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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 08.06.2010, 10:07   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Lamento

Oft gab es der Wege viele,
doch ersehnte Lebensziele
gaben mir die Richtung vor.
Heute, da ich mehr begreife,
weiß ich: An erhabner Reife
fehlte es dem armen Tor,

der ich war, als ich ins Leben
mich mit eifrigem Bestreben
aufgemacht einst mit Elan!
Ach, zu spät kommt das Erkennen
nach der Flamme Niederbrennen:
Letzter bin ich bei dem Rennen
auf der Erde Aschenbahn!
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 09.06.2010, 13:30   #2
Untergrund
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Das klingt zu Recht sehr bedeutungsvoll;-) Scheinbar ist das Begreifen aber erst möglich , wenn man statt, filigraner Schnörkel zu malen mit der Axt schreibt. Rasndgedanke zum Schluss ist jener, dass man so die Leute vor sich hertreibt, um jetzt nicht komplett alles in den Brunnen zu werfen. Was sollen denn unsere Kinder denken, wenn sie das lesen?

LG RS
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Alt 02.07.2010, 06:10   #3
Galapapa
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Hallo Erich,
Dein Rückblick auf das Leben hat mir sowohl handwerklich, als auch inhaltllich sehr gefallen.
Mit gewohnt ausgefeilter und gefälliger Metrik beschreibst Du einen Wettkämpfer, der mit Selbstbewusstsein und Siegessicherheit ins Rennen geht und als Letzter ankommt.
Ich kenne diese "Lebenstorschlusspanik" nur zu gut. Man sollte dabei nur nicht vergessen, dass das Rennen noch nicht zuende ist. In meinem Leben gab es jahrelange Phasen, die mir bei heutigem Betrachten geradezu leer vorkommen aber auch Abschnitte, in denen ich in ganz kurzer Zeit unheimlich viel geschafft habe.
Der Kerzenstummel kann noch viel Licht spenden...
Mit einem herzlichen Gruß an Dich!
Galapapa
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Alt 02.07.2010, 10:33   #4
Erich Kykal
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Hi, Glasfeder, Limes, Galapapa!

Dieses Gedicht war ein sogenannter "Schnellschuss" aus dem Reimefechtenfaden eines anderen Forums (DEN Faden gibt's überall, wo ich bin!)
Eigentlich schreibe ich ja seit Erscheinen des letzten (5.) Buches nichts mehr - sozusagen bewußte Kunstpause - nur in den Reimefechtenfäden tu ich noch das meine!
Das Schreiben des Gedichtes hat nur ein paar Minuten gedauert, aber dafür fand ich es so gelungen, dass ich es hier einfach mal eingestellt habe.
Schön, dass es ansprechen konnte. Übrigens hat Limes recht: Weise Menschen schrauben ihre Selbstansprüche zurück, sie wissen, dass nichts perfekt ist oder sein kann. Ich schrieb dies in einer Phase der inneren Niedergeschlagenheit - von daher ist die defaitistische Grundhaltung erklärlich und für jene, die ihr Selbstbild über das Urteil anderer definieren, vielleicht verzeihlich!

Danke für eure Gedanken!

LG, eky
__________________
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Alt 03.07.2010, 06:12   #5
a.c.larin
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hallo erich,

das ist ein feines gedicht, das mich gleich anregt, ein wenig psychologisch "abzusenfen":

ich denke, dass die ganze "tragödie" vielleicht gar nicht so schlimm ist.
dass ein junger mensch nicht über die erfahrungen eines älteren verfügen kann ist, umständehalber, unvermeidlich - wozu also darüber wehklagen?

auch sind, soviel ich weiß, aschenbahnen rund (bzw. oval) - wer will da schon mit sicherheit sagen, wo ein anfang oder ende ist und wer da erster oder letzter ankommt?

es gibt wohl immer zwei blickwinkel.
der eine besagt: ich habe mich im kreis bewegt!
der andere erkennt: ich befinde mich in einer lernspirale.

glück oder unglück liegen also vielmehr im auge des betrachters, denn in den dingen selber.
was uns vielleicht wirklich richtungen vorgibt , sind tiefenpsychologische dispositionen ( strukturen und muster unserer herkunftsfamilien) und das , was in unseren genen geschrieben steht.
aber das alles sind nur legosteine. wie wir dann damit das haus bauen, bleibt uns überlassen.

das lyrIch dürfte zu dem schluss gekommen sein, dass es ein irgendwie schiefes haus fabriziert hat. das ist naürlich ein grund zum jammern.
so machen es die einen.
die anderen denken nach und überlegen, welcher umbau noch möglich ist.
vielleicht vorerst mal die fenster neu streichen?
ich denke mir halt: ein bissel was geht immer.

abgesehen davon:
ab und zu sind diese ausflüge in die traurigkeit sogar sehr nützlich!
der fachmann nennt das: "regression im dienste des ich" - ein niedersinken , um dananch erfrischt und gestärkt wieder aufzustehen.

gut also, wenn das Lyrich sich mal ausgeheult hat....
und danach packen wirs dann wieder...
unser kinder dürfen ruhig wissen, dass das leben nicht perfekt ist!

liebe grüße,
larin
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Alt 09.07.2010, 07:28   #6
Erich Kykal
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Hi, larin!

Schöner Vergleich mit dem Haus, aber was nützt eine Renovierung oder ein Umbau, wenn das Haus selber auf dem Sumpf unabänderlicher Gegebenheiten steht, der es lebenslänglich nach unten zieht, verzerrt und zerbricht?
Wie lange hat einer, der nun mal keinen anderen Grund und Boden hat, die Kraft, ständig herumzuhebeln, zu reparieren und den einströmenden Dreck auszufegen?
Irgendwann gibt er auf und lässt sich mitsamt seinem missratenen Lebenswerk, mit dem er sich nur selber etwas vormachen wollte, untergehen. Vielleicht, wenn er alt genug für ein wenig Weisheit werden durfte, tröstet ihn der Gedanke, dass es so wahrscheinlich für alle das Beste ist.
Bis dahin bastelt er "Betreten verboten"-Schilder für seinen Sumpf und hofft, dass der Dreck keinen mehr mit reinzieht und erstickt.

LG, eKy
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Alt 18.08.2010, 21:55   #7
Dana
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Lieber eKy,

dein "Schnellschuss" gefällt, trotz der "Tragödie" dahinter.

Wohlwissend um den Denker, dem ich durchaus zustimme, tröstet mich diese Erkenntnis:

"Greise geben gern gute Lehren,
um sich zu trösten, dass sie
nicht mehr imstande sind,
schlechte Beispiele zu geben." (La Rochefoucauld)

Damit will ich von der Schwere 'runter, die uns doch immer wieder einholt.

Noch schwerer stelle ich mir vor, zu den Ersten zu zählen und das zu halten.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 19.08.2010, 13:03   #8
Lena
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Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Hi, larin!

Wie lange hat einer, der nun mal keinen anderen Grund und Boden hat, die Kraft, ständig herumzuhebeln, zu reparieren und den einströmenden Dreck auszufegen?

LG, eKy
Solange er ständig herumhebelt, repariert und den Dreck wegfegt, hat er alle Zeit der Welt. Nicht unbedingt logisch denkst du - und hast Recht. Aber in dem Moment wo ich aufhöre...

Manch einer von euch, und ich auf jeden Fall versuche diesen Abschüssigen Pfad immer und immer wieder zu festigen um Halt zu bekommen.

Lieber Erich.


Dein Gedicht gefällt mir, weil es einfach auch ein Teil meines Lebens ist.

Wahrschenlich auch von einigen anderen hier.

Unter "Lamento - Lamentieren stelle ich mir eher etwas lautes vor.

Hier spricht einer, der heute vieles anders machen würde und auch der

verlorenen Zeit nachtrauert...kraftlos und still.

Ein interessantes Gedicht, worüber ich gerne nachgedacht habe.

Liebe Grüße an dich

Lena
__________________
~ Mit lieben Gedanken ~


©auf alle meine Werke
............
Marion Baccarra
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Alt 03.11.2010, 08:43   #9
Erich Kykal
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Hi, Dana, Lena!

Vielen Dank für eure freundlichen und tröstlichen Worte. Mittlerweile bin ich über dieses "Tief" hinweg, in dem ich dies schrieb. Dennoch bleibt die immanente Wahrheit bestehen, in in diesen Zeilen schwebt. Denn was hinterlassen wir letztendlich? Nichts!
Selbst die Namen der "allergrößten" Dichter und Denker überleben bestenfalls ein paar Jahrtausende im Volksgedächtnis, von den bescheuerten "Feldherren", wie man die Schlächter der Menschheit allzu freundlich nennt, ganz zu schweigen. Von "großen Schlachten" sprechen nur jene Idioten, die sowas nie selbst miterleben mussten!
Aber zurück zum Thema: Selbst, wenn dein Name überdauert, weil du irgendetwas "Großes" geleistet hast - nach einigen Generationen ist es eben nur noch das: Ein Name, der in irgendwelchen Zusammenhängen gebraucht wird. Wer weiß heute noch, was Goethe wirklich dachte? Wer liest Rilke wirklich, auch die Briefe? Wen interessieren noch die persönlichen Ansichten oder Bemühungen eines Sokrates oder eines Napoleon, um auch mal ein Negativbeispiel zu nennen. Sehr wenige, zudem meist auch noch solche, deren eigenes Dasein augenscheinlich zu leer und/oder nebensächlich ist, um es mit eigener Größe, eigenem Genie zu füllen!
Die machen sich dann allzu gern zum Sprachrohr jener, die sich nicht mehr wehren können, und interpretieren deren Aussagen so lange und ausdauernd in ihrem persönlichen Sinne, bis vom wahren Gedankengut der sog. "Großen" nichts Nenneswertes mehr übrig ist, zumindest in den Köpfen der sog. Durchschnittsbürger. Soviel zum vielbeschworenen "Volksgedächtnis"!

Danke für eure Geduld. Manchmal tut es ganz gut, wenn man sich mal ausrotzen kann!

LG, eKy
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