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Wilhelmine 26.03.2019 14:58

Unheimliche Begegnung
 
Es trafen sich zwei irdisch Wesen,
am Küchenschranke war's gewesen,
ich selbst davor und sie darinne,
der Mensch, sprich ich, und sie, die Spinne,

Sie sprach: »Recht Guten Tag Frau Köhn,
herrjeh, sie finden mich nicht schön?
Da werd ich, eh sie etwas finden,
mich breit zu schlagen, rasch verschwinden.
Wenn sie nun noch so gütig wären,
mir rasch den Fluchtweg zu erklären?«

Mich lähmte schweres Unbehagen,
doch schließlich hörte ich mich sagen:
»Zur Küche raus, dann rechter Hand.«
Sie sagte: »Danke« und verschwand.

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Hier die überarbeitete Version

Einstmals trafen sich zwei Wesen,
in der Küche war's gewesen,
ich vorm Schranke, sie darinne,
ich, der Mensch, und sie, die Spinne.

Lang bebeint und schwarz behaart
lächelte sie bitterzart,
und schien ernsthaft zu bezwecken
mich zu Tode zu erschrecken.

Höflich sprach sie: »Ach, wie schön,
endlich treff ich sie Frau Köhn,
wollt ja lange schon verschwinden,
doch ich kann den Weg nicht finden.«

Starr vor Schreck und Unbehagen
hörte ich mich heiser sagen:
»Raus zur Tür, dann rechter Hand.«
Sie sprach: »Danke« und verschwand.

Erich Kykal 26.03.2019 18:01

Hi Wilhelmine!

Ein sehr launiger Text, höchst amüsant. Wie verdattert man wohl wäre, hübe solch ein Spinnentier tatsächlich plötzlich zu sprechen an! Wär aber ein ziemlich piepsiges Stimmchen, selbst wenn die Spinne schriee ... :D

Nicht gar so auffällig, weil gut in die Sprachmelodie und Dynamik des Inhalts integriert, finden sich aber auch hier wechselnde Auftakte: Dein Schema hier (u=unbetonter, b=betonter Auftakt): uubb - ubuuuu - ubuu

In S2Z1 hast du einen Hebungsprall auf "-sprach: Guten-". Und 2 Kommafehler habe ich auch noch korrigiert.

Apostrophe nach Wortverkürzungen werden eigentlich nicht mehr verwendet. Die meisten Verkürzungen sind schon allgemeiner Sprachgebrauch.


Da die unbetonten Auftakte bei weitem in der Mehrheit sind, versuche ich mal eine durchgehend so taktende Version mit vier Hebern pro Zeile. Lies selbst und entscheide, was dir vom Duktus her mehr zusagt:


Es trafen sich zwei irdisch Wesen,
am Küchenschranke war's gewesen,
ich selbst davor und sie darinne,
der Mensch, sprich ich, und sie, die Spinne.

Sie sprach: »Recht Guten Tag, Frau Köhn,
herrjeh, sie finden mich nicht schön?
Da werd ich, eh sie etwas finden,
mich breit zu schlagen, rasch verschwinden.
Wenn sie nun noch so gütig wären,
mir kurz den Fluchtweg zu erklären?«

Gepackt von schwerem Unbehagen
vernahm ich mich ihr tapfer sagen:
»Zur Küche raus, dann rechter Hand.«
Sie sagte: »Danke« und verschwand.


Sehr gern gelesen und damit gespielt! :)

LG, eKy

Wilhelmine 26.03.2019 20:21

Hi Erich,
ich danke dir als treuen Leser meiner Gedichte für deine Anregungen, die mich wieder einmal noch zu einer "Höchstleistung" getrieben haben.
:D:Blume:
Einiges habe ich so übernommen, teilweise ist mir selbst noch was anderes eingefallen.

Mir gefällt eigentlich auch:

Es trafen sich zwei irdisch Wesen,
am Küchenschranke war's gewesen.
Ich, der Mensch, und sie, die Spinne,
ich davor und sie darinne.

Muss denn in einem Gedicht immer alles gleich sein? Ich finde, ein Wechsel mittendrin bringt doch auch Schwung in die Sache. Wenn immer alles aalglatt ist, wird es dann nicht auch langweilig, gerade in der Abteilung Humor? Rein gefühlsmäßig wäre für mich auch diese Version o.k. ?

Freue mich, dass es dich auch ein wenig amüsiert hat.
LG Wilhelmine

Erich Kykal 26.03.2019 21:28

Hi Wilhelmine!

Ich würd's lassen, wie's jetzt ist. Allerdings gehört noch ein Komma zwischen "und sie" und "die Spinne in S1Z3.

LG, eKy

Wilhelmine 26.03.2019 21:51

o.k. Komma gesetzt. Ich muss es jetzt wohl erst mal sacken lassen und später noch mal drauf gucken.
:D
Gute Nacht
Wilhelmine

Ich hab's nochmal ganz neu gemacht.

plotzn 30.03.2019 12:27

Liebe Wilhelmine,

Zitat:

Muss denn in einem Gedicht immer alles gleich sein? Ich finde, ein Wechsel mittendrin bringt doch auch Schwung in die Sache. Wenn immer alles aalglatt ist, wird es dann nicht auch langweilig, gerade in der Abteilung Humor? Rein gefühlsmäßig wäre für mich auch diese Version o.k. ?
Liebe Wilhelmine, meine bescheidene Meinung dazu: Gerade in der komischen Lyrik ist die feste Form ein wichtiger Bestandteil (sonst zerfleddert es zu leicht in Richtung humorvoller Prosa oder erzähltem Witz). Natürlich darf man mit ihr spielen und sie brechen, aber das sollte immer bewusst geschehen, mit der Absicht, eine bestimmte Wirkung zu erzielen (z.B. neuer Schwung, wenn es ins Thema passt).

Die überarbeitete Version gefällt mir richtig gut! :)

Liebe Grüße,
Stefan

Wilhelmine 30.03.2019 18:37

Lieber Stefan!
Ich danke Dir für die Antwort auf meine Frage. Ich achte bei meinen Gedichten zwar auf einen sauberen Reim, doch schon das Metrum ist rein gefühlsmäßig und der Rest eher zufällig. Die wahre Kunst scheint mir zu sein alles dieses zu beherrschen und bewusst einzusetzen. Davon bin ich noch meilenweit entfernt. Ich fürchte auch, wenn man zu akribisch an einem Gedicht bastelt, dass ihm dabei die Leichtigkeit verloren gehen könnte. Aber hier werde ich ja sehr gut aufgeklärt, was ich wieder "angerichtet" habe.
:D:Kuss
Ich freu mich auch über deine positive Rückmeldung zu meiner überarbeiteten Version. Wenn ich viel ändere, weiß ich oft am Ende gar nicht mehr, was nun besser ist.
:confused:
Danke dir und ein schönes Wochenende noch.
Liebe Grüße
Wilhelmine


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