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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 26.10.2014, 07:33   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.909
Sommervogel Freigeist



Freigeist


Für einen Dichter gab es niemals Schranken,
ihm war von Anfang an das Wort gegeben,
er malt die Welt in lyrischen Gedanken.

Wenn sich Philister noch am Wort betranken,
begann sein freier Geist schon aufzustreben,
für einen Dichter gab es niemals Schranken.

Um nicht an diesem Wahnsinn zu erkranken
wie jene Fliegen, die am Dogma kleben,
malt er die Welt in lyrischen Gedanken.

Gesprengt sind alle Ketten seines blanken
Entsetzens über dieses tote Leben,
für einen Dichter gab es niemals Schranken.

Solange sich der Seelenmärchen Ranken
noch über jegliche Vernunft erheben,
malt er die Welt in lyrischen Gedanken.

Als ihm die Götter aus dem Weltbild sanken,
erspürte er des Universums Beben,
für einen Dichter gab es niemals Schranken,
er malt die Welt in lyrischen Gedanken.


Falderwald
. .. .


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)




Geändert von Falderwald (31.10.2014 um 20:46 Uhr) Grund: Fehler behoben
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Alt 26.10.2014, 09:17   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Faldi!

Nicht schwer zu erraten, was diese Woche "lyrisches Programm" der Schmetterlinge ist...

Sehr gelungen, sehr eloquent und mit wunderbaren Enjambements beschreibst du das Wesen des Poeten! - Ein Gustostückerl! Chapeau!

Allergernst gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 26.10.2014, 11:34   #3
Chavali
ADäquat
 
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Moin Faldi,

ein Thema, das dir liegt und auch die Form, die Villanelle, passt wunderbar dazu.

Ich bin wie Erich begeistert und meine, das ist eine der besten, wenn nicht die allerbeste, Villanelle
der Arbeitsgruppe in diesem Monat.
Zumindest für meinen Geschmack

Sie wirkt auch so ausgefeilt, als hättest du schon eine Menge Texte dieser Gedichtform geschrieben.

Für einen Dichter gibt es keine Schranken - in seinem Werk: Toll gesagt!


Lieben Gruß,
Chavi
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 26.10.2014, 16:01   #4
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Lieber Faldi :)

Du kannst immer so schön klar sein.
Das Gedicht hier ist ein Leckerbissen. Du beschreibst den Freigeist sehr lyrisch. Ich weiß, meist schreibe ich kurze Kommentare, meist lobe ich auch, doch sage ich nicht zu jedem Gedicht etwas. Das hier gefällt mir außerordentlich, denn das Thema : Freiheit gefällt mir immer.
Es gibt ein schönes Deutsches Lied: "Die Gedanken sind frei." Daran erinnert mich dieser Text.

Ich hoffe noch viele von Deinen Freigeistgedichten lesen zu können.

Liebe Grüße sy
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Alt 26.10.2014, 22:55   #5
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
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Beiträge: 945
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Kia ora Faldi,
den verdienten Lobesworten der Vorkommentatoren ist nichts mehr zuzufügen und so kann ich mich ihnen nur anschließen.
Wunderbar poesievoll, sehr gelungene Steigerung der Intensität von Strophe zu Strophe bis hin zum mächtigen, klangvollen Crescendo, der letzten Strophe, die für sich allein schon ein edles Stück Lyrik ist.
Feinst gelungen, mit hohem Wiedererkennungsfaktor: Faldi at his best.

Gern hier auf Besuch gewesen und gesenft.

LG von Lai
__________________
.................................................. ...........................................
"Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal
Lailany ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.10.2014, 13:34   #6
Sidgrani
Von Raben umkreist
 
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Registriert seit: 27.12.2009
Ort: Am Niederrhein
Beiträge: 1.051
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Lieber Faldi,

ich kann nur noch begeistert zustimmen, das ist wirklich ein tiefgreifender Text, der das Besondere am Dichter und Dichten anschaulich hervorhebt.
Gefällt mir sehr gut. Hut ab!

Lieben Gruß
Sid
__________________
Alle meine Texte: © Sidgrani

"Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"

»Erich Kästner«
Sidgrani ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.10.2014, 23:01   #7
Nachteule
geehrt und gefiedert
 
Registriert seit: 17.07.2014
Ort: Im nächtlichen Wald
Beiträge: 350
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Hallo Falderwald,

Ich will von meinen Vorrednern nicht viel wiederholen und mecker dafür als erster Mal.

Mir veränderst du die Wiederholungsverse zu oft. Es ist zwar nur die Zeitform und die Reihenfolge von "er malt" der Zeitform (gab/gibt), aber das ist mir zu viel. Die Satzzeichen ändern finde ich gut, was Lailany gemacht hat, mit dem letzten Vers, um die Aussage humorig und unerwartet zu gestalten, aber du veränderst hier in meinem Verständnis zu viel.

nächtlicher Gruß, gutes nächtle und carpe noctem
Nachteule
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Alt 31.10.2014, 03:47   #8
Claudi
Senf-Ei
 
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Hi Faldi,

ich hatte es bei Sid auch schon geschrieben. Meine Vorstellungen gehen auch in Nachteules strenge Richtung. Die Konsequenz einer erbsenzählerisch genauen Wiederholung ist ja eine sehr begrenzte Möglichkeit, kompliziertere Sätze zu bilden wie


Zitat:
Um nicht am Wahnsinn zu erkranken
wie jene Fliegen, die am Dogma kleben,
malt er die Welt in lyrischen Gedanken.
Bist Du hier in V1 absichtlich vierhebig geblieben? Das stört mich z.B. weniger, weil es gewissermaßen auch eine Vereinfachung ist. Und ich glaube, darum geht es, also aus sehr einfachen Strukturen logische Verknüpfungen zu bilden. Ich nenne es mal Bauernschläue.

Ob ich mit meiner Einschätzung richtig liege, kann ich nicht sagen. Dafür müsste man eine ganze Menge Referenzmaterial anschauen. Nö, ich lass meinen unmaßgeblichen Senf einfach hier und sage: Deine Villanelle gefällt mir trotzdem.

Liebe Grüße
Claudi
__________________
.
Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich
Abgestandenen Quark; darüber verträufele Wermut,
Bis aus dem Rührwerk, Burps! endlich das Bäuerchen kommt.
Claudi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.10.2014, 20:42   #9
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

ja, wie du weißt, gibt es immer eine Monatsaufgabe und dieses Mal war es eine Villanelle (ich mag gar nicht verraten, wer sich das nun wieder hat einfallen lassen ).

Aber ich freue mich sehr über dein schönes Lob.

Vielleicht versuchst du das auch mal, denn mir hat es im Laufe der Zeit sogar viel Spaß gemacht. Das war ein lehrreiches Experiment.

Vielen Dank für deinen Kommi...


Hi Chavi,

ich schrieb es schon an Erich, dass es mir auch Spaß gemacht habe.
Zwar wollte mir anfänglich diese Form etwas zu schaffen machen, doch dann hatte ich es kapiert.
Es war interessant, einen solchen Text quasi einmal von hinten anzufangen.

Da habe ich mich auch richtig reingesteigert und trotzdem sind mir zwei Fehler unterlaufen (s.u.).

Aber ich freue mich sehr, dass es dir so gut gefallen konnte und bedanke mich für dein nettes Lob und den Kommi...


Moin syranie,

nicht immer so klar, aber immer öfter...

Ob kurze oder längere bis lange Kommentare ist doch eigentlich egal.
Es kommt doch nur darauf an, was man kommunizieren möchte und das muss ja nicht immer ausufern.

"Die Gedanken sind frei" sind ein gutes Stichwort.
Das gilt natürlich für alle, denn jeder denkt nur mit sich selbst, womit aber viele nicht zurechtkommen.
Sie beherrschen den Monolog mit sich selbst nicht und brauchen dann einen höheren Geist, mit dem sie mittels Telepathie kommunizieren zu können glauben.

Der wahre Freigeist hat sich von solchen Wunschvorstellungen längst gelöst.
Das ist der Unterschied.

Es freut mich, wenn dich meine Zeilen erreichen konnten und ich bedanke mich für deine Antwort...


Kia ora Lailany,

was du geschrieben hast, hat mir sehr gefreut, denn es bestätigt mir, dass ich mit dem (theoretischen) Aufbau richtig lag.
Es sollte tatsächlich ein Crescendo werden, also ein allmähliches Anwachsen der Tonstärke, doch diesmal hatte ich die letzte Strophe als erste auf dem Papier stehen.

Ich habe also quasi das Feld von hinten aufrollen müssen. Natürlich waren schon die Grundideen vorhanden, doch diese immer wieder mit den beiden Wiederholungszeilen sinnvoll zu verknüpfen, war schon eine interessante Herausforderung.

Fein, dass es dir so gut gefallen hat.

Vielen Dank für Kommi und Lob aus Down Under...


Moin Sid,

auch bei dir bedanke ich mich ganz herzlich für dein nettes Lob und deinen Kommi.

Hast recht, das Dichten ist manchmal etwas ganz Besonderes, auch wenn nicht jeder Text gelingen will.
Manchmal aber reicht es aus.

Dankefein...


Hi Eulerich,

ich stimme dir vollkommen zu, da ist mir ein schwerer Lapsus unterlaufen.
Allerdings kann ich erklären, wie das passiert ist.

Der ursprüngliche Vers lautete: "Für einen Dichter gibt es keine Schranken".

Den hatte ich an den entsprechenden Stellen schon gesetzt und im Laufe des Schreibens ausgetauscht. An der angemerkten Stelle hatte ich das vergessen.

Dann habe ich das ganze Ding noch einmal neu überarbeitet und hatte zwei Versionen.
Dummerweise habe ich die erste Version hier eingestellt, da waren noch Fehler drin.

Das ist sehr ärgerlich, aber passiert ist passiert.
Ich werde das gleich im Anschluss beheben.

Wenn du das nicht gemerkt hättest, wäre das hier so stehen geblieben.
Also kann ich nur dankbar für diese Kritik sein.

Die Umstellung von er malt / malt er jedoch war bewusst. Das habe ich ganz flexibel an die Vorsätze angepasst und ich denke, das ist vertretbar.

Vielen Dank für deinen Kommi...


Hi Claudi,

Asche auf mein Haupt, ich schrieb es schon an die Eule, ich habe hier dummerweise die erste Version und nicht die Endversion eingestellt.

Und nein, natürlich war der "Vierheber" nicht beabsichtigt, ganz im Gegenteil, das hatte ich schon selbst korrigiert. Es muss natürlich heißen: "um nicht an diesem Wahnsinn zu erkranken".

Also, alle Einwände berechtigt, so kann es manchmal gehen.

Ich habe auch sonst nie zwei Versionen. Das wollte ich wohl zu ordentlich machen...

Die Fehler werden gleich behoben.

Ich freue mich, dass dir die Villanelle trotzdem gefallen hat und bedanke mich für Kritik und Antwort...


Vielen Dank für eure Kommentare...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.10.2014, 21:04   #10
Claudi
Senf-Ei
 
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Hi Faldi,

Zitat:
Ich habe also quasi das Feld von hinten aufrollen müssen. Natürlich waren schon die Grundideen vorhanden, doch diese immer wieder mit den beiden Wiederholungszeilen sinnvoll zu verknüpfen, war schon eine interessante Herausforderung.
Gut, dass Du die Strategie nochmal hervorhebst. Ja, das ist das Rezept! Damit die beiden Refrainverse in direkter Kombination ihre stärkste Wirkung erzielen, muss das Konzept für die Schlussstrophe, also das Highlight, zuerst vorliegen. Danach kann man erst die verschiedenen Strophen auf die Einzelaussagen zuspitzen.

LG Claudi
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Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich
Abgestandenen Quark; darüber verträufele Wermut,
Bis aus dem Rührwerk, Burps! endlich das Bäuerchen kommt.
Claudi ist offline   Mit Zitat antworten
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