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Alt 19.07.2014, 16:45   #1
Chavali
ADäquat
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard Die Todsündengedichte



Hochmut (Todsünde Nr. 1)

Du schaust auf alle hernieder,
dein Blick ist eitel und stolz!
Doch wisse: Dummheit und Hoffart
entstehen auf moderndem Holz.

Dein Dünkel ist unerträglich,
wie sind wir doch darin so gleich!
Das kleine Gehirn unbeweglich,
es spielt dir so manchen Streich.

Du bist mit dir selbst zufrieden,
erkennst nicht des Lasters Gefahr!
Am Ende wirst du gemieden,
bist einsam wie Greisenhaar.




Geiz (Todsünde Nr.2)


Der Geizhals zählt täglich sein kostbares Geld
mit gierigen Augen in ärmlicher Kammer.
Um ihn und sein Leben ist's traurig bestellt,
er hat nichts davon, ist ein Bild voller Jammer.

Er kann es nicht teilen, hat niemals genug.
In Kargheit verlebt er die lastenden Tage,
er bechert nur Wasser zum trockenen Brot.
Die Seinen verkümmern in Sorgen und Not.

Bisher siegte Habgier wohl über den Tod,
er raffte und schaffte die Taler herbei,
doch nun sieht er schwächelnd das Morgenrot:
ein Atemzug nur noch - und dann ist er frei.



Neid (Todsünde Nr.3)


Sie geben sich locker und sind doch verkrampft
in ihrem ureignen Begehren,
pro domo die Wahrheit wird einfach zerstampft,
wobei sie die Lügen vermehren.

Sie schleimen und flöten aus sicherem Loch
und scheinen dich ganz zu verstehen.
Sie lächeln dich an und würden dich doch
am liebsten von hinten nur sehen.

Denn eitel sind sie wie nichts auf der Welt
und wähnen sich vorrangig vorne,
der Neid zerfrisst sie und hat sie gefällt
und sticht und bestärkt sie im Zorne.



Zorn (Todsünde Nr.4)


Er frisst sich durch sämtliche Stände und Schichten,
lässt schorfige Wunden und Narben zurück.
Er kann nicht auf seine Vergeltung verzichten,
braucht täglich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück.

Die Wut ist gewaltig und raubt den Verstand,
gräbt schwelende Löcher im Hort der Vernunft.
Sie quillt aus der Tiefe wie schwärender Brand,
ein rasender Dämon der dunkelsten Zunft.

Der Zorn lässt den Menschen bedenkenlos sein,
die Normen und Regeln, sie sind ihm egal!
Er zürnt und verhärtet zu fühllosem Stein,
so muss er zerstören und hat keine Wahl.



Wollust (Todsünde Nr.5)

In heißen Gelüsten wälzen sie sich
und geben dem Drängen nach,
wann immer sie wollen, lagern sie sich
in jedwedes Schlafgemach.

Gefühle der Demut verströmen sie nicht,
auch keine Bedenken und Scham,
die Triebe beherrschen, das wollen sie nicht
und steigern sich in ihren Wahn.

Sie ziehen so ruchlos und frevelnd ins Land,
die Keuschheit ist ihnen fremd,
und lästerlich greifen sie nach der Vision,
die gar keinen Anstand kennt.

Verlogen erscheint diese Eigenschaft,
die ach so Moralisches predigt,
doch trunken sich badet in teuerstem Wein.
Das Volk ist vom Durste geschädigt.



Völlerei (Todsünde Nr.6)

Endlos und maßlos stopfen sie sich
haltlos die gierigen Bäuche voll.
Selbstsucht und Wahnsinn treiben sie an,
und die größte Wampe hat der Kaplan.

Der Völlerei wird maßlos gefrönt!
Kein Gedanke wird daran verschwendet,
dass eine Welt stirbt an Elend und Harm,
durch Fresssucht sind sie geblendet.

Jene, die haben, geben nichts ab,
wichtiger ist ihr höchsteignes Befinden,
gierig erraffend, was habhaft erscheint,
hören sie nicht, wenn ein Hungerkind weint.

Überfluss ist heute hoch angesagt
in dieser modernen, gefräßigen Welt!
Kaufen und Horten bringt noch mehr Geld,
soziales Verhalten ist da nicht gefragt.




Trägheit (Todsünde Nr.7)


Träge und ehrlos zerfließen die Tage,
Arbeit und Mühe als Fremdwort begriffen;
Faulheit und Feigheit - für sie keine Frage,
Würde und Stolz sind schon lange vergriffen.

Trauriges Leben, behäbig und dumm,
Wille getrübt, ohne Tatkraft und Mut!
Helfende Hand und das Wort bleiben stumm,
selbst wenn sie könnten, bleibt kalt faules Blut.

Schwermut des Hirnes wird sie zerfressen,
Wegesgefährten, sie wenden sich ab;
mit ihnen stirbt, was sie einstmals besessen
und finden die Ruhe, die letzte, im Grab.




edit:


Diese Gedichte sind aus 2008.

Ich habe sie, leicht überarbeitet, hier noch einmal im Ganzen eingestellt,
um einen Vergleich zu schaffen.

Wenn ich dachte, sie sind ganz gut gelungen, schaue sich Erich Kykals Version an
als Sonettzyklus

Dagegen kann wohl kaum jemand mithalten.












__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (25.07.2014 um 22:15 Uhr) Grund: Ideenverarbeitung
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