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Alt 31.01.2013, 22:11   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 5.637
Standard Zeitgeist

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Ich bete an die Macht des Euro,
wie einst der D-Mark, götzengleich,
was ich verkaufe, soll sich teuro,
im Ankauf aber schnäppchenreich,

in meinem Aug als Dollarzeichen
verwandeln stets in pures Gold.
Nie soll es geben meinesgleichen,
o Götzengötter, bleibt mir hold.
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__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 01.02.2013, 09:34   #2
marzipania
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Hier passt das "o", liebe Dana,
das ist mir sofort uffjefallen.
Und überhaupt. Dein Gedicht erinnert mich an den Kurzbericht aus dem Börsengeschehen, der sich vorprogrammös an die Tagesschau schmiegt.
Dort offenbart sich ein ganz ähnliches Verhalten: Steigen die Aktien oder erholt sich das kränkelnde Daxhündchen, tritt ein Schimmern, ein frohes Leuchten in die Augen der Berichterstatter.
Und man kann die Dollarzeichen darin deutlich ausmachen.
Also doch lieber arm & Lyrikerin (in gängiger Kombination)?

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Alt 01.02.2013, 21:07   #3
Suzette
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Hallo Dana,

deine Zeilen gefallen mir auch gut!
In deinem kleinen Werk hast du einen essentiellen Lebensnerv vieler Menschen dargestellt und den wenigen Zeilen damit ein Gewicht gegeben, daß schwerer wiegt, als ein goldenes Kalb.

Liebe Grüße
Suzette
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Alt 02.02.2013, 19:56   #4
Dana
Slawische Seele
 
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O, Marcy, danke.
Selbst mir kamen beim Schreiben die von dir benannten "Börsenbilder". Ich habe sie nur beim Schalten gesehen und gestaunt, wie schnell die Menschen lachend und verzweifelt sein können. Das muss doch anstrengend sein.
Wie wahr: Leiber reich und gesund als arm und krank!!!

Hallo Suzette,
auch dir lieben Dank. Schön, dass uns solche Verse erheitern.
Obwohl, so ein goldenes Kalb - wie komme ich da heran?

Liebe Grüße an euch,
Dana
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Alt 08.02.2013, 21:54   #5
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Beiträge: 9.908
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Liebe Dana,

lieber reich und gesund, als arm und krank, oder so...

Über die Gesundheit lässt sich nicht streiten, aber über den Begriff "Reichtum" schon.
Reichtum heißt ja, etwas von Wert besitzen, man hat also etwas erreicht, aber wer sagt, daß dies immer nur die materiellen Dinge sein müssen?

Leider sieht der Zeitgeist heutzutage aber ganz anders aus und so hat dein Text es wohl auf den Punkt gebracht.

Der ganze Mist, den man heute haben muss, um "Mensch zu sein", hat langsam überhand genommen.

Alles ist nur noch auf Kommerz und Konsum ausgerichtet, die Werbung suggeriert eine saubere Welt oder aber wie man die schmutzige beseitigen kann und der Verbraucher ist das Freiwild für diejenigen, mit den Dollarzeichen in den Augen.

Und wenn das einmal zusammenbricht, dann brechen ganz viele Welten zusammen.
Aber so wie bisher wird es definitiv nicht weiter gehen.

Warten wir es ab. .. .


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 11.02.2013, 07:31   #6
Untergrund
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Beiträge: 243
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Die ersten beiden Zeilen sind genauso umständlich formuliert, wie der Inhalt uns versucht weiszumachen, dass Verkauftes sich aus irgendeinem Grund in Gold verwandelt. Das zeugt doch von einer gewissen Hörigkeit, die leider nicht transzendiert werden kann, um Börsenberichte mal nur als Versuch darzustellen, eine verteufelte Materie schmackhafter zu machen oder manchmal nur als verzweifelte Aufklärung. Wenn sich das Verkaufte in Gold verwandelt, frage ich mich warum sich so viele Kunden betrogen fühlen.

LG RS

Geändert von Untergrund (20.02.2013 um 17:50 Uhr)
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Alt 15.02.2013, 18:31   #7
Dana
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Lieber Faldi,

Gesundheit bleibt unstreitbar das höchste Gut. Sie zu schätzen wissen wir aber nur, wenn wir erfahren haben, was Kranhkeit bedeutet.
Über den Besitz von materiellen Dingen streiten erst jene, die es haben.
Nie ist es genug, weil es immer einen nächsten gibt, der mehr hat. Arme hingegen sind sich viel einiger.
Du hast klasse kommentiert, ich fühle mein leichtes Gedicht wohl verstanden.
Liebe Grüße
Dana

Hallo Glasfeder,
mit deinem Kommentar hast du genau das Hinterfragen erfasst. Warum fühlen wir uns, auch wenn wir viel haben, immer betrogen? Weil wir mehr wollen, mehr als die anderen, als alle anderen.
Niemand verkauft (Börse, Wirtschaft, Märkte und der Kiosk), um etwas von dem, was er hat, mit anderen zu teilen. Nein, es muss sich lohnen.

Mit einer umständlichen Formulierung kann ich leider wenig anfangen. Was meinst du genau?

Zitat:
Zitat von Glasfeder
Die ersten beiden Zeilen sind genauso umständlich formuliert, wie der Inhalt uns versucht weiszumachen, dass Verkauftes sich aus irgendeinem Grund in Gold verwandelt.
Ich habe nicht beweisen wollen. Es geht lediglich um die Betrachtung des Zeitgeistes aus meiner Sicht.
LG
Dana
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Alt 17.02.2013, 07:13   #8
a.c.larin
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liebe dana,

ich bin leider nicht allzu sehr bewandert in diesen dingen - doch im herbst hab ich ein buch gelesen, das mir ein wenig den blick geöffnet hat (das ende des geldes), daher wage ich es jetzt, ein bisschen was von dem gelesenen wiederzukauen:

das problem mit der marktwirtschaft, die auf dem geld aufgebaut ist , ist folgendes: jede art von geld ist eigentlich eine schuld,
dh. wo auf der einen seite viel geld ist - muss zwangsläufig irgendwoanders viel schuld sein.

der vorteil an dem system war und ist: man kann waren leichter tauschen.
der nachteil: wenn bloß die aufgenommenen schuld zurückgegeben werden müsste, dann wärs noch nicht so schlimm - das wahre problem beginnt erst durch den zins ( und wird weiter verstärkt durch den zinseszins)

in wahrheit erdrücken uns also nicht die schulden - sondern die zinsen.
ich habe keine genauen zahlen im kopf - aber ein großer teil der heutigen staatsbudgets geht allein bereits in den zinsendienst. die eigentliche schuldlast wird dadurch aber nicht weniger.
das macht es so schwierig, positiv zu bilanzieren.
zinsendienst ist daher etwas, das kaufkraft und wirtschaftskraft wegnimmt - und das geht eindeutig zu lasten der zukunft.

nun hat der mensch aber ein sicherheitsbedürfnis - das heißt, er möchte, wie der hamster vorm winter, vorräte anhäufen.
in zeiten, wo die demographische entwicklung durch einen überhang der alten und älteren bevölkerung auch das alte umlagesystem bei den pensionen ins wackeln bringt, wird der wunsch zu hamstern nicht geringer werden.

da war und ist es natürlich verlockend für einzelpersonen (genauso wie für
irgendwelche sozialen gruppen) danach zu trachten, den geldbesitz zu vermehren.
mehr geld bedeutet bedeutet eben auch das: mehr möglichkeiten.

dass beim handeln mit aktien und derivaten das augenmaß verloren wurde, wissen wir ja bereits. der kapitalismus ist also an seine grenzen gestoßen.
das würde uns wahrscheinlich nur wenig verunsichern, wenn der kommunismus einige jahre davor nicht auch an seine grenzen gestoßen wäre.

es sieht also derzeit so aus, als wären unsere bisher bekannten -ismen am ende - und noch macht sich eine große ratlosigkeit breit, wie dem zu begegnen ist.
es gibt aber bereits einige kleinere gruppen, in denen sich bargeldlose strukturen zu etablieren beginnen, wo man z.b. arbeitsstunden gegen arbeitsstunden tauscht - und interessanterweise ist da z.b. eine stunde straßenkehren genauso viel wert wie eine stunde notarielle beratung.

noch, würde ich sagen.
denn warum sollte jemand, der viel zeit und geld in eine spezielle ausbildung investiert hat, nicht auch irgendwann einmal den gegenwert dafür verlangen?
warum sollte einer, der sich mehr anstrengt, nicht auch mehr erreichen dürfen?
gleichmacherei nimmt den leistungsanreiz - das hat der kommunismus ja deutlich genug bewiesen.
wenn man aber den mammon als hauptziel und -inhalt des lebens nimmt, dann gehts auch wieder am menschen vorbei, das hat der kapitalismus bewiesen.

der weg durch die goldene mitte, den suchen wir derzeit noch.
es ist uns zu wünschen, dass wir IDEEN entwickeln - nicht bloß ressentiments. jetzt ist mut gefragt, denn angst macht blöde.

vor allen dingen sollten wir ja nicht wieder glauben, dass mit dem ruf nach einem "starken mann" schon alle probleme gelöst wären.
es geht darum, die eigenen stärken entdecken.

und es geht um solidarität mit denen, die gerade stolpern.
der "gott der liebe" und der "gott des mammon" - sie waren wohl noch nie dicke freunde....

na, da hat mich dein kleines gedicht jetzt aber weit ins land der gedanken und überlegungen geführt. (fast wie eine sonntagspredigt. )

ich wünsche dir ( und bei dir weiß ich es ja ), dass dein reichtum auf anderen fundamenten gründet!

liebe grüße, larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (17.02.2013 um 07:17 Uhr)
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2013, 18:32   #9
Dana
Slawische Seele
 
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Liebe Larin,
boah - eine wahre "Sonntagspredigt"

Solch einen "Block" an Tiefgedanken habe ich beim Schreiben gar nicht hineingelegt. (Erichs "An die Zeitgeister" hat mich spontan inspiriert) Doch meist ist es so. Man greift ein Urteil oder Vorurteil, das beständig auf der Oberfläche treibt, auf und erahnt die Tiefen nicht, aus denen diese emporgestiegen ist.

Das hat dich gerettet:
Zitat:
Zitat von a.c.larin
ich wünsche dir ( und bei dir weiß ich es ja ), dass dein reichtum auf anderen fundamenten gründet!
Dein Buch ist bestimmt hoch interessant. Ich bekomme derzeit aus einem abschnittweise vorgelesen. Das Thema scheint ähnlich oder es ist gar das gleiche Buch.
Die bisher erprobten Gesellschaftsformen sind an ihre Grenzen geraten.
Denkt man sich dort ein bißchen hinein, erkennt man die Abhängigkeiten und Ausweglosigkeiten. Dann wird man sich bewusst, wie lapidar bloße "Beschimpfungen" vom "Sessel aus" sind. Aber auch, welch ein Druck dahinter steckt, der zur "Schönmacherei" zwingt, um keine Panik auszulösen.

Zitat:
Zitat von a.c.larin
es gibt aber bereits einige kleinere gruppen, in denen sich bargeldlose strukturen zu etablieren beginnen, wo man z.b. arbeitsstunden gegen arbeitsstunden tauscht - und interessanterweise ist da z.b. eine stunde straßenkehren genauso viel wert wie eine stunde notarielle beratung.
Genau! Zu erkennen ist das beginnende Umdenken schon darin, dass man nicht mehr wertend fragt: "Was machst du?", sondern "Hast du Arbeit?"

Doch gerade in diesem Umbruch nehmen Skrupellosigkeit und "Giertempo" zu - "menschliches Hamstern".

Es gibt auch die Idee, von höchstens 30 Wochenarbeitsstunden, um die Arbeitslosigkeit zu verringern. Mindestlöhne verringern Sozialleistungen, die nur von Löhnen getragen werden, usw, usw.

Ich hoffe, es gelingt. Nicht für mich und dich, für unsere Kinder und Enkelkinder und das diese für ihre Kinder wiederum erkennen.
Ein unendliches Thema, das ich gern fortgeführt habe und dennoch Maß halten wollte.

Vielen Dank und liebe Grüße
Dana
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