Gedichte-Eiland

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Claudi 15.10.2014 18:20

Hexa-Übungsfaden
 
.

Immer hereinspaziert, doch nur mit gewaschenen Füßen!
Reime verwerft am besten, sie würden den Teppich versauen.
Versfußsprinter, -marschierer und -schlenderer, Könner und Laien,
Schnupperer, Spanner, Befummler und Grapscher, seid herzlich willkommen,
ran an den knusprigen Speck, den Hexa am laufenden Meter!


Xx(x) / Xx(x) / Xx(x) / Xx(x) / Xxx / Xx



Liebe Hexameterfreunde,

hier kann jetzt jeder, der mag, einfach mal frei nach Schnauze und ohne künstlerischen Anspruch seine Fingerübungen posten. Traut Euch! Hier werden wir nur auf die Technik schauen, und ich schätze, dieser Faden wird uns nicht nur etwas Routine, sondern auch viel Spaß bringen.

Wer sich mit den Grundregeln vertraut machen möchte, findet hier eine kurze Einführung.

Liebe Grüße
Claudi




Chavali 16.10.2014 23:00

Lassen wir uns inspirieren von Claudis gehobenen Worten.

:);):)

Xxx Xxx Xxx Xxx Xxx Xx


boah, ich find das erstmal total schwer....


Lg chavi

Claudi 17.10.2014 00:54

Chavi, nur Mut! Das scheint nur so schwierig. Mit Übung geht alles. :D
1. Xx / x 2. X | x 3. Xxx 4. Xx | x 5. Xxx 6. Xx


Ich ixe mal den ersten Begrüßungsvers und trage die Zäsur ein:

Immer hereinspaziert, doch nur mit gewaschenen Füßen!
Xxx Xx X | x Xxx Xxx Xx

Lailany 17.10.2014 01:37

Nun denn, schon komm ich voll Neugierde angetrabt. Erste Enttäuschung -
Türsteher Claudius lässt mich nicht eintreten. Keine Bestechung
kann diesen Grimmen erweichen. Mein Rucksack mit Reimen bleibt draußen.
"Bösewicht! Folterknecht! Reimefeind..." fluche ich, zeig ihm den Finger.
Claudius Stimme ertönt wie ein Donnerschlag: "Hüt deine Zunge!
Sei dir, o Weib, deine Torheit vergeben. Es lebe der Hexa!"

:o

XxxXxxXxxXxx / XxxXx
XxxXxxXxxXxx / XxxXx
XxxXxxXx / xXxxXxxXx
XxxXxxXxxXxx / XxxXx
XxxXxxXxxXxx / XxxXx
XxxXxxXxxXx / xXxxXx

Oje.
Und dazu gleich meine Frage:
MÜSSEN die Zäsuren durchgehend am gleichen Fleck sitzen?
-------------------------------------------------------------------

Für besseren Überblick, die korrigierte Version:

Nun denn, schon komm ich voll Neugierde angetrabt. Erste Enttäuschung -
Türsteher Claudius lässt mich nicht eintreten. Keine Bestechung
kann diesen Grimmen erweichen. Mein Rucksack mit Reimen bleibt draußen.
"Reimeverächter! Kretin! Dillettant!" Ich zeig ihm den Finger.
Claudius Stimme ertönt wie ein Donnerschlag: "Hüt deine Zunge!
Sei dir, o Weib, deine Torheit vergeben. Es lebe der Hexa!"

Nachteule 17.10.2014 02:13

Hey zusammen, (hauptsächlich erst mal Claudi, weil ich nur ihren Beitrag sah, als ich mir den Faden ansah. xD)

Das Schema im ersten Beitrag stimmt so nicht ganz. Die Zäsuren sind nämlich etwas flexibler:
Xx(x)/ Xx(x) / X|x|(x) / X| x|(x) | / Xxx / Xx
(Dazu muss ich noch sagen, dass eine Zäsur vor dem Hebungen und speziell vor der dritten Hebung ein Frevel sind, wie ich mir in anderen Worten sagen lassen durfte, weil dadurch der Vers zerbricht. Vor allem vor der dritten Hebung. Ich muss sagen, das ist auch sehr einleuchtend.)

Ich war mal so frei, deinen Text durchzuixen:
XxxXxX|xXxxXxxXx
XxXXx|xXxxXxXxxXx
XxXx|xXxxXxx|XxxXx
Xxx|Xx|xXxxXx|xXxxXx
XxxX|xXxxXxxXxxXx
(Den Hebungsprall lassen wir jetzt mal links liegen, der ist ja nur bedingt technisch)

Da ist zwar schön viel Abwechslung drin, aber manche Zäsuren sind halt zu früh. Die rot markierten sind die, die die Form nicht will. ;) Zudem finde ich den Aufzählungsvers mit Zäsuren überladen. Ist bei Aufzählungen fast nicht zu vermeiden. Schwache Zäsuren lassen sich sicherlich mehr Einbauen, als die eine starke, die verlangt wird, aber du hast dann zu viele mittelstarke. Da muss er ja zerbrechen. Die Zäsur soll aber mehr strukturieren.
Aber wie gsagt, die Abechslung bei den Füllungen passt für mich. Der Hexameter soll ja dynamisch sein, da er ein Erzählvers ist. Da soll nicht geleiert werden und der Text soll spannend bleiben. Da kann man dann, wie bei der Chevy-Chase-Strophe, auch natürlich das Versmaß dem Inhalt anzupassen.

@Chavali
Der reine Daktylus ist dann doch zu einfach. ;)

@Lailany
Dass du die Zäsuren so fest eingesetzt hast, liegt wahrscheinlich an der Struktur, die Claudi postete. Die Zäsuren sollen aber auch knallen. Das heißt, vor Komma geht nix. ;) Man muss sie richtig spüren. Und du solltest, wie oben schon erwähnt, die Klammern nutzen. Die Senkungen, die in Klammer sind, solltest du auch nutzen, um den Vers dynamischer werden zu lassen. Sonst leiert man zu sehr und die Spannung der Erzählung geht verloren. Von den Zäsuren muss du, von den vorgeschriebenen, auch nur eine verwenden. ich würde auch darauf achten, nicht zu viele zu verwenden, weil du dann den Vers zerhackstückelst (erkennst du sicherlich an deinem V4) und eben nicht an den nicht markierten Stellen. Das wäre z.b. für deinen letzten Vers ein Problem.

So, genug infos für einen Tag. :) (Will ja auch nicht zu redundant werden)

nächtlicher Gruß, gutes nächtle und carpe noctem
Nachteule

Claudi 17.10.2014 03:28

Hi Ev,

zu Dir kann ich leider erst Samstag ausführlicher kommen. Die Zäsuren sollten immer schön abwechslungreich gesetzt werden, also möglichst nicht an der gleichen Stelle wie in den Nachbarversen. Sie müssen aber immer im Versfuß, nicht zwischen den Versfüßen liegen. Ausnahme ist die bukolische Dihärese (bD), die zwischen V4 und V5 liegt.


Hi Eule,

Zitat:

Dazu muss ich noch sagen, dass eine Zäsur vor dem Hebungen und speziell vor der dritten Hebung ein Frevel sind, wie ich mir in anderen Worten sagen lassen durfte, weil dadurch der Vers zerbricht. Vor allem vor der dritten Hebung. Ich muss sagen, das ist auch sehr einleuchtend.
Wo hab ich denn vor der dritten Hebung eine Zäsur? Meinst Du zwischen F2 und F3? Ich lehne mich übrigens nicht an Voß, sondern an die Klassiker und den deutschen Hexa an. Sonst wäre auch V4 Frevel. Meine Nebenzäsuren sind o.k., weil die entsprechenden Verse auch hinten eine Zäsur haben und somit ausgewogen geteilt sind. Na gut, für V2 lasse ich das Argument gelten. Die bD hätte hier deutlicher werden müssen, um das Gleichgewicht zu halten.

Hier geht es erstmal darum, sich ranzutrauen und ums furchtlose Gewöhnen an den Rhythmus. Ausgesprochene Fehler werde ich natürlich korrigieren. Zu den Qualitätsunterschieden der einzelnen Verse wollte ich erst sehr viel später kommen. Das wird zu viel auf einmal! Hoffentlich sind jetzt die Neugierigen nicht völlig entmutigt.

An Aufzählungen lässt sich der Rhythmus am allerbesten trainieren. Aber natürlich ist das als Training und nicht als Beispiel für den idealen Vers gedacht. Falsch sind sie jedenfalls nicht, wenn die Zäsuren stimmen.

Das Wort "lasst" in V2 ist etwas unglücklich, ich werde den Vers ersetzen. Das ist aber auch der einzige Fehler, den ich erkennen kann. Zu den angeblich zu frühen Zäsuren hier (da gehe ich gleich auf Nummer sicher!) die Einleitung zur Übersetzung der Odyssee von Johann Heinrich Voß:

Zitat:

Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,
Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung.
Bei Klopstock oder Goethe würde ich viel mehr davon finden. Das kostet mich allerdings unnütze Arbeit. Hier aus dem Messias von Klopstock:

Zitat:

Sing', unsterbliche Seele, der sündigen Menschen Erlösung,
Im Schema habe ich nur die bD eingezeichnet (die Du mir als Fehler anstreichst:p), damit es übersichtlich bleibt. Alle Zäsurmöglichkeiten wollte ich oben gar nicht darstellen, kann ich aber bei Bedarf noch nachholen. Ich denke nur, das wird zu viel für den Anfang.

LG Claudi


EDIT:

Wer mag, kann an einer Übungsaufgabe teilnehmen. Wir machen Aufzählungssätze. Und ich betone nochmal, das dient nur zur Übung und soll nicht den idealen Hexa darstellen. Achtet nur darauf, dass die Zäsuren im Versfuß liegen. Der Schlussadoneus ist der einzige Versfuß, der direkt nach einer Zäsur liegen darf, d.h. hier geht es betont weiter.

Gurkensalat, Tomaten, Radieschen, keine Kartoffeln
Xxx X / x Xx / x Xx | XxxXx

Lailany 17.10.2014 23:24

Liebe Hexa-Interessierten,
ich spreche hier als blutiger, aber lernwilliger Anfänger.
Erstmal find ichs eine prima Idee, einen Sachfaden für Laien aufzuziehen.
An Fachfäden an sich besteht ja kein Mangel, aber für den Anfänger sind die zu überwältigend und ersticken das Interesse, sowie zaghafte Versuche, sich der Materie zu nähern, im Keim. So ists zumindest mir bisher immer ergangen.
Drum würd ich unbedingt dafür plädieren, die Info nur in kleinen Häppchen zu servieren, veranschaulicht durch Beispiele.
Also... Fortgeschrittene... galoppiert uns nicht davon, wir Anfänger können sonst nicht mithalten. Ich werd Euch die Handbremse wahrscheinlich sowieso öfters anziehen, denn ich hab vor, diese Gelegenheit beim Schopf zu packen und hier den Sack voll Fragen auszuleeren, die sich im Lauf der Zeit beim Lesen diverser Sachfäden angesammelt haben.

LG von Lai :Blume:

PS: Der Hexa erscheint mir um vieles einfacher als die sapphische Odenstrophe.

Claudi 19.10.2014 19:00

Einverstanden, dann lasst uns entspannt, gelassen und fröhlich
weiter so nett fabulieren. Wie stehts mit den Aufzählungswörtern?
Sind die zu schwierig? Ihr könnt, wenn Ihr wollt, zuerst auch was Leichtes
üben. Wir müssen uns nicht beeilen. Gibt es noch Fragen?


Hallo, Ihr Lieben,

bis jetzt habt Ihr Euch wacker geschlagen. Ich beginne mit Chavis Hexa:

Lassen wir uns inspirieren von Claudis gehobenen Worten.
Xxx Xxx Xx | x Xxx Xxx Xx

Zuerst mal ein :Blume: für Deine gut leserlichen Ixe. Ich hab Dir nur noch die Zäsur eingetragen. Es ist gut, vor jedem neuen Versfuß ein Leerzeichen zu setzen. Dann kann man die Füße viel besser erkennen als in zusammengewachsenen X-Schlangen.

Die Hauptzäsur stelle ich so dar: |
Nebenzäsuren so: /

Zu einfach gibt es gar nicht! Warum nicht einfach beginnen? Selbstverständlich gibt es in längeren Werken auch hin und wieder mal einen durchgehend daktylischen Vers. Viele Hexametristen nehmen auch gerne Holodaktylen als Einleitungsvers. Es gibt also nix zu meckern. :)


Eva, bei Dir ist es nur der Aufzählungsvers, bei dem der Wurm drin ist.

"Bösewicht! Folterknecht! Reimefeind..." fluche ich, zeig ihm den Finger.
Xxx / Xxx / Xxx / Xxx | Xxx / Xxx Xx

Hier hast Du die Zäsuren ausnahmslos zwischen den Füßen statt mittendrin. Bei "zeig ihm den Finger" ist das korrekt. Dies ist die oben erwähnte Ausnahme (bukolische Dihärese), die uns immer wieder begegnen wird. Diese Zäsur werde ich immer bD abkürzen. Dann wisst Ihr, was gemeint ist. Die anderen Zäsuren haben auch Namen (z.B. so hübsche wie Penthemimeres oder Kata triton trochaion :p), mit denen ich Euch aber nicht unnütz quälen will. Es sei denn, Ihr wollt sie wissen.

So würde es gehen:

"Reimeverächter! Kretin! Dilettant!", ich zeig ihm den Finger.
Xxx Xx / x X / xx X | x Xxx Xx

Der Rest war für den Anfang sehr ordentlich! Dafür auch ein :Blume:



Ich gebe mal eine kurze Übersicht, was alles den Hexa charakterisiert:

Erkennungsmerkmale: Geht immer betont los und endet mit dem Adoneus

Besonderheiten:

1. In den ersten vier Versfüßen werden vereinzelte Daktylen durch Trochäen ersetzt. Ich sag mal, so ca. ein bis zwei pro Vers, aber immer schön abwechslungsreich, so dass nicht iin jedem Vers der gleiche Fuß verkürzt wird.

2. Jeder Vers hat mindestens eine Zäsur, nach der es unbetont weitergeht. Meistens ist es eine Hauptzäsur, die ungefähr in der Mitte liegt. Manchmal sind es zwei, die den Vers etwa in drei gleiche Teile gliedern. Oft treten zusätzlich kleinere Nebenzäsuren auf.

3. Die einzelnen Wörter geben dem Vers eine Eigenbewegung. Das hatten wir auch schon bei Sappho. Dazu kommen wir später noch genauer, sobald alle ein bisschen Übung im Grundmuster haben.


Fürs erste schlage ich vor, dass wir weiter Zäsuren üben. Am Anfang vielleicht wirklich erstmal die sehr deutlichen ab Komma aufwärts. Was meint Ihr dazu?

Liebe Grüße
Claudi

Chavali 20.10.2014 22:49

Hallo zusammen,

mir kommen langsam leise Zweifel, ob ich die Erwartungen, die an das Projekt oder zumindest an diesen Diskussionsfaden
gestellt werden, erfüllen kann.

Ich schreibe nach Bauchgefühl. Denke zuerst mal nicht nach, ob ich diese oder jene Regel des Metrums oder des Reimschemas
oder der Hebungen, Senkungen, Kadenzen und Versfüßen und sonstigen Vorschriften der Literaturwissenschaft einhalte.

Die Fachwörter, die hier auftauchen, habe ich gegoogelt: gelesen, ohne wirklich zu erfassen,
wie ich sie verwenden soll.
Zitat:

Hauptzäsur
Zitat:

Nebenzäsuren
Zitat:

Hexametristen
Zitat:

Holodaktylen
Zitat:

bukolische Dihärese
Zitat:

Penthemimeres Kata triton trochaion
Zitat:

Adoneus
usw. usf. etcpp. :rolleyes::rolleyes::rolleyes:

Ich weiß nicht, ob ich danach dichten will. Ich verschließe mich keineswegs Neuem, bin aber unschlüssig,
ob das hier nicht eher etwas für Germanisten ist.

Trotzdem versuche ich mal einen Vers, der aber garantiert kein Hexa ist.
Hieran habe ich kaum gebastelt. Einen Hexameter zu schreiben, der passt, würde mich wahrscheinlich
vor eine schier unlösbare Aufgabe stellen.




welche geschichte würde er uns erzählen,
könnte er reden, der graue kieselstein,
der am sandigen ufer des sees liegt


Xxx XxX xxX xXx
Xxx Xxx XxX xX
XxX xxX xxX xX



Ich schaue mal und bleibe dran, aber mir schwant nix Gutes :Aua


LG Chavali

Lailany 21.10.2014 06:40

Hallo Runde :)
bei den Übungen werden wir uns bald mit den regionsbedingt unterschiedlichen Silbenbetonungen konfrontiert sehen. Vmtl bin ich diejenige, die hier 'Fehler' machen wird. Aber daran bin ich gewohnt und als einzige KiwÖsi in der Runde richte ich mich nach Eurer Betonungsweise.

Regenschirm, Hut, die Stiefel, mein Schlüssel. Wo bleibt das Taxi?
XxxX xXx xXx XxxXx

Lippenstift, Rouge nur spärlich und dezent - Blick in den Spiegel.
Xxx XxXxxXx XxxXx

2 Übungszeilen, mit Absicht nicht gleich gehalten. Die Betonung stimmt nach meinem Dafürhalten bei beiden.
Wie siehts mit den Zäsuren aus?

LG von Lai:Blume:

Chavali 21.10.2014 10:34

Hi kiwi,
Zitat:

Lippenstift, Rouge nur spärlich und dezent - Blick in den Spiegel.
Xxx XxXxxXx XxxXx
dezent betone ich auf der zweiten Silbe

dezent xX und dafür dann und betont :confused:

LG katzi





Claudi 21.10.2014 19:48

Huhu,

:Aua uiuiui, und ich dachte, ich hätte mich ziemlich verständlich ausgedrückt. Dass ich anscheinend ein halbes altgriechisches Wörterbuch mitgeschleppt habe, war mir ganz entgangen.

Zäsur und Adoneus hatten wir aber schon bei der sapphischen Ode. Deswegen war ich davon ausgegangen, Ihr wüsstet, was gemeint ist. Hier nochmal die Zusammenfassung der Punkte, mit denen ich in den Übungen beginnen wollte:


Erkennungsmerkmale des Hexameters:

Sechshebiger Vers, geht immer betont los und endet mit der Schlussformel XxxXx (Adoneus = Daktylus plus Trochäus).


Besonderheiten:

1. In den ersten vier Versfüßen werden vereinzelte Daktylen durch Trochäen ersetzt. Ich sag mal, so ca. ein bis zwei pro Vers, aber immer schön abwechslungsreich, so dass nicht in jedem Vers der gleiche Fuß verkürzt wird.

Xx(x) Xx(x) Xx(x) Xx(x) Xxx Xx

Für die ersten vier Versfüße kann jeweils entweder ein Daktylus oder ein Trochäus stehen. Der fünfte Fuß ist ein Daktylus, der sechste immer ein Trochäus.


2. Jeder Vers hat mindestens eine Hauptzäsur (Einschnitt, Sprechpause), nach der es unbetont weitergeht. Wir kümmern uns erstmal nur um sehr deutliche Einschnitte, die an einem Satzzeichen zu erkennen sind (Komma, Punkt, Frage/Ausrufezeichen). So könnte das z.B. aussehen:

Xxx Xx X|x Xxx Xxx Xx
Immer her- einspa- ziert, doch nur mit ge- waschenen ßen


Also, wenn an diesen Eckpunkten jetzt noch irgendwas unverständlich ist, bitte melden. Eure letzten Ixereien sind mir unklar. Chavi, Deinen ersten Hexa hattest Du doch superübersichtlich geixt. So stelle ich mir das vor. Wir machen dann ab morgen in ganz kleinen Schritten weiter.


LG Claudi

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Hier nochmal drei Aufzählungsverse, bei denen ich nur die Reihenfolge der Wörter geändert habe. Lest das mal laut. Hört Ihr die Unterschiede?

Äpfel, Bananenscheiben, Orangen, geröstete Nüsse
Xx|x Xx Xx|x Xx|x Xxx Xx

Äpfel, Orangen, Bananenscheiben, geröstete Nüsse
Xx|x Xx|x Xx Xx|x Xxx Xx

Äpfel, geröstete Nüsse, Bananenscheiben, Orangen
Xx|x Xxx Xx|x Xx Xx|x Xx

Friedhelm Götz 30.01.2015 11:05

Hallo Claudi,

schon lange ist hier in deinem Faden nichts mehr geschrieben worden und ich kann auch nichts in Hexametern dazu beitragen. Vielleicht erinnerst du dich noch im Musengarten an meinen Disput mit Ferdi, der sich an „Reineke Fuchs“ Schüttelreimen entzündete. Ich habe in der Folge mich sehr intensiv mit Hexametern beschäftigt, muss aber bekennen, dass ich an dieser Gedichtform gescheitert bin. Mir scheint aber, dass es auch anderen so geht, für mich sieht es so aus, dass sich der Hexameter für Gedichte in unserer Zeit überlebt hat.

Kürzlich ist es mich wieder überkommen, eine Geschichte in Hexametern zu versuchen. Leider sind nur fünfhebige Daktylen daraus geworden, die nicht hierher passen.

Liebe Grüße
Fridolin

Claudi 30.01.2015 15:47

Hallo Fridolin,

wäre nicht grundsätzlich Interesse vorhanden gewesen, hätte ich diesen Faden nicht eröffnet. Kann sein, dass die Beschäftigung mit dem Hexameter den Teilnehmern nun doch zu aufwändig scheint und ihnen die Lust, genau wie Dir, nun wieder vergangen ist. Kann auch sein, dass meine Anregungen nichts taugen oder einfach unverständlich sind. Vielleicht habe ich zu viel Grundwissen vorausgesetzt? Oder die Zäsurübung war zu schwierig? Das ließe sich leicht ändern. Ich müsste halt nur wissen, woran es liegt.

Falls Du doch noch Lust hättest, mit ganz simplen Übungen zu beginnen, bist Du herzlich willkommen. Ich hätte kein Problem, bei Deinen fünfhebigen Daktylen anzusetzen. Dann hätten wir ein konkretes Beispiel. Genau so gut könnten wir aber auch jedes andere Beispiel nehmen. An mir soll es nicht liegen.

Auf jeden Fall freue ich mich, dass Du den Faden nochmal aufgeweckt hast. :)

Liebe Grüße
Claudi

Friedhelm Götz 30.01.2015 17:01

Nun, denn liebe Claudi:

Die Geschichte von König Pego und den reimenden Dichtern
(eine Fingerübung in fünfhebigen Pegametern (eigene Wortschöpfung)

Saßen jüngst Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen.
priesen in launigen Reimen die Götter und Musen.
Einer von ihnen, der lang in der Runde geschwiegen,
wiegte bedächtig sein Haupt und begann eine Rede:

»Freunde, ich will euch vom Königreich Pega erzählen,
lange regierte dort Pego als König sein Volk,
liebte die Künste, die Maler und Dichter vor allem,
aber die Dichter von Pega verschmähten den Reim.

Pego auf Reisen war einstens im Reimland gewesen,
lernte gereimte Gedichte, Balladen zu schätzen,
aber er konnte die Dichter dafür nicht gewinnen,
störrisch bekämpften sie alle Gedichte mit Reimen,

schrieben in leiernden Rhythmen Pamphlete dagegen,
traten, als reimende Dichter zum Reich vorgedrungen,
diesen entgegen, wie Boten dem König berichten:
›Pego, o König, es stehn an der Grenze von Pega

Scharen von reimenden Dichtern, begehren Asyl.
Wütende Bürger von Pega bereiten uns Sorge,
sehen die Reinheit der Dichtung durch Reime bedroht.‹
Sagte drauf Pego, der König, mit ruhiger Stimme:

›Reinheit der Dichtung?«, so mögen sie lauthals skandieren.
Fremde zu schmähen, das kann doch Peganern nur schaden.
Können uns nicht vielmehr fremde Kulturen bereichern?
Reimende Dichter, wir wollen sie herzlich begrüßen.›

Also sprach Pego und wandte sich höflich an jene:
›Freunde der Reime, nach Pega gekommene Dichter,
fasset euch, Meister der Reimkunst, so sehr ihr betrübt seid.
Pflanzet nun eifrig die Reime in lyrischen Gärten,

seht wie die Immen die blühenden Verse bestäuben,
köstliche Früchte erfreun euch mit reichlicher Ernte.
Pega, die Feste, beschenket mit Pegasus Äpfeln,
wissend, es wächst auf den Feldern von Pega sehr viel.›«

Staunend vernahmen die Dichter des Schweigers Erzählung,
folgten dem Vortrag und zeigten sich weiter begierig,
wollten auch wissen, was nun aus den Dichtern geworden...
Sagte drauf jener in kunstvoll geschüttelten Reimen:

»Sahn sich in Pega erst Dichter, die besten gefährdet,
fingen sie an, sich mit Reimen die Nester zu formen,
haben mit Versen sich fröhlich bei Festen gebärdet,
fanden gemeinsam allmählich auch fester zu Normen.

Pego, der König, sah froh sein Gehege erweitert,
hörte Touristen nach Pega die Reise erwägen,
würden von reimenden Dichtern am Wege erheitert,
welche Intresse an Pega so weise erregen.

Pega ist leider, als Pego gestorben, gesunken,
Vielen der Dichter hat's danach als Sorben gestunken,
zogen drum weiter auf Wegen nach Mailand. In Hessen
priesen sie singend in Versen den Heiland in Messen,

bis im Iran, wo sie Klänge von Luren verspüren,
nahe von Gräbern im Sand sich die Spuren verlieren.
Zahlreiche Forscher, die sich dort mit Fetzen geschunden,
haben in Gräbern nicht viel, was sie schätzen, gefunden. «

Claudi 30.01.2015 19:40

Prima, lieber Fridolin! Solche Erzählformen sind für den Hexa bestens geeignet. :) Vielleicht konzentrieren wir uns erstmal nur darauf, formal richtige Hexameter aus Deinen Versen zu machen. Auf Qualitätsunterschiede können wir dann später zu sprechen kommen.

Deine Einteilung in Abschnitte macht das Lesen sehr angenehm und hat auch eine praktische Seite. So können wir uns in kleinen Schritten Abschnitt für Abschnitt vornehmen. Hier also der erste:


Saßen jüngst Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen.
priesen in launigen Reimen die Götter und Musen.
Einer von ihnen, der lang in der Runde geschwiegen,
wiegte bedächtig sein Haupt und begann eine Rede:


Vielleicht mag sich jemand daran versuchen? Auf die Zäsuren brauchen wir meinetwegen jetzt noch nicht zu schauen. Die Entscheidung überlasse ich Euch. Die Versenden stimmen schon mal. Am einfachsten wäre es also, überall etwas Geeignetes einzufügen, um die Verse sechshebig zu kriegen. Ich nehme mal den ersten Vers:


Saßen jüngst Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen.
Xxx Xxx Xxx Xxx Xx


Ich füge nur einen Artikel vor Freunde ein, und schon kann der Vers trochäisch beginnen, denn "jüngst" wandert so automatisch auf eine Hebung:


Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen.
Xx Xx Xxx Xxx Xxx Xx


So würde es gehen. Ob Dir das gefällt, ist eine andere Frage. Die anderen drei Verse überlasse ich Euch jetzt als Übungsfeld für eigene Versuche. Nächste Woche habe ich etwas mehr Zeit. Dann sehen wir weiter.

Liebe Grüße
Claudi

Bodo Neumann 31.01.2015 10:04

Hallo Fridolin, Claudi,

mal sehen, ob mich das interessiert. Stoff haben wir, dank Fridolin, reichlich - und eine Expertin, dank Claudi, auch. Eine Kombination, die zielführend scheint.
Mal davon abgesehen, dass das hier der Hexameter-Trainingsfaden ist, möchte ich noch anmerken, dass mir Fridolins Fleißarbeit, auch ob ihrer hübsch in Historie verpackter Aktualität, ziemlich gut gefällt.

Aber hier geht es ja ums Handwerkliche, deshalb hier mein Versuch für Vers 2:
Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen
(und) priesen launig reimend die Götter, die Weiber und Musen.
Meister Guida wiegte - nach längerem Schweigen - bedächtig
sein Haupt, erhob sich erst selbst und danach seine Stimme zur Rede:
Ich will nicht verhehlen (kann ich auch gar nicht), dass ich es mir recht einfach gemacht habe, indem ich Claudis Schema 1:1 übernommen habe. Wenn ich es richtig verstanden habe, gibt es aber vielfälte Variationsmöglichkeiten? Mir erscheint z. B. als Übergang von V1 zu V2 der unbetonte Auftakt (in Klammern) passender...

Gruß Bodo

Edit: Habe erst jetzt gesehen, dass die Hausaufgabe darin bestand, die gesamte Strophe zu überarbeiten (und nicht nur einen Vers). In V4 habe ich mir mal eine Variation des Schemas erlaubt, ohne zu wissen, ob das okay ist oder ob man ein einmal gewähltes Schema dann auch durchziehen müsste - mir fehlt einfach noch das Gefühl für den Sound. Es will sich (noch) kein Wohlklang einstellen. Woran liegt das?

Claudi 01.02.2015 19:00

Hi Bodo,

schön, dass Du mitmachst! :Kuss Hausaufgaben gibts bis jetzt noch nicht, höchstens Anregungen, dies oder das zu probieren. Die Ablehnung einer Aufgabe ist für mich auf jeden Fall eine größere Hilfe als stumme Verweigerung. Am leichtesten macht Ihr es mir mit konkret formulierten Wünschen. Expertin würde ich mich nicht nennen. Ich hab nur einiges über antike Versformen gelesen, auch ein bisschen reingehört und geübt und sag mal, für die Grundlagen und erste Schritte reicht es.

Wer mag, kann gerne Vorschläge zu einzelnen oder auch allen vier Versen im Zusammenhang einbringen. Hauptsache, die Textmenge bleibt überschaubar. Fragen sind immer höchst willkommen und für mich eine gute Orientierungshilfe. Aus Deinen Versen sticht bereits einer mit richtig kräftiger Zäsur heraus:


Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen
(und) priesen launig reimend die Götter, die Weiber und Musen.
Meister Guida wiegte - nach längerem Schweigen - bedächtig
sein Haupt, erhob sich erst selbst und danach seine Stimme zur Rede:


Was Du vermutlich überlesen hattest, ist die Grundregel, dass der Hexameter immer auftaktlos, also betont, beginnt. Das kannst Du ja mal korrigieren und vielleicht versuchen, die Trochäen möglichst wandern zu lassen, sie also besonders bei benachbarten Versen nicht an die gleiche Stelle zu setzen.

Vielleicht sind die wandernden Trochäen auch eine leichtere Anfangsübung als die Zäsuren. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr die Übung nebenbei auch abseits von Friedhelms Versen mit dem nächstbesten Quatsch machen, der Euch gerade in den Sinn kommt. Bis das Ohr sich an die neuen Gegebenheiten ohne den Bezugspunkt "Endreim" gewöhnt, dauert es eine ganze Weile.

Meine Obstsalatmischung einige Male hintereinander laut zu lesen, könnte eine Einstimmung sein. Ich selbst höre hier die unterschiedliche Bewegung sehr deutlich, aber ich kann nicht beurteilen, ob es für Euch etwas bringt. (Wie bereits erwähnt, soll das nur eine Hörübung und kein vorbildlicher Hexa sein).


Äpfel, Bananenscheiben, Orangen, geröstete Nüsse
Xx|x Xx Xx|x Xx|x Xxx Xx

Äpfel, Orangen, Bananenscheiben, geröstete Nüsse
Xx|x Xx|x Xx Xx|x Xxx Xx

Äpfel, geröstete Nüsse, Bananenscheiben, Orangen
Xx|x Xxx Xx|x Xx Xx|x Xx


Hier nochmal die Zusammenfassung der wichtigsten Regeln:

Zitat:

Erkennungsmerkmale des Hexameters:

Sechshebiger Vers, geht immer betont los und endet mit der Schlussformel XxxXx (Adoneus = Daktylus plus Trochäus).


Besonderheiten:

1. In den ersten vier Versfüßen werden vereinzelte Daktylen durch Trochäen ersetzt. Ich sag mal, so ca. ein bis zwei pro Vers, aber immer schön abwechslungsreich, so dass nicht in jedem Vers der gleiche Fuß verkürzt wird.

Xx(x) Xx(x) Xx(x) Xx(x) Xxx Xx

Für die ersten vier Versfüße kann jeweils entweder ein Daktylus oder ein Trochäus stehen. Der fünfte Fuß ist ein Daktylus, der sechste immer ein Trochäus.


2. Jeder Vers hat mindestens eine Hauptzäsur (Einschnitt, Sprechpause), nach der es unbetont weitergeht. Wir kümmern uns erstmal nur um sehr deutliche Einschnitte, die an einem Satzzeichen zu erkennen sind (Komma, Punkt, Frage/Ausrufezeichen). So könnte das z.B. aussehen:

Xxx Xx X|x Xxx Xxx Xx
Immer her- einspa- ziert, doch nur mit ge- waschenen ßen

Liebe Grüße
Claudi

Friedhelm Götz 04.02.2015 11:18

Hi!

Ich glaube, dass die Aufgabe, aus meiner Geschichte Hexameter zu machen, wohl doch zu schwierig ist. Es war auch gar nicht meine Intention.

Nun hat mich ein Rat eines Lesers erreicht, der meinte, ich solle doch meine Verse um eine sechste Hebung erweitern und die Geschichte dann als Gedicht in sechshebigen reinen Daktylen (Holodaktylen) bezeichnen. Das habe ich gemacht und stelle das Ergebnis hier vor:

Die Geschichte von König Pego und den reimenden Dichtern
erzählt in sechshebigen reinen Daktylen (Holodaktylen)

Saßen jüngst Freunde der Dichtkunst in weinselger Runde zusammen,
priesen in launigen Reimen den Wein und erzählten sich Schnurren.
Einer von ihnen, der wenig getrunken und lange geschwiegen,
wiegte bedächtig sein schütteres Haupt und begann eine Rede:

»Freunde, o lasset mich heute vom Königreich Pega erzählen,
lange regierte dort Pego als König mit Würde sein Volk,
liebte die Künste, die Maler, die Bildner und Dichter vor allem,
aber die Dichter von Pega verschmähten verachtend den Reim.

Pego auf Reisen war einstens des öftren im Reimland gewesen,
lernte gereimte Gedichte, Balladen und Oden zu schätzen,
aber er konnte die heimischen Dichter dafür nicht gewinnen,
störrisch und hämisch bekämpften sie alle Gedichte mit Reimen,

schrieben in leiernden Rhythmen gehässig Pamphlete dagegen,
traten, als reimende Dichter versuchten, ins Reich einzudringen,
diesen entgegen, wie reitende Boten dem König berichten:
›Pego, o König, verrnehme, es stehn an der Grenze von Pega

Scharen von reimenden Dichtern, begehren in Pega Asyl
Wütende Bürger von Pega bereiten uns heftige Sorge,
sehen die Reinheit der Dichtung durch Reime aufs Schlimmste bedroht.‹
Sagte drauf Pego, der König, mit ruhiger Stimme zu ihnen:

›Reinheit der Dichtung?«, wie dümmlich die Schreier dort lauthals skandieren.
Fremde zu schmähen, das kann doch Peganern wahrhaftig nur schaden.
Konnte nicht Pega auch fremde Kulturen schon selber bereichern?
Reimende Dichter, wir wollen sie herzlich und fröhlich begrüßen.›

Also sprach Pego und wandte sich höflich an jene Verfemten:
›Freunde der Reime, ins Königreich Pega gekommene Dichter,
fasset euch, Meister der Reimkunst, so sehr ihr auch heute betrübt seid.
Pflanzet nun eifrig und fröhlich die Reime in lyrische Gärten.

Wenn erst die fleißigen Immen die blühenden Verse bestäuben,
mögen euch köstliche Früchte zur reichlichen Ernte erfreuen.
Pega, die Feste, beschenket zur Düngung mit Pegasus Äpfeln,
sehet, es wächst auf den Feldern und Wiesen von Pega sehr viel.›«

Staunend vernahmen die Freunde die blumigen Verse des Schweigers,
lobten den Vortrag begeistert und zeigten sich weiter begierig,
wollten auch wissen, was denn aus den Dichtern von Pega geworden...
Sagte drauf jener, sie hätten selbst kunstvoll auch Reime geschüttelt:

»Sahn sich in Pega von Fremden erst Dichter, die besten gefährdet,
fingen sie an, sich mit prachtvollen Versen die Nester zu formen,
haben mit Reimern umarmend sich fröhlich bei Festen gebärdet,
fanden gemeinsam so dichtend allmählich auch fester zu Normen.

Pego, der König, entdeckte, dass sich sein Gehege erweitert,
hörte begeistert Touristen nach Pega die Reise erwägen,
hieß es, sie würden von reimenden Dichtern am Wege erheitert,
welche Intresse am Leben in Pega so weise erregen.

Pega ist dann aber leider, als Pego gestorben, gesunken,
Vielen der Dichter hat's nämlich, es waren meist Sorben, gestunken,
suchten das Reimland und zogen auf Wegen nach Mailand. In Hessen
priesen sie singend in klingenden Versen den Heiland in Messen,

bis im Iran, wo sie nervige Klänge von Luren verspüren,
nahe von Gräbern im Sande sich schließlich die Spuren verlieren.
Zahlreiche Forscher, die sich dort schon lange mit Fetzen geschunden,
haben in Gräbern und Grüften nicht viel, was sie schätzen, gefunden. «

LG Fridolin

Claudi 05.02.2015 11:34

Hi Fridolin,

wo siehst Du denn die Vorteile sechshebiger Daktylen gegenüber fünfhebigen? Ich würde meinen, ohne Hexa-Sound liest sich die fünfhebige Version flotter und bringt Deine Schüttler besser zur Geltung. Ich glaube aber nicht, dass es schwierig ist, aus Deinen Versen Hexameter zu machen. Klar, da steckt noch einiges an Arbeit drin und ich weiß nicht, wie schnell Du Dir ein Ergebnis vorgestellt hattest. Ich würde sagen, ein paar Wochen müssten wir uns dafür schon Zeit nehmen.

Hier nur mal ein Beispiel, wie durch eine minimale Veränderung ein erstaunlicher Effekt erzielt werden kann:

›Pego, o König, verrnehme, es stehn an der Grenze von Pega

›Pego, o König, vernimm, es stehn an der Grenze von Pega


Wenn Dir das zu aufwändig ist, könntest Du uns Deinen Text vielleicht trotzdem für weitere Übungen zur Verfügung stellen? Du könntest uns dann erstmal über die Schulter schauen und nur ablehnen, was Dir nicht gefällt, und wenn Du dann doch noch Lust bekommst, evtl. später aktiv mit einsteigen. Das ist jetzt nur eine Idee. Vielleicht stehen Dir auch jetzt schon die Haare zu Berge, wenn Du siehst, was wir mit Deinem Text veranstalten. Für ein Nein hätte ich jedenfalls volles Verständnis.

Am besten, Du sagst mal kurz, wie Du dazu stehst.

Liebe Grüße
Claudi

Friedhelm Götz 05.02.2015 15:40

Hallo Claudi,

wie du weißt, schreibe ich ja viel lieber Schüttelreim-Gedichte. In diesem Fall wollte ich aber tatsächlich mich an einem Hexameter versuchen, weshalb ich von vornherein zunächst auf Schüttelreime verzichtet habe. Ich wusste anfangs auch gar nicht, wie sich meine Verse entwickeln würden, habe mich dabei an einer Vorlage von Eduard Mörike orientiert, dem „Märchen vom sicheren Mann“. Dabei fiel mir auf, dass Mörike mehrfach reine Daktylen verwendet:

„Etliche sagen, ihn habe die steinerne Kröte geboren“.

Ich habe das entsprechend versucht, auf die Zahl der Hebungen aber gar nicht so geachtet. Beide Versionen sehe ich als Fingerübungen, denn Gedichte in reinen Daktylen sind ja eher selten und auch mir ist dieses Versmaß anfangs doch recht schwierig vorgekommen, ist aber auch eine Übungssache. Allerdings bin ich dabei so in einen lyrischen Fluss geraten, dass ich mich vom ursprünglichen Ziel (Hexameter) entfernt habe, zu dem ja dann auch die Strophen mit Schüttelreimen nicht passen würden. Du kennst ja Meister Ferdis Einwendungen gegen Reime bei Hexametern. Also, ich hab nichts dagegen, mein Gereime als Spielmaterial zu verwenden, mal sehen, was dabei herauskommt.

LG Fridolin

Bodo Neumann 09.02.2015 17:42

Hallo ihr zwei,

zunächst Dank an Fridolin für das freundliche Überlassen des Textes - er wird einige Gewalt über sich ergehen lassen müssen. :D
Ich sehe das ganze übrigens auch als Fingerübung und halte es für eine Illusion, das ganze Epos umzuackern - aber man kann ja mal anfangen. Vielleicht entdecke ich ja noch so etwas wie Freude am Hexameter - zumindest will ich es mal probiert haben.

Die erste Strophe habe ich nach Claudis Anweisung überarbeitet. Das ist dabei herausgekommen:
Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen,
priesen Götter in launigem Reim, auch Weiber und Musen.
Einer von ihnen, der lang geschwiegen hatte, erhob sich,
wiegte bedächtig sein Haupt, und sprach zum Kreis der Poeten:

XxXxXxxXx|xXxxXx
XxXxxXxxX|xXxxXx
XxxXx|xXxXxXx|xXx
XxxXxxX|xXxXxxXx
Die Verse beginnen nun alle betont, die Trochäen sind halbwegs gemischt untergebracht, die letzten beiden Versfüße regelkonform (XxxXx). Sehe ich das richtig?

Beim Markieren der Zäsuren fiel mir auf, dass sie in V1 und V2 an der gleichen Stelle sitzen - sollte man auch hier auf einen Wechsel achten? Und weiter: darf man eine Zäsur, wie in V3, noch so weit hinten setzen?

lg Bodo

Claudi 10.02.2015 08:52

Hallo Ihr Lieben,

Zitat:

zunächst Dank an Fridolin für das freundliche Überlassen des Textes - er wird einige Gewalt über sich ergehen lassen müssen.
Auch von mir vielen Dank, Fridolin! Dass der Text mich auch inhaltlich anspricht, hatte ich noch gar nicht gesagt. Schöne Idee! Und ich würde mich sehr wundern, wenn ein paar zusätzliche knackige Details wie Bodos "Meister Guida" nicht auch bei Dir ganz gut ankämen. :D

Andererseits ist mir auch klar, dass Du es nicht auf den Jahrhunderthexa anlegst. Wenn wir es hinkriegen, Deine sechshebigen Daktylen mit ein paar winzigen Federstrichen in echte Hexameter zu verwandeln, wäre wohl schon das Wesentliche erreicht und wir hätten Dir kaum in Deinen eigenen Stil hineingepfuscht. Einige Holodaktylen könnten auch ohne weiteres so stehen bleiben. Vielleicht sollten wir dann nur einige Dopplungen herauskürzen, d.h. der Gesamtumfang könnte evtl. um einige Verse schrumpfen.


Zitat:

Ich sehe das ganze übrigens auch als Fingerübung und halte es für eine Illusion, das ganze Epos umzuackern - aber man kann ja mal anfangen. Vielleicht entdecke ich ja noch so etwas wie Freude am Hexameter - zumindest will ich es mal probiert haben.
Wie gesagt, die Minimallösung wäre leicht, bringt allerdings nicht viel Lehrreiches. Ich habe den Eindruck, dass Du mit den Aufgaben etwas unterfordert bist, und bin am überlegen, ob ich Dir für jeden weiteren Schritt tatsächlich immer wieder den gleichen Abschnitt vorsetzen soll. Was ich bis jetzt gesagt habe, setzt Du ja mit Leichtigkeit um.


Zitat:

Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen,
priesen Götter in launigem Reim, auch Weiber und Musen.
Einer von ihnen, der lang geschwiegen hatte, erhob sich,
wiegte bedächtig sein Haupt, und sprach zum Kreis der Poeten:
In V3 hast Du zwei satzzeichenverstärkte Nebenzäsuren, die für den ungeübten Leser die Hauptzäsur zu übertrumpfen scheinen. Ich lese den Vers allerdings so:

Einer von ihnen, | der lang || geschwiegen hatte, | erhob sich,

Und dann kommt das lange Schweigen in der verlangsamten Versbewegung voll zum Tragen. Das ist, wenn es von Dir so beabsichtigt war, schon verdammt schlau eingefädelt. Ein weiterer Pluspunkt ist die etwas schwerere Schlusssenkung "sich". Es macht sich im Hexameter gut, wenn die Verse nicht jedes Mal mit schwachen "e"- oder "en"-Silben enden. Ich versuche da immer ein bisschen zu mischen. In V1 wäre es z.B. schön, wenn wir die "Dichtkunst" ans Versende kriegen könnten.


Zitat:

Die Verse beginnen nun alle betont, die Trochäen sind halbwegs gemischt untergebracht, die letzten beiden Versfüße regelkonform (XxxXx). Sehe ich das richtig?
Ja, auch sonst hast Du alles richtig gemacht. Ich ergänze noch eine Kleinigkeit, die ich am Anfang noch raushalten wollte. Es gibt gelegentlich, wenn der vierte Fuß dreisilbig ist, auch den sehr seltenen Versschluss XxXx (Spondeiazon). Willst Du solche Fremdwörter wissen, oder soll ich sie Dir ersparen? Wenn der in Friedhelms Gesamtwerk einmal vorkäme, wäre das o.k.


Zitat:

Beim Markieren der Zäsuren fiel mir auf, dass sie in V1 und V2 an der gleichen Stelle sitzen - sollte man auch hier auf einen Wechsel achten?
Gut, dass Du überhaupt darauf achtest. Ich denke, man muss es nicht so übertreiben, dass der Inhalt darunter leidet. U.U. könnte es sogar passend sein, absichtlich mal zwei identisch gebaute Verse in Reihe zu schalten.


Zitat:

Und weiter: darf man eine Zäsur, wie in V3, noch so weit hinten setzen?
Wenn es wie hier eine Nebenzäsur ist, ja. Aber das sehe ich so, weil ich die Mittelzäsur als sehr deutliche Pause lese. Selbstverständlich ist das nicht, der Vers könnte auch anders gelesen werden. Dann wäre sie so weit hinten fehl am Platz. Ein Kritiker, der grundsätzlich Satzzeichenzäsuren den höheren Rang gibt, würde vermutlich meckern.

Noch eine Anmerkung zur Silbenqualität. Ideal (aber natürlich nicht immer umzusetzen) ist es, wenn in den dreisilbigen Füßen die Senkungen schön leicht und möglichst gleichwertig sind. Sie machen den Verslauf schnell. Schwerere Senkungssilben, insbesondere die ganz schweren (z.B. "kunst" in "Dichtkunst") sind besser als Einfachsenkung, also in zweisilbigen Füßen aufgehoben. Sie bremsen das Tempo.

Am besten, Du sagst mal, wie Dir das weitere Vorgehen am meisten Spaß machen würde. Mal sehen, ob ich heute noch Zeit finde, einen eigenen Vorschlag zum ersten Abschnitt zu posten. Ich füge ihn dann hier ein. Wenn Du inhaltlich noch freche Ideen hast, immer her damit! Meister Guida würde m.E. ganz gut als Pegos Berater passen.

LG Claudi

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Hier erstmal ein Versuch, die ersten drei Abschnitte nur ganz wenig zu ändern. Fridolin, Du kannst ja mal schauen, ob das so einigermaßen in Deinem Sinn wäre, bevor ich mir den Rest vornehme.

Zitat:

Zitat von Fridolin
Saßen jüngst Freunde der Dichtkunst in weinselger Runde zusammen,
priesen in launigen Reimen den Wein und erzählten sich Schnurren.
Einer von ihnen, der wenig getrunken und lange geschwiegen,
wiegte bedächtig sein schütteres Haupt und begann eine Rede:

»Freunde, o lasset mich heute vom Königreich Pega erzählen,
lange regierte dort Pego als König mit Würde sein Volk,
liebte die Künste, die Maler, die Bildner und Dichter vor allem,
aber die Dichter von Pega verschmähten verachtend den Reim.

Pego auf Reisen war einstens des öftren im Reimland gewesen,
lernte gereimte Gedichte, Balladen und Oden zu schätzen,
aber er konnte die heimischen Dichter dafür nicht gewinnen,
störrisch und hämisch bekämpften sie alle Gedichte mit Reimen,

Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen,
priesen in launigem Reim die Musen, erzählten sich Schnurren.
Einer, der lang geschwiegen, nur nickend zugestimmt hatte,
wiegte nun bedächtig sein Haupt und begann eine Rede:

Hört, Gefährten der Feder, ich will euch von Pega berichten.
Lange regierte dort Pego sein Volk. Der gebildete König
liebte die Künste, die Poesie in Versen vor allem,
aber die Leute von Pega verschmähten den Wohlklang des Reimes.

Pego auf Reisen war oft und gerne im Reimland gewesen,
lernte gereimte Gedichte, Balladen und Oden zu schätzen,
konnte jedoch die heimischen Dichter dafür nicht gewinnen.
Störrisch bekämpften sie alles, was reimte, und spotteten hämisch.

Friedhelm Götz 13.02.2015 09:32

Hallo Claudi,

Zitat:

Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen,
priesen in launigem Reim die Musen, erzählten sich Schnurren.
Einer, der lang geschwiegen, nur nickend zugestimmt hatte,
wiegte nun bedächtig sein Haupt und begann eine Rede:

Hört, Gefährten der Feder, ich will euch von Pega berichten.
Lange regierte dort Pego sein Volk. Der gebildete König
liebte die Künste, die Poesie in Versen vor allem,
aber die Leute von Pega verschmähten den Wohlklang des Reimes.

Pego auf Reisen war oft und gerne im Reimland gewesen,
lernte gereimte Gedichte, Balladen und Oden zu schätzen,
konnte jedoch die heimischen Dichter dafür nicht gewinnen.
Störrisch bekämpften sie alles, was reimte, und spotteten hämisch.
Ich hab mal versucht, bei den folgenden Strophen selber Hand anzulegen:

Schrieben kitschig gereimte Pamphlete gehässig dagegen
traten, als fremde Dichter die Grenzen des Reiches passierten,
diesen wütend entgegen, wie Boten dem König berichten:
›Pego, o König, vernimm, es stehn an der Grenze von Pega

Scharen von reimenden Dichtern, fordern von Pega Asyl.
Wütende Bürger von Pega bereiten uns heftige Sorge,
sehen Reinheit der Dichtung durch Reime aufs Schlimmste bedroht.‹
Sagte drauf Pego, die Stimme zornig erhebend zu ihnen:

›Reinheit der Dichtung?‹, wie dümmlich Schreier dort lauthals skandieren!
Fremde zu schmähen kann doch Peganern wahrhaftig nur schaden.
Konnte nicht Pega fremde Kulturen schon selber bereichern?
Reimende Dichter, ich will sie herzlich und fröhlich begrüßen.›

Also sprach Pego, wandte sich höflich an jene Verfemten:
›Freunde des Reims, ins Königreich Pega gekommene Dichter,
fasset euch, Meister und huldigt weiter der heiteren Dichtung.
Pflanzet drum eifrig, streut Samen auf Beete in lyrischen Gärten.

Wenn dann die fleißigen Immen blühende Verse bestäuben,
mögen euch köstliche Früchte reichlich zur Ernte erfreuen.
Pega, die Feste, beschenkt zur Düngung mit Pegasus Äpfeln.
Fruchtbare Wiesen und Felder belohnen die sorgsamen Gärtner. ›«

Staunend lauschten die Freunde den blumigen Versen des Schweigers,
lobten den Vortrag begeistert und waren weiter begierig,
wollten erfahren, was aus den Dichtern von Pega geworden...
Sprach der Erzähler, sie hätten kunstvoll auch Reime geschüttelt.

»Sahn sich in Pega zunächst die Dichter, die besten gefährdet,
fingen sie an, sich prachtvoll mit Versen die Nester zu formen,
haben Reimer umarmend sich fröhlich bei Festen gebärdet,
fanden gemeinsam dichtend allmählich auch fester zu Normen.

Pego, der König, sah froh des Reiches Gehege erweitert,
hörte noch mehr Touristen nach Pega die Reise erwägen,
hieß es, sie würden von reimenden Dichtern am Wege erheitert,
welche Intresse am Leben in Pega weise erregen.

Pega ist später leider, als Pego gestorben, gesunken.
Viele der Dichter, denen es danach als Sorben gestunken,
suchten das Reimland, zogen auf Wegen nach Mailand. In Hessen
priesen sie singend und klingend gereimt den Heiland in Messen,

bis im Iran, wo sie nervig Klänge von Luren verspüren,
nahe von Gräbern im Sand sich schließlich die Spuren verlieren.

LG Fridolin

Claudi 16.02.2015 08:55

Hallo Fridolin,

schön, dass Du jetzt selbst Hand anlegst. Du weißt am allerbesten, wie Du Dich ausdrücken willst. Meine "Gefährten der Feder" passen wohl nicht so ganz. Ich wollte nur einerseits die Freunde nicht so oft verwenden und andererseits einen längeren Ausdruck haben, damit eine schöne Mittelzäsur entsteht. Ich sag erstmal nur kurz was zu Deinen Versen, ohne konkrete Änderungsvorschläge.


Zitat:

Schrieben kitschig gereimte Pamphlete gehässig dagegen
traten, als fremde Dichter die Grenzen des Reiches passierten,
diesen wütend entgegen, wie Boten dem König berichten:
›Pego, o König, vernimm, es stehn an der Grenze von Pega
Einmal "dagegen" und wenig später "entgegen". Ich würde V1 ändern und überlegen, ob die Spötter unbedingt reimen müssen. "Reime" und "reimen" tauchen in der Folge ja noch sehr häufig auf.


Zitat:

Scharen von reimenden Dichtern, || fordern von Pega Asyl. - begehren ... ?
Wütende Bürger von Pega bereiten uns heftige Sorge,
sehen Reinheit der Dichtung durch Reime aufs Schlimmste bedroht.‹ - gefährdet?
Sagte drauf Pego, die Stimme zornig erhebend, zu ihnen:
In V1 liegt die Zäsur nicht im Versfuß, V1 und V3 enden betont.


Zitat:

›Reinheit der Dichtung?‹, wie dümmlich || Schreier dort lauthals skandieren!
Fremde zu schmähen, || kann doch Peganern wahrhaftig nur schaden.
Konnte nicht Pega | fremde Kulturen || schon selber bereichern?
Reimende Dichter, ich will sie || herzlich und fröhlich begrüßen.›
Hier sind auch einige Zäsurfehler. Bodo, willst Du da mal mit ran? "Lauthals" wäre ein schönes Wort fürs Versende.


Zitat:

Also sprach Pego, | wandte sich höflich || an jene Verfemten:
›Freunde des Reims, | ins Königreich Pega || gekommene Dichter,
fasset euch, | Meister | und huldigt weiter || der heiteren Dichtung.
Pflanzet drum eifrig, | streut Samen || auf Beete | in lyrischen Gärten.
Hier ist jedes Mal die gleiche Versendung xXxxXx. "Dichtung" ist sehr gut da hinten aufgehoben.


Zitat:

Wenn dann die fleißigen Immen || blühende Verse bestäuben,
mögen euch köstliche Früchte || reichlich zur Ernte erfreuen.
Pega, die Feste, beschenkt zur Düngung || mit Pegasus Äpfeln.
Fruchtbare Wiesen und Felder || belohnen die sorgsamen Gärtner. ›«
In V1 und V2 Zäsurfehler. Es muss nach der Hauptzäsur immer unbetont weitergehen.

So viel fürs Erste. Da steckt schon einiges an Arbeit drin. Wenns nicht klappt, mach ich gerne Vorschläge. Aber vielleicht mögt Ihr ja ein bisschen dran fummeln.

LG Claudi

Bodo Neumann 21.02.2015 20:40

Zitat:

Bodo, willst Du da mal mit ran? "Lauthals" wäre ein schönes Wort fürs Versende.
Hallo Claudi,
viel Zeit habe ich derzeit nicht, aber irgendwie habe ich mich wohl für diesen Kurs angemeldet und muss da nun durch, hab ich recht? ;):D

Aufgrund deiner Hinweise zum Setzen der Zäsuren und der Trochäen habe ich mich für diese Variante hier entschieden. Mit der "Botschaft" im letzten Vers (und später auch mit "verunglimpft" in V3) habe ich versucht, deine Idee aufzugreifen, "schwerere" unbetonte Silben einzubauen. Mir gefällt diese Differenzierung, über die ich mir bisher nie Gedanken gemacht habe.

...
"Pego, o König, vernimm, es stehn an der Grenze von Pega

Scharen reimender Dichter, Asyl begehrender Weise.
Ängstliche Bürger des Landes entfachen wütende Feuer:
›Reinheit der Dichtung – vom Reim befleckt – auf ewig verunglimpft! ‹“
Ruhig, doch bestimmt, erklärte der König den fragenden Menschen:

„›Reinheit der Dichtung‹ skandiert das satte Volk also lauthals?
Fremde zu schmähen, gereicht Peganern recht bald schon zum Schaden -
hat nicht Pega selbst die Kulturen der Nachbarn bereichert?
Reimende Dichter, sie seien gegrüßt. Verbreitet die Botschaft!“
Ich wäre dir auch dankbar dafür, wenn du mir mal die Zäsuren einzeichnest, wie du sie liest. Das fand ich bisher ganz spannend, und ich möchte das mal mit meinem Gefühl vergleichen.

Gruß Bodo

Edit: Okay, ich habe mich doch noch an die Vorgängerstrophe gemacht - irgendwie macht die Bastelei schon Spaß... Ich stelle nur gerade für mich fest, dass ich über der akribischen Arbeit an einzelnen Versen bzw. Strophen den inhaltlichen Gesamtzusammenhang etwas aus den Augen verliere. (ich habe das Gefühl, dass nicht jeder Satz im Zusammenhang mit Vorherigem oder Nachfolgendem schlüssig ist. Was solls - vordergründig geht es erst einmal um die Technik, oder? :)

Claudi 23.02.2015 01:04

Hallo Bodo,

Zitat:

viel Zeit habe ich derzeit nicht, aber irgendwie habe ich mich wohl für diesen Kurs angemeldet und muss da nun durch, hab ich recht?
Mit der Zeit gehts mir auch so. Müssen musst Du natürlich gar nichts, aber ich sehe ja, dass Du Dich reinhängst.


Zitat:

Mit der "Botschaft" im letzten Vers (und später auch mit "verunglimpft" in V3) habe ich versucht, deine Idee aufzugreifen, "schwerere" unbetonte Silben einzubauen. Mir gefällt diese Differenzierung, über die ich mir bisher nie Gedanken gemacht habe.
Sehr schön! :) Ich zeichne mal die Zäsuren ein, wie ich sie lesen würde:



Scharen reimender Dichter, || Asyl begehrender Weise. 3w
Ängstliche Bürger des Landes || entfachen wütende Feuer: 3w
›Reinheit der Dichtung – | vom Reim befleckt – || auf ewig verunglimpft! ‹“ 2w, 4m
Ruhig, doch bestimmt, | erklärte der König || den fragenden Menschen: 2m, 4w

„›Reinheit der Dichtung‹ skandiert || das satte Volk also lauthals? 3m
Fremde zu schmähen, | gereicht Peganern || recht bald schon zum Schaden - 2w, 4w
hat nicht Pega selbst || die Kulturen der Nachbarn bereichert? 3m
Reimende Dichter, | sie seien gegrüßt. || Verbreitet die Botschaft!“ 2w, 4m


Tendenziell würde ich schauen, dass die Zweiteilung der Verse (also nur eine Zäsur etwa in der Mitte) häufiger vorkommt als die Dreiteilung. Irgendwie scheinen natürlich gebaute Sätze immer schon nach der zweiten Hebung einen Sinnabschnitt zu haben. Da muss man immer ein bisschen gegenan arbeiten, damit sich das nicht zu sehr häuft. Sonst finde ich Deine Verse ganz gut gelungen.


Zitat:

Ich stelle nur gerade für mich fest, dass ich über der akribischen Arbeit an einzelnen Versen bzw. Strophen den inhaltlichen Gesamtzusammenhang etwas aus den Augen verliere. (ich habe das Gefühl, dass nicht jeder Satz im Zusammenhang mit Vorherigem oder Nachfolgendem schlüssig ist. Was solls - vordergründig geht es erst einmal um die Technik, oder?
Genau. Das denke ich auch.

LG Claudi


EDIT: Für die Zäsuren habe ich inzwischen bessere Kürzel im Netz gefunden, die ich gerne übernehme. Die Füße werden einfach numeriert und dann ein m (für männlich) bzw. ein w (für weiblich) angehängt. Ich ändere das oben. Männliche Zäsuren sind die direkt nach der Hebung, weibliche die nach der ersten Senkung.

Falderwald 25.08.2015 06:56

Hi Claudi,

um noch mal auf deine Anmerkung im Faden "Das elegische Distichon - die Waffe deiner Wahl" bezüglich "meiner Zäsuren" zurückzukommen, möchte ich dich bitten, mir das doch noch einmal genau an den folgenden Beispielen zu erläutern:

Könntest du bei den Schiffen hier doch tränen- und leidlos
sitzen, dieweil dein Lebenslos so kurz dir bemessen.
Nun wird ein früher Tod dir werden und Jammer vor allem;
wahrlich, zu schlimmem Geschick hab ich dich in den Hallen geboren.

(aus: Homer - Ilias, Übersetzung Roland Hampe)

XxXxxXxXxXxxXx
XxxXxXxXxXxxXx
XxxXxXxXxxXxxXx
XxxXxxXxxXxxXxxXx

Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen! es grünten und blühten...
Und es ließ der König darauf die Klügsten berufen...
Also wandelte Braun auf seinem Weg zum Gebirge...
Braun erreichte das Schloß und fand die gewöhnliche Pforte...

(aus: Reineke Fuchs - Goethe)

XxxXxxXxxXxxXxxXx
XxXxXxxXxXxxXx
XxXxxXxXxXxxXx
XxXxxXxXxxXxxXx

Soweit mir bekannt ist, können in der Deutschen Sprache Hexameter nur nachgebildet werden, da es in der akzentuierenden Metrik nur betonte und unbetonte Silben gibt, im Gegensatz zur quantitierendem Metrik mit Unterscheidung der Silbendauer.

Das Grundgerüst des "Deutschen Hexameters" bildet ein sechshebiger Daktylus, wobei der letzte Versfuß nicht vollständig ist:

Xxx Xxx Xxx Xxx Xxx Xx

Soweit ich weiß, können nun, müssen aber nicht zwingend, Zäsuren eingebaut werden, die nach der Kloppstockschen Variante meist aus Trochäen bestehen.

Es wäre für mich wichtig zu erfahren, wo die Zäsuren in meinen Hexametern teilweise noch nicht so ganz stimmen:

Sprach da ein Dichter nicht neulich schäbig über Sonette,
XxxXxxXxXxXxxXx

wollte Hexa- und Pentameter wieder elegisch vereinen,
XxxXxxXxxXxxXxxXx

Hunde wie er sind der Todesstreich der geflügelten Worte,
XxxXxxXxXxxXxxXx

Schwätze nicht, Bübchen, Sonette sind nicht für schlichte Gemüter.
XxxXxxXxXxxXxxXx

Holde Gesänge zum Schattentanz romantischer Kerzen:
XxxXxxXxXxXxxXx

Zaubersonette verführen feurig die weiblichen Herzen.
XxxXxxXxXxxXxxXx

weder die Lust noch die Liebesqualen poetischer Schmerzen.
XxxXxxXxXxxXxxXx

Pseudobeglücktes Geschwafel scheuen Poetengesindels
XxxXxxXxXxxXxxXx

Herzen erobert der Dichter im Sturm mit Feuer und Liebe,
XxxXxxXxxXxXxxXx

(Dass diese Hexameter noch ziemlich leiernd klingen und verbessert werden können, weiß ich auch, aber sie wurden ja nur für ein Spiel verfasst.)

Meine Fragen also:

Muss ein korrekter Hexameter in jedem Fall zwingend Zäsuren aufweisen?
Und wenn ja, wieviele müssen das sein, wo müssen diese stehen und welcher Art können diese sein?
Von wem wurden diese Regeln aufgestellt und wo kann ich das nachlesen (außer bei Ferdi)?

Eine Antwort darauf wäre sehr hilfreich.

Vielen Dank :)


Liebe Grüße

Falderwald


PS:

Zitat:

Zitat von Claudi
...kackenden Kerlen! Der Brechmittel bekam ich genug.

Ich weiß, das soll ein Pentameter sein, aber ich frage mich, wo hier der Spondeus liegt?
Doch wohl nicht im Ernst bei Brechmittel = XXx ?

Betonung "Brechmittel" = Xxx (Duden Aussprache/Betonung: --> klick mich)




Bodo Neumann 25.08.2015 18:52

Hallo Mädels,
soso, hier wollen wir also über alles reden? :)
Zitat:

Herr im Himmel, bewahr mich vor Reimlogorrhoe und Korinthen
kackenden Kerlen! Der Brechmittel bekam ich genug.
Zu "Reimlogorrhoe" möchte ich dich, Claudi, gern beglückwünschen.:) ABER mit zwei formellen Dingen hadere auch ich. Begründen kann ich beides nicht, es sind aber hartnäckige Bauchgefühle:

1. das Enjambement. Irgendwie habe ich mich an eine Zäsur am Ende des Hexameters gewöhnt. Ich dachte, dass sei so gewollt, weil ja auch das Versende XxxXx verbindlich ist, weil [Zitat Ferdi] "Der immer gleiche Schluss, X x x / X x, stellt dagegen sicher, dass die Verse dennoch als Abwandlungen immer des gleichen Grundverses erscheinen." Meiner Meinung nach geht dieser Effekt durch das Enjambement verloren. Seht ihr's anders?

2. Wie Falderwald sehe auch ich den Spondeus in Brechmittel problematisch. Nicht per se (in anderer Konstruktion sicher möglich), aber in Anbetracht der extrem starken Zäsur nach dem Ausrufezeichen. Was denkt ihr?

lg Bodo

Claudi 26.08.2015 04:30

Hallo, Ihr Beiden!

Ich antworte Euch mal scheibchenweise (weiß nicht, wie weit ich heute noch komme). Zuerst zum Brechmittel, für das Ihr Euch ja beide interessiert. Wäre Euch die Schreibweise Brech-Mittel lieber? Klar spreche ich das so, dass man die Zäsur hört. Im Schriftbild mag das befremdlich wirken. Nun ja, ich versuche halt bewusst, nicht alle Verse gleich zu bauen und Euch ein paar Anregungen mitzugeben. Jedenfalls bin ich mit meinem Brechmittel bei Eduard Mörike in guter Gesellschaft. In "Bilder aus Bebenhausen" ist z.B. dieser Pentameter zu finden:

Gleitet her- / über zum / Wald- || rande mit / Beben der / Schall,

Faldi, dass der Duden immer nur die Hauptbetonung in einem Wort anzeigt, hatte ich aber schon öfter erwähnt? "Brech-" ist normalerweise stärker betont als "mit-", da sind wir uns einig. "Mit-" liegt für mich aber, verglichen mit der schwachen Endsilbe "-tel", in der Betonungsintensität näher an einer Hebung als an einer Senkung. Als Daktylus würde ich das Wort "Brechmittel" auf keinen Fall verwenden. Aber da hatten die berühmten Hexametristen auch unterschiedliche Vorlieben. Das muss keiner so handhaben.


Zitat:

Zitat von Bodo
das Enjambement. Irgendwie habe ich mich an eine Zäsur am Ende des Hexameters gewöhnt. Ich dachte, dass sei so gewollt, weil ja auch das Versende XxxXx verbindlich ist, weil [Zitat Ferdi] "Der immer gleiche Schluss, X x x / X x, stellt dagegen sicher, dass die Verse dennoch als Abwandlungen immer des gleichen Grundverses erscheinen." Meiner Meinung nach geht dieser Effekt durch das Enjambement verloren. Seht ihr's anders?

Mit "der immer gleiche Schluss" ist das Versende gemeint, das nicht zwangsläufig mit dem Satzende identisch sein muss. Klopstock, wenn ich mich richtig erinnere (müsste ich nachschauen), hatte, glaube ich, mindestens in jedem sechsten Vers ein Enjambement gefordert, damit Vers- und Satzgrenzen gerade nicht immer zusammenlaufen.

Faldi, bei Dir fange ich mal hinten an. Vielleicht klärt sich dann der Rest von alleine.

Zitat:

Zitat von Faldi
Muss ein korrekter Hexameter in jedem Fall zwingend Zäsuren aufweisen?
Und wenn ja, wieviele müssen das sein, wo müssen diese stehen und welcher Art können diese sein?
Von wem wurden diese Regeln aufgestellt und wo kann ich das nachlesen (außer bei Ferdi)?

Ich nehme an, Du möchtest dazu einen Satz lesen wie diesen von Andreas Heusler, Deutsche Versgeschichte, dritter Band (de Gruyter 1929), Seite 256 – 260:

"Die kurze Regel für den deutschen Hexameter lautet so: Er braucht einen Schnitt im dritten oder im vierten Takte."

Ich habe das Buch nicht zu Hause, aber ich weiß, wer die wichtigsten Passagen daraus zitiert. Auch andere namhafte Metriker, die sich mit dem deutschen Hexameter beschäftigt haben, kommen auf der Seite zu Wort, speziell zur Zäsur (aber auch zu anderen Fragen) z.B. Jacob Minor. Was auch immer Du über den Vers wissen willst, falls Google überhaupt eine Antwort ausspuckt, wirst Du mit großer Wahrscheinlichkeit hier fündig. Solltest Du eine Quelle entdecken, die ergiebiger ist, lass es mich ruhig wissen.


Zitat:

Es wäre für mich wichtig zu erfahren, wo die Zäsuren in meinen Hexametern teilweise noch nicht so ganz stimmen
Ich schreibe die Kandidaten mal raus:

Sprach da ein Dichter nicht neulich schäbig || über Sonette,

Hier könnte man großzügig sein und die bukolische Diärese als Zäsur gelten lassen. Eigentlich wäre die Pause zum Luftholen aber früher, nämlich vor "schäbig", oder? Sag einfach mal, wie Du den Vers sprichst. Wenn Du z.B. statt "schäbig" "gehässig" nimmst, kriegst Du die Zäsur in den dritten Fuß statt zwischen den dritten und vierten Fuß.

Sprach da ein / Dichter nicht / neulich || ge- / hässig über So- / nette,

Diesen hier:

Pseudobeglücktes Geschwafel || scheuen Poetengesindels

kann ich kaum anders lesen als mit dem eingezeichneten Einschnitt, denn das Adjektiv "scheuen" gehört doch sinngemäß sehr nah zum "Poetengesindel". Da findest Du sicher selbst ein anderes Wort, das unbetont beginnt, vielleicht "bekloppten"?

So, hier mach ich für heute eine Zäsur, :D sonst komm ich gar nicht mehr aus dem Nachtrhythmus raus.

LG Claudi

Claudi 26.08.2015 12:37

Weiter gehts. Faldi, b.B. kannst Du ja meine Beiträge zusammenführen. Für mich ist es so leichter, weil ich zu Deinem Beitrag runterscrollen und daraus zitieren kann, was im Ändern-Modus nicht möglich ist.

Zitat:

Zitat von Faldi
Soweit ich weiß, können nun, müssen aber nicht zwingend, Zäsuren eingebaut werden, die nach der Kloppstockschen Variante meist aus Trochäen bestehen.

Da bringst Du jetzt zwei verschiedene Dinge zusammen, die ich in meiner Kurzbeschreibung als zwei separate Punkte aufgeführt hatte:

Zitat:

1. In den ersten vier Versfüßen werden vereinzelte Daktylen durch Trochäen ersetzt. Ich sag mal, so ca. ein bis zwei pro Vers, aber immer schön abwechslungsreich, so dass nicht in jedem Vers der gleiche Fuß verkürzt wird.

Xx(x) Xx(x) Xx(x) Xx(x) Xxx Xx

Für die ersten vier Versfüße kann jeweils entweder ein Daktylus oder ein Trochäus stehen. Der fünfte Fuß ist ein Daktylus, der sechste immer ein Trochäus.

2. Jeder Vers hat mindestens eine Hauptzäsur (Einschnitt, Sprechpause), nach der es unbetont weitergeht.

Was nicht unbedingt sein muss, ist das Ersetzen einzelner Daktylen durch Trochäen. Ein schönes Beispiel gibst Du selbst mit dem ersten Goethe-Vers:

Pfingsten, das / liebliche / Fest, || war ge- / kommen! es / grünten und / blühten


Der Vers ist vollständig daktylisch, aber dennoch deutlich in Sinnabschnitte gegliedert und hat die Hauptzäsur (also den oben von Heusler erwähnten obligatorischen Schnitt) im dritten Fuß. So eine Hauptzäsur wirst Du bei allen Hexametristen finden, wenn auch nicht immer so deutlich. Daneben können in einem Vers beliebig viele kleinere Schnitte (Nebenzäsuren) auftreten. Worauf es ankommt, ist nur diese eine Hauptzäsur, die den Hexameter in zwei ungleiche Hälften gliedert.

Für den Anfang (und unser Spiel) reicht es völlig aus, einen Einschnitt ungefähr in der Mitte des Verses anzubieten, nach dem es unbetont weitergeht. Einverstanden?

Ich zeichne bei Deinen anderen Beispielversen jetzt nur die Hauptzäsuren ein. Dann siehst Du vermutlich schon, was gemeint ist. Bei einigen Versen sind auch durchaus mehrere Lesarten möglich.

Und es ließ der König darauf || die Klügsten berufen...
Also wandelte Braun || auf seinem Weg zum Gebirge...
Braun erreichte das Schloß || und fand die gewöhnliche Pforte...

Könntest du bei den Schiffen hier || doch tränen- und leidlos
sitzen, dieweil dein Lebenslos || so kurz dir bemessen.
Nun wird ein früher Tod dir werden || und Jammer vor allem;
wahrlich, zu schlimmem Geschick || hab ich dich in den Hallen geboren.



So, ich hoffe, ich hab nichts vergessen. Sonst einfach nachfragen.

LG Claudi

Bodo Neumann 26.08.2015 13:21

Hallo Claudi,

wenn du solche Dinge, wie diesen Faden hier, zwischen 4.00 und 4.30 Uhr pflegst, mache ich mir schon Sorgen. So groß wird ja die Zeitverschiebung nicht sein, oder? Lass dich also nicht unter Druck setzen. 5.30 Uhr hätte es auch noch gereicht!:)

Die Sache mit den Enjambements nehme ich mir an. Bin ja eh ein Fan dieser Sprünge, warum also nicht...

Aber nochmal zum Brechmittel. Bei deiner Argumentation hast du meinen Einwand bezüglich deiner starken Zäsur im zweiten Takt übergangen. Alors - encore une fois:
Ich finde, die beiden Verse kann man nur bedingt miteinander vergleichen, weil der Möricke-Vers eben keine weitere "Haupt"-zäsur aufweist. Dadurch wird mMn der Leser im "Waldrand" eher zum Hebungsprall geführt als in deinem "Brechmittel".
kackenden Kerlen! || Der Brech|mittel bekam ich genug.
Gleitet herüber zum Wald||rande mit Beben der Schall,
Ich finde, dass in deinem Vers letztlich nur die ansonsten drei aufeinanderfolgenen unbetonten Silben (mit-tel be) auf den Hebungsprall hinweisen. Beim ersten Lesen ist das wahrscheinlich nicht einfach zu erkennen.

Ansonsten erstmal besten Dank.

lg Bodo

Friedhelm Götz 26.08.2015 13:46

Hallo Bodo,

bei deiner Argumentation übersiehst du, dass im Pentameter die Zäsur zwingend nach der dritten Hebung zu stehen hat, worauf der ebenfalls obligatorische Hebungsprall zu folgen hat. Beides ist sowohl im Distichon von Mörike (Wald||rande) als auch im Beispiel von Claudi (Brech||mittel) verwirklicht.

LG Fridolin

Claudi 26.08.2015 14:11

Hi Bodo,

Zitat:

wenn du solche Dinge, wie diesen Faden hier, zwischen 4.00 und 4.30 Uhr pflegst, mache ich mir schon Sorgen.
äh, Du glaubst, dass ich sowas in einer halben Stunde schaffe? Dann würde ich mir an Deiner Stelle auch Sorgen machen. :D

kackenden Kerlen! Der Brech- || mittel bekam ich genug.

Wir sind ja hier im Pentameter. Da spricht man eigentlich nicht von Hauptzäsur, denn die Mittelzäsur, genauer gesagt: Diärese, ist ja festgelegt. Das Ausrufezeichen ist ein harter Einschnitt, ja. Jemand, der mit dem Pentameter nicht vertraut ist, hätte vermutlich Probleme, obwohl dazwischen ja noch der unbetonte Artikel steht. Aber Du als angehender Experte? :eek: Was wirst Du erst sagen, wenn ich mit geschleiften Spondeen ankomme? :p

Ne, beiß Dich mal nicht zu sehr daran fest. Das sollte keine Darbietung gehobener Verskunst sein. Es war nur ein spontaner Einfall, und ich will den Vers jetzt nicht großartig verteidigen. Als Anregung kannst Du ja Mörikes Vers im Gedächtnis behalten.

Die Bilder aus Bebenhausen gibt es übrigens im Projekt Gutenberg und bieten sich vielleicht zum Reinschauen an?


Hi Fridolin,

schön, Dich zu sehen und danke für den Beistand!


Nachtrag:

Hi Faldi,

inzwischen hat sich noch ein Patient eingefunden, der an der Zäsur schwächelt:

Weibliche ne, in Ehren, || wollen sich E-Mann zipieren,

Und nochmal Bodo:
Zitat:

Zitat von Bodo
Die Sache mit den Enjambements nehme ich mir an. Bin ja eh ein Fan dieser Sprünge, warum also nicht.

Wenn Du Lust hast, kannst Du ja mal einen Abschnitt bei Klopstock überprüfen. Ich habe inzwischen bei Emil Linckenheld nachgeguckt. Er schreibt in "Der Hexameter bei Klopstock und Voss", dass Klopstock

Zitat:

... den Vers nicht öfter als viermal nacheinander mit einer Sinnespause schliessen will

LG Claudi

Falderwald 30.08.2015 08:58

Hi Claudi,

legen wir einmal das folgende Zitat zugrunde:

Zitat:

Zitat von Andreas Heusler
"Die kurze Regel für den deutschen Hexameter lautet so: Er braucht einen Schnitt im dritten oder im vierten Takte."

Das beantwortet meine Frage nur teilweise. Auf der einen Seite geht daraus hervor, wo sich eine Zäsur befinden sollte, andererseits sagt dies aber nichts über die Menge der Zäsuren aus.
Oder bedeutet dies, dass es nur eine einzige Zäsur geben darf?

Wobei wir zur nächsten Frage kämen, wie eine Zäsur beschaffen sein muss, bzw. wie sie bewerkstelligt werden kann.

Soweit ich das aus den alten Texten ersehen kann, gibt es dazu verschiedene Möglichkeiten. Eine Zäsur kommt zustande, in dem vom "üblichen" Metrum abgewichen wird, oder durch ein eindeutiges Satzzeichen, welches eine Sprechpause an der entsprechenden Stelle erzwingt.
Habe ich das soweit richtig verstanden?

Bevor ich mich also hier weiter äußern kann, hätte ich also die Fragen bezüglich der Menge und der Art und Weise von Zäsuren erst einmal geklärt.

Dankefein :)


Liebe Grüße

Falderwald



Bodo Neumann 30.08.2015 19:21

Zitat:

eh du geiferst und speist, bring die cäsur auf die reih'!
Lieber Wolo,

dann mal raus mit den Tipps! Bin ja nicht zum Spaß hier... Nein, bitte, es interessiert mich wirklich, wo du fehlerhaft Zäsuren entdeckt hast.

Bei der Gelegenheit hätte ich gern auch gewusst, ob man den letzten Daktylus im Hexameter wirklich derart stark verkürzen darf wie du bei "Homers" (s. Markierung) und ob du "weswegen" tatsächlich auf der ersten Silbe betonst.
Zitat:

gegen den virus falscher cäsuren! beim barte Homers,
XxxXxXxxXxxXxxX
hochmut führt doch zu nichts, höchstens zum fall, drum halt ein!

trage dein los! berufe dich nicht auf Claudi und andre!
weiß denn einer den grund, weswegen deiner sie schont?
Merci d'avance

Bodo

wolo von thurland 30.08.2015 19:45

danke, bodo, für dein aufmerksames lesen.

beide markierten stellen habe ich im distycha-faden abgeändert. hoffe, du bist zufrieden.

zu den cäsuren kann ich fogendes sagen: mir sind die nicht so wichtig. hauptsache, es hat welche, bzw. der text hat eine deutliche rhythmik. und schon gar nicht wichtig ist mir eigentlich die regel, dass eine cäsur nicht direkt vor der folgenden hebung kommen darf.

schönen abend, frohes dichten
wolo

Claudi 04.09.2015 18:22

Moin Faldi,

Zitat:

Zitat von Faldi
Bevor ich mich also hier weiter äußern kann, hätte ich also die Fragen bezüglich der Menge und der Art und Weise von Zäsuren erst einmal geklärt.

bevor ich das Wiederkäuen beginne, hätte ich gerne gewusst, ob Du meinen Beitrag #31 übersehen hast, oder ihn gelesen hast und nichts damit anfangen konntest. Wenn ich irgendwas unverständlich formuliere, wäre ich dankbar für jede Rückmeldung, damit ich es beim zweiten Anlauf dann vielleicht besser hinkriege.

Die Art der Zäsur ist im Hexa meist eine Pause zwischen zwei Sinneinheiten. Werden diese Teile durch ein Satzzeichen getrennt, ist der Einschnitt deutlicher. Aber auch ohne Satzzeichen dazwischen würde man wohl einen sechshebigen Vers kaum, ohne einmal Luft zu holen, in einem Rutsch runterleiern. Es reicht also, wenn Du dem Leser eine klitzekleine Sprechpause vor einer unbetonten Silbe anbietest. Mehrere dürfen, müssen aber nicht sein.

Du könntest ja, falls Du noch unsicher bist, in Deinen Versen die von Dir angedachten Zäsuren kennzeichnen. Und vielleicht versuchst Du mal, diesen Vers:

Weibliche Töne, in Ehren, || wollen sich E-Mann zipieren,

so umzubauen, dass er nach dem zweiten Komma unbetont weitergeht?

LG Claudi


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