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vedena 19.09.2014 09:12

Alte Geister
 


Meine Geister sind schon älter,
stammen aus der Kinderzeit.
Tragen Jeans mit weiten Hemden,
manchmal auch ein Rüschenkleid.

Jedes Mal kommt so ein Luder,
mischt sich in die Träume ein,
Lässt mit zittern, schaudern, schwitzen –
keine Nacht bleib ich allein.

Oh, ich hasse diese Typen -
jeder Schlaf ein Gruselkino.
Sehe abgedrehte Szenen,
schräger als bei Tarantino.

Doch sie werden immer greiser,
einer ist sogar dement.
Saß schon morgens in der Küche,
schwor, dass er mich gar nicht kennt.

Frieden finde ich im Warten,
bis ich selber nicht mehr weiß,
was mit mir getrieben wurde.
Doch das dauert – so ein Scheiß.



Untergrund 19.09.2014 12:30

Au weia du hast Scheiß gesagt. Da muss ich das automatisch ganz schlecht finden und die bösen Geister besuchen dich zu Recht. Oder ist die Warterei der Urgeist von allen?

LG

Falderwald 19.09.2014 17:55

Hallo vedena,

da ich ja schon den Titel ändern durfte, habe ich auch den Text gleich gelesen und ich muss sagen, dass er eine irre Story enthält, die weit interpretierbar ist.

Kaum finden wir in der ersten Strophe noch die relativ harmlosen und netten Geister aus der Kinderzeit mit Jeans oder Rüschenkleid, tauchen in der zweiten auch schon die Luder auf, die sich in diese Träume einmischen und die Protagonistin schaudern und schwitzend machen.
Sie liebt diese Typen nicht, denn sie verursachen Szenen wie aus den skurrilsten Gruselfilmen entliehen.
An dieser Stelle macht der Text dann einen Schnitt und es bleibt Zeit für ein erstes Fazit: Bisher zeigten sich schöne Kinderträume, die sich dann aber zu Alpträumen wandelten.

Allerdings scheinen sie langsam abzunehmen, auch die Erinnerung an diese Träume beginnt zu verblassen, denn wer kennt es nicht, dass er gerade noch mitten in der Aktion eines Traumes war, daraus erwachte und sich kaum noch an das zuvor Erlebte erinnern kann.
Die Zeit spielt also einen gewichtigen Faktor und die betroffene Protagonistin kann nichts anderes tun, als abzuwarten, bis es vorbei ist oder sich eben bessert.
Was in diesen Träumen und vielleicht sogar tatsächlich passiert ist, vermischt sich miteinander und schafft neue Unsicherheiten.
Und solche Phasen können lange dauern, bis man sie überwunden hat.

Es könnte sich hier um das traumhafte Verarbeiten eines Traumas der Protagonistin handeln, der bestimmte Dinge im Leben widerfahren sind, oder aber auch nur um eine Reflektion der Veränderungen, die sie mitgemacht hat und sie nun immer wieder auf den Boden der Realität zurückholt, eine Ernüchterung quasi.

Ich glaube, das muss nicht im Detail erörtert werden, denn die letzte Zeile sagt ja nun aus, dass die Betroffene ganz schön darunter zu leiden hat und diese beschissene Situation noch nicht am Ende ist.

Das ist eine sehr eindringliche Fantasievorstellung und hat mir in diesem Sinne auch gut gefallen, vor allem, weil es auch sprachlich nichts zu mäkeln gibt, denn ich befürworte manchmal auch eine derbe Sprache, um die Dinge direkt zu benennen. :)


Gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

vedena 01.10.2014 10:41

Tja, lieber @Untergrund, was soll ich dazu sagen. Immer wieder bin ich geplagt von allen möglichen ... :D

Lieber @Falderwald,

ja, wenn du schon die Arbeit mit der Titeländerung hattest ... danke nochmal dafür.

Mit deiner Erfahrung und dem lyr. Gespür hast du meinen Text so interpretiert, dass ich beinahe oder eigentlich nichts hinzufügen kann.
Es handelt sich um Kindheitserinnerungen, die das lyr. ich versucht zu vergessen. Nicht immer gelingt es, aber mit der Zeit (dem Alter) verblassen diese.

Danke für die Anerkennung meiner Satire.

Es grüßt euch herzlich
vEdenA

Sidgrani 03.10.2014 11:20

Hei vedena,

beim Lesen deines Gedichtes habe ich sogleich skurrile Szenen vor meinen Augen. Die Strophe mit dem dementen Greis in der Küche finde ich besonders originell, auch wenn sie heutzutage einen traurigen Platz in unserem Leben einnimmt.

Manche Geister muss man einfach ignorieren, dann verlieren sie das Interesse daran, einen zu ärgern. Übrigens, ich würde es sehr begrüßen, wenn nachts im Traum zu mir auch mal ein Luder käme. :D

Dein Gedicht gefällt mir, weil es sofort das Kopfkino einschaltet. :)

Lieben Gruß
Sid

vedena 10.10.2014 09:59

Hi @Sidgrani,

Übrigens, ich würde es sehr begrüßen, wenn nachts im Traum zu mir auch mal ein Luder käme.

.. da dann - viel Spaß ... :)

Danke für deinen Kommentar. Ich freue mich, wenn es mir gelungen ist, dein Kopfkino zu aktivieren. Das ist ein sehr schönes Lob.

Beste Grüße
VedenA


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