Gedichte-Eiland

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Leier 17.06.2009 09:00

Erst dann
 
-

Die Sonne taucht mir das Gemäuer
in mattes, kaltes, fahles Grau.
In meine leergefegte Scheuer
taucht nicht der lieben Augen Blau.
Der Lärm erfüllt mit ekler Stille
die Räume, die nun viel zu groß
in ihrer häßlich-trüben Fülle
des Geistes, ja, des Lebens bloß.

Die Nächte wandeln sich nicht länger
zu süßem, duftdurchwirktem Traum.
Vor meinem Fenster klagt nun bänger
die Nachtigall im Erlenbaum.
Des Morgens sanftentbrannte Röte
steigt mir als Pein ins wehe Blut
und brennt in meine bittren Nöte
Not um Not mit neuer Glut.

Es fangen mich die müden Tage
mit ihren Eisenklammern ein,
und in mein Herz dringt wilde Klage:
Du ließest wortlos mich allein.
Mein Suchen wird Erfüllung finden
im Augenblick, da Deine Hand
den Geist mir aus des Schmerzes Gründen
zu Deinem Geist emporgebannt.

Erst dann wird wieder Sonne werden.
Erst dann wölbt wieder sich das Zelt
des Himmels über reichen Erden,
erst dann beginnt der Lauf der Welt;
erst dann kehrt Ruhe in mich ein,
erst dann bin ich auch heimgekehrt,
erst dann, in Deinem Widerschein,
erst d a n n ist Leben lebenswert.

Klatschmohn 17.06.2009 09:26

Liebe Cypi,

schmerzhaft, so ein Gedicht über Trauer und Verlust; und bittersüß mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen, - ja - aber nicht mehr in diesem Leben !
Ich glaube um die Gefühle, die Du da in den ersten Versen beschrieben hast, weiß jeder der unfreiwillig alleine lebt und seine Liebe im Herzen behalten hat.
Ja, hier schaut jemand auf einen - ja eigentlich doch schönen Sonnenmorgen,
aber mit verdunkelter Wahrnehmung, erkennt zwar alle was um ihn schön sein könnte, aber kann es nicht an,- und nicht aufnehmen.
Hier heißt es nicht " Angst essen Seele auf" sondern hier tut es die Trauer.

Ein zu Herzen gehendes Bild von einer trarigen Stimmung, die Du hier gut eingefangen hast.

Liebe Grüße,
Klatschmohn

Leier 17.06.2009 11:23

Liebe Klatschmohn,

hab Dank für Deine Interpretation und den schönen Kommentar.
"Trauer ist Abwesenheit von Glück" oder "Sehnsucht ist ein Schritt in die Trauer".

Das Gedicht ist sehr alt und galt jemandem, der auf eine lange Reise ging.


Lieben Gruß
von
cyparis

Erich Kykal 17.06.2009 13:24

Zitat:

Zitat von cyparis (Beitrag 19377)
-

Die Sonne taucht mir das Gemäuer
in mattes, kaltes, fahles Grau.
In meine leergefegten Scheuer (Korrektur)
taucht nicht der lieben Augen Blau.
Der Lärm erfüllt mit ekler Stille
die Räume, die nun viel zu groß
in ihrer häßlich trüben Fülle - (Bindestrich hier besser)
des Geistes, ja, des Lebens bloß.

Die Nächte wandeln sich nicht länger
zu süßem, duftdurchwirktem Traum. (Hier Komma besser)
Vor meinem Fenster klagt nun bänger (Korrektur)
die Nachtigall im Erlenbaum.
Des Morgens sanftentbrannte Röte (Wortwiederh. mit Z2)
steigt mir als Pein ins wehe Blut (Korrektur)
und brennt in meine bittren Nöte,
in Not um Not mit neuer Glut. (Für's Metrum)

Es fangen mich die müden Tage
mit ihren Eisenklammern ein,
und in mein Herz dringt wilde Klage:
Du ließest grausam mich allein.
Mein Suchen wird Erfüllung finden
im Augenblick, da Deine Hand
das Herz mir aus des Schmerzes Gründen
emporhebt, wo es sich befand. (Schönere Sprache)

Erst dann wird wieder Sonne werden. (Metrum)
Erst dann wölbt wieder sich das Zelt
des Himmels über reichen Erden,
erst dann beginnt der Lauf der Welt;
erst dann kehrt Ruhe in mich ein,
erst dann bin ich auch heimgekehrt,
erst dann, in Deinem Widerschein,
erst d a n n ist Leben lebenswert.



Wunderschön! Gefällt mir sehr! Welch eine harmonisch weiche, sprachlich reichhaltige Hymne an die Zweisamkeit! Hab Dank für diese Zeilen!

Ich habe mir frecherweise erlaubt, ein paar Korrekturen und Vorschläge zu machen (fett gedruckt), der Einfachheit halber gleich in deinem Zitat. Für mein Gefühl machen sie dein formidables Werk noch runder und köstlicher. Nimm hin, was dich anspricht.

Ausgesprochen gern gelesen!

LG, eKy

R.Haselberger 17.06.2009 16:39

Hallo Cyparis,
wie des öfteren bei deinen Werken, auch hier ein Rohdiamant, woran Erich zu Recht noch ein wenig geschliffen hat.
Ein schöner Text, mit schönen Kopfbildern.

Wenn du dir nur etwas mehr Zeit nehmen würdest und vielleicht doch etwas kritischer wärst in Bezug auf manche Wort-Wiederholungen. :confused:

Du beherrscht doch einen umfangreichen Wortschatz, bist ein schweres wandelndes Lexikon. Manche Seiten etwas vergilbt, andere rätselhaft, doch insgesamt gesehen, unter dem Staube von lyrischer Kostbarkeit!:eek:

Gern gelesen
Gruß R.H.

Medusa 17.06.2009 18:15

Liebe Cyparis,

wort- und bildgewaltig, reich an Metaphern und stimmungsvoll - genau so, wie ich Deine Gedichte mag.

ABER: eKy und Haselberger haben Recht: Du könntest Dir in der Tat mehr Zeit nehmen, die Doppelungen sind nun wirklich nicht nötig! Die ganz hervorragenden Verbesserungsvorschläge solltest Du wohlwollend prüfen.

Herzliche Grüße,
Medusa.

Leier 17.06.2009 18:21

Lieber Erich Kykal,


ich danke Dir sehr für Deine Änderungsanregungen, die ich f a s t 1:1 umgesetzt habe.
"In meine leergefegte Scheuer " (wohin? wohin?) bleibt, weil korrekt.
Das mit der "Not um Not" laß ich vorerst, damit ich den Sinn nicht verwässere, aber ich grüble. Versprochen.
Ich hoffe, daß sich das Gedicht jetzt runder liest und in Deinen Augen bestehen kann.
Lob aus berufenem Munde..... aaaah!

Lieber R.H.,

Zeit für berechtigte Korrekturen/Änderungen nehme ich mir allemal.
Beim "Dichten" selbst ist das anders.
Es fließt. Oder es kommt gar nichts.
"Rohdiamant" ist gut! Ich habe einen als Heilstein unterm Kopfkissen. Sieht leider aus wie stumpfes, schmutziges Glas. Das Fitzelchen war trotzdem höllisch teuer.
"Wandelndes Lexikon" dagegen mundet!!!!

Hab Dank für Deinen Kommentar!



Liebe Medusa,

wie Du sehen kannst, habe ich die Anregungen beherzigt und hoffe, daß das Gedicht nun auch vor Deinen Augen bestehen kann.
Laß Dir danken!
Euch ganz liebe Grüße
von
cyparis!

Galapapa 17.06.2009 21:26

Hallo cyparis,
mit meinem Kommentar will ich einerseits Wort halten, andererseits ist dies ein Werk, das ich zu kommentieren nicht umhin kann, weil es mich echt begeistert hat!
Schöner kann man diese traurige Stimmung nicht malen.
Besonders gefällt mir die zweite Strophe und der Ausdruck "ekle Stille".
Das hab ich wirklich mehrmals gern gelesen, und ich werde Dich in Zukunft öfter besuchen.
Mit einem herzlichen Gruß!
Galapapa

Dana 17.06.2009 21:32

Liebe Cypi,
nun ist es so weit. Ich glaube, dass ich dich an deinen verdichteten Traurigkeiten auch ohne Namensangabe erkennen würde. Ein "echter Cyparis" also, der den Leser vereinnahmt und beeindruckt. Die Trauer kommt tief und echt an und bedient sich zusätzlich einer schönen Sprache.
Ein großes Kompliment und
liebe Grüße
Dana

(die klagende Nachtigall hat mich ganz besonders berührt)

Leier 19.06.2009 08:49

Lieber Galapapa,

ich freu mich sehr über Deine lobenden und anerkennenden Worte und natürlich auf Deine nächsten Besuche.



Liebe Dana!


Wenn d a s kein Kompliment ist!
Was kann ich darauf schreiben außer: Hab ganz herzlichen Dank!


Liebe Grüße
von
cyparis

Helene Harding 19.06.2009 18:35

Liebe cyparis, manno mann, ich bin tief beeindruckt, bei all' der Wortgewalt und selbst wenn ich mich hier tausendfach wiederhole: dolles Dings, das. Strophe 4 hats für mich insbesondere in sich:

Erst dann wird wieder Sonne werden.
Erst dann wölbt wieder sich das Zelt
des Himmels über reichen Erden,
erst dann beginnt der Lauf der Welt;
erst dann kehrt Ruhe in mich ein,
erst dann bin ich auch heimgekehrt,
erst dann, in Deinem Widerschein,
erst d a n n ist Leben lebenswert.


Was für Aussichten! Vor allem das mir empfohlene "DANN". Wilde, grüne, neugierige Augen gaben den Anstoss dafür, werd mir also dieses "Extra" gern einverleiben.
Wunderbar.

alles liebe, Helene

Panzerknacker 21.06.2009 21:30

Hallo Cypa,

für mich bist du einmalig. Wenn es um stimmungvolle oder traurige Gedichte geht, da muss man schon lange suchen bis man ebenbürdiges findet.

Für mich sind diese Zeilen Trauer pur mit Hoffnung die du nicht aufgibst.

Bleib mir oder uns noch lange erhalten,

der Knacki

Leier 22.06.2009 08:20

Lieber Knacki,

welch ein Lob. "Einmalig" - das ist schon etwas ganz Besonderes!
Hab vielen Dank für Deine Zeilen und dafür, daß Ihr da seid!


Lieben Gruß
von
cyparis

norbert 22.06.2009 08:21

liebe cyparis,
das ist auf jeden fall ein sehr guter text - deine position hast du dichterisch gemeistert.
ich wünschte, ich könnte derzeit auch gedichte in dieser art schreiben.
jedoch stört mich deine position: wieso hat EIN mensch das "recht", deine seele in dieser art zu vereinnahmen? kein mensch ist wirklich "ein"malig...
es gibt gute seelen genug, die trost- und liebesbedürftig sind...
liebe grüße
norbert

Leier 23.06.2009 15:01

Liebe Helene,

ich streue Asche auf mein Haupt!Bin wohl zu tief ins Glas getaucht, daß ich das übersehen habe!
Das "dann" ist eigentlich eher Bedingung, Prämisse. Ohne die Wiederkehr des Bannenden wäre keine Zukunft denkbar gewesen.
Realiter ging das ganz anders aus, auch wenn LyrD wieder kam - für eine bestimmte Frist.

Hab Dank für Dein Lob! Schmeckt wie Manna!


Lieber norbert,

Deine Sichtweise verstört mich. Ist nicht jeder Mensch "einmalig"? Ich empfinde das von mir. Jeder Charakter hat etwas Einmaliges, sonst wären wir sozusagen uniform.
Meine "Seele" wurde mir ja nicht genommen.
Mein Geist hungerte. Eventuell auch mein glücksbedürftiges Herz ( nach dem blauen Blick). Der geistige Austausch war unterbrochen - das bereitete starke Schmerzen.
Man bedenke, daß diese Liebe rein platonisch war. So hatte folgerichtig "ein" Mensch zeitweise mein Geschick in seiner Hand.
Hoffentlich bin ich nicht in Triviales abgeglitten!

Lieben Gruß und Dank Euch
von
cyparis!

norbert 23.06.2009 19:21

liebe cyparis,
ich glaube, ich habe mich ungeschickt ausgedrückt...
in unserem alter nimmt doch die zahl der verstorbenen, die uns am herzen lagen, "zwangsläufig" zu. deshalb droht die gefahr immer mehr, dass man in eine trauerhaltung verfällt, wenn man nicht ganz bewusst den weg zu neuen beziehungen sucht...
liebe grüße

a.c.larin 25.06.2009 17:12

liebe cyparis,

ich habe dein gedicht schon einige male gelesen,
antworten war mir aber bislang nicht möglich.
wenn etwas mich mit so viel stimmung umfängt, muss ich zunächst einmal schweigen, den klang in mir nachtönen lassen......

wie wäre es in der einen zeile
nur Not um Not ........zu schreiben?(wegen der metrik) das würde die tiefe trauer, in der dieses gedicht
schwingt , weiter untermalen....

gut , dass die dunkle zeit schon länger zurückliegt!
liebe grüße
larin

Leier 26.06.2009 10:01

Liebe larin,

ich freue mich sehr darüber, daß du mein Gedicht mehrmals gelesen hast.
Deine Anregung will ich mir gerne durch den Kopf gehen lassen, obwohl ich die Nöte gern aneinandergedrängt gesehen hätte. (Leise gesprochen find ich es gar nicht so unmetrisch).
Daß ich dir die Stimmung vermitteln konnte, macht mich glücklich.
Aber wir haben schon so viele Gemeinsamkeiten bei uns entdeckt...!

Hab ganz lieben Dank
und laß Dich grüßen
von
cyparis


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