Gedichte-Eiland

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-   -   Es ist alles aus (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=13377)

Chavali 29.03.2015 13:39

Es ist alles aus
 


Einst wuchsen die buntesten Blumen
im Garten und Früchte am Baum.
Heut sind seine Zweige vertrocknet,
vorbei ist der Sommernachtstraum.

Das Haus dort am Ende der Straße,
verlassen und grau steht es da.
Wo sind die Bewohner geblieben?
Man weiß nicht, was damals geschah.

Ein Pfad führt zum Hügel hinüber,
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
ein Birnbaum entfaltet die Krone,
man hört keinen einzigen Laut.

Ein Tor ist im Hügel verborgen,
das Schloss hängt verbogen davor,
verrostet sind seine Stäbe
und Rosen ranken empor.

Was ist dahinter vergraben?
Sinds Gräber am uralten Platz?
Wer kann das Geheimnis ergründen,
ists gar ein verlorener Schatz?

Die Zeit deckt die heimlichen Wunden,
durch Moos und Gestrüpp nicht zu sehn.
Ein Mensch steht davor und verzweifelt,
er wird sich wenden und gehn.

Nie wieder wird er seine Schritte
durch Felder und Straßen zum Haus
hin lenken und seine Gedanken
erkennen: Es ist alles aus.


************************************




Version II (leicht abgespeckt)



Einst wuchsen die buntesten Blumen
im Garten und Früchte am Baum.
Heut sind seine Zweige vertrocknet,
vorbei ist der Sommertraum.

Das Haus dort am Ende der Straße,
verlassen und grau steht es da.
Wo sind die Bewohner geblieben?
Man weiß nicht, was damals geschah.

Ein Pfad führt zum Erdwall hinüber,
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
ein Birnbaum entfaltet die Krone,
man hört keinen einzigen Laut.

Ein Tor ist im Hügel verborgen,
das Schloss hängt verbogen davor,
verrostet sind seine Stäbe
und Rosen ranken empor.

Was ist dahinter vergraben?
Sinds Gräber am uralten Platz?
Wer kann das Geheimnis ergründen,
ists ein verlorener Schatz?

Die Zeit deckt die heimlichen Wunden,
durch Moos und Gestrüpp nicht zu sehn.
Ein Mensch steht davor und verzweifelt,
er wird sich wenden und gehn.

Nie wieder wird er seine Schritte
durch Felder und Straßen zum Haus
hin lenken und seine Gedanken
erkennen: Alles ist aus.



Erich Kykal 29.03.2015 20:11

Hi, Chavi!

Schauerlich, so ein Blick auf die Ruinen eines offenbar gescheiterten Lebens oder Traumes!

Zuletzt bist du klanglich etwas gestolpert. Bedenke: Je mehr Silben du in eine Zeile stopfst, desto beschleunigter musst du die Zeile lesen, damit alles noch in den Takt passt. Dadurch wirkt so eine überfrachtete Zeile im Vortrag eher verhudelt.
Aufpassen sollte man auch bei indifferentem Auftakt: Wenn der Zeilenbeginn so konstruiert ist, dass ein Leser erst mal intuitiv betont beginnt - und prompt erneut ansetzen muss.

Flüssigere Version mit eindeutig unbetonten Auftakten:

Es sind all die heimlichen Wunden
verwuchert und nicht mehr zu sehn.
Davor steht ein Mensch. Er verzweifelt
und möchte schon bald wieder gehn.

Er wird seine Schritte nie wieder
durch Felder und Wiesen zum Haus
hinlenken, da seine Gedanken
erkannten: Es ist alles aus.



Sehr gern gelesen!:)

LG, eKy

Nachteule 29.03.2015 22:51

Hallo Chavali,

Zuerst einmal passt der melancholisch erzählende Charakter gut zur Form, den dreisilbigen Versfüßen.
Ich hab mal durchgeixt und die eine oder andere Stelle gefunden, die mir nicht ganz recht ist. (s.U.) Manche davon sind Verben, die auf Senkungen fallen. Damit, dass ich mit den betonten Verben hier alleine stehe, habe ich mich schon fast abgefunden. Du wirst die Stellen sicherlich finden. Andere Schwächen im Metrum sind deutlicher.
Mit den Auftakten habe ich eigentlich kein Problem.

Einst wuchsen die buntesten Blumen
xXxxXxxXx
im Garten und Früchte am Baum.
xXxxXxxX
Heut sind seine Zweige vertrocknet,
xxXxXxxXx
vorbei ist der Sommernachtstraum.
xXxxXxxX

Das Haus dort am Ende der Straße,
xXxxXxxXx
verlassen und grau steht es da.
xXxxXXxX
Wo sind die Bewohner geblieben?
xXxxXxxXx
Man weiß nicht, was damals geschah.
xXxxXxxX

Ein Pfad führt zum Hügel hinüber,
xXXxXxxXx
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
xXxxXxxX
ein Birnbaum entfaltet die Krone,
xXxxXxxXx
man hört keinen einzigen Laut.
xXXxXxxX

Ein Tor ist im Hügel verborgen,
xXxxXxxXx
das Schloß hängt verbogen davor,
xXXxXxxX
verrostet sind seine Stäbe
xXxxXxXx
und Rosen ranken empor.
xXxXxxX

Was ist dahinter vergraben?
xXxXxxXx
Sinds Gräber am uralten Platz?
xXxxXxxX
Wer kann das Geheimnis ergründen,
xXxxXxxXx
ists gar ein verlorener Schatz?
xXxxXxxX

Die Zeit deckt die heimlichen Wunden,
xXXxXxxXx
durch Moos und Gestrüpp nicht zu sehn.
xXxxXxxXx
Ein Mensch steht davor und verzweifelt,
xXXxXxxXx
er wird sich wenden und gehn.
xXxXxxX

Nie wieder wird er seine Schritte
xXxXxXxXx
durch Felder und Straßen zum Haus
xXxxXxxX
hin lenken und seine Gedanken
xXxxXxxXx
erkennen: Es ist alles aus.
xXxXxXxX

Nun zu dem, das mir inhaltlich aufgefallen sein möchte. :D

Zitat:

Einst wuchsen die buntesten Blumen
im Garten und Früchte am Baum.
Das klingt so, als ob die Früchte heute nicht mehr am Baum wachsen würden, sondern im Supermarkt oder so. Ich glaube, du möchtest sagen, dass die Bäume am Baum im Garten wuchsen, oder? Dann würde ich "und Früchte am Baume im Garten" gerne auch "an Bäumen".

Zitat:

Ein Pfad führt zum Hügel hinüber,
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
ein Birnbaum entfaltet die Krone,
man hört keinen einzigen Laut.
Ich würde "hinüber zum Hügel" schreiben. Ist aber vielleicht Geschmackssache.
Zwischen V2 und 3 würde ich persönlich einen Punkt setzten.

Zitat:

Ein Tor ist im Hügel verborgen,
das Schloß hängt verbogen davor,
verrostet sind seine Stäbe
und Rosen ranken empor.
Da fängst du zwei Strophen in Folge mit dem Hügel an. Das ist nicht schön.
(Schloss schreibt man inzwischen mit "ss" :D)
Hier ist in V3 ja ein kleines Problem mit dem Metrum. zwischen dem Rost und den Stöben sind ja nur vier Silben, 5 müssten es sein. Mein Vorschlag wäre "verrostet sind seine Gestänge", auch wenn die leichte Inversion dann noch drin wäre und "Gestänge" etwas klobig klingt.

Zitat:

Was ist dahinter vergraben?
Sinds Gräber am uralten Platz?
Wer kann das Geheimnis ergründen,
ists gar ein verlorener Schatz?
Hier stört mich zum einen das doppelte "Graben" durch "vergraben" und "Gräber". Zudem bedeutet für mich "vergraben", dass etwas (z.B. Erde) drübergeschaufelt wurde. Durch diese beiden Punkte würde ich "verborgen" bevorzugen.
In V3 und 4 sehe ich auch keinen Grund, sie zu verbinden.

So, das dürfte als erste Idee mal genügen. Vielleicht gibt es noch eine zweite Idee. XD Mal sehen...

nächtlicher Gruß, gutes nächtle und carpe noctem
Nachteule

Chavali 30.03.2015 09:22

Einst wuchsen die buntesten Blumen
im Garten und Früchte am Baum.
Heut sind seine Zweige vertrocknet,
vorbei ist der Sommernachtstraum.

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX :)

Das Haus dort am Ende der Straße,
verlassen und grau steht es da.
Wo sind die Bewohner geblieben?
Man weiß nicht, was damals geschah.

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX :)

Ein Pfad führt zum Hügel hinüber,
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
ein Birnbaum entfaltet die Krone,
man hört keinen einzigen Laut.

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX :)

Ein Tor ist im Hügel verborgen,
das Schloss hängt verbogen davor,
verrostet sind seine Stäbe
und Rosen ranken empor.

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxXxxXx
xXxXxxX :D

Was ist nur dahinter vergraben?
Sinds Gräber am uralten Platz?
Wer kann das Geheimnis ergründen,
ists gar ein verlorener Schatz?

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX :)


Die Zeit deckt die heimlichen Wunden,
durch Moos und Gestrüpp nicht zu sehn.
Ein Mensch steht davor und verzweifelt,
er wird sich wohl wenden und gehn.

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX :)

Nie wieder wird er seine Schritte
durch Felder und Straßen zum Haus
hin lenken und seine Gedanken
erkennen: Es ist alles aus.

xXxxXxxXx
xXxxXxxX
xXxxXxxXx
xXxxXxxX :)


Das mal zur Verixung. Ich werde später editieren und euch beiden ausführlich antworten.


Claudi 30.03.2015 11:17

Hi Chavi,

ein sehr schönes Trauriges hast Du aus der Aufgabe entstehen lassen, das sogar mir gefallen mag (und das will was heißen). Du schaffst es über die gesamte Strecke, die Grenze zur Schwülstigkeit nie zu überschreiten. Was mir besonders gefällt, ist, dass Du mir nicht aus der Perspektive des Allwissenden die Hintergründe quasi aufnötigst, sondern das Fragende, Geheimnisvolle mir als Leserin genügend Raum zur eigenen Betrachtung gibt.

Deine Verixung kann ich übrigens voll bestätigen. Es gäbe an wenigen Stellen die Möglichkeit, anders zu lesen, was aber wegen des Gewohnheitsmetrums für mich hier gar nicht in Frage kam. Was ich Dir gerne ans Herz legen würde, wären noch ein paar mehr eingestreute Einfachsenkungen, die den Lesefluss noch etwas entschleunigen würden.

Schau mal, hier ist mein Lieblingsgedicht von Sid, an dem man, glaube ich, gut erkennt, was ich meine. So regelmäßig würde ich das allerdings hier nicht machen, nur vielleicht ungefähr einmal pro Strophe, vor allem aber am Schluss. Ich habe die Verse ein bisschen umgestellt, weil mir das betonte Personalpronomen in V1 etwas ungünstig scheint:


Er wird seine Schritte nie wieder
durch Felder und Straßen zum Haus
hin lenken und seine Gedanken
erkennen: Alles ist aus.


Mit diesem Bruch am Ende würdest Du m.E. die Kernaussage "Alles ist aus" stilistisch hervorheben und einen perfekten Ausklang herausarbeiten. Die einzige Strophe, die m.E. noch etwas Kosmetik gebrauchen könnte, ist die zweite "Hügel"-Strophe, in der mich auch die drei "ver"-Wörter, besonders "verborgen" und "verbogen" stören. Dazu fällt mir vielleicht später noch was ein.

Hab Dein Werk gerne gelesen und war gerne zu Gast bei Dir! :)

Liebe Grüße
Claudi

Erich Kykal 30.03.2015 13:37

Hi, Chavi!

Die Stelle mit den Rosen ließe sich übrigens leicht ausgleichen:

"und Rosen, sie ranken empor."

- Und schon ist das fehlende "x" mit dabei!;)

LG, eKy

wolo von thurland 30.03.2015 13:55

hallo chavali

du hast einige wenige stellen eingebaut, wo du tatsächlich frei mit dem dreisilber spielst. unter anderem die lautlich und rhythmisch sehr schöne stelle "und rosen ranken empor" oder die nicht minder schöne stelle "er wird sich wenden und gehn". täusche ich mich oder hattest du noch weitere solche pralinen, die nun "geplättet" sind?

mir gefällt dein freies spiel sehr gut, bis auf die letzte strophe, wo z1 und z4 mmn nicht so stehen bleiben dürfen.

ich habe jetzt vier "aufgabenlösungen" gelesen. deine ist (war) eindeutig die elganteste.
es ist schade, wenn sie unter eine "leierwalze" kommt. sie verträgt im genenteil noch weitere "lichtpunkte", z.b. den von claudi für die letzte zeile vorgeschlagenen. man könnte aber noch mehr versuchen. nur als beispiel:

Er wird die Schritte nie wieder
hinlenken zu diesem Haus
mit truglos blickenden Augen
erkennt er: Alles ist aus.

der vorschlag von eky für z1-3 der zweitletzten strophe gefällt mir übrigens sehr gut, aber z4 würde ich belassen, sie ist mmn genau so richtig (s.o.)

ich hoffe, dass ich hier nicht vergebens ein wenig gegensteuer gebe.
schönen tag
wolo

Claudi 30.03.2015 14:05

Hi Erich,

das ist ja eine spannende kontroverse Diskussion. Ich halte diesen Vers:

und Rosen ranken empor.

gerade deshalb für einen der herausragenden, weil Chavi hier (wie von mir oben noch für weitere Verse empfohlen) eine Einfachsenkung eingebaut hat, die das Tempo bremst. Auch würde die von Dir angeratene Konstruktion hier völlig unnötige Füllsel einschleppen, die so einen guten Vers für mich verwässern.

Vielleicht können wir über dieses Beispiel zu einem konstruktiven Austausch bzgl. unserer unterschiedlichen Sichtweisen finden. Ich verstehe Deine. Du legst Wert auf perfekte Ebenmäßigkeit. Gerade die schadet aber nach meinem Empfinden dem Gedicht, denn inhaltlich geht ja hier keineswegs alles so glatt.

Ich bin gespannt, wie Chavi sich entscheidet.

Liebe Grüße
Claudi

Nachteule 30.03.2015 15:23

Hallo zusammen,

na ja, es ist für mich sehr schwer bis unmöglich, zweisilbige Wörter (seine, keine) unbetont zu lesen. Sie haben nun mal eine natürliche Betonung auf der ersten Silbe. Die durch ein Gewohnheitsmetrum zu überdecken, zumal einmal durch ein "er", das an dieser Stelle keine extra Betonung benötig, ist für mich nur schwer möglich. Gerda die Verneinung (keine) ist im Vers schon wichtig, finde ich.

Den "verborgen"-Vorschlag lasse ich hiermit fallen, weil mir auffiel, dass das in der Strophe zuvor für das Tor schon eingesetzt wurde. Austauschen würde ich (eins von beiden) dennoch.

das ", sie ranken" würde ich nicht verwenden, da ich solche Kommakonstruktionen, wie ich sie nenne, nicht mag, bei denen ein sie, er oder dergleichen mit einem Komma abgetrennt eingesetzt wird, um das Metrum zu retten.

nächtlicher Gruß, gutes nächtle und carpe noctem
Nachteule

Chavali 31.03.2015 17:52

Zitat:

Zitat von ich
Ich werde später editieren und euch beiden ausführlich antworten.

...ok, editieren bringt nix mehr, es sind ja noch einige Beiträge dazu gekommen.

So, wo fange ich nun an? :confused:

Servus, Erich,
Zitat:

Flüssigere Version mit eindeutig unbetonten Auftakten:
inzwischen hat sich nun geklärt, dass alle Auftakte unbetont sind.
Deshalb denke ich, dass ich da nix ändern muss.
Zitat:

Je mehr Silben du in eine Zeile stopfst, desto beschleunigter musst du die Zeile lesen,
damit alles noch in den Takt passt.
Dadurch wirkt so eine überfrachtete Zeile im Vortrag eher verhudelt.
Dieses Mal kann ich dir nicht zustimmen, wenn ich auch nicht genau weiß, was du mit verhudelt meinst :D
Ich finde, der Text liest sich ganz schön.
Zitat:

Die Stelle mit den Rosen ließe sich übrigens leicht ausgleichen:
"und Rosen, sie ranken empor."
- Und schon ist das fehlende "x" mit dabei!
ich gebe zu, eine *fehlende* Silbe - wenn man ein perfektes Metrum betrachtet - nachträglich eingearbeitet zu haben und zwar in S 6 Z 4.
Die Rosenstrophe würde ich gern so belassen, weil mir hier der Kommaeinschub nicht gefallen würde.


Hallo Nachteule,
Zitat:

Ich hab mal durchgeixt und die eine oder andere Stelle gefunden, die mir nicht ganz recht ist. (s.U.)
Manche davon sind Verben, die auf Senkungen fallen. Damit, dass ich mit den betonten Verben hier alleine stehe,
habe ich mich schon fast abgefunden.
Du wirst die Stellen sicherlich finden. Andere Schwächen im Metrum sind deutlicher.
Welche?
Die Verixung zeigt: das Metrum ist perfekt - bis auf die Stelle mit den Rosen, aber wie ich schon Erich schrieb,
möchte ich das gern belassen.
Allzu Glattes ist eh nicht mein Ding - dass ich nur jeweils Zeile 2 und 4 reimen ließ, gehört dazu.
Zitat:

Zitat:
Einst wuchsen die buntesten Blumen
im Garten und Früchte am Baum.

Das klingt so, als ob die Früchte heute nicht mehr am Baum wachsen würden, sondern im Supermarkt oder so. Ich glaube, du möchtest sagen, dass die Bäume am Baum im Garten wuchsen, oder? Dann würde ich "und Früchte am Baume im Garten" gerne auch "an Bäumen".
Nein. Aus dem Text geht eindeutig hervor, was gemeint ist.
Dein Einwand ist schon sehr an den Haaren herbei gezogen :rolleyes:
Zitat:

fängst du zwei Strophen in Folge mit dem Hügel an. Das ist nicht schön.
Hier stimme ich dir zu. Du wirst es nicht glauben - mir ist das gar nicht aufgefallen :D
Zitat:

stört mich zum einen das doppelte "Graben" durch "vergraben" und "Gräber". Zudem bedeutet für mich "vergraben", dass etwas (z.B. Erde) drübergeschaufelt wurde. Durch diese beiden Punkte würde ich "verborgen" bevorzugen.
Das wiederum finde ich nicht schlimm, wenn es auch möglich erscheint, an dieser Stelle noch einen anderen Begriff zu finden.
Zitat:

na ja, es ist für mich sehr schwer bis unmöglich, zweisilbige Wörter (seine, keine) unbetont zu lesen.
Wo es passt, kann das durchaus sinnvoll sein.

Hi Claudi,
Zitat:

ein sehr schönes Trauriges hast Du aus der Aufgabe entstehen lassen, das sogar mir gefallen mag (und das will was heißen). Du schaffst es über die gesamte Strecke, die Grenze zur Schwülstigkeit nie zu überschreiten. Was mir besonders gefällt, ist, dass Du mir nicht aus der Perspektive des Allwissenden die Hintergründe quasi aufnötigst, sondern das Fragende, Geheimnisvolle mir als Leserin genügend Raum zur eigenen Betrachtung gibt.

Deine Verixung kann ich übrigens voll bestätigen. Es gäbe an wenigen Stellen die Möglichkeit, anders zu lesen, was aber wegen des Gewohnheitsmetrums für mich hier gar nicht in Frage kam.
Dafür erst einmal einen Extra-Dank :Blume:
Zitat:

Was ich Dir gerne ans Herz legen würde, wären noch ein paar mehr eingestreute Einfachsenkungen, die den Lesefluss noch etwas entschleunigen würden.
Hm. Dazu brauchte ich mal ein Beispiel für meinen Text :)
Sids Gedicht kenne ich, das gefällt mir auch sehr, solche Perlen gelingen nicht immer ;)
Zitat:

hin lenken und seine Gedanken
erkennen: Alles ist aus.

Mit diesem Bruch am Ende würdest Du m.E. die Kernaussage "Alles ist aus" stilistisch hervorheben und einen perfekten Ausklang herausarbeiten.
Das ist eine gute Idee und gefällt mir, wirkt noch intensiver.
Zitat:

Auch würde die von Dir angeratene Konstruktion hier völlig unnötige Füllsel einschleppen, die so einen guten Vers für mich verwässern.
Das ist ein interessanter Vorschlag.
Ich baue oben mal eine zweite Version ein, in der ich die Füllsel weg lasse.
Ebenmäßigkeit ist schon wichtig für mich, aber sie geht nicht so weit, dass ich ins Leiern verfallen möchte.
Dazu könnte tatsächlich eine jeweils verkürzte letzte Zeile beitragen.


Hallo wolo,
Zitat:

du hast einige wenige stellen eingebaut, wo du tatsächlich frei mit dem dreisilber spielst. unter anderem die lautlich und rhythmisch sehr schöne stelle "und rosen ranken empor" oder die nicht minder schöne stelle "er wird sich wenden und gehn". täusche ich mich oder hattest du noch weitere solche pralinen, die nun "geplättet" sind?
Das hat man nun davon, wenn man ein perfektes Metrum hinlegen will :o
Ich schaue mal in meine Urschrift; ich glaube, ich hatte die besagte Zeile so: er wird sich wenden und gehn
und habe dann ein wohl eingefügt :Aua
Zitat:

ich habe jetzt vier "aufgabenlösungen" gelesen. deine ist (war) eindeutig die elganteste.
es ist schade, wenn sie unter eine "leierwalze" kommt.
Ja, stimmt, das mag ich auch nicht. Wie ich oben schon schrieb, ist auch das Reimschema abcb ein Grund mit.


Euch allen vielen lieben Dank - hab mich sehr über die interessanten Beiträge gefreut!

Lieben Gruß,
Chavi











wolo von thurland 31.03.2015 18:09

Ich glaube, mit deinem Rückzug aufs x-en und "alles unbetonte Auftakte" können sich nicht alle Kommentatoren hier zufrieden geben.

Da, wo die xX-e zahlenmässig "nicht aufgehen" (auch in den XX-Zeilenanfängen), steckt mehr Anteil an der Qualität deines Textes, als dein letztes Statement zulassen will. Davon bin ich fest überzeugt und deshalb wiederhole ich gerne, was Claudi schrieb: Dass es von den Zweihebern ruhig noch mehr haben kann.

Zwei Strophen als Beispiele dafür, dass hier keineswegs jemand in "einem festen Metrum" im Sinne von Iambus oder so schreibt. Es ist vielmehr so, dass hier jemand kräftig mit diesem Metrum spielt. Das könnte schrecklich herauskommen, aber dein vorliegender Text gilt mir als vorbildlich in seiner feinen Art, aus dem Korsett auszubrechen. Und wenn man nun vor allem Strophe zwei anschaut, merkt man schnell, dass Claudis Vorschlag, noch mehr zu variieren, zu spielen, hier unbedingt Sinn macht, weil diese Strophe immer mehr in einen Küchenballaden-Leiergesang fällt. Dagegen habe ich an sich gar nichts, und es würde sogar auch recht gut zum Thema passen. Aber das Ganze ist nicht in diesem Stil gehalten, darum fällt so was auf. Finde ich.

Einst wuchsen die buntesten Blumen
XXxxXxxXx
im Garten und Früchte am Baum.
Heut sind seine Zweige vertrocknet,
XXXxXxxXx
vorbei ist der Sommernachtstraum.

Das Haus dort am Ende der Straße,
verlassen und grau steht es da.
xXxxXXxX
Wo sind die Bewohner geblieben?
XXxxXxxXx
Man weiß nicht, was damals geschah.

Das sollte man nicht unter den Tisch wischen. Finde ich.
Gruss
wolo

Chavali 01.04.2015 22:19

Hi wolo,

ich bin mir nicht sicher, ob ich weiß, was du mir sagen willst :confused:

Die Verixung ist so, wie ich es lese, bin aber überzeugt, dass man auch anders betont lesen kann und dann
würde ich das Metrum auch nicht als jambisch bezeichnen.

Bleiben wir als Beispiel bei Strophe 2:

Zitat:

Zitat von wolo
Das Haus dort am Ende der Straße,
verlassen und grau steht es da.
xXxxXXxX
Wo sind die Bewohner geblieben?
XXxxXxxXx
Man weiß nicht, was damals geschah.

Dieser Lesart kann ich folgen.
Zitat:

und deshalb wiederhole ich gerne, was Claudi schrieb: Dass es von den Zweihebern ruhig noch mehr haben kann.
Interessant. Dann brauch ich dazu ein konkretes Beispiel.
Ist vielleicht eine gute Idee, nicht nur nach Gefühl zu dichten, sondern auch gewisse Überlegungen,
was das Metrum betrifft, anzustellen :)

Danke für den Denkanstoß!

LG Chavali

wolo von thurland 01.04.2015 23:25

Ich habe nichts gegen deine ver-x-ung eingewendet. was mir nicht passt, ist, dass du offenbar meinst, du müsstest mit x-en der häschen-hoppel-mal-bisschen-militärisch-linie beweisen, dass dein stück schön "(auf)taktig" einhermarschiert.

Ich habe gar nichts davon gesagt, dass deine verse iambisch seien, sondern dass hier keineswegs jemand in "einem festen Metrum" im Sinne von Iambus oder so schreibt. Wenn ich dein Metrum benennen müsste, würde ich es wenn schon vielleicht daktylisch nennen, mit zweifüssern drin (meinetwegen trochäisch mit dreifüssern drin).

alles andere würde dem, was ich an deinem gedicht so verbissen aufzuzeigen versuche, widersprechen. mit deiner neuesten fassung (s.o.) weichst du ja auch entscheidend von den ersten bemühungen einer erklärung und "verbesserung" wieder ab.

schönen abend
wolo

Claudi 02.04.2015 00:16

Hallo zusammen,

Wolo, Du gehst hier noch einen Schritt weiter und ja, für solche Betrachtungen zur Versqualität bin ich sehr aufgeschlossen. Was ich empfehlen wollte, waren tatsächlich nur ein paar weitere zweisilbige Füße, keine Doppelhebungen. Nun, wo ich Deine Verixungen sehe, bin ich alles andere als abgeneigt. Den ersten Vers zeige ich mal zäsuriert in Wortfüßen:

Einst // wuchsen / die buntesten / Blumen

im Garten / und Früchte / am Baum.

In der Rezitation würde ich hinter "einst" eine deutliche Pause lesen, so gesehen wäre das erste Wort ohnehin betont gelesen. Rein formal, wenn ich mir das Gesamtpaket anschaue, würde ich das Gedicht dennoch klar amphibrachisch nennen. Und dann ist es ja auch ein Reimgedicht und somit schon ein Stück weit auf Gleichmaß ausgerichtet. Es lohnt sich aber immer sehr, diese Nuancen herauszuarbeiten, die beim lauten Lesen den Genuss für das Ohr bedeuten.

Chavi, Deine abgespeckte Version ist für mich klar die bessere.

Zitat:

Hm. Dazu brauchte ich mal ein Beispiel für meinen Text
"Alles ist aus" war so ein Beispiel. Sonst kann ich konkret nicht allzu viel dazu beisteuern, weil mein Stil halt sehr von Deinem abweicht. Ist diese Verkürzung in V4 Dir schon zu extrem?

Ein Pfad führt zum Erdwall hinüber,
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
ein Birnbaum entfaltet die Krone,
man hört keinen Laut.


Das betrifft jetzt zufällig wieder die letzte Strophenzeile. Ich meinte aber eigentlich nicht, dass Du unbedingt immer die letzte Zeile verkürzen solltest. Das wäre mir persönlich schon wieder zu regelmäßig, passt aber vielleicht gut zu Deinen Vorstellungen:
Zitat:

Ebenmäßigkeit ist schon wichtig für mich, aber sie geht nicht so weit, dass ich ins Leiern verfallen möchte. Dazu könnte tatsächlich eine jeweils verkürzte letzte Zeile beitragen.
Es kann sein, dass Du an der Fassung dieses Werkes nicht mehr allzu viel arbeiten möchtest. Das kann ich respektieren, wenn auch nur sehr schwer nachvollziehen (für mich würde es jetzt erst spannend werden). Ich finde aber, dass Du ein Händchen für gute Verse hast, freue mich, dass Du unsere Anregungen so interessiert beäugst, und denke, Du wirst einiges davon für Dein weiteres Schaffen gebrauchen können.


Liebe Grüße
Claudi

wolo von thurland 02.04.2015 09:02

auf die gefahr hin , dein schönes werk zu zerreden. aber wenn ich alle kommentare von anfang an durchlese, lerne ich gerade für mich selber viel dazu. da hilft es auch sehr, wenn ich mal nicht so verstanden werde, wie ich möchte.

dazu gehört auch die sache mit dem versmass. ich kenn mich ja leider mit verslehre nicht aus. "zum hügel hinüber" oder "im garten und früchte am baum" sind für mein ohr wohl amphibrachisch. aber andere zeilen werden so sehr von trochäischen wörtern dominiert.
nur: ich will mich da gar nicht äussern, weil ich von deutscher verslehre unbeleckt bin. meine aussage war und bleibt: das metrum spielt in dieser diskussion mmn keine rolle.

"man hört keinen laut"
lieber nicht. weder das "man" noch das "hört" können einen so starken akzent auf, eine starke cäsur vor "keinen" tragen. sie sind anlaufsilben. in chavalis lösung wird der hauptakzent nach hinten verschoben, auf "einzigen", und das ist gut für diese zeile. finde ich.

w.

juli 02.04.2015 10:01

Liebe Chavali :)
 
Hier kehrt jemand wieder in seine Vergangenheit zurück. Vielleicht das Elternhaus oder ein Ort wo der/diejenige einst gewohnt hat. Das Gedicht liest sich gut und mir persönlich gefällt die erste Fassung besser, wegen dem Sommernachtstraum.
Die 6te S. berührt besonders. Die Bilder lassen mitfühlen. Sie stimmen nachdenklich und traurig.
Die Zeit deckt die heimlichen Wunden,
durch Moos und Gestrüpp nicht zu sehn.
Ein Mensch steht davor und verzweifelt,
er wird sich wenden und gehn.
Ich habe mal das Metrum außeracht gelassen, weil da ja schon andere Experten am Ball sind.:)

Sehr gerne gelesen, mir gefällt das Erzählerische sehr gut.:Blume::Blume::Blume:

LIebe Grüße sy

Falderwald 06.04.2015 20:31

Hi Chavi,

ich habe vor meiner Antwort keine anderen Kommentare dazu gelesen und widme mich ausschließlich dem oben stehenden Text und nicht der Version II im Sinne der gestellten Aufgabe.

Inhaltlich gefällt mir die Story sehr gut. Sie handelt davon, dass jemand an einen Ort aus seiner Vergangenheit zurückgekehrt ist, der ihm einst viel bedeutet hat, um einen endgültigen Abschied zu nehmen.
Der Text fängt beschreibend an und führt uns zunächst in den Garten eines verlassenen Hauses. Niemand weiß, wo seine ehemaligen Besitzer geblieben sind und was dort geschehen ist.
Von dort führt ein ziemlich zugewachsener Pfad hinüber zum Hügel, in dem ein altes, verrostetes Eisengittertor verborgen ist, vor dem wilde Rosen ranken.
Es stellt sich die Frage, was sich hinter diesem Tor verbirgt, ob es sich vielleicht um eine Todesstätte oder gar um das Versteck eines verlorenen Schatzes handelt.
Die Natur hat mit der Zeit ganze Arbeit geleistet und verwehrt jeglichen Blick hinter das Tor, weil dort Wildkräuter und Sträucher nun ranken.
Aber jemand steht dort verzweifelt. Er wendet sich schließlich wieder ab, geht fort und weiß, dass es für ihn keine Rückkehr mehr dorthin geben wird, für ihn ist jetzt alles aus.

Was „aus“ ist, bleibt im Ungewissen und hat auch im Prinzip nichts weiter zu bedeuten, das kann jeder Leser selbst interpretieren, denn hier steht letztlich eine traurige und trostlose Beschreibung im Vordergrund.
Und diese Atmosphäre wird mit dem vorliegenden Text sehr schön eingefangen, ich konnte mich sehr gut in die Szene hineinversetzen.

Auch wenn die Aufgabe kein einheitliches Metrum verlangt, hätte ich mir doch einen durchgängig dreihebigen Amphibrachys gewünscht, der kommt nämlich auch der Stimmung im Gedicht entgegen.

Und da mir dieses Gedicht wirklich gut gefällt, habe ich mir Mühe gegeben, einige kleine stilistische Änderungsvorschläge einzubringen:

Einst wuchsen die buntesten Blumen
im Garten und Früchte am Baum,
die Zweige sind alle vertrocknet, (im Prinzip sind ja mehrere Obstbäume gemeint)
vorbei ist der Sommernachtstraum.

Das Haus steht am Ende der Straße (das ist schöner formuliert als mit „dort“)
verlassen und kümmerlich da. (s.o.)
Wo sind seine Menschen geblieben, (schöner als Bewohner)
wer weiß schon, was damals geschah? (Vermeidet die Wdh. von „man“ und eine Frage war auch schon da.)

Der Pfad führt zum Hügel hinüber, (sonst hast du 2 x "ein" s.u.))
bewachsen mit Nesseln und Kraut,
die Stieleiche wirft dunkle Schatten, (Birnbaum geht nicht, der ist vertrocknet s.o. S1)
man hört keinen einzigen Laut.

Ein Tor ist am Erdwall befestigt,
sein Schloss hängt verbogen davor,
das Gitter verfällt und verrostet,
dort ranken jetzt Rosen empor.

Was liegt wohl dahinter verborgen, (Gräber sind nicht vergraben)
gar Gräber am uralten Platz? ("Sinds" ???)
Wer kann das Geheimnis ergründen,
vielleicht ein verlorener Schatz? ("ists" ???)

Die Zeit deckt die heimlichen Wunden,
sie sind im Gesträuch nicht zu sehn. (schöner als "Gestrüpp")
Ein Mann steht davor und verzweifelt, (Menschen hatten wir schon oben)
er wendet sich ab und muss gehn. (Besser, oder?)

Nie wieder wird er seine Schritte
durch Felder und Straßen zum Haus
hin lenken und seine Gedanken
erkennen: Es ist alles aus.


Du kannst ja einmal drüberschauen und magst dich gern bedienen, wenn dir etwas davon gefällt. :)


Sehr gern gelesen, in die düstermelancholische Atmosphäre eingetaucht und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Chavali 27.09.2015 19:36

Um Himmels Willen, liebe Leute,

hier sind ja noch Antworten fällig :Aua
War wohl meinem Umzugsstress zu verdanken, dass ich das übersehen habe.


Hi wolo, Claudi, syranie und Faldi,

ich danke euch herzlich für eure Beschäftigung mt dem Text, für die Anregungen, Kritik und Lob.
Alles ist mir willkommen und alles ist wichtig.

Ich bin mir nur nicht sicher, ob den Nerv dazu habe, hier noch einmal Hand anzulegen... :rolleyes:

Was meint ihr, würde sich das noch lohnen oder sollte ich besser was Neues schreiben...?:o


Liebe Grüße an euch alle,
Chavali




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