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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nachhall


Erich Kykal
25.04.2017, 20:43
Der Wollust Übertreiben jagt mich in die Jahre,
doch steife Lüsternheit sticht nur in kalte Luft!
Verloren sind der Zauber und das Wunderbare,
die jungen Illusionen und ihr Duft.

Verdorben ist die Traubensüße meiner Träume,
der Wein der Triebe säuert einsam vor sich hin,
bleibt ungetrunken, und in sternenleere Räume
vergeudet sich der Schatten, der ich bin.

Verloren sind die Überbleibsel großer Pläne,
verraten endlich von der Feigheit, die sie trug.
Ich stehe uferwärts und füttere die Schwäne,
als fütterte kein andrer sie genug.

Wer zählte je die traurig unverlebten Stunden
gedankenloser Schwüle und verdrängter Lust?
Wer glaubte schon die wahre Seligkeit gefunden
und wurde sich der Lüge doch bewusst?

Eisenvorhang
25.04.2017, 21:38
Wow eKy!
Ich will's nicht unkommentiert lassen, bin aber sprachlos.
Da möchte man sich zwischen den Zeilen legen.
Gedanken ohne Worte.

vlg

ev

Edit: Doch, einwas möchte ich anmerken: ich finde es sehr mutig.

Erich Kykal
25.04.2017, 22:22
Hi Ev!

Das ist wieder so ein Ding, das selbst entschied, wo es hinwollte. Das entsteht so beim Schreiben und spinnt sich aus dem Unterbewussten weiter, und manchmal verstehe ich es selber nicht so ganz, ich weiß nur, dass es so gehört, weil etwas in mir es so haben wollte.

Wenn du authentisch dichten willst, ist Ehrlichkeit unumgänglich - jede Maske, jede Verschleierung verrät sich und dich mit ihrer aufgesetzten Pose gefälliger Abrede.

Vielen Dank für deine Begeisterung! :)

LG, eKy

Eisenvorhang
26.04.2017, 03:32
"Lasse mit Würde im Alter ab, von vergangenen Jugendsüßen".
Ich glaube Hesse schrieb diesen Satz. Ich bin mir nicht sicher.
Irgendwie so.

Ich kenne diese Wehmut. Man blickt zurück nach vorn oder man versucht in die Zukunft sich zu sehen. Die Person mit all seinen Entscheidungen. Was man verpasst hat, ob man sich richtig entschieden hat, was man vergedeutet hat - Reue natürlich auch und die Gewissheit darüber, die unbiegsame Wahrheit, dass man keine einzige Entscheidung mehr umkehren kann, weil jeder Gedanke, jedes Wort und jede Tat in der Vergangenheit begraben liegt. Das ist unentrinnbar.

Sowas tut weh. Aber alles hat seinen Preis - was jemanden nicht gegeben wurde, hat ein anderer auch nicht erhalten. Ich finde schon, dass im Leben irgendwie alles ausgewogen scheint. Auch wenn es ungerecht, grausam und tödlich wirkt. Auch das Schöne hat Schattenseiten.

Der Eine lebte klug, zurückgezogen, absonderlich, dem Einsamsein zugewandt und der Andere war in seiner Erscheinung dümmlicher, zufriedener, schlichter, hatte Familie und Kinder, dafür nicht das, was der Eine hatte ;)
Und generell gibts sowieso Mischformen von allem.

Was du schreibst wegen Ehrlichkeit: eine wahre Tatsache!
Ich merke es im Moment bei mir selbst! Der Wind trägt mich durch die Mannigfaltigkeit der tausenden verschiedenen Sprachen in der Lyrik und peppt mein Wortschatz auf. Jetzt bin ich soweit, dass ich beginne, mir Gedanken ums einzelne Wort zu machen.
Damit meine ich primär grammatische Grundlagen -.-.

Danke für dieses Gedicht eKy.

vlg

EV!

Dana
26.04.2017, 20:16
Lieber eKy,
Dein "Nachhall" beinhaltet das, was man für sich allein weiß, glaubt und nachhallend bestätigt findet. Darum nehme ich Dir die Antwort an EV

Das ist wieder so ein Ding, das selbst entschied, wo es hinwollte. Das entsteht so beim Schrieben und spinnt sich aus dem Unterbewussten weiter, und manchmal verstehe ich es selber nicht so ganz, ich weiß nur, dass es so gehört, weil etwas in mir es so haben wollte.

Wenn du authentisch dichten willst, ist Ehrlichkeit unumgänglich - jede Maske, jede Verschleierung verrät sich und dich mit ihrer aufgesetzten Pose gefälliger Abrede.

in Gänze ab.

Das Beneidenswerte ist, dass jene "selbstentschiedenen Dinger" sich bei Dir perfekt lyrisch entfalten. :Blume::Blume::Blume:
Ich kann es insofern nachvollziehen, weil in meinem Kopf (meist vor dem Einschlafen:confused:) auch "Dinger" entstehen, die mir selbst gefallen wollen, sich aber lyrisch nicht entfalten.
Dazu muss ich aber sagen, dass meine Träume, Pläne und Seligkeiten ganz andere sind - doch darum geht es hier nicht. Das Fundement hast Du klangvoll und lyrisch geschaffen.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal
26.04.2017, 22:44
Hi Dana!

Ein Widerspruch: ein Halbsoziopath mit jeder Menge Taktgefühl ... :D

Ich folge diesem inneren Takt, der inneren Melodie beim Schreiben. Nur für die Reime muss hin und wieder gebastelt werden.

Das funktioniert aber auch nicht immer gleich gut. Manches fließt in Minuten aufs Papier, anderes bedarf längerer Bearbeitung. Aber ich habe denke ich noch kaum je länger als eine Stunde für ein Gedicht gebraucht. Meist sind es zwischen einer Viertel- und einer halben Stunde.

Vielen Dank für das positive Feedback. :)

LG, eKy

Chavali
27.04.2017, 20:39
Servus, Erich,

was für eine Offenbarung - egal, ob selbst erlebt oder nachvollzogen.
Das ist nicht wichtig.

Wichtig ist, dass du es meisterhaft verstehst, Gefühle, Gedanken, Lebensabschnitte und den Umgang damit
in lyrisch-poetische Worte zu kleiden, dass ein Gedicht entsteht, das auch die Bezeichnung Gedicht verdient.

Immer wieder gern gelesen, gestaunt und bewundert!

LG Chavali

Erich Kykal
27.04.2017, 22:20
Hi Chavi!

Ich danke dafür immer wieder meinem Vater, der mich von frühesten Kindheitsbeinen an mit Schallplatten versorgte, die mir deutsches Märchengut in gehobener Sprache näher brachten, plus jeder Menge Hörspiele aller Art.
So wurde meine Sprachhabung und das Kopfkino früh geschult und gefördert. Und eine Leseratte war ich obendrein ...

Vielen Dank für das große Lob! :)

LG, eKy

Mondmann
28.04.2017, 10:56
Gefällt mir auch eky, haste schön gedichtet.

Genug des Lobs!
An die Arbeit!

LG M.

Erich Kykal
28.04.2017, 19:27
Hi Momdmann!

Vielen Dank für! :)

LG, eKy