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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 09.04.2017, 20:10   #11
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

jeder kennt solche oder solch ähnliche Menschen.
Manche kennt man von Kindesbeinen an, manche lernt man erst später kennen und bei vielen weiß man nicht um ihre Vorgeschichte, man sieht nur ihr seltsames Verhalten, das sie von allen anderen augenfällig abhebt.

Du beschreibst hier eine mögliche Vorgeschichte, denn dein Protagonist wurde durch seine Kindheit geprägt.
Extrem schüchtern und in sich gekehrt, erlebt er das Geschehen der Welt nur am Rande.
Die weitere Entwicklung ist kein Wunder, denn andere junge Menschen sind kaum empathisch dazu in der Lage, sich in solche Außenseiter hineinzuversetzen, dazu fehlt ihnen noch die Erfahrung.
Der Umgang ab einem gewissen Alter mit Gleichaltrigen prägt einen Menschen meines Erachtens allerdings doch sehr.
Sowohl ihre Sicht auf den Betroffenen, wie auch seine Sicht sind individuelle Wahrheiten und so entwickelt sich der gegenseitige Umgang miteinander.

Da fällt es dem Leidtragenden auch hinterher sehr schwer, Vertrauen zu fassen, wenn er auf erfahrenere Menschen trifft, die wirklich Empathie für ihn aufbringen können.

Ein böser Teufelskreis ist das und je intensiver jemand darin gefangen ist, umso schlimmer für ihn.

Mir fielen spontan ein paar Namen und Gesichter ein, die ich sofort mit deinem Text zu verbinden wusste.

In diesem Sinne ist er authentisch und hat mir gut gefallen, weil er mich ja auch erreicht hat.


Gern gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 09.04.2017, 21:14   #12
Erich Kykal
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Hi Faldi!

Der Text ist autobiografisch, bestenfalls leicht dramatisiert. Ab meinem 15. Lebensjahr vermied ich möglichst jeden Kontakt zu Gleichaltrigen, bis auf ein oder zwei Ausnahmen, die ich bis heute Freund nennen kann - oder zumindest nicht das Gegenteil.
Jeder Schultag war ein Spießrutenlauf zwischen desinteressierten oder hilflosen Lehrern, gleichgültigen Mitschülern - und jenen, die keine Gelegenheit ausließen, mir zu zeigen, was ich für sie darstellte und was sie mir so überlegen machte.
Dass ich mich mit frechem Zynismus oder hilfloser Wut zur Wehr setzte, machte die Sache nicht besser. Meistens aber zog ich nur den Kopf ein und ließ die Demütigungen schweigend über mich ergehen - so ging es schneller vorbei.
Ist man erst mal in einem bestimmten Rollenbild gefangen, ist es fast unmöglich, das noch zu revidieren - du wurdest beurteilt, eingeordnet und fertig.
Was diesem Bild widerspricht, wird kaum wahrgenommen, was es bestätigt, wird zelebriert. Das funktioniert von beiden Seiten so: Sie sahen in mir nur den Nerd, den Spinner, den Gestörten, ich sah in ihnen nur noch gehässige Neider, Pöbler und miese Arschlöcher.

Mein Leben mit (Selbst-)Respekt und Würde begann erst nach dem Abitur.

Aber wie gesagt, das ist lange her - heute genügt so ein Bewältigungsgedicht alle paar Jahre, und mir geht's gut ...

Die Menschen meide ich bis heute. Zu gut habe ich die Lektion gelernt, wie sie sein können. Wie ich sein kann. Besser, wir gehen uns aus dem Weg.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (19.07.2017 um 15:42 Uhr)
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Alt 10.04.2017, 00:51   #13
Eisenvorhang
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Hallo eky

Irgendwie schaffen es Deine Themen mich aufzufangen.
Mir erging es auf ähnliche Weise auch viele Jahre.
Ich würde fast die gleichen Worte verwenden.
Nur zog sich diese Schmach nahezu durch mein ganzes Leben. Erst die letzten Jahre zeugten von Linderung und Tröstung. Meine Frau war eine Ausnahme.
Aber neben ihr ist - außer einer anderen Person - keiner geblieben.

Eigentlich bin ich die Dezenz in Person, wenn es um persönliche Belange geht.

Aber ich kenne dieses Leben, die Art, die Weise von Menschen, die sich bedroht und eingekesselt fühlen und mit einer anderen Art oder einem anderen Sein, eines anderen Menschen überfordert sind und daraufhin in die Offensive gehen. Ich griff zu Alkohol, zu Drogen und verlor mich in Interessen, die ich mit keinem teilen konnte.

Nun vergehen die Jahre, ich wurde älter, fühle mich reifer, verwurzelter und sehe viele Dinge in einem anderen Licht.
Trotzdem gehe ich nach wie vor Menschen aus dem Weg und sie mir.
Der beste Freund ist immernoch mein Hund.


vlg

EV
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Alt 10.04.2017, 08:25   #14
Erich Kykal
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Hi EV!

Tja, ich bin ein Katzentyp.

LG, eKy
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Alt 10.04.2017, 14:24   #15
Eisenvorhang
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Hi eKy!

Tja, ich differenziere keine Tierliebe!

Hab einen schönen Tag :-))


vlg

EV
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Alt 19.07.2017, 15:45   #16
Erich Kykal
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Hi EV!

Ich auch nicht - habe auch schon Hunde gestreichelt und eine Menge anderer Viecher. Aber ich werde immer ein Katzentyp sein, nicht allein aus ästhetischen oder hygienischen Gründen, sondern aus zutiefst empfundener Wesensverwandtschaft.

LG, eKy
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Alt 25.07.2017, 09:44   #17
Kokochanel
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Liber Etich,

wieso habe ich dieses schöne und aussgekräftige Werk von dir bisher übersehen?
Naja. Babydienst wahrscheinlich.
Tief lässt du uns in die Seele und Empfindungen eines Außenseiters schauen mit allen Aspekten, die dieses zu bieten vermag. Berührend und lehrreich gleichermaßen.
Besonders auch die letzte Zeile mit dem Mitleid, was niemand in solch einer Situation braucht...
Gerne gelesenund mitgefühlt in eine vergangene Zeit, die die Wurzeln legte für einen heute gestandenen Mann,
von Koko
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Alt 25.07.2017, 09:57   #18
Erich Kykal
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Hi Koko!

Hast du in meinem Archiv gekramt? Vielen Dank für diese "Exhumierung"!

Die Beweggründe für dieses Werk habe ich in den Vorkommentaren hier ja schon erläutert. Als "gestanden" möchte ich mich aber aus mehreren Gründen nicht bezeichnen: Zum einen hat der gekränkte Junge in mir immer noch zuviel Macht über mich, zum anderen musste ich mich in diesem Leben nie wirklich der Welt stellen, denn schon in den wenigen Kontakten zu ihr habe ich stets jämmerlich versagt und mich lieber feige zurückgezogen als konsequent zu mir zu stehen und dies auch nach außen zu verteidigen. Entweder ich war zu empfindlich, oder ich sah keinen Sinn darin: zuviel Gefühl und zuviel Hirn - keine optimale Kombination. Also warf ich das Gefühl über Bord, aber irgendwo musste es ja bleiben. Es liegt heute in meinen Gedichten und belästigt mich somit nicht mehr in meinem realen Leben ...

LG, eKy
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Alt 25.07.2017, 18:43   #19
Sidgrani
Von Raben umkreist
 
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Hei eKy,

sei froh, dass du so ein gut funktionierendes Ventil gefunden hast.

Zitat:
Zitat von eKy
Zu tief empfunden jedes Ihnverletzen,
zu schwer der Weg aus einem reichen Innen.
Das Außen war gefährlich, war Entsetzen,
und Einsamkeit ein mögliches Entrinnen.
Müsste es nicht z.B. heißen

"und Einsamkeit ein sicheres Entrinnen" oder
"und Einsamkeit das einzige Entrinnen"?


Zitat:
Zitat von eKy
Er wurde größer, aber nicht verstanden,
er glaube besser sich, so ging die Rede,
als allen anderen, und sie befanden
ihn seltsam wunderlich und etwas blöde.
Hier fehlt ein "n" oder?


Wieso, lieber eKy, hast du dein Gedicht nicht in der noch eindringlicheren Ich-Form geschrieben, wo du uns doch so freizügig über deine schwere Kindheit erzählt hast?


Zitat:
Zitat von eKy
Die Menschen meide ich bis heute. Zu gut habe ich die Lektion gelernt, wie sie sein können. Wie ich sein kann. Besser, wir gehen uns aus dem Weg.
Das ist sehr schade, denn so erfährst du nie, ob "da draußen" nicht ein paar Menschen sind, die dich so nehmen, wie du bist.
Auf jeden Fall hast du dein Gedicht sehr gut geschrieben. Es berührt und zwingt zum Nachdenken.

Ich habe vor Jahren einmal versucht, mich in so eine Situation hinein zu versetzten und die Gefühle und Gedanken in einem Gedicht festgehalten.

Vielleicht schaust du mal rein.

http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=4880

Liebe Grüße
Sid
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Alle meine Texte: © Sidgrani

"Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"

»Erich Kästner«
Sidgrani ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.07.2017, 19:06   #20
Erich Kykal
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Hi Sid!

Vielen Dank für einen so detaillierten Kommi!

Der Reihe nach:

"Mögliches" steht da, weil die Isolation nur eine von mehreren Möglichkeiten war und ist, mir derlei unzugehen. Jene, die ich wählte - aber eben nicht die "einzige". Und "sicher" war mein Entrinnen auch nie. Irgendwie erreichten sie mich doch immer wieder ...

Da fehlt kein "n", sorry. "Er glaube besser sich als alle andern" - er glaubt besser sich als WER oder WAS? ---> Nominativ.

In der Ich-Form schreibe ich höchst selten, auch nicht gern bei autobiografischem Inhalt. Zum einen möchte ich nicht weinerlich oder ichbezogen wirken, oder so, als hätte ich in meinem Leben kaum je was auf die Reihe gebracht. Zum anderen möchte ich, dass auch andere sich leicht mit dem Text identifizieren können, sollten sie Parallelen zum eigenen Leben darin erkennen.

Oh, ich kenne durchaus eine Handvoll Menschen, die mich so nehmen können, wie ich bin, vorausgesetzt, sie kommen mir nicht zu nahe. Dieses Distanzhalten ist bei mir obligatorisch und wird sich auch nicht mehr ändern. Wer damit leben kann, ist mir willkommen, vorausgesetzt, er vermag selbst eine gewisse innere Distanz zu wahren. Mit heftigen Emotionen konnte und kann ich nicht umgehen, nicht mal mit den eigenen. Schon als kleiner Junge eiferte ich Mr. Spock nach, der mein großes Vorbild war: Gefühlsbereinigt, logisch, beherrscht. Heute bin ich ziemlich genauso, bloß von außen eben klein, fett und glatzköpfig. Und wie bei ihm brechen die unterdrückten Regungen nur höchst selten durch, und selbst dann sehr kontrolliert und unaufdringlich. Nur den Zorn, den konnte ich nie so ganz beherrschen lernen, da arbeite ich noch dran.

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (26.06.2019 um 21:03 Uhr)
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