Gedichte-Eiland

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Feirefiz 19.04.2009 22:45

O Herr
 
O Herr

O Herr, lass mich nicht niederknien
vor deinem Heiland ohne Stolz,
der, nur um danach aufzufahren,
sich schlagen ließ an totes Holz.

O Herr, lass meinen Rücken grade
an dieser christlichen Moral.
Bedeutet deren Nächstenliebe
doch Mord und Totschlag ohne Zahl.

O Herr, mit deinen toten Augen
hast du mich oft schon angesehn.
Gib mir die Kraft deinem Versprechen
in Ewigkeit zu widerstehn!

O Herr, du sollst mich nicht beladen
mit deinem Bild vom Himmelreich.
Denn dort kann ich nicht sicher stehen
und alles andre ist mir gleich.

O Herr, komm du mir nicht zu nahe,
obwohl du siehst: ich leide sehr!
Ich fürchte dich, durch deine Gnade
nur führt mein Tränenfluss ins Meer...

Alive 20.04.2009 00:41

Das unterschreibe ich.
Mit drei Kreuzen.
Mehr ist nicht drin,
Feirefiz.

Ist Dein Thema Angst vor Erlösung?
Es könnte so rüberkommen.

Eher glaube ich den Missmut an Kirche und
verbreiteter Religion zu erkennen.
In dem Zusammenhang sehe ich auch Gefangenschaft.
Missionierung hat nie Gutes bewirkt. Ich kenne kein Beispiel.

Auch uns, evangelisch oder katholisch, wurde
über die Taufe der 'Weg' gezeigt.

Meine Essenz aus diesem, m.E. sehr gelungenen
Gedichts ist:

Lass Dich nicht verarschen,
denk selber.

Ich hasse Kreuzzüge,
beweine alles Blut das geflossen ist
das unter 'gnädigen' Päpsten
weiterhin
nicht den Glauben,
jedoch die Kirche nährt.

Noch nachdenkend,
Alive

Feirefiz 20.04.2009 09:56

Lieber Alive!

VIELEN Dank, für dein Interesse und deine Interpretation.
Du liegst tatsächlich mit beiden Ansätzen richtig!

Ich bin weder getauft noch irgendwie gläubig und stehe der Kirche als Institution kritisch gegenüber. D.h. auch ich könnte die ersten drei Strophen locker unterschreiben und ich und du, wir sind damit nicht alleine. Trotzdem soll auch schon in den ersten Strophen ein "hoffärtiger" Anklang hörbar sein, wenn es zum Beispiel um mangelnden "Stolz" geht.

Und manchmal packt mich auch die Verunsicherung, glaube ich wenigstens zu ERAHNEN, dass mir etwas fehlt.
Das ist z.B: der Fall, wenn ich Lieder von Mahalia Jackson, oder anderen "Beseelten" höre: Aus dieser Stimme spricht eine Kraft, eine Hoffnung, ein Gefühl, eine Liebe, ein GLAUBE zu mir, den ich einfach nicht einordnen kann und der mich dennoch im tiefsten Innern berührt...

Diesem Gefühl sind die letzten beiden Strophen gewidmet. Die Angst davor, so berührt zu werden, das dies LyrI die Bodenhaftung verliert in der vierten.
Und der Geiz, sogar um die eigenen Tränen, in der fünften.

Ob man sich selbst etwas vorenthält, wenn man sein Herz verschließt?, oder der ganzen Welt?

Antworten auf diese Fragen hat sich noch nicht getraut zu suchen
Feirefiz

ReinART 20.04.2009 11:53

Hallo Ferefiz
dadurch, dass Du Dir ein Gegenüber schaffst, den Du bittest, die Kraft zu haben, nicht zu Kreuze kriechen zu müssen, vor der verlogenen Kirchenmoral, offenbarst Du den Zwiespalt in dem viele Menschen stecken: das tiefe Wissen darum, dass es etwas geben muss, das dir erst zum Sein brachte (denn das hast Du ja nicht selbst gemacht und auch nicht Deine Erzeuger) und dem institutionalisierten Glauben, den Du hier ansprichst.
Ich denke, dass ein Mensch wie Jesus, sich ganz dem Glauben an eine alles bestimmende Kraft verschrieben hatte und somit auch wusste, dass, was immer er auch tun würde, ihn nicht vor dem Schicksal ans Kreuz genagelt zu werden, bewahren würde. Das war ein sehr tiefer Glaube!
Aber nur aus den von Dir apostrophierten Zweifeln, kann sich ein Glaube an etwas, das unsere materialistische Sicht der Dinge transzendiert, entwickeln.
Gern gelesen besonders wegen deines Kommentars
reinhard

Medusa 20.04.2009 12:17

Lieber Feirefiz,

Du beschreibst in Deinem Gedicht sehr schön und eindringlich die Doppelmoral des religiösen Denkens und Deine Unsicherheit.

Ich glaube nicht, dass wir für Kraft, Hoffnung, Liebe und auch Lebensfreude den "Chef" da oben dringend notwendig haben, jedenfalls nicht denjenigen, den uns die Kirchen weiß machen wollen. Wie wird er denn im Alten Testament dargestellt? Als ein drohendes, strafendes Monster! Und wie viel Grauen wurde und wird in seinem Namen begangen? Unter welchem Glaubensbekenntnis gingen die Kreuzritter nach Jerusalem? Wem wurden Andersdenkende auf den Scheiterhaufen geopfert? Ach, das sind nur wenige Beispiele, ich könnte Seiten damit füllen!

Antworten auf Deine Fragen gibt es nicht! Die einzige, die jede Diskussion abwürgt, ad absurdum führt, ist: "Du musst eben glauben!" Und nun?

Diejenigen, die dem Diktat der Kirchen kritisch gegenüber stehen, sind und bleiben Außenseiter. Denn die "Gläubigen" halten sich noch immer für die Elite der Gesellschaft, selbst wenn sie den letzten Unsinn, den der Papst in Lateinamerika verzapft hat, gut heißen sollen. Es ist halt Gottes Wille!

Nee, Feirefiz, schau Dich um! Neben dem ganzen Schlechten, das um uns herum geschieht, gibt es Schönheit. Und die wurde nicht in sieben Tagen erschaffen!

Bleibe stolz und nachdenklich, das ist ein guter Ansatz. Und, wie Du siehst, bist Du nicht alleine.

Ich weiß, Dein Gedicht beschäftigt sich nicht mit der Institution, sondern mit der Fähigkeit, glauben zu können. Tja, das muss wohl jede/r für sich selbst entscheiden. Ein kleiner Tipp: Glaub an Dich selbst, damit ist schon viel gewonnen!

Herzliche und sehr nachdenkliche Grüße,
Medusa.

Leier 20.04.2009 12:57

Lieber Feirefiz,


alles wurde schon gesagt.
Deinen inneren Monolog (?) kann ich sehr gut nachempfinden.
Obwohl ich selbst nicht ganz ohne einen Glauben auskomme, komme ich sehr gut ohne die Institutionen zurecht, die sich unser Heilserwarten und evtl. diffusen Glaubenswunsch zunutze machen, um uns zu knebeln und zu kirren.
Auch ich kann alles unterschreiben, was Du so gut bedichtet hast...


Lieben anerkennenden Gruß
von
cyparis

a.c.larin 20.04.2009 17:47

lieber feirefiz,
ich werde versuchen ein bild zu finden, das vielleicht klärend wirkt.
vorerst einmal : kirche ist nicht gleich religion ist nicht gleich glaube!

ich denke , es verhält sich so damit:
kirche ist hardware ( computer), religion ist software ( computerprogramm),
glaube ist strom, der beides betreibt.

ohne glaube (strom) ist gar nichts.
da gibt es den satz: der glaube kommt aus dem hören.
wenn (der/die/das) göttliche so groß ist, dass es allgegenwärtig, ewig sein kann, dann kann es auch überall und auf jede weise zu jemandem sprechen, in vielen sprachen, durch viele religionen und auf viele verschiedene weisen.
wer sagt, dass gott katholisch ist? oder buddhistisch? oder sonst irgendwas, was wir menschen uns grad ausmalen? und wer sagt, dass es strom nur in einem computer oder nur in einem netzwerk gibt?
ich denke, die art und weise, wie jemand gott sieht, sagt mehr über diesen menschen aus als über gott!
engherzige menschen "sehen" einen engherzigen gott,
großherzige menschen vermitteln uns den "göttlichen funken".

etwas, was ich selber erst vor ganz kurzer zeit begriffen habe, ist das:
"gott" ist möglicherweise ein künstler - und künstler wollen gebeten werden.....

liebe grüße
von larin
(die vor geraumer zeit um einen lichtblick gebeten und
"an iland in the sun" bekommen hat....)

Feirefiz 20.04.2009 19:42

Liebe Eiländer!

Ich werde eure Kommentare im ganzen behandeln, ich hoffe es fühlt sich keiner zurückgesetzt. Cyparis, dein Lob bedeutet mir sehr viel.

Es war tatsächlich nicht mein Ziel, hohle Kirchenkritik anzubringen. Denn das kann jedes dahergelaufene Nachtgespenst mit schwarzen Klamotten. Da findet man immer einen aus drei, vier, fünf Punkten bestehenden Konsens. Dann heißt es: Kreuzzüge, Inquisition, Kondome, vergoldete Beichstühle, George Bush, usw...wer kann das heute noch gutheißen? Kirche doof finden ist in Mode, wie einst Pfeifenkrägen. Nichts ist heutzutage leichter als DAS, da muss ich dir widersprechen, Medusa.
Ich glaube ReinART meint genau dasselbe wie ich, wenn er von Jesus spricht, dem ein tiefer Glaube innewohnte, der ihn anleitete. Gott war auch nicht sein Herr sondern sein Vater (wenn es denn so war). Die Sehnsucht nach dieser Sicherheit in Gott ist das Thema meines Gedichtes. Ich habe sie bisher nicht gefunden.
Liebe larin, du triffst DEN wunden Punkt! Ich finde zu solcherlei Ausführungen nicht den geringsten Zugang. Nicht, dass du nicht vielleicht recht hättest, aber es ist für mich nicht nur unerheblich, nein, es ist für mich nicht mal die Frage wert, ob Gott nun Strom ist oder ein Computer.
Einem Konflikt zwischen den Weltreligionen stehe ich nicht traurig oder ablehnend gegenüber, sondern KOPFSCHÜTTELND!
Letztens las ich etwas über die sog. "Theodizee", also die Frage, warum es zwar einen allmächtigen und guten Gott gibt, aber das Böse trotzdem in der Welt ist. Diesem Thema widmeten sich jahrhundertelang nicht religiöse Spinner sondern, und auch heutzutage noch!, hochgebildete Menschen! Und was kann ich dazu sagen? Ich kenne keinen Gott - also kann ich das Problem nicht verstehen.
Für allzuviele Menschen war und ist es wichtig, ob Christus tatsächlich KÖRPERLICH in Brot und Wein beim Abendmahl in der Kirche anwesend ist, oder ob diese beiden nur ein Symbol für seinen Leib und sein Blut sind. Für diese Frage wurden Menschen aus Fenstern geworfen, hunderttausende zunächst gequält, dann verbrannt und irischen Vorschulkindern wurden von Erwachsenen Pflastersteine an den Kopf geworfen.
Für mein Dafürhalten bleibt jedoch nur die Wahl zwischen einer besonders obszönen Form des Kannibalismus oder eben einem spröden Verteilen von Fressalien. Ich muss mir eben NICHT die Frage stellen, ob Gott nun katholisch, protestantisch, islamisch oder sonstwas ist, das müssen andere tun, es tun andere, und fast alle von ihnen finden, mit Verlaub, eine falsche Antwort. Für mich ist der sog. "Dialog zwischen den Religionen" ein HOHN, da er ohne Religionen nicht stattfinden müsste. Ich für meinen Teil habe nämlich keine Berührungsängste, egal ob jemand Schweinefleisch isst und wieviele verschiedene Teller er dafür benützt. Das macht mich übrigens nicht zum "Kultur-Christen" sondern einfach zu einem Menschen.
Das alles wäre ja kein Problem, wären es nicht gerade religiöse Menschen AUF DER GANZEN WELT, die diesen Planeten mit immer neuen Perversionen in Schach halten.
Ich würde mich zum Beispiel auch nie als "Atheisten" bezeichnen, denn die "Gottesferne" setzt einen Gott voraus, den ich nicht sehe. Zumindest kann und will ich nicht einsehen, dass ich ein engherziger Mensch sein soll, wenn mir bei "Gott" vor Allem ein eitler Fatzke mit Hang zu grausamen Katastrophenspielerchen einfällt, denn ich will mich nicht in Gott gespiegelt sehen und auch ein 2-3000 Jahre alter Wälzer, verfasst von Ziegenbauern und fetten Popen, liefert mir keinen Beweis.
Einer Freundin, die Theologie studierte, stellte ich einmal die Frage, ob Gott nicht vielleicht eher so etwas wie eine gemeinsame Überzeugung der Gläubigen wäre. Diesen Ansatz verneinte sie strengstens!!! Gott sei lebendig, stofflich, in jedem Falle ein WESEN und MEHR als die Summe allen Glaubens. Damit kann ich nichts anfangen, konnte es nie.
Das einzige was ich am Glauben, oder an den Gläubigen, oder eben an Gott "künstlerisch" finde, ist die Eitelkeit.
Eine weitere Freundin, der ich solcherlei Plattheiten NIE zugetraut hätte, kam mir letztens mit der Aussage, Religion sei eben KEINE Frage der kulturellen Prägung, sondern eine der angeborenen Veranlagung. Es sei also nicht eine Frage der Kindstaufe, ob ein Mensch Christ wird, sondern dieser Mensch folge dann einer inneren Stimme, oder so....
Wie Bitte??!!! WIE TIEF sollen die Gräben noch gezogen werden?

Aber, aber! Sollen jene diese Gräben überwinden, die sich FREIWILLIG auf eine Seite schlugen! Ich lümmel dann lächelnd daneben und werde, ganz christlich, verhindern, dass irgendjemand Wasser einlässt, wenn sich die frisch versöhnten Dickköpfe an der Sohle in die Arme fallen. Sollen sie selbst aufpassen, ob nicht vielleicht doch jemand mit einem Sprengstoffgürtel unter ihnen ist...
Ich bin, fernab jeder Glaubensdiskussion, fest davon überzeugt, dass es dereinst ÜBERZEUGUNGSTÄTER sein werden, die dieser Welt endgültig den Garaus machen...
und mache mir deshalb keinen Vorwurf, dass ich beim "Salz der Erde" zunächst immer an den listenreichen Odysseus denke, der, so weltlich, einfach bei Frau und Kind bleiben wollte, anstatt in den Krieg zu ziehen für eine Sache, die er nicht verstand und deshalb, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, den Idioten mimte.

Aber dieses kleine bisschen Unsicherheit bleibt, nicht nur bei den ach so ausgelassenen Gospels sondern auch bei so manchem schwermütigen Bach-Choral. Auch Kollwitz' Pieta berührt mich immer ganz tief, wenn ich sie sehe. Genau das war das Thema meines Gedichtes.

Trotzdem: Unverrückbar weltliche Grüße von
Feirefiz

Leier 20.04.2009 21:46

Lieber Feirefiz,


ich beziehe mich jetzt nur auf den letzten Absatz Deines an die Allgemeinheit gerichteten Beitrages:

Gospels entstanden ja ursprünglich aus der Sehnsucht nach Freiheit. Die "der liebe Gott" dann irgendwann verhieß. Als Strohhalm.
Bach schuf aus seiner Musikalität (sonst könnte ja jeder Gläubige Choräle schreiben).
Auch er hat gehadert mit Gott, was vielleicht nicht so bekannt ist. Auch für ihn derGlaube Rettungsanker.
Käthe Kollwitz zeichnete aus dem Gedanken des Widerstands heraus. Religiöses bot sich gerade in dieser Zeit an. Anklage gegen die Institution auch dort.

Glaube ist und bleibt eine Sehnsucht, die der Vergänglichkeit einen Widerpart abgewinnen will.
Warum auch nicht?
Solange es eine innere Empfindung bleibt....


Lieben Gruß
von
cyparis

ginTon 20.04.2009 22:52

lieber feirefiz,

entgegen aller diskussion über den inhalt, welches ich nicht bis zum ende las, muss ich dennoch sagen das diese Art der Liedform mir sehr zusagt. Ein Klagelied, ein verzweifeltes Lied, wie auch immer es steckt voller Emotion und alles andere tritt meiner Meinung im Hintergrund beiseite. denn warum sonst wurde dem Werk diese stimmgewalt gegeben, wenn es denn keinen Zweck oder Sinn hat. vllt sind ja die Zweifler und Kläger selbst die Lieblinge des einen Herrn oder Gottes. belegen kann es niemand und abstreiten auch nicht..also bleibt es nur am Herzen hängen und dafür finde ich ist dieses Werk in der Aussagekraft sehr gut..

LG basse

Blaugold 21.04.2009 21:47

Hallo feirefiz

Dein Statement in erklärenden Worte finde ich jetzt besser, als das Gedicht selbst. Im Gedicht ist für mich der eine oder andere Allgemeinplatz zu lesen.
Denn mit vor allem dem christlichen Glauben entlehnten Vorstellungen gibst du eine Übereinkunft (wie man sich Heiland, Gott und deren Eigenschaften vorstellt) an den Leser weiter.
Ist es nicht erstaunlich, dass kritische Werke über Gott sehr oft auch genau jenen Gott betreffen, in dessen Kultur, z.B. der Chistlichen, der Autor Teil hat?

Wie würde dein Gedicht wirken, würdest du in der Essenz andere Glaubensgrundlagen als Eckpfeiler verwenden? Im Kommentar beziehst du dazu Stellung, dass jede Art des Gottesglaubens indoktriniert sei durch den vorherrschenden religiösen Glauben; und das sehe ich eigentlich genauso.

Was mich bei solchen Themen interessiert, ist das Nachforschen, ob es etwas "Grandioses" wirklich gibt, oder ob der Glaube an dieses allein schon religiöse Gesinnung ausmacht! Wäre es der Glaube, wäre (und ist) der Inhalt, also was "angefrömmelt" wird egal. Also wurscht, ob "Gott" grün, rot, blau, strafend, gütig, kriegerisch oder friedfertig "geglaubt" wird. Und genau so zeigt sich wohl der sogenannte Glaube auch.
Gibt es für den Mensch etwas Erfahrbares, das ihn "öffnet" für etwas "Heiliges"?
(etwas Heiliges in dem Sinn, dass es vom Mensch noch nicht instrumentalisiert wurde, nie instrumentalisiert werden kann, weil es eben "jenseits" des Einflusses von Wunsch, Hoffnung und sämtlichen
Winkelzügen des menschlichen Ich und seiner Vorstellungskraft liegt.)

Dieses Heilige könnte/kann kein "Eigentum" einer Religionsgemeinschaft sein und wäre/ist doch da!!
Ich möchte keineswegs die Frage und Suche des Menschen nach Erlösung aus dieser Welt, die nicht zuletzt durch seine eigene Handlungsweisen in Tat und Glaubensstrukturen so ist, wie sie ist, außer Acht lassen.
Um "Irgendwas Außergewöhnliches" in den Mensch einziehen zu lassen - sei es nun Erleuchtung, Seeligkeit oder Verschmelzung mit Liebe im weitesten Sinn - muss da nicht zuerst jeder davorgeschaltete Wertungs- und Einordnungswahn aufgegeben werden? Ich meine ja!
Was ich sagen möchte: Wenn dem Glaube eine inhaltliche Vorstellung im Denken zugrunde liegt, durch dessen Filter alle Eindrücke und Erfahrungen dem Glauben "untertan" gemacht werden und angepasst werden, kommt niemals etwas Ursprüngliches, etwas Originäres, etwas Unverfälschtes, etwas "Heiliges" in den menschlichen Geist!

Wahrscheinlich können wir, weil wir Gott nicht schauen können, ihn ergo nie vollkommen erfassen oder für nicht existent beweisen. Das können wir mit unserem beschränkten Denkapparat gar nicht. Aber das, was vielleicht als Erleuchtung und Gnade schon in Menschen offenbart wurde, kann kein allgemeiner traditionierter Glaube verursacht haben. Verstehst du, was ich meine?
Wie "erscheint" wohl Liebe, Seeligkeit, Hasslosigkeit sowie ungetrennte Achtung und Teilhabe an der Schöpfung bevor wir glauben?
Und wann und warum eignen wir uns einen Glauben an? Vor, oder nach dem sogenannten Sündenfall?
Ist der Wunsch, ewig zu leben die Triebfeder? Können wir das durch Glauben gar bewerkstelligen, ohne anmaßend zu sein?
Im Märchen "Frau Holle" ist das "gute" Mädchen, die Goldmarie vollkommen frei von Hoffnung auf Belohnung.
Die Pechmarie handelt nur scheinbar helfend. Ihr Glaube, ihre Hoffnung, ihr Ich bezogenes Begehren war nur auf die Belohnung gerichtet.

Goldmarie handelt ohne Wissen und Glaube an "Erhörung" und deshalb auch ohne Erwartung und Hoffnung auf Belohnung. Und das hat sie, bzw. tut sie selbstlos, denkt also nicht an Lohn in Ewigkeiten!

Was bietet Religionsglaube?

Blaugold

Feirefiz 22.04.2009 13:06

Liebe Cyparis!

Das Schöne ist doch, das alle diese Werke auf eine gewisse Weise erhaben wirken, auch wenn die genauen Hintergründe unbekannt sind.
Da hast du recht, es handelt sich um eine Empfindung.

Lieber basse!

Danke für dein Lob. Mir ist der Klang auch immer besonders wichtig.

Liebes Blaugold!

Danke, für den Hinweis, dass es sich bei Religionen um eine kulturelle Frage handelt und nicht um eine innere Einstellung einem BESTIMMTEN Schema gegenüber, wir meinen dasselbe.
Deine letzte Frage "Was bietet Religionsglaube" verstehe ich so, dass du damit auch aufzeigen willst, dass Glaube in gewissem Sinne einem "Markt" unterworfen ist.
Eben WEIL die Kirchen sich nach einem Angebot-Nachfrage-Zusammenhang richten müssen, und dies wohl auch irgendwie immer getan haben...(?), nämlich WEIL sie der Pechmarie eine Belohnung anbieten, erschweren sie da nicht den Zugang zu einem tiefergehenden Glauben?
Glaube bestimmt sich wohl nicht nur aus der Heilerwartung sondern ,wie du auch sagst, aus der Demut vor dem Erhabenen.

Liebe Grüße allen
Feirefiz

Dana 22.04.2009 22:30

Lieber Feirefiz,
hier faszinieren und beeindrucken deine Antwort und Kommentare nicht minder.
Da dein Gedicht die Vorgabe gibt, möchte ich nicht bewerten und doch hast du es mit deiner Antwort erweitert und bedeutender gemacht.
Wer sich mit dem Thema beschäftigt, erfährt, dass sobald er eine Tür öffnet, er vor weiteren geschlossenen Türen stehen bleibt. Auch wenn er weiter geht, kommt es darauf an, welche der weiteren Türen er öffnet, denn dahinter sind wieder unzählige neue und die, die bei der Auswahl geschlossen blieben, bleiben für den Betroffenen geschlossen.
Bezeichnend ist, je mehr wir uns damit befassen, desto größer werden die Zweifel und die Suche noch eindringlicher, als wollte man finden - aber was?
Ich bewundere die Tiefgläubigen mit einem leichten Neid, wenn du verstehst?
Ich hasse die Macher, wenn ich unterstelle, dass sie nur Schäfchen sammeln, ohne selbst dahinter zu stehen.
Ich hasse Glaubenskriege, weil jeder Glaube sich zur Nächstenliebe bekennt und mit Kriegen das Gegenteil lebt.
Ich erlebe, dass mich weder Bewunderung noch Hass weiter bringen bei meiner eigenen Suche.
Ich bekenne, dass ich etwas gefunden habe, was mir Halt gibt und betroffen bin, wenn ich nachdenkenswerte Gegenargumente höre, weil diese mir das grad Gefundene zu nehmen drohen.

Ich könnte jetzt unendlich schreiben, möchte dich aber nicht mit einem weiteren "Block belasten".
Du solltest aber auf jeden Fall erfahren, dass dein Gedicht und deine Gedanken mich sehr beeindruckt haben.

Liebe Grüße
Dana


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