedanken zum Thema. Ich fand diese Diskussion sehr anregend...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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