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Sidgrani
28.07.2011, 17:55
Der See ruht geschliffen vom Mondenschein
und Stille liegt über den Zweigen.
Der Wind hält gehorsam den Atem ein,
kein Lufthauch darf stören den Reigen.

Bedrohlich zieht kalter Nebel durchs Land,
formt manches bizarre Gebilde,
die Tiere verharren und lauschen gespannt,
was führen sie diesmal im Schilde?

Schon schweben sie wirbelnd und wabernd heran,
die Nacht gehört ganz allein ihnen,
ihr Werk zu vollenden, entlässt sie der Bann,
dem sie schon seit Ewigkeit dienen.

Sie wählen ein Werkzeug, das willig und schwach,
verbohrt ist von falschen Gefühlen,
schon wetzt er die Klauen, der hörige Drach,
und wieder mahlen die Mühlen.

Entsetzen vermischt sich mit Trauer und Schmerz,
das Scheusal hat Ernte gehalten,
vernichtet viel Leben, zerstört manches Herz,
ergeben dem Trieb, dem uralten.

Der See ruht gelassen, es wird wieder Tag,
das Leben geht unbeirrt weiter.
Der Wind weht wie immer, was kommen auch mag,
es warten die seellosen Reiter.

a.c.larin
28.07.2011, 19:55
hallo mandrillo,

was für ein schauder-gruseliges-halloween -horrorgedicht - und das mitten im sommer!

ists die metapher auf gewisse üble zustände?
die parade der erlkönige?
magendrücken und alpträume nach zu schwerem essen?

die ankündigung apokalyptischer reiter klingt zwar bedrohlich, doch
ich halte mich lieber an diese zeile:

das Leben geht unbeirrt weiter

und vielleicht kann man den einen oder anderen "reiter" ja auch von seinem pferd werfen. zu fuß können sie lange warten! :cool:


mit leichtem frösteln gelesen,
liebe grüße,
larin

Sidgrani
29.07.2011, 07:44
Hallo larin,

wie du richtig vermutest, ist mein Gedicht unter den Eindrücken der Ereignisse in Oslo entstanden.

Liebe Grüße
mandrillo

ginTon
29.07.2011, 14:49
hallo mandrillo


Ich finde den Text sehr eindrücklich und gut geschrieben, gefällt mir. In der ersten Strophe hätte ich zwei kleine Verbesserungsvorschläge, die sich beim Lesen bei mir ergaben. Ich habe das Metrum jedoch nicht analysiert, so dass mitunter Änderungen auch gar nicht nötig sind

Der See ruht geschliffen vom Mondenschein
und Stille liegt über den Zweigen.
Der Wind schloss (schon) längst seine Boten ein,
kein Lufthauch störte den Reigen.


Die anderen Strophen lasen sich sehr gut:

Bedrohlich zieht kalter Nebel durchs Land,
formt manches bizarre Gebilde,
die Tiere verharren und lauschen gespannt,
was führen sie diesmal im Schilde?

Schon schweben sie wirbelnd und wabernd heran,
die Nacht gehört ganz allein ihnen,
ihr Werk zu vollenden, entlässt sie der Bann,
dem sie schon seit Ewigkeit dienen.

Sie wählen ein Werkzeug, das willig und schwach,
verbohrt ist von falschen Gefühlen,
schon wetzt er die Klauen, der hörige Drach,
und wieder mahlen die Mühlen.

Entsetzen vermischt sich mit Trauer und Schmerz,
das Scheusal hat Ernte gehalten,
vernichtet viel Leben, zerstört manches Herz,
ergeben dem Trieb, dem uralten.

Der See ruht gelassen, es wird wieder Tag,
das Leben geht unbeirrt weiter.
Der Wind weht wie immer, was kommen auch mag,
es warten die seellosen Reiter.

insgesamt ein wirklich guter Text, gerne gelesen :)...liebe Grüße gin

Sidgrani
29.07.2011, 16:46
Hallo ginTon,

ich meine, so ließt es sich flüssiger. Danke fürs "Überarbeiten".

Gruß vom Mandrillo