Gedichte-Eiland

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-   -   Euphoria (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=16627)

Erich Kykal 09.03.2017 18:12

Euphoria
 
Wie selten sind die seligen Momente,
darin wir baden, wenn die Sinne schweigen,
wenn, was an Außenwelt sie immer zeigen,
wo Menschen toben oder Elemente,

am Innersten vorbei ins Leere brandet,
da alle Pforten sich zur Mitte neigen
und lautlos sich verschließend einen Reigen
um jene Stelle drehen, wo sie landet:

Die eine Süße, die sich nie verhandelt
mit was auch immer wir von ihr erwarten -
aus der wir endlich, reiner und verwandelt,

die Bitterkeiten lächelnder ertragend,
in Größerem, als wir bisher bewahrten,
uns lösen, eine Auferstehung wagend.

Falderwald 10.03.2017 21:06

Servus Erich,

der Text beschreibt, wie im Titel schon angekündigt, den Moment einer heiteren und zuversichtlichen Gemütsstimmung, das gefällt mir sehr.

Ich kenne solche Augenblicke, wenn ich draußen in der Natur bin auch.
An irgendeinem schönen Platz stelle oder setze ich mich hin und versinke einfach in diesen Moment.
Alle Sinne werden eins mit der Umgebung, Zeit und Raum verschmelzen miteinander und das einzige, was ist, bin ich selbst.
Da wird alles andere unwichtig und ist vergessen, der ganze Trubel und die Geschehnisse der Welt werden bedeutungslos und zielen ins Nichts, so als wären sie niemals existent gewesen.
Alles wird rund und harmonisch, für diesen kleinen Moment.

Man kann diesen Zustand manchmal bewusst herbeiführen und er hilft dabei, den ganzen Frust über die Dummheit der Welt zu vergessen. Man kann hinterher manchmal, wie du es schreibst, sogar darüber milde lächeln.

Doch das Wichtigste ist, nach einer solchen Meditation fühlt man sich oft wie neugeboren.

Und das beschreibt dein hoffnungsvolles Sonett in farbenfrohen Bildern.

Das hat mir sehr gut gefallen, ein sehr schönes Werk aus deiner Feder. :)


Gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Kokochanel 10.03.2017 21:15

ja, die eine Süße, losgelöst von allem Denken und Grübeln, lieber Erich, schenkt diese Momente. Darum ist sie ja, wie alles, was wir nicht alltäglich haben, so wertvoll.:)
Sehr poetisch formuliert.
Sehr gerne gelesen von Koko

Erich Kykal 10.03.2017 21:17

Hi Faldi!

Genau im Gedenken an solch erhabene Augenblicke während meiner Wanderungen habe ich das Sonett geschrieben! Du scheinst da ähnlich zu fühlen wie ich, was Natur betrifft!

Die einzige andere Entsprechung, die mir einfiel, war jener Moment, wenn der Frischverliebte erfährt, dass seine Angebetete seine Gefühle erwidert! - Euphorisch!

Anderswo wurde es mit einer Epiphanie gedeutet oder religiöser Verzückung. Das war nicht meine Idee (ich bin ja, wie du weißt, je nach Laune irgendetwas zwischen Agnostiker, Atheist und ausgemachtem Glaubensfeind!;)), ist aber zulässig, da dasselbe Hirnareal dabei aktiv ist. ;):D

Vielen Dank für deine freundlichen Gedanken! :)


Hi Koko!

Hab dich gerade noch entdeckt, ehe ich den Faden verließ! Auch dir vielen Dank für das positive Echo! :)


LG, eKy

Thomas 10.03.2017 21:31

Lieber Erich,

das finde ich sehr interssant, was da bei dir in "eine Auferstehung wagend" gipfelt. Deine Überschrift schafft eine Distanz, aber es ist heute wirklich schwer, dieses Gefühlt auszudrücken. Ich habe das vor langer Zeit in "Unzeitgemäßes Gedicht" (Link: http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=6803) versucht. Auch mein Titel deutet diese Schwierigkeit an. Aber ist es nicht gerade deswegen um so wichtiger, es zu versuchen auszudrücken? :confused:

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal 10.03.2017 22:08

Hi Thomas!

Dein Werk (eigentlich fast zwei) ist schön! Danke für den Link!

Tja, mit den Gefühlen ist es heutzutage so eine Sache. Nach all den "coolen" bis eiskalten Filmhelden seit den Achtzigern ist es heute schwieriger denn je, als Mann oder Dichter über Gefühle zu schreiben, noch dazu, wenn sie so überbordend und "uncool" daherkommen wie reine Freude und Glücksseligkeit.
Das Handbuch für "echte Kerle" sagt, dass sowas bei uns nicht vorkommt, und wenn, dann spricht man nicht darüber! "Mann" hat beherrscht zu sein und immer Herr der Lage - nichts kann ihn überraschen, aushebeln oder umhauen!

Natürlich haben wir so nie ge-, oder eben ganz verlernt, mit solchen Gefühlen umzugehen oder ihnen gar zu vertrauen. Dementsprechend distanziert nähern wir uns also erst mal der Materie - siehe Titel. ;):D:rolleyes:

Die "Auferstehung" kann aber auch als ein Erwachen in ein größeres, reiferes Selbst gedeutet werden, in dem solche Schablonen und Rollenbilder nicht mehr notwendig sind, weil wir gelernt haben, uns nicht mehr über die Wirkung auf andere zu definieren. Vielleicht heißt "ganz bei sich sein" gar nichts anderes als das ... ;) - und das wäre dann irgendwie auch wieder "cool"! :cool::rolleyes:

Vielen Dank für deine Denkanstöße! :)

LG, eKy

Thomas 11.03.2017 11:10

Lieber Erich,

Dein Satz: "Die 'Auferstehung' kann aber auch als ein Erwachen in ein größeres, reiferes Selbst gedeutet werden." trifft den Punkt, finde ich, wobei das "größere Selbst" möglicherweise (nur als Beispiel! ) so Verstanden werden kann, wie Schiller es sagt:

Vor dem Tod erschrickst du! du wünschest unsterblich zu leben?
Leb' im Ganzen, wenn du lange dahin bist, es bleibt.

Oder anders ausgedrückt: Irgendwann müssen wir Individuen sterben, aber unser Leben ist damit nicht "abgeschlossen", nicht "rund". Das Konzept der "Auferstehung" verstehe ich als den "Abschluss" in einem größeren Selbst, welches man nicht genau (und logisch) sehen oder verstehen kann, bzw. können muss; bisweilen erhascht man vielleicht eine vage Ahnung davon und schreibt dann ein seltsames (euphorisches) Gedicht unter der Kategorie "Ein neuer Morgen". ;)

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal 12.03.2017 20:12

Hi Thomas!

Naja, mit einem "es bleibt" bleibt der gute Schiller aber doch recht vage. Wo bleibt es, und wie? Transzendiert mit dem eigenen Selbst (aber "vage Ahnungen" machen auch nicht satt!) oder nur in der Erinnerung der Nachwelt? Vielleicht, aber da eben auch nicht allzu lange.

Nein, das Leben betrifft uns nur, solang wir leben. Und warum sich nicht selbst verbessern, solang man kann? Mag sein, es ist sinnlos, weil nichts über das Ende hinausreicht - aber was soll's. Solang ich lebe, möchte ich nicht dumm, hilflos und unmündig sein, also immer her mit den Erfahrungen! :D

LG, eKy

juli 13.03.2017 12:45

Lieber eKy,

Ja, was wäre das Leben ohne die Höhepunkte wie: die erste Liebe, Weit - aufs - Meer - blicken, Spazierengehen, Achterbahnfahren ( ich mag das Fastfliegen, das Magenkullern ist unbeschreiblich), aber je älter man wird, weiß man die Kleinigkeiten zu schätzen, eine Krokos im Garten und das Spatzengezwitscher.:Blume:

Die Endlichkeit lehrt andere Euphoria.:)

Du hast mit deiner unnachahmlichen Art Worte für Glück und Euphorie gefunden.:)

Ich schicke dir einen Frühlingsgruß sy

:Blume::Blume::Blume:

Erich Kykal 13.03.2017 17:46

HI Sy!

Ich bin knapp hinter dir, da vorzeitig gealtert durch ungesunden Lebenswandel! ;):D

Auch ich weiß längst die kleinen Dinge zu schätzen. Aber Euphorie ist ein derart allumfassendes und vor allem überbordend ausfüllendes Gefühl - das gleicht eher einem Anfall als einem warmherzigen Freuen über Vogelgezwitscher.

Es ist, als möchte man die ganze Welt umarmen und alles gleichermaßen von Herzen lieben, auch weil man das Gefühl hat, in allem zu sein!
Selten, aber doch überfällt es mich, und ich beginne zu weinen, verströme Liebe aus jeder Fingerkuppe, spüre direkt körperlich, wie ein heißer Strom ungezügelter Emotion mich durchfließt, aus mir herausleuchtet, sich verschwendet, bis es irgendwann verebbt. So lange bin ich zugleich ganz in mir und völlig in die Welt verteilt! Macht das Sinn?
Es ist wirklich wie ein Anfall, mein Rücken biegt sich durch, die Arme strecken sich, ich kann nicht mehr sprechen - in solchen Momenten empfinde ich fast so etwas wie einen göttlichen Funken in mir - nichts Religiöses, eher eine Ahnung dessen, was ich MEHR sein könnte, wenn ich mich nicht so von allem entfernte.

Aber ich denke, zuviel ist auch ungesund. So viel Liebe ist nicht auf Dauer zu ertragen, und jeder Verlust wäre ein Weltuntergang! Ich glaube, diese Ausbrüche sind eher eine Art Notdruckventil, um Aufgestautes abzulassen, wenn der Auslöser passt. Das kann dann auch eine Filmszene sein, oder ein Gedicht ... :rolleyes:

Dieses Gefühl wollte ich in Worte fassen. :)

LG, eKy

bobo 16.03.2017 19:53

Hallo! :-)

Wow! Wie lernt man so gut zu schreiben?

Das will ich auch lernen!

Erich Kykal 16.03.2017 20:35

Hi Bobo!

Vielen Dank für das vorbehaltlose und schöne Kompliment! :)

Ich schreibe seit 10 Jahren in den Gedichteforen und habe hier viel gelernt. Ein gewisses Talent für Sprachmelodie, Takt und Sprachhabung sollte man aber mitbringen. Wer das nicht hat, kann immer noch "modern" schreiben ... ;):D (kleiner Seitenhieb - wo sind Händereib- und Boshaft-Grins-Smiley?)
Hilfreich ist es auch, sich gründlich "einzulesen", sprich die Klassiker zu lesen.
Mein großes Vorbild ist Rilke.

Viel Spass hier!

LG, eKy

bobo 16.03.2017 21:23

Gern und danke für die nette Aufnahme!
Ich glaube, du hast eine sehr feine Wahrnehmung.

Darf ich fragen, verzeih ich bin so neugierig, wielang du für die Grundlagen gebraucht hast diese zu lernen? Also, das Versmaß!
Bzw. wie war der Einstieg für Dich damals?

Lg!

Erich Kykal 16.03.2017 23:04

Hi Bobo!

Musikalität hilft. Schon als Bub habe ich vor mich hin gereimt, das fiel mir immer leicht. Als Teenager hörte ich wochenlang Goethe's Faust auf Schallplatte, aber Rilke's "Panther", damals noch fixer Bestandteil des österr. Schullesebuchs, war meine Initialzündung in Sachen Lyrik, so mit 12.
Was ich als Teen schrieb, war allergings sehr von der natürlichen Arroganz der Jugend geprägt, alles besser zu wissen. Damals hatte ich keine Ahnung von Auftakten oder Kadenzen, Hebern, Silbenzahl, Reimschema oder verbindlichen Regeln für bestimmte Gedichtformen.
Ich war "Gefühlsdichter", folgte nur der Sprachmelodie und dem eigenen Rhythmusgefühl. Im großen und ganzen bin ich das heute noch, allerdings weiß ich heute um die Regeln, die ich im Sonderfall ignoriere.
Während meiner Studienzeit habe ich aufgehört, Lyrik zu machen und fing erst um 2005 herum wieder damit an, fast 25 Jahre später. Nun, mit mehr Lebensreife und Erfahrung im Hintergrund, fand ich meine Lyrik wesentlich besser und beschäftigte mich wieder damit.
Ich geriet in verschiedene Dichterforen, blieb schließlich in zweien, wo man gepflegt und zivilisiert miteinander umgeht. Hier habe ich in den letzten Jahren so peu à peu dazugelernt.

Ich habe mich allerdings nie aktiv um Wissen bemüht. Dichten machte mir einfach Spass, es brauchte für mich keine Regeln dazu. Wer das ernst nimmt, kann sich dieses Wissen innerhalb eines Tages ergoogeln - Wikipedia weiß alles! ;)

Letztlich läuft es auf Übung hinaus: Vokabular erweitern. Sprache schulen, vor allem lyrische Sprache. Ohr schulen, Takt und Rhythmusgefühl. An Beispielen lernen. Gute Dichter hören, lesen und studieren. Aber das Wichtigste: Freude an der schönen Sprache an sich.

LG, eKy

bobo 16.03.2017 23:46

Hallo Erich!

Danke für die offene Antwort! Ich habe erst vor knapp vier Wochen damit angefangen! Stehe also fast bei null. :-))
Mal sehen wohin es mich tragen wird! Über jede Kritik bin ich jedenfalls happy.

Ein schöner Abend sei Dir noch gewünscht.

Lg!

Erich Kykal 17.03.2017 18:59

Hi Bobo!

Bloß nicht aufgeben! Aber wenn wahres Interesse besteht, dann entwickelt man sich zwangsläufig weiter, so wie einer, der gern Rad fährt, es sehr viel schneller lernt und besser beherrscht. :)

LG, eKy


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