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Alt 18.03.2009, 15:40   #1
Seeglitzern
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Meiose

Hinter den Lockenwicklern im Schrank versteckt sie ihre Gefühle ganz gut.
Irgendwann, im Juni, so hat sie es in Erinnerung, klebt sie eine gelbe Marke auf den blauen Umschlag.

Ihr Mann, ein Stattlicher, und ihr Sohn, ein Sittsamer, bauen zusammen an einer Modelleisenbahn. Draußen dunkelt es bereits, im Fernsehen läuft es einem das Wasser im Mund zusammen, es wird gekocht.

In der Früh läuft sie, schnell noch, bevor die Lieben zu Hause erwachen, zum Friedhof in der Weizäckerstraße um die Ecke, und spricht ein Gebet.
Manchmal nimmt sie den nicht abgeschickten Brief mit und liest ihm daraus vor.
Schade, denkt sie, schade und schmiert dem achtjährigen Hans das Frühstücksbrot.
Gerade gestern sieht sie eine Ähnlichkeit und lächelt.

Geändert von Seeglitzern (18.03.2009 um 15:42 Uhr)
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Alt 18.03.2009, 23:11   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.907
Standard

Liebe Cori,

tja, ein Kuckucksei würde man bei uns sagen.

Ein stinknormale Familie, mit einem ebenso stinknormalen Tagesablauf in einem stinknormalem Leben beschreibst du hier.
Aber halt, da ist ja noch eine Besonderheit.
Ihr Mann und ihr Sohn basteln an einer Eisenbahn, unternehmen etwas miteinander, so wie es Vater und Sohn eigentlich machen.
Doch das ist ja gar nicht sein Sohn, denn der richtige Vater liegt auf dem Friedhof.

Nun gäbe es natürlich zwei Interpretationsmöglichkeiten für deine Geschichte, denn eine eindeutige Lösung habe ich nicht gefunden.

Entweder der Sohn ist wirklich ein Kuckucksei oder aber er hat wissentlich einen Stiefvater.
Was auf jeden Fall klar wird, ist, daß deine Protagonistin immer noch an den Verstorbenen denkt, wahrscheinlich diesen sogar noch liebt, weil sie jeden Morgen zum Friedhof geht.

Ja, nicht viele Worte, aber dennoch rübergebracht, was du sagen wolltest.

Kleiner Krittelpunkt:
Zitat:
im Fernsehen läuft es einem das Wasser im Mund zusammen,
Das ist eine mir völlig unbekannte Redewendung, die es so im Deutschen nicht gibt.
Ich weiß ja nicht, ob das in Wien so gebräuchlich ist, aber eigentlich müsste es heißen: "Die Werbung im Fernsehen lässt einem das Wasser im Mund zusammen laufen"


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 18.03.2009, 23:24   #3
badico
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 07.03.2009
Ort: linkester Niederrhein
Beiträge: 231
Standard

Liebe cori,

lieber Faldi, ich glaube eher, dass cori eine der unendlich vielen Kochsendungen meint, die zur Zeit im Fernseh laufen. Von daher finde ich die Formulierung sogar sehr gut...klingt so ...ich weiß nicht...passend?

liebe Grüße


Babsi
__________________
Si peliannen i vâd na dail lîn. Si boe ú-dhannathach
(Dein Weg liegt dir bereits zu Füßen, zögere nicht ihn zu gehen)
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Alt 19.03.2009, 08:35   #4
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 12.994
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Liebe cori,

deine Geschichte hat hat einen sehr guten Ansatz.
Doch diesmal kommst du mir zu schnell auf den Punkt. Ein wenig gebe ich der wegen der Formulierung
der Fernsehstelle dem Faldi recht.
Wie wäre es mit folgender Variante?
Draußen dunkelt es bereit. Im Fernsehen läuft eine Kochsendung,
die einem das Wasser im Mund zusammen laufen lässt.


Die Idee der Geschichte finde ich gut, sehe ebenfalls ein verstecktes Drama um einen toten Vater des Sohnes,
wovon wahrscheinlich keiner der beiden etwas ahnt.


Meine Empfehlung:
Das Ende noch etwas hinauszögern - es kommt dann umso überraschender.


Lieben Gruß,
katzi
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 19.03.2009, 08:48   #5
Leier
gesperrte Senorissima
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Pfalz
Beiträge: 4.134
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Liebe cori,

der titel ist (unheimlich) gut!
Hab vom Biologieunterricht her noch so verschwommen den Unterschied zwischen Mitose und Meiose im Gedächtnis.
Du hast mir da wieder ein bissel auf die Sprünge geholfen.
Über das "sieht" (gestern!!!) bin ich ein wenig gestolpert, aber was soll's.
Kurz. Knapp. Prägnant.
Und alles drin.
Sooo liebe ich Kurzgeschichten. Fast nur Rosinen, wenig Teig.

Lieben Gruß
von
cyparis
Leier ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.03.2009, 11:34   #6
Seeglitzern
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Hallo Faldi und Katzi,

die Sendung bereitet Kopfschmerzen? Keine Sorge, ich reiche Euch "Das perfekte Dinner" in kleiner Dosis und jetzt fragen wir uns: Ist meine Formulierung nicht doch richtig? Es wird gekocht, es wird gegessen und es läuft so manchem das Wasser im Mund zusammen - im Fernsehen. Nun? Was tun wir?
Katzi, ich geb Dir schon Recht, es ist kurz, aber manchmal wäre lang langweilig. Find halt ich. Aber, vielleicht hast Du Recht. Ich bin irritiert. Gebe ich zu.
Faldi, die Frau hat ein Kuckucksei. Das sicher, sonst wäre es keine Cori - Geschichte, sondern eine von Suzie Q.

Liebe Badico,
richtig erkannt, was soll ich sagen?

Liebe Cyparis,
Meiose mischt die Chromosomen neu (ja, wie war das nochmals mit der Zellteilung und dem Crossing over...?! grübel), Mitose kopiert nur, die kommt aber nachher.
Ja, das "sieht" - wie soll ich...
"Gerade gestern entdeckt sie eine Ähnlichkeit?!
Nein. Sie sieht sie. Ich will und mach kein sah.
Aber, streiten wir uns doch noch über das "perfekte Dinner", das macht Spaß.
Es hat sich nämlich negativ verändert und das gefällt nicht.

Bussis an Euch
Cori

Geändert von Seeglitzern (19.03.2009 um 11:35 Uhr)
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