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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Macht der Gewohnheit


Erich Kykal
25.02.2018, 12:10
Als sei unendlich Zeit, einander zu umfangen,
vergeuden wir die Stunden jedes trauten Glückes,
als fassten im Verstreichen eines Augenblickes
wir irgendwann zusammen, was den Wangen,
die immer kühler das Verschwiegene beschwören,
vertrauter wäre, wenn wir uns nicht so verlören
in stumpfen Alltags Eitelkeiten und Belangen.

Als sei unendlich Zeit, einander zu erfahren,
entsagen wir den Zärtlichkeiten, die uns binden,
als könnten fernen Tags wir noch Erfüllung finden,
entrückt dem Weltenkreise und gebeugt von Jahren,
als wüssten wir, was sie an Seligem noch fassen,
in sich verschweigende Entsagung zu entlassen,
darum sich Glücksmomente wie Verfemte scharen.

Als sei unendlich Zeit, einander zu erheben,
verschwenden wir die Augenblicke, welche gelten,
als wären sie nicht einzigartig und nicht selten
in kaum mehr aufgetanen und berührten Leben,
und gehen hin, in Unbedeutenheit befangen,
und fühlen so, als hätten wir uns nie empfangen,
als Liebe noch zu wachsen wusste und zu geben.

Eisenvorhang
25.02.2018, 23:10
Hallo Erich,

die Zeit wertvoll zu nutzen ist ein wertvolles Gut. Keiner achtet darauf, sie achtsam zu füllen, im Gegenteil, viele vermüllen sie. Hier greift unreflektierte Gewöhnung.

Ein Thema, welches sich lohnt bedichtet zu werden.
Zwischen den Zeilen, so finde ich, tropft aber noch eine weitere, etwas wehmütigere Botschaft: Verlorenes Glück und geistige Einsamkeit.

Sehr gern gelesen!

vlg

EV

Erich Kykal
26.02.2018, 23:20
Hi EVG!

Danke für deine Gedanken. Du deutest richtig.

LG, eKy

Chavali
27.02.2018, 08:51
Hi Erich,

das ist irgendwie monumental :)
Jede einzelne Strophe hätte ein Gedicht für sich sein können.
Dass du sie zu einem Dreistropher zu je 7 Zeilen zusammengefügt hast, zeugt
von deiner großen Sprachvielfalt.
Aber wem sag ich das.

Ja, die Gewohnheit ist schon eine Macht. Bei denkenden Menschen lösen verpasste Gelegenheiten
oder im Nachhinein erkanntes falsch gelebtes Leben oftmals Panik aus.
Die Macht der Gewohnheit hindert sie daran, etwas zu verändern oder die Zeit
einfach nur so zu vertrödeln.

Was sagen die Buddhisten dazu? Sind das nicht die mit dem Easy-Go? :o
Die machen sich nicht so 'nen Kopp!

Gern gelesen!

LG Chavi

Erich Kykal
27.02.2018, 17:15
Hi Chavi!

Im Gedicht geht es ja vor allem darum, dass die Macht der Gewohnheit, sprich auch Gewöhnung, langsam die Liebe tötet. Man nimmt den anderen für selbstverständlich, bemüht sich nicht mehr um ihn, vertagt auf später und findet doch nie Zeit.
Wir tun dann so, als hätten wir noch unendlich Zeit miteinander, uneingedenk der Möglichkeit, dass schon morgen alles vorbei sein könnte.

Vielen Dank für das monumentale Lob, das gleich einen ganzen Absatz bei dir einnimmt - nicht, dass mich das störte, wohlgemerkt! ;):):Kuss

LG, eKy