Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Stammtisch

Stammtisch Gesellschaft, Politik und Alltag

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 15.12.2011, 14:07   #1
Justin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 24.08.2010
Ort: im Herzen Deutschlands - ganz nah dran am geographischen Mittelpunkt
Beiträge: 234
Standard

Hallo Aurora,

schon in Deiner Vorstellung auf der Insel läßt sich etwas von einem Aufbegehren erahnen. Im Gedicht, das mir gut gefallen hat, kommt es jetzt zum Ausdruck. Nun weiß ich nicht, wie Dein Leben verlaufen ist, doch ich kann mir gut vorstellen, daß Du in einen Strudel von Beratern und falschen Propheten geraten sein könntest, die einem das Leben zurechtbiegen wollen, nicht auf persönliche Gefühle achten und gern etwas überstülpen. Was als Maßstab dargestellt wird, hat mit der eigenen Gefühlswelt nichts zu tun. Dadurch wird das Aufbegehren erst geboren und noch mehr befördert. Im Gedicht beschreibst Du die schlimmste Ausgenzung, doch muß man manchmal gar nicht so weit gehen und findet sie trotzdem vor.

Unangepaßtheit ist so falsch nicht und kann sogar ein Vorteil sein, weil sie den Dingen auf den Grund geht. Jugendliche sagen manchmal, daß es "uncool" wäre, sich zu normal oder angepaßt zu verhalten. Das ist gut gedacht, doch gibt es in der Denkweise leider auch eine Kehrseite. Wenn andere ganz unverblümt gemobbt werden und es heißt: "Du Opfer". Ein Opfer hat aber Mitgefühl verdient, auch Mitleid, nicht aber Verachtung.

Wie sieht es wirklich mit dem Mitleid aus? Im Vorwort zu seinem Roman "Ungeduld des Herzens" sagt Stefan Zweig dazu: "Es gibt eben zweierlei Mitleid. Das eine, das schwermütige und sentimentale, das eigentlich nur "Ungeduld des Herzens" ist, sich möglichst schnell freizumachen von der peinlichen Ergriffenheit vor einem fremden Unglück, jenes Mitleid, das gar nicht Mit-leiden ist, sondern nur instinkitive Abwehr des fremden Leidens von der eigenen Seele. Und das andere, das einzig zählt - das unsentimentale, aber schöpferische Mitleid, das weiß, was es will, und entschlossen ist, geduldig und mitleidend alles durchzustehen bis zum Letzen seiner Kraft und noch über dies Letzte hinaus."

Soweit Stefan Zweig. Also ist richtiges Mitleid gar nicht mal verurteilenswert.

Das sollte man den Psychologen gegenüber deutlich machen. In schöner Wiederkehr heißt es nämlich bei ihnen: "Anerkennung statt Mitleid". Dabei sieht es meist so aus wie in einm Sketch von Loriot, der nicht gespielt werden muß, sondern sich in der Wirklichkeit abspielt. Mit vollendetem Pathos vorgetragen ist diese Worthülse blutleer, weil nach normalen Maßstäben wohl keiner von Anerkennung sprechen würde und das Mitleid jenes wäre, wovon Stefan Zweig gesprochen hat.

Deinen beschriebenen Pessimismus mußt Du nicht unbedingt loswerden, weil das Abwägen der Dinge sehr viel vernünftiger sein kann.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Justin
Justin ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Wie kann das sein JimPfeffer Stammtisch 10 09.10.2023 17:19
Was wird sein horstgrosse2 Denkerklause 0 23.02.2011 19:35
Verlornes Sein nabokov Denkerklause 0 12.04.2010 05:58


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 07:48 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg