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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Hundepredigt des Dingos


Thomas
24.04.2012, 18:08
Vorwort

In Mosebachers Tierleben wird erläutert, dass der Dingo ein verwilderter Haushund ist, der im Vergleich zu anderen Hunderassen sehr intelligent ist, und dass derart erhöhte Intelligenz auch bei anderen verwilderten Tierarten auftritt. Was zu der Vermutung führt, das dieses durch den ehemaligen Kontakt mit dem Mensch verursacht ist. Im Umkehrschluss folgert Mosebachers Tierleben daraus, dass Tiere ohne diesen engen Kontakt zum Mensch nur eine "reduzierte Existenz" haben.


Die Hundepredigt des Dingos

Zur Zeit der Götter, die es nicht mehr gibt,
denn heute darf es nur noch Menschen geben,
da wurde ich von Göttern sehr geliebt,
und durfte auch im Garten Eden leben.

Doch mit dem Sündenfall ward ich vertrieben,
ich lebe seither hungrig in der Wildnis.
Jedoch der Hauch der Götter ist geblieben,
und meine Klugheit ist nach ihrem Bildnis.

Sie hebt mich aus der Hundeschar hervor,
die zahm um Herrchens Fressnapf streicht.
Auch wenn ich jenes Paradies verlor,
bin ich ein Hund, der hohen Göttern gleicht.

Sechstausend Jahre ist das schon Geschichte,
mag sein, dass keinen Hund das int'ressiert.
Ich sage euch jedoch, in diesem Lichte
ist eure Existenz sehr reduziert!

Falderwald
24.04.2012, 19:36
Moin Thomas,

ich habe jetzt mal versucht, etwas über "Mosebachers Tierleben" heraus zu bekommen, aber es ist mir nicht gelungen, leider Fehlanzeige.

Und deshalb glaube ich, daß du ein kleiner Schelm bist, der seine Leser an der Nase herumführen möchte, denn ich könnte mir vorstellen, daß dieser Text eine Parodie auf einen anderen Herrn ist, der jüngst aufgrund seiner persönlichen Weltanschauung auch einen immer größer werdenden Teil seiner Artgenossen, die jene nicht teilen, in ihrer existenziellen Art auf ein niederes Niveau zu reduzieren versuchte.

Natürlich wurde auch der Dingo in der biblischen Geschichte aus dem Paradies verwiesen, so wie alle irdischen Lebewesen eben.
Von nun an musste jedes von ihnen sehen, wie es zurecht kam.
Der Dingo nahm es in Kauf, hungrig aber frei zu bleiben, denn seine Schlauheit war ihm geblieben, so daß er die Freiheit vorzog.
Mit jener Freiheit sticht er aus der Schar jener hervor, die sich als Haus- und Hofhunde bei den Menschen verdingten und sich somit in seine Abhängigkeit begaben..
Seine Klugheit nach Vorbild der Götter, seine freie Unabhängigkeit im Gegensatz zu seinen Artgenossen, all das macht ihn den Göttern ähnlich.
Er, der Freigeist hat eine lange Zeit überstanden, auch wenn sich niemand mehr daran erinnern kann oder will, und von dieser Warte aus, schaut er auf ein niederes Niveau bei seinen Artgenossen herab.

Tja, wenn so ein Dingo wirklich reden könnte, dann könnte er Herrn Mosebachers Umkehrschluss gründlich und schnell widerlegen.

Vielleicht liege ich aber auch mit meiner Interpretation ein paar Lichtjahre daneben...:rolleyes:

Was sagt denn eigentlich Brehms Thierleben zum Dingo? :D

Auch dieses Gedicht ist nicht eigentlich witzig. Der hintergründige Humor erschließt sich nicht auf den ersten Blick, aber ein unwillkürliches Schmunzeln bleibt bei näherer Betrachtung nicht aus und wird dann immer breiter.

Aber, ohne Kritik läuft nix, ich habe noch eine Anmerkung zu den letzten beiden Zeilen:

Ich sage euch jedoch, in diesem Lichte
in eurer Existenz sehr reduziert!

Müsste es nicht heißen:

Ich sage euch jedoch, in diesem Lichte
ist eure Existenz sehr reduziert!

Oder aber (unwahrscheinlicher):

Ich sehe euch jedoch in diesem Lichte
in eurer Existenz sehr reduziert!


Gerne gelesen, gegrübelt, geschmunzelt und "gommentiert"...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Chavali
24.04.2012, 19:51
Hallo Thomas,

der Faldi und du, ihr seid zwei Schlitzohren :o
Du schreibst eine perfekte Parodie auf die Aussagen eines gewissen Herrn Mosebach,
den man eher als reaktionären Schwätzer kennt, denn als Tierforscher,
und Faldi erkennt sofort dein Anliegen.

Ich gebe zu, dein Gedicht, das ich inhaltlich und auch stilistisch als sehr gelungen bezeichne,
gelesen und es ernst genommen zu haben.
Nun aber sitze ich hier mit breitem Grinsen ob deiner Idee.

Allerdings hätte ich die Rubrik anders gewählt:
die Denkerklause - denn witzig ist es es in nur geringem Maße, was dem Thema auch gerecht wird.




Dingo (http://de.wikipedia.org/wiki/Dingo)schlaue Grüße!

Chavali ;)

Thomas
24.04.2012, 20:41
Hi Falderwald,

dein Kommentar macht mir eine diebische Freude. Was der der Dingo mit dem Umkehrschluss macht, das trifft in der Tat genau aufs Pünktchen. Ich verkneife mir, eine entrüstete Erwiderung vom einem 'ein paar Lichtjahre' entfernten Standpunkt zu geben, weil mir diesen Spaß ohnehin keiner abmehmen würde.

Vielen Dank auch für die Korrektur.

Hallo Chavali,

auch dir Danke für die positive Rückmeldung. Ich habe das kleine Machwerk in diese Rubrik gestellt, weil ich denke, dass der Dingo Mosebachers Tierleben nicht ganz ernst nehmen kann.

Liebe Grüße an euch beide
Thomas

Falderwald
24.04.2012, 20:56
*Kicher* mein lieber Thomas,

ich darf hier vielleicht noch einmal den seligen Schopenhauer zitieren, der sein Hauptwerk anfängt mit den Worten: "Die Welt ist meine Vorstellung."

Es kommt also immer auf den Standpunkt des Betrachters an.

Wenn dir meine Antwort also eine diebische Freude bereitet hat, dann könnte das durchaus die folgende Bewandtnis haben:

Ein bischen Dingo steckt wohl in jedem von uns und auch ein wenig vom ungläubigen Thomas. ;)

Ich jedenfalls finde mich in beiden wieder...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Thomas
26.04.2012, 10:45
Hi Falderwald,

ich antworte mal wieder mit einem Zitat von Schiller aus "Etwas über die erste Menschengesellschaft nach dem Leitfaden der Mosaischen Urkunde". Erschrick nicht, damit ist die Bibel gemeint.

"An dem Leitbande des Instinkts, woran sie noch jetzt das vernunftlose Tier leitet, musste die Vorsehung den Menschen in das Leben einführen und, da seine Vernunft noch unentwickelt war, gleich einer wachsamen Amme hinter ihm stehen. Durch Hunger und Durst zeigte sich ihm das Bedürfnis der Nahrung an, was er zu Befriedigung desselben brauchte, hatte sie in reichlichem Vorrat um ihn herum gelegt, und durch Geruch und Geschmack leitete sie ihn im Wählen… Setzen wir also, die Vorsehung wäre auf dieser Stufe mit ihm stillgestanden, so wäre aus dem Menschen das glücklichste und geistreichste Tier geworden… In einer wollüstigen Ruhe hätte er eine ewige Kindheit verlebt - und der Kreis, in welchem er sich bewegt hätte, wäre der kleinstmöglichste gewesen, von der Begierde zum Genuss, vom Genuss zur Ruhe und von der Ruhe wieder zur Begierde. Aber der Mensch war zu ganz etwas Anderem bestimmt,… Er selbst sollte der Schöpfer seiner Glückseligkeit werden, und nur der Anteil, den er daran hätte, sollte den Grad dieser Glückseligkeit bestimmen. Er sollte den Stand der Unschuld, den er jetzt verlor, wieder aufsuchen lernen durch seine Vernunft und als ein freier vernünftiger Geist dahin zurückkommen, wovon er als Pflanze und als eine Kreatur des Instinkts ausgegangen war; aus einem Paradies der Unwissenheit und Knechtschaft sollte er sich, wär es auch nach späten Jahrtausenden, zu einem Paradies der Erkenntnis und der Freiheit hinaufarbeiten, einem solchen nämlich, wo er dem moralischen Gesetz in seiner Brust ebenso unwandelbar gehorchen würde, als er anfangs dem Instinkt gedient hatte, als die Pflanzen und Tiere diesem noch heute dienen... Wenn wir also jene Stimme Gottes in Eden, die ihm den Baum der Erkenntnis verbot, in eine Stimme seines Instinktes verwandeln, der ihn von diesem Baum zurückzog, so ist sein vermeintlicher Ungehorsam gegen jenes göttliche Gebot nichts anders als - ein Abfall von seinem Instinkte - also erste Äußerung seiner Selbsttätigkeit, erstes Wagestück seiner Vernunft, erster Anfang seines moralischen Daseins. Dieser Abfall des Menschen vom Instinkte, der das moralische Übel zwar in die Schöpfung brachte, aber nur um das moralische Gute darin möglich zu machen, ist ohne Widerspruch die glücklichste und größte Begebenheit in der Menschengeschichte, von diesem Augenblick her schreibt sich seine Freiheit,... Jetzt war er für das Paradies schon zu edel, und er kannte sich selbst nicht, wenn er im Drang der Not und unter der Last der Sorgen sich in dasselbe zurückwünschte. Ein innerer ungeduldiger Trieb, der erwachte Trieb seiner Selbsttätigkeit, hätte ihn bald in seiner müßigen Glückseligkeit verfolgt und ihm die Freuden verekelt, die er sich nicht selbst geschaffen hatte. Er würde das Paradies in eine Wildnis verwandelt und dann die Wildnis zum Paradies gemacht haben..."

Na, was sagt der Dingo dazu?

Liebe Grüße
Thomas

P.S. Übrigens halte ich den gesamten Text von Schiller für sehr lesenswert.

Erich Kykal
26.04.2012, 17:05
Hi, Thomas!

Mosebach als Dingo! Köstlich!

Kann mich nur dem Lob meiner Vorkommentatoren anschließen: Eine wunderbare Ohrfeige für die ach so aufgeräumte Weltsicht dieses Herrn!

Bewundernswert ätzender Sarkasmus!

SEHR gerne gelesen - und hoffe zutiefst, Mister Oberdingo höchstselbst wird es irgendwann lesen! Nicht, dass ich glaube, das würde ihm helfen, einfach nur in der Hoffnung, er möge sich furchtbar drüber ärgern, dass man ihm so gekonnt den Spiegel vorhält!

LG, eKy

Thomas
28.04.2012, 09:05
Hi Erich,

Vielen Dank für das dicke Lob. Dabei hat mich einfach nur die Überheblichkeit gewurmt, auch weil sie das Bemühen um tiefere Fragen von vielen Ernsthafte Geistern in den Dreck zieht.

Liebe Grüße
Thomas

Falderwald
02.05.2012, 22:51
Moin Thomas,

tja, was sagt der Dingo dazu?

Der Dingo von heute kennt ja im Gegensatz zu Schiller die Schriften von Schopenhauer und Darwin, so daß er durchaus etwas distanzierter an die "Sache" rangehen kann.

An dem Leitbande des Instinkts, woran sie noch jetzt das vernunftlose Tier leitet, musste die Vorsehung den Menschen in das Leben einführen und, da seine Vernunft noch unentwickelt war, gleich einer wachsamen Amme hinter ihm stehen. Durch Hunger und Durst zeigte sich ihm das Bedürfnis der Nahrung an, was er zu Befriedigung desselben brauchte, hatte sie in reichlichem Vorrat um ihn herum gelegt, und durch Geruch und Geschmack leitete sie ihn im Wählen…

Hier stellt sich die Frage, was Schiller unter "Vorsehung" verstand, denn dieser Begriff bedeutet ja das Vorhandensein einer über der Welt stehenden Macht, die nicht beeinflussbar oder berechnend das Leben der Menschen bestimmt und lenkt. Hier wird also schon das göttliche Dogma vorausgesetzt, denn die Vorsehung benötigt ein vernunftbegabtes Wesen, das sie hat und gleichzeitig von der Welt zu trennen ist.

Der Dingo nimmt die Vorlage aber an und entpersonifiziert die Vorsehung zum (Über)Lebenswillen in der Spezies.

Natürlich bedarf es der Instinkte, auch heute noch, denn sie sind angeborene biologisch zweckmäßige Verhaltensmuster, durch die für das Überleben notwendige grundlegende Handlungsabläufe gesteuert werden. Ohne Instinkte wären Mensch und Tier damit überfordert.
Der "Frühmensch" war noch nicht sonderlich vernunftbegabt, aber er musste einen überaus scharfen Verstand besessen haben, der es ihm ermöglichte, erste Abstraktionen zu entwickeln und hob sich somit von der restlichen Tierwelt ab.
Trotzdem war er weiterhin angewiesen auf Energie, die er in Form von Nahrung zu sich nahm.
Der Geschmacks- und Geruchssinn half ihm durch Erfahrung, für ihn giftige oder ungenießbare Dinge von den brauchbaren zu unterscheiden.

Setzen wir also, die Vorsehung wäre auf dieser Stufe mit ihm stillgestanden, so wäre aus dem Menschen das glücklichste und geistreichste Tier geworden…

Das wäre eine Frage, die es zu klären gälte, denn vielleicht wäre der Mensch auch ausgestorben, weil sein schwacher Körper bei Stagnation des Geistes vielen anderen (Raub)Tieren restlos unterlegen gewesen wäre.
Aber gut...:)

In einer wollüstigen Ruhe hätte er eine ewige Kindheit verlebt - und der Kreis, in welchem er sich bewegt hätte, wäre der kleinstmöglichste gewesen, von der Begierde zum Genuss, vom Genuss zur Ruhe und von der Ruhe wieder zur Begierde. Aber der Mensch war zu ganz etwas Anderem bestimmt,…

Er wäre ewig auf der Flucht gewesen und sein Bestand drohte ständig dezimiert zu werden, denn sein schwaches Gebiss, die krallenlosen Hände und die doch eher schwachen zwei Laufbeine machten ihn zu einer leichten Beute einer durchaus feindlichen Umwelt. Aber wie wir wissen, kam alles ganz anders.

Er selbst sollte der Schöpfer seiner Glückseligkeit werden, und nur der Anteil, den er daran hätte, sollte den Grad dieser Glückseligkeit bestimmen. Er sollte den Stand der Unschuld, den er jetzt verlor, wieder aufsuchen lernen durch seine Vernunft und als ein freier vernünftiger Geist dahin zurückkommen, wovon er als Pflanze und als eine Kreatur des Instinkts ausgegangen war; aus einem Paradies der Unwissenheit und Knechtschaft sollte er sich, wär es auch nach späten Jahrtausenden, zu einem Paradies der Erkenntnis und der Freiheit hinaufarbeiten, einem solchen nämlich, wo er dem moralischen Gesetz in seiner Brust ebenso unwandelbar gehorchen würde, als er anfangs dem Instinkt gedient hatte, als die Pflanzen und Tiere diesem noch heute dienen...

Dem hat der Dingo nicht viel hinzuzufügen, außer der Anmerkung vielleicht, daß Herr Schiller anscheinend sehr gut mit der Philosophie des Herrn Kant vertraut gewesen sein muss. Der Einfluss aus der Ästhetik in der "Kritik der Urteilskraft" von Kant tritt hier deutlich zum Vorschein.

Die "Unschuld", die der Mensch verlor, ist allerdings eine zwingende Notwendigkeit der Moral. Ohne Moral gibt es nämlich keine Schuld, das ist eine rein menschliche Eigenschaft. Ein Tier, welches lediglich instinktgesteuert handelt, weiß nichts von einer Schuld bei seinen Handllungen.
Der Mensch setzt sich also vom Tier ab.

Wenn wir also jene Stimme Gottes in Eden, die ihm den Baum der Erkenntnis verbot, in eine Stimme seines Instinktes verwandeln, der ihn von diesem Baum zurückzog, so ist sein vermeintlicher Ungehorsam gegen jenes göttliche Gebot nichts anders als - ein Abfall von seinem Instinkte - also erste Äußerung seiner Selbsttätigkeit, erstes Wagestück seiner Vernunft, erster Anfang seines moralischen Daseins. Dieser Abfall des Menschen vom Instinkte, der das moralische Übel zwar in die Schöpfung brachte, aber nur um das moralische Gute darin möglich zu machen, ist ohne Widerspruch die glücklichste und größte Begebenheit in der Menschengeschichte, von diesem Augenblick her schreibt sich seine Freiheit,...

Man könnte sagen, die Natur hat alle Relationen in ihrer (auf diesem Planeten) höchsten Schöpfung vereint, indem sie diesem Wesen die Erkenntnis einer Moral gab. Diese war freilich notwendig, um das Tierhafte abzulegen und zu einem möglichst instinktreduzierten Wesen zu gelangen, welches sich anderer Waffen im Kampf um sein Überleben bedienen musste.
Es war für das Überleben zwingend notwendig zusammen zu halten und dafür bedurfte es bestimmter Regeln, sonst hätte dies nicht erfolgreich funktionieren können.
Mit diesen Regeln zu leben war gut (zum Überleben), dagegen zu verstoßen war schlecht.
Schon war ein Konstrukt in der Welt, was es vorher nicht gab.
Die Freiheit bestand darin, sich daran zu halten oder auch nicht, der Mensch konnte es entscheiden (was er je nach Motiv und Charakter auch tat und immer noch tut).

Jetzt war er für das Paradies schon zu edel, und er kannte sich selbst nicht, wenn er im Drang der Not und unter der Last der Sorgen sich in dasselbe zurückwünschte. Ein innerer ungeduldiger Trieb, der erwachte Trieb seiner Selbsttätigkeit, hätte ihn bald in seiner müßigen Glückseligkeit verfolgt und ihm die Freuden verekelt, die er sich nicht selbst geschaffen hatte. Er würde das Paradies in eine Wildnis verwandelt und dann die Wildnis zum Paradies gemacht haben..."

Die Frage ist, ob das Paradies wirklich wünschenswert wäre, denn für ein Wesen mit der Erkenntnis von Gut und Böse, Leben und Tod und Zeit und Raum wäre dies mit Sicherheit der langweiligste Ort des ganzen Universums. Zudem gäbe es keine geistige Weiterentwicklung, alles würde stagnieren und wieder in Vergessenheit geraten.
Die Natur würde wieder bewusstlos, denn kein Bewusstsein wäre mehr vorhanden, sie zu erkennen.
Die Welt wäre nicht mehr vorhanden, wenn niemand mehr da wäre, der sie als solche wahrnehmen könnte.

Deswegen bleibt der Dingo lieber in der Wildnis und führt seinen Kampf ums Überleben, ohne auch nur einen Gedanken an das verlorene Paradies zu verschwenden. Die Freiheit seines Geistes ist ihm wichtiger, als die Behaglichkeit einer abstrakten Scheinwelt abseits dieser Welt, die nur im Menschen existiert, um sein metaphysisches Bedürfnis zu befriedigen.

Das Schlusswort aber soll Schopenhauer gehören:

Aus der Nacht der Bewußtlosigkeit zum Leben erwacht findet der Wille sich als Individuum in einer end- und grenzenlosen Welt unter zahllosen Individuen, alle sterbend, leidend, irrend; und wie durch einen bangen Traum eilt er zurück zur alten Bewußtlosigkeit.


Liebe Grüße :)

Bis bald

Falderwald

Thomas
03.05.2012, 18:00
Lieber Falderwald,

ich freue mich, dass du dich so eingehend mit dem Zitat beschäftigt hast, und im Wesentlichen finde ich deine Bemerkungen richtig. Mit dem Schopenhauer werde ich wahrscheinlich nicht mehr warm werden. Das liegt daran, dass ich im zarten Alter von 16 Jahren - als ich gerade von Schillers Frauengestalten fasziniert war, und gar nicht fassen konnte, wie sich Goethe so in die Gefühle von Frauen einleben konnte (als Mann) - irgendetwas von Schopenhauer über Frauen gelesen habe, dass mich sehr abgestoßen hat. Das ist ziemlich irreparabel, obwohl er ja zweifelsohne ein großer Denker war, was du wohl an ihm schätzt.

Liebe Grüße
Thomas

Falderwald
04.05.2012, 21:46
Moin Thomas,

ich habe sogar den gesamten Text gesucht, gefunden und gelesen, nur damit du das weißt. ;)

Ach ja, der Schopi. Was er "Über die Weiber" geschrieben hat, ist wirklich wenig schmeichelhaft für das holde Geschlecht.
Über dieses Kapitel haben meine Liebste und ich auch lange diskutiert.

Der Mann war ein Genie und seine Schriften sind eine Erfrischung für jeden müden Geist, aber hier ist er m. E. über das Ziel hinaus geschossen. Es hätte eigentlich nicht in das wirklich fantastische philosophische Spätwerk "Parerga und Paralipomena" gehört, das hätte er sich sparen können.

Nun war Schopenhauer natürlich auch ein Kind seiner Zeit und der Stellenwert der Frau in jener Gesellschaft war noch lange nicht der, den wir heute erfreulicherweise haben.
Das reicht nicht als Entschuldigung, das weiß ich, trotzdem möchte ich noch zwei Dinge dazu anmerken:

Niemals durfte er eine innige Zweisamkeit der Liebe erleben, denn man sagt ihm zwei arge Enttäuschungen nach, es heißt, die Damen seines Herzens hätten ihn gröblichst verschmäht.
Und so war er wohl zu einem verbitterten, alten Mann geworden, als er das schrieb.

Vielleicht sollten wir diesem brillanten Denker das nachsehen.
Es war eine menschliche Seite, er konnte es wohl nicht anders.

Meine Liebste und ich wir lachen heute darüber und nennen ihn dann den "ollen Griesgram".

Und manchmal, wenn ich so für mich ganz alleine bin und an meine Ex-Frau denke, dann schenke ich ihm insgeheim doch das ein oder andere verständnisvolle Nicken...:D

Das o. a. Werk kann ich aber trotzdem jedem philosophisch interessierten Menschen nur wärmstens ans Herz legen, denn hier entfaltet sich der ganze Scharfsinn eines genialen Geistes noch einmal in seiner ganzen Vielfalt.
Auch wenn hier das leidige Kapitel im zweiten Band zu finden ist.
Da ist es vielleicht ein kleiner Trost, daß dieses Kapitel nur 17 von ca. 1500 Seiten umfasst. Das ist doch fast nix... ;):)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Thomas
05.05.2012, 09:13
Lieber Falderwald,

ich wollte nur erklären, warum ich mit 'Schopi' nicht so warm werde. Der erste Eindruck ist eben oft entscheidend, bei Personen des Alltagslebens und auch bei den Bekannten und Freunden aus der Vergangenheit, die über Büche mit uns sprechen. Ich finde es gut, wenn er dich (und dadurch vermittelt ja auch mich und andere) zum Denken anregt.

Liebe Grüße
Thomas