Gedichte-Eiland

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Medusa 10.01.2010 13:38

Januar in Berlin
 
Januar in Berlin

Die lärmende Großstadt wird still unterm Schnee,
das Grau wirkt verzaubert im Flöckchengestöber.
Viel zarter erscheint uns, was gestern noch gröber,
ganz langsam, gelassen, fließt weiter die Spree.

Berliner vermummen sich, halten sich warm,
die Kinder erobern die eiskalten Hügel,
verleihen der Himmelspracht duftige Flügel.
All jenen die heute nicht frierend, nicht arm,

zeigt Janus sein lächelndes, schönstes Gesicht.
Taucht unsere Stadt in zartgoldenes Licht,
erfreut uns gar prunkvoll, lässt dampfend uns lachen,

manch tolldreiste Sprünge und Rutscher entfachen ,
malt hochrote Nasen in jedes Gesicht
und kriecht durch die Kleidung, denn keine ist dicht.

Seeräuber-Jenny 10.01.2010 14:17

Ahoi Medusa,

ein schönes, stimmungsvolles Gedicht über den Winter in Berlin, das du uns beschwingt und augenzwinkernd präsentierst.

Die lärmende Großstadt wird still unterm Schnee

Genauso ist es! Diese stille, feierliche Atmosphäre und die verzauberte Landschaft sind für mich die angenehmen Seiten des Winters.

Entzückend, wie du den Winterspaß der Kinder schilderst.

verleihen der Pracht sogar duftige Flügel.

Hier stört mich ein bisschen das Füllwort "sogar".

Taucht unsere Stadt in weißgoldenes Licht

Hier würde ich weißgolden anders betonen. Da du das Weiß schon in den weißkalten Hügeln von S2 Z2 verwendest, wäre evtl. eine Alternative zu überlegen?

Aber das sind Kleinigkeiten, die das Lesevergnügen keinesfalls schmälern.

Lieben Gruß vom verschneiten Prenzlberg,

Seeräuber-Jenny

Feingeist 10.01.2010 16:06

Liebe Medusa,

sicher besser als Dein "Januar"!
Die Doppelung von Gesicht ist fürchterlich, aber der Reihe nach.
Zitat:

Die lärmende Großstadt wird still unterm Schnee,
das Grau wirkt verzaubert im Flöckchengestöber.
Viel zarter erscheint uns, was gestern noch gröber,
ganz langsam, gelassen, fließt heuer die Spree.
Ich frage mich, nach wie vor, was Du mit dem uns bezweckst. Du erreichst, bei mir als Leser, nur, dass ich mich angesprochen fühle, mich aber dennoch nicht in Deinem Gedicht wiederfinde. Dies ist ein sehr unbefriedigendes Gefühl für den Leser. Du schilderst doch Deine subjektiven Eindrücke:
Du erkennst verzaubertes Grau im Gestöber,
Dir erscheint plötzlich alles zart und feiner
Du hast das Gefühl, die Spree fließe langsam und gelassen
Wieso lässt Du sie nicht Deine Eindrücke bleiben, sondern versucht, sie zu pauschalisieren? Einerseits finde ich es frech(mir Deine Empfindungen in die Schuhe zu schieben), andererseits schade, da das Sonett durch ein ICH ungemein an Authentizität gewinnen würde!
Zitat:

Berliner vermummen sich, halten sich warm,
die Kinder erobern die weißkalten Hügel,
verleihen der Pracht sogar duftige Flügel.
All jenen die heute nicht frierend, nicht arm,
Hier geht es mit den Pauschalisierungen weiter: Berliner, die Kinder, All jenen (=alle, die Geld und Wärme haben)..
Die duftigen Flügel verstehe ich überhaupt nicht. Ich hätte an Schneemänner o.ä. gedacht, aber duftige Flügel?
Zitat:

zeigt Janus sein lächelndes, schönstes Gesicht.
Taucht unsere Stadt in weißgoldenes Licht,
erfreut uns gar prunkvoll, lässt dampfend uns lachen,
Spätestens hier hätte ich eine Antithese erwartet, aber, es geht weiter mit dem schönen Januar, der den Wohlhabenden seine schönste Seite zeigt.
In diesem Terzett beginnt die Aneinanderreihung der Nebensätze... Es geht um das, was der Janus(ein wenig pathetisch hier den Namensgeber des Januars, den römischen Gott Ianus einzubringen...) vollbringt. Allerdings ist das Konstrukt syntaktisch unzulässig, da Du vor Taucht einen Punkt gesetzt hast und somit das Subjekt in der Aufzählung fehlt, aber geschenkt, es liegt auf der Hand, dass es sich um den Januar handelt.
Den Fehler in der Metrik hat Jenny bereits angesprochen.
Das dampfende Lachen empfinde ich als unglücklich: Klar meinst Du den Atem, der sichtbar wird; ich denke allerdings unfreiwillig an etwas anderes:rolleyes:
Als ganz fürchterlich empfinde ich auch die Wendung: erfreut uns gar prunkvoll - aber das ist subjektive Wahrnehmung, wie ein Großteil meiner Kritik.
Zitat:

manch tolldreiste Sprünge und Rutscher entfachen ,
malt hochrote Nasen in jedes Gesicht
und kraucht durch die Kleidung, denn keine ist dicht.
Nun haben sie doch hochrote Nasen? Dann frieren sie ja doch und sehen trotzdem Janus' schönstes Gesicht? V2 in dieser Terzine widerspricht in meinem Augen Q2V4, aber geschenkt; das sind Kleinigkeiten.
Bei Vers 3 in dieser Terzine hört's für mich allerdings auf. Die Conclusio ähnelt jener des anderen Sonetts.
Und kraucht durch die Kleidung, denn keine ist dicht.
Also, erstens stimmt es nicht. Es gibt sehr wohl adäquate Kleidung, um dem Janus' zu begegnen und zweitens will ich mir nicht vorstellen, wie irgendwas durch meine Kleidung kraucht - darunter fällt dann auch der Januar:rolleyes:
Zusätzlich noch die o.g. Doppelung (s. Anfang der Kritik).

Haut mich nicht vom Hocker, ist aber fast durchgängig im schönen Amphybrachus gehalten, wenn ich das richtig sehe?!

Liebe Grüße

Feingeist

Medusa 10.01.2010 16:38

Lieber Feingeist,

warum darf ich nicht meine Empfindungen in meinem Sonett pauschalieren? Deine Meinung empfinde ich hier als ziemlich doktrinär :D.
Etwas gegen "duftige Flügel"? Noch nie gesehen, wenn Kinder den Schnee durch die Luft wirbeln? Wenn das nicht "duftig" ist, dann weiß ich nicht.

Auch Deinen anderen Einwänden kann ich nicht wirklich folgen. Aber gut, ich schau mal, ob ich was ändern kann, damit es auch ein Hamburger versteht :D. Ich hab übrigens schon nach Jennys Vorschlägen bis auf das "sogar" geändert; da fällt mir nix anderes ein :o.

Wie Du siehst, bin ich gern bereit, zu lernen und zu verändern. Bei Deinem(n) Kommentar(en) drängt sich mir allerdings die Vermutung auf, dass es Dir mehr um Besserwisserei bzw. Krümelkackerei denn um Hilfe für die verirrte Dichterin geht.

Ich grüße Dich herzlich,
Medusa.

Feingeist 10.01.2010 17:11

Liebe Medusa,

klar geht es mir um Krümelkackerei, natürlich nur im allerbesten Sinne. Jeder Autor mag hinnehmen was ihm/ihr gut und richtig und verwerfen, was ihm/ihr nicht trefflich erscheint - ein anderer Sinn steckt doch hinter den Krtiken nicht.

Zitat:

warum darf ich nicht meine Empfindungen in meinem Sonett pauschalieren?
Abgesehen davon, dass es pauschalisieren heißt(Krümelkackerei:D), ist diese Frage recht einfach zu beantworten: Weil Du es in ein öffentliches Forum stellst und sich Deine Pauschalisierungen so auf jeden etwaigen Leser übertragen, d.h. Du gehst davon aus, dass jeder Leser die Dinge so wahrnimmt wie Du und das empfinde ich als doktrinär:rolleyes:
Zitat:

Auch Deinen anderen Einwänden kann ich nicht wirklich folgen.
Das ist schade, da ich versucht habe meine Einwände dezidiert am Text zu belegen.
Zitat:

Wie Du siehst, bin ich gern bereit, zu lernen und zu verändern.
Das sehe ich nicht, da Du offensichtlich nicht einmal versuchst, meinen Einwänden zu folgen.
Zitat:

Bei Deinem(n) Kommentar(en) drängt sich mir allerdings die Vermutung auf, dass es Dir mehr um Besserwisserei bzw. Krümelkackerei denn um Hilfe für die verirrte Dichterin geht.
Wenn Du wirklich meinst, dass ich mir aus solch minderen Beweggründen die Mühe mache, Deine(n) Text(e) ausführlich zu kommentieren, dann kann ich nur sagen, dass ich mir die Zeit nächstes mal spare und es bei einem Schön, Medusa belasse.

Feingeist

EDIT: Du weißt durchaus, dass es Gedichte von Dir gibt, die ich toll finde, da schreibe ich Dir das auch. In diesem Sinne solltest Du eigtl. auch negative Kritik vertragen ohne Dich gleich persönlich, bzw. als Dichterin angegriffen zu fühlen. Ich sage nicht mehr: Toll, Medusa, du kannst ein formales Sonett zaubern; sowas ist für mich selbstverständlich.

Medusa 10.01.2010 17:41

Ach Feingeist,

ich war vorhin wohl etwas genervt, entschuldige bitte :o.
Selbstverständlich empfinde ich es als äußerst erfreulich, einen solch ausführlichen Kommentar zu lesen und ich danke Dir ganz herzlich dafür :).
Ich glaub, ich lass es besser bleiben, ältere Gedichte einzustellen, denn Änderungen kriege ich da nicht mehr hin :o.
Herrlich, mein Tippfehler :D. Du unterstellst mir sicher nicht, dass ich nicht "pauschalisieren" kenne :confused:.
Als allerletztes uuuuraltes Gedicht stelle ich gleich meinen gaaaanz laaangen Perseus ein, eine Ballade :). Daran findest Du gewiss jede Menge Haare in der Suppe :). Mach mal, hier würde ich gerne noch einmal zu Werke schreiten.

Liebe Grüße,
Medusa.

Feingeist 10.01.2010 17:52

Liebe Medusa,

ich sehe mich, was Kritiken betrifft, ähnlich wie oliver und kulturheinzi; die sind nur manchmal noch fieser und werden tatsächlich persönlich:)
Ich arbeite, unabhängig vom Autor, am Text. Und mit dem kann ich entweder was anfangen oder halt nicht. Und in beiden Fällen begründe ich dies, natürlich aus meiner Sicht.
Was der Autor im Endeffekt davon mitnimmt, bzw. welche Schlüsse er zieht, das sei ihm/ihr anheimgestellt.
Das mit dem Pauschalisieren ist anders. Ich kannte das Wort pauschalieren nicht und habe aus Interesse nachgeschaut, ob es als Synonym für pauschalisieren benutzt werden kann. So stellte ich fest, dass sich beide Wörter gravierend unterscheiden:o
Es geht mir auch nicht unbedingt um Haare in der Suppe - es gibt durchaus Texte, die mich, trotz kleinerer Mängel, überzeugen können!

Also, ich schreibe meine Kritiken in allerbester Absicht und hoffe, dass Du dies erkennst. Klugscheißerei o.ä. liegt mir fern - meistens sind meine Kritiken eher gefühlsbetont.

In diesem Sinne freue ich mich auf Deinen Perseus und schicke Dir liebe Grüße nach Berlin.

Feingeist

Medusa 10.01.2010 18:06

Lieber Feingeist,

wir kommen jetzt ein wenig ab vom Thema aber ich versichere Dir, weder Olivers noch Kulturheinzis Kommentare empfand ich je als persönlich oder gar diskriminierend. Wenn Du in ihrem Sinne weiter machst, dann hast Du mein Einverständnis :).

Dabei sollten wir es bewenden lassen und uns wieder meinem misslungenen Sonett zuwenden :mad:.

Liebe Grüße nach HH aus der eingeschneiten Hauptstadt,
Medusa.

Dana 10.01.2010 18:19

Liebe Medusa,
hier gefällst du mir doppelt.;)

Einmal dein schönes Berlinjanuarsonett und dann die konstruktive "Besprechung" - kritisch, "fein streitend" und schulterklopfend endend.

Ich kann mit deinen subjektiven Eindrücken (im Gegensatz zu Feingeist) gelassener umgehen. Sie bewirken bei mir etwas, was ich nicht erwartet habe.
Meist finde ich Großstädte im Winter durch das ewige Streuen, grau, matschig und "winterdesillusionierend". Dein Sonett schafft Betrachtungen in andere Ecken - in die fröhlicheren, die noch weißen und belebten. :)
Prima gemacht.

Liebe Grüße
Dana

Medusa 10.01.2010 18:54

Liebe Jenny,

bitte entschuldige, dass ich Dich übersehen habe, der kleine Disput mit Feingeist kam dazwischen.
Wie Du siehst, habe ich ein paar Kleinigkeiten geändert, für Deine Anregungen danke ich Dir sehr; das "sogar", das mir auch nicht gefällt, steht noch, ich habe keine Idee :confused:.

Viele liebe Grüße,
Medusa.




Liebe Dana,

Du weißt ja, es gibt eine Streitkultur. Für mich ist sie ganz wichtig und sie sollte allgemein kultiviert werden, nicht wahr :)?

Ich freue mich, Dass Dir, ohne Kult :), mein Berliner Januargedicht gefällt. Ein wenig Balsam hllft mir, über die "bösen" Kommentare hinweg zu kommen :D.

Ich schicke Dir herzliche Grüße,
Medusa.

Seeräuber-Jenny 10.01.2010 19:41

Ahoi Medusa,

wie wär's mit:

verleihen der Himmelspracht duftige Flügel.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny

Medusa 11.01.2010 09:39

Guten Morgen Jenny,

Dein Vorschlag gefällt mir recht gut, ich habe ihn eingebaut, obwohl "Himmelspracht" noch nicht das Gelbe vom Ei ist. Klar fällt der Schnee vom Himmel und prächtig ist er auch, trotzdem vermag es mich noch nicht 100%ig zu überzeugen.
Egal zunächst: Es steht jetzt drin, klingt gut und ich danke Dir für die Hilfe :). Vielleicht fällt uns noch was besseres ein?

Ich wünsche Dir einen schönen Tag und schicke liebe Grüße,
Medusa.

Chavali 11.01.2010 13:01

Liebe Medusa,

Januar in Berlin passt vom Thema her eher für dein Januar-Gedicht.
Hier ist es mir zu allgemein gehalten, könnte für jede andere Stadt stehen.
Ja, der Mummenschanz und diese Dinge - das ist eher was Großstädisches ;)
Nun gut, du verwendest die Spree und die Berliner.

Und dann würde mir ebenfalls eine Änderung in die Ich-form besser gefallen.
Hier sprichst du für mehrere Leute ( 2x uns) - einfach ich nehmen, wirkt viel stimmungsvoller, persönlicher.

Für die vakante Zeile - was hältst du davon:

verleihen dem Schneevorhang duftige Flügel.

Auf alle Fälle sagt mir dieser Text mehr zu als der Januar.
Wenn ich mich auch ein wenig an dem dampfenden Lachen (ich weiß, was du meinst, aber ich muss dabei an Pferde denken :D)
und an der undichten Kleidung stoße.

Lieben Gruß,
Chavali

ruhelos 11.01.2010 13:27

hallo Medusa,

leider fehlt mir die Zeit mich mit den Kommentaren meiner zahlreichen Vorredner zu beschäftigen.
Mein Wissen über den richtigen Aufbau eines Sonettes habe ich von dir gelernt. Daher frage ich mich, ob es mir überhaupt zusteht, etwas zu einem Sonett aus deiner Hand zu sagen, wenn es nicht nur Lob ist. Das Thema, dass du hier verdichtest findet mein Gefallen. Silbenzahl und Reimmuster sind natürlich auch perfekt. Allerdings komme ich bei der These und der Antihese ins Schwimmen. Sie scheinen ineinander zu verfließen. Die Antihese scheint wiederum stimmig. Ich persönlich würde im 1. Quartett noch mehr das Grau Berlins hervorheben und wie die Stadt ohne Schnee aussieht. In dem 2.Quartett dann nur die Veränderung durch den Schnee, der die Stadt verzaubert. Die positive Stimmung scheint allerdings eindeutig in allen Versen zu überwiegen. Ich habe dein Gedicht trotzdem gern gelesen.

Viele Grüße
ruhelos

Medusa 11.01.2010 16:30

Liebe Chavali,

mich tröstet, dass ich Dir mit diesem Sonett wenigstens etwas Zustimmung abringen kann ;).
Ich schau gleich mal, ob ich die Doppelung "uns" ersetzen kann; ich mag sowas auch nicht.
Was die Ichform betrifft, so kann ich sie nicht übernehmen, auch wenn sie noch so schön klingt und poetischer ist. Berliner sind "wir" und "uns", das zeigt unsere Geschichte, das Zusammengehörigkeitsgefühl ist hicht wegzudenken und nicht wegzudichten. Ich kann zwar ein Loblied auf "meine" Stadt singen, aber die Freude über den Schnee gehört allen, also uns :).
Ich kann Dich verstehen, wenn Du mit dem "dampfenden" Lachen und der nassen Kleidung nichts anfangen kannst :). Bedenke bitte: Ich bin eigentlich eine Humoristin! Auch wenn ich noch so stark dagegen angehe, sie kommt immer wieder durch :D.

Du hast mir einen schönen Kommentar da gelassen, Danke!
Liebe Grüße,
Medusa.




Hallo Ruhelos,

Du hast völlig Recht: Dieses Sonett ist im klassischen Sinne nicht perfekt und ich freue mich, dass Du dies erkannt hast :).

Wie Du weißt, beschäftige ich mich schon lange mit Sonetten und bin immer streng mit mir und anderen Dichtern umgegangen. Grund dafür war, dass ich glaube, es müsse zuerst ein umfangreiches Wissen vorhanden sein, bevor Freiheiten erlaubt sind. Hier bin ich aus dem klassischen Korsett ausgebrochen sowohl im Versmaß als auch im poetischen Inhalt, wohl wissend, dass ich jederzeit auf die Theorie zurück greifen kann, um wieder ein klassisches Sonett zu schreiben.

Ich danke Dir ganz herzlich für Deine guten Überlegungen :) und Deine schönen Ideen; selbstverständlich stehen sie Dir zu! Wollte ich sie allerdings übernehmen, müsste ich das ganze Sonett umbauen :eek:.

Viele liebe Grüße,
Medusa.

Seeräuber-Jenny 11.01.2010 21:04

Ahoi Medusa,

Zitat:

verleihen dem Schneevorhang duftige Flügel.
Diesen Vorschlag von Chavali finde ich sehr schön. Das dichte Schneetreiben in den letzten Tagen sah wirklich aus wie ein Vorhang.

Zitat:

Hier bin ich aus dem klassischen Korsett ausgebrochen sowohl im Versmaß als auch im poetischen Inhalt
Gibt es Vorschriften hinsichtlich des poetischen Inhalts?
Und was ist unter einem klassischen Korsett zu verstehen? Die Schlegelschen Regeln?

Außergewöhnlich finde ich lediglich die Endreime der beiden Terzette:

Zitat:

zeigt Janus sein lächelndes, schönstes Gesicht.
Taucht unsere Stadt in zartgoldenes Licht,
erfreut uns gar prunkvoll, lässt dampfend uns lachen,

manch tolldreiste Sprünge und Rutscher entfachen ,
malt hochrote Nasen in jedes Gesicht
und kraucht durch die Kleidung, denn keine ist dicht.
C-C-D
D-C-C

Wobei der Autor in der Gestaltung der Terzette ziemlich viel Narrenfreiheit hat, so weit ich weiß.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny

Medusa 12.01.2010 10:52

Guten Morgen zusammen :).

Alle Vorschläge, den leidigen Vers zu ändern, sind gut. Schlimm ist, dass ich mich nicht entscheiden kann. Ich warte auf die Muse, die mir vielleicht die Lösung zuflüstern wird :D.

Euch allen meinen ganz herzlichen Dank.
Viele liebe Grüße in den Tag hinein,
Medusa.

Mike_S 05.01.2011 09:29

Hallo Medusa,

da alles bereits geschrieben wurde und ich in letzter Zeit an Schreibfaulheit leide, nur dieser kurze Kommentar:

Hast Du klasse gemacht!:) Ich danke Dir für Deinen Beitrag in diesem Forum.

Beste Grüße
Mike S

Archimedes 05.01.2011 20:07

Liebe Medusa, da bist du mal wieder mit alten Kommentatoren im Schlepptau!

Ein Kommentar hat, wenn nicht nur Lobhudelei betrieben wird, doch immer die Absicht, das Gedicht zu verbessern. Das habe ich auch hier immer aus den Kritiken herausgelesen.
In diesem Sinne habe ich auch zwei Dinge zu "bemängeln":

Mich stört das Süddeutsche "heuer"
Zitat:

ganz langsam, gelassen, fließt heuer die Spree.
Es passt nicht nur in ein Berliner Gedicht, sondern ist inhaltlich auch falsch. Die Spree fließt immer langsam, gelassen und nicht nur "heute". Ich würde schreiben:
ganz langsam, gelassen, fließt weiter die Spree.

Als zweites stört mich das Wort "kraucht"
Zitat:

und kraucht durch die Kleidung, denn keine ist dicht.
Diese Verballhornung von "kriechen" passt mit dem Gedicht nicht zusammen. Du hast dein Gedicht doch nicht zynisch gemeint, hier kommt aber so ein Anflug hinein. Ich würde lieber schreiben:
und kriecht durch die Kleidung, denn keine ist dicht.

Lieben Gruß Archimedes ...der mit den kriechenden Kreisen

Medusa 09.01.2011 17:28

Lieber Mike :),

ich danke Dir ganz herzlich für Dein dickes Lob, es erfreut mich sehr. Das Gedicht ist nun ein Jahr alt und die Bilder wiederholen sich. Das hat was, stimmts?

Herzliche Abendgrüße,
Medusa.



Lieber Archimedes :),

Du hast ein Uraltwerk ausgekramt und mir wunderbare Vorschläge hinterlassen.
Als ich soeben das Gedicht wieder las, kam mir das "heuer" auch nicht mehr geheuer vor :D. Ich ändere das sofort. Auch das "kraucht" werde ich ausmerzen, es klingt ziemlich doof ;).

Herzlichen Dank für Deine guten Vorschläge und viele liebe Abendgrüße,
Medusa.

Mike_S 23.01.2011 14:45

Hallo Archimedes,

ich zitier Dich mal:
Zitat:

Ein Kommentar hat, wenn nicht nur Lobhudelei betrieben wird, doch immer die Absicht, das Gedicht zu verbessern. Das habe ich auch hier immer aus den Kritiken herausgelesen.
Wenn das Deine Maxime ist, behalte sie. Ich selbst liebe das Lobhudeln, wenn ich ein Gedicht klasse finde. Ich habe mich geradezu der Lobhudelei verschrieben.

Du siehst, es gibt auch andere Maximen. Ich schreibe mal: Jeder so, wie es ihm beliebt.

Nichts für ungut und
beste Grüße in die Bundeshauptstadt.
Mike S


P.S.: Da fällt mir noch was ein, wo wir schon über Art und Weise des Kritikübens schreiben.

Vokabeln wie Lobhudelei oder Verballhornung sind nicht nur antiquiert, es handelt sich auch um hässliche Wörter, die affektiert rüberkommen und zu nichts anderem taugen als ein gedankliches Erbrechen der Silben und Buchstaben der soeben konsumierten Wörter hervorzurufen. Derartige Hässlichkeiten sollten einfach nicht in einem Kommentar zu solch einem Kleinod stehen.

Falderwald 23.01.2011 21:20

Hallo zusammen,

ich denke, jeder hat seine eigenen Maximen und das ist gut so.

Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn dem Autor eines Textes ein Lob zugesprochen wird, aber ebenfalls sind Verbesserungsvorschläge und auch Kritik hier erwünscht.

Ich zitiere mal:

Zitat:

Zitat von Archimedes
Ein Kommentar hat, wenn nicht nur Lobhudelei betrieben wird, doch immer die Absicht, das Gedicht zu verbessern. Das habe ich auch hier immer aus den Kritiken herausgelesen.

Was sagt das aus?
Ein Kommentar hat die Absicht, das Gedicht zu verbessern, wenn (also Konjunktiv) nicht nur Lobhudelei betrieben werden soll.
Was folgte auf diese Aussage?

Eine konstruktive Kritik, welche sich mit zwei Ausdrücken im vorliegenden Text auseinandersetzte und Vorschläge unterbreitete, die sogar der Autorin schlüssig und übernehmenswert erschienen.

Dort steht kein Wort davon, daß Lob nicht erwünscht oder erlaubt sei.

Der Begriff "Lobhudelei" mag zwar antiquiert sein, dennoch trifft er manchmal des Pudels Kern.
Auch wenn dieser Ausdruck meist negativ konnotiert wird, so scheint er doch angebracht, wenn ein vermeintlich gutes Kunstwerk nur oberflächlich betrachtet und zugunsten des Autors auf eine ehrliche und konstruktive Kritik verzichtet wird.
Mich als Künstler erfreut ein einfaches Lob auch, jedoch ist diese Freude meist nur von kurzer Dauer, da ich dann oftmals merke, daß sich der Kommentator gar nicht richtig mit meinem Text auseinandergesetzt hat.

Dann wollen wir uns diesem Kleinod jetzt einmal ausführlich widmen:


Hallo Medusa,


Zitat:

Januar in Berlin
Ein vielversprechender Titel

Zitat:

Die lärmende Großstadt wird still unterm Schnee,
Das Bild kann ich nicht ganz nachvollziehen. Seit wann wird eine lärmende Großstadt still unter dem Schnee? Die Geräusche verändern sich höchstens, werden dumpfer, vielleicht weniger aggressiv, aber unter Stille stelle ich mir was anderes vor.
Außerdem ist "unterm" kein besonders schönes Wort. Wenn auch in der Alltagssprache durchaus gebräuchlich, so sollte sich ein Dichter solcher Ausdrücke tunlichst enthalten. Wo bleibt die schöne Wortkunst?

Zitat:

das Grau wirkt verzaubert im Flöckchengestöber.
In der zweiten Zeile stört den Eindruck ganz erheblich die Verniedlichungsform des Wortes Flockengestöber. Bei Schneeflöckchen, Weißröckchen kann ich das noch reimbedingt hinnehmen, doch hier tut das keine Not, weil auch der Ausdruck Flocken ganz prima in die Metrik passt.
Zumal dieses "Flöckchengestöber" ja eine ganze lärmende Großstadt still unter dem Schnee begraben soll.

Zitat:

Viel zarter erscheint uns, was gestern noch gröber,
Was? Was erscheint uns viel zarter? Was war gestern noch gröber?
Diese Frage bleibt ungeklärt. Es ist, als tappe man im Dunkeln eines dichten Schneegestöbers.
Zudem lässt der unvollstänige Satzteil (was gestern noch gröber [war]) auch keine Zufriedenheit in der dritten Zeile aufkommen.

Zitat:

ganz langsam, gelassen, fließt weiter die Spree.
Was jene Zeile an dieser Stelle als Nebensatz soll, bleibt völlig unklar.
Der Bezug zum vorhergehenden Teilsatz lässt sich nicht herstellen, denn die Spree fließt ganz bestimmt nicht gelassen weiter, weil uns irgendetwas zarter erscheint, was gestern noch gröber (war).
Zumindest ist das nicht vorstellbar.


Zitat:

Berliner vermummen sich, halten sich warm,
Das sollten sie selbstverständlich auch tun bei solch einer Wetterlage.

Zitat:

die Kinder erobern die eiskalten Hügel,
Auch das ist sicherlich zeitweise zu beobachten.

Zitat:

verleihen der Himmelspracht duftige Flügel.
Ah ja.
Das klingt dermaßen reimgeschuldet und künstlich auf Lyrik gemacht, daß es schon fast wieder schön ist. Aber eben nur fast, weil selbst dem geneigten Leser der Vergleich hinken müsste, wenn der Himmelspracht duftige Flügel durch vermummte Berliner und auf Schneehaufen rumkrabbelnde Kinder verliehen werden soll.

Zitat:

All jenen die heute nicht frierend, nicht arm,
Was?
Wieder ein unvollständiger Satz, denn es fehlt das Verb.

Zitat:

zeigt Janus sein lächelndes, schönstes Gesicht.
Die Metapher Janus ist gut gewählt, die Bedeutung ist klar.
Nun zeigt er plötzlich sein zweites Gesicht aber nur jenen, die nicht frieren und nicht arm sind?
Das verstehe wer will, denn die Armen und Frierenden gehören doch auch zu der oben erwähnten Großstadt. Oder sind diese alle auch blind?
Denn die nächste Zeile lautet:

Zitat:

Taucht unsere Stadt in zartgoldenes Licht,
Welche aber wieder einen unvollständigen Satz beinhaltet. Obschon deutlich wird, wer hier gemeint ist, stört es doch sehr, wenn in einem Satz das Subjekt fehlt.

Zitat:

erfreut uns gar prunkvoll, lässt dampfend uns lachen,
Wer ist uns? Die Nichtfrierenden und Nichtarmen aus S2/Z4 ?

Zitat:

manch tolldreiste Sprünge und Rutscher entfachen ,
Dazu braucht es aber keinen Sonnenschein.

Zitat:

malt hochrote Nasen in jedes Gesicht
Das alle Leute eine (hoch)rote Nase vor Kälte bekommen, ist eine bloße Behauptung und beinhaltet nur ein Klischee, bedient sich also einer abgedroschenen Redensart und einem überanspruchten Bild, weil hier allen Personen (und Objekten s.u.) eine gemeinsame Eigenschaft zugeschrieben werden soll.
Zitat:

Zitat von Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1970.
Klischees sind vorgeprägte Wendungen, abgegriffene und durch allzu häufigen Gebrauch verschlissene Bilder, Ausdrucksweisen, Rede- und Denkschemata, die ohne individuelle Überzeugung einfach unbedacht übernommen werden.

Das gilt ebenso für die folgende Aussage:

Zitat:

und kriecht durch die Kleidung, denn keine ist dicht.
Was auch den abschließenden Höhepunkt der Winterbetrachtung eines Januartages in Berlin darstellt.


Auch wenn das Ganze metrisch und reimtechnisch einwandfrei in (nicht klassischer) Sonettform dargestellt ist, kann es nicht über die inhaltlichen Mängel hinwegtäuschen. Die teilweise unvollständigen Sätze tun das Übrige, so daß als abschließendes Fazit eine Gedichtzeile als Zitat hier angeführt werden möchte:

Zitat:

ganz langsam, gelassen, fließt weiter die Spree.

Sorry, Medusa, ich hätte dein Werk gar nicht erst kommentiert, doch konnte ich der Aussage, dieses sei ein Kleinod, hier ganz und gar nicht zustimmen, vor allem, da schon wesentlich Besseres aus deiner Feder geflossen ist, so daß mich fehlende Stringenz und Reflektion in dem vorliegenden Text hier doch sehr überraschten und geradezu zum Widerspruch der o.a. Aussage aufforderten. :)



Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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