Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 28.05.2016 17:39

Die andere Julia
 
Da war ein Heimliches in ihren Schritten,
ein eiliges Erflehen und Erbitten,
als sie hinab zum alten Weiher rannte
wie all die vielen Male schon zuvor,
bewegt von Sehnsucht, die das Unbekannte
wie unerfüllte Träume ihr beschwor.

Zusammen würden heute sie entfliehen,
vereint in eine ferne Fremde ziehen,
um endlich ganz einander zu gehören,
zu schenken, was von strengem Vaterworte
verboten war den unbedachten Gören
und noch bekräftigt von versperrter Pforte.

Am kühlen Wasser wird die Liebste warten,
so hatte sie ihr zugeraunt im Garten.
Nun eilte sie mit aufgescheuchten Sinnen
der Senke zu, ihr Schicksal zu erfüllen,
sich neu und dann einander zu beginnen
und abzustreifen ihre alten Hüllen.

Doch je – wie wurde ihr der Atem bange!
Die so Ersehnte lag mit bleicher Wange
durchbohrt vom Vater auf der nackten Erde!
Des Weihers Tiefe schrie nach ihren Schmerzen,
und willig warf sie all ihr Wohl und Werde
mit sich hinein, bis Stille ward im Herzen.

juli 29.05.2016 12:54

Hallo eKy,

Das ist ja mal was Anderes.:)

Du beschreibst hier eine Tragödie von zwei Frauen, die sich lieben. Sie hatten beschlossen zu Zweit zu leben und sich zu bekennen. Der Vater funkt dazwischen, höchstwahrscheinlich kann er das nicht mit seinem Weltbild vereinbaren. Ich bin beeindruckt von der Idee und der Umsetzung.

Schenke oben der Sehnsucht noch ein "n".:)

Sehr gerne gelesen, tolle Idee und Weltanschauung.:):Blume:

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

Erich Kykal 29.05.2016 14:08

Hi Sy!

Ich dachte mir, diese Geschichte ist in der "klassischen" Variante ja schon sowas von durch, da tut eine neue Perspektive gut!;):cool:

Und ich mag den Gedanken nicht, dass "Hetero" das alleinige Anrecht auf "reine" und wahre Liebe haben soll - ein immer noch weit verbreitetes Vorurteil: Selbst schon tolerante Menschen schieben die gleichgeschlechtliche Liebe - manche unbewusst vielleicht - irgendwie in die Schmuddelecke. Man merkt es an Wortwahl und Gesichtsausdruck, auch wenn sie vordergründig verständnisvoll tun.
Und wenn es gar die eigenen Kinder betrifft - Weltuntergang!! :rolleyes:

In den letzten Jahren ist überhaupt ein deutlicher Ruck hin zum Konservativen und "Althergebrachten" zu bemerken. Den aufgeschlossenen Weltbürgern in den Großstädten hat es wohl noch keiner gesagt, da ist es - zumindest in bestimmten, vor allem intellektuellen Szenen - noch "hip", "anders" zu sein und Anderes gutzuheißen - aber versuche wahre Toleranz mal am Land zu praktizieren! Da wirst du gleich mit in die "böse" Ecke geschoben zu den ganzen "Spinnern", "Perversen", "Abartigen" und "Gottverlassenen"! :Aua:eek::mad:

LG, eKy

Dana 29.05.2016 18:53

Lieber eKy,
da glaubt man sich aufgeklärt und tolerant und stellt immer mehr fest, wie weit Toleranz von den unbedrohlichsten "Dogmen" noch entfernt ist.:Aua
Wer wahrhaft liebt, schadet und gefährdet niemanden.
Dein Gedicht zeigt es sehr schön auf.
Es gibt so viel andere "Bedrohungen, Gefährdungen und Verbrechen", die der Gemeinschaft schaden. Warum haut man mit so viel Bestialität auf diese Zweisamkeit ein?
Streidiskussionen darüber haben immer noch einen befremdlichen Touch. In der Politik wird man vorschnell in eine "Richtung" gestellt und hat dennoch die Chance, sich zu rechtfertigen. So auch in vielen anderen Themen. Aber hier fallen manchmal Äußerungen, die mehr als abtrünnig sind. Da fühlt man sich um Jahrhunderte zurückversetzt und sollte eigentlich wissen, dass es zum Lebensverständnis dazu gehört.
Habe Dein Gedicht sehr gern gelesen und bestätige den "Aufruf".

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 29.05.2016 19:02

Hi Dana!

Schuld ist das Internet!

Früher hatten die Bildungsfernen keine Plattform für ihren geistigen Steinzeitmüll und ihre über zig Generationen weitergereichten Vorurteile. Es gab nur Zeitungen, und die meisten konnten nicht lesen. So blieben sie unter sich, von außen geführt vom Adel, aber innerlich ihren abstrusen Ideen und dem Aberglauben verschrieben.
Auf dieser Saat baute Hitler seine Partei auf.

Heute dürfen sie weltweit ihre menschenverachtende Soße verbreiten und sich sogar (wieder!:eek:) in politisch anerkannten Parteien formieren!:mad::Aua

Ein Nachteil der Demokratie, dass sie nach innen allzu lange blind zu sein scheint - bis es zu spät ist!:rolleyes:

LG, eKy

Falderwald 01.06.2016 21:15

Servus Erich,

ja, ich habe in meinem Leben auch schon mit vielen sexuell anders ausgerichteten Personen zu tun gehabt und weiß um die Empfindsamkeit der meisten von ihnen (es gibt aber auch ziemlich „abgewichste“ Typen, die ganz allgemein, aber auch für einen Fick, über Leichen gehen).

Da ist es natürlich oft ein Problem für die Betroffenen, in einer vornehmlich heterosexuell ausgerichteten Gesellschaft Akzeptanz zu finden.

Du kritisierst zurecht das Konservative und Althergebrachte, doch sollte man dabei nicht vergessen, dass auch Eltern erst einmal mit einer „Coming-out-Situation“ eines Kindes klarkommen müssen, nicht zuletzt, da sie auch dank der eigenen Vorbehalte wissen, welche Schwierigkeiten auf den Nachwuchs zukommen könnten.

Letztendlich aber sollte das Verständnis überwiegen und eine solche Situation, wie im Text beschrieben, dürfte eigentlich heute nicht mehr geschehen, obwohl in unserer modernen Gesellschaft der kulturellen Bereicherung der letzten Zeit auch diesbezüglich keine wirklichen Verbesserungen zu erwarten sind.

In diesem traurigen Sinne konnte mir der Text gut gefallen.


Gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Erich Kykal 01.06.2016 21:29

Hi Falderwald!

Danke für deine Gedanken - du beleuchtest die Problematik von beiden Seiten.

Natürlich ist es nicht leicht für einen Vater, wenn der erhoffte männliche Stammhalter es sich lieber selbst besorgen lässt - ohne je schwanger werden zu können, oder wenn die bildschöne Tochter etwas ohne Pimmel bevorzugt und sicher keine Enkerl austragen wird!:D:rolleyes:
Aber deshalb gleich zum Messer zu greifen, um den "Schuldigen" (für Dumme muss es den ja immer geben, damit sie was haben, auf das sie blindwütig eindreschen können ...) zu beseitigen, so als würde das das Problem an sich lösen, das ist leider nicht nur das Vorrecht muslimischer Papis, wenn die hier aufgewachsene Tochter zu westlich denkt ... :Aua:mad::Aua

Leider wird es immer Menschen geben, die das Recht zu haben glauben, über andere Menschen über die Kindheit hinaus bestimmen zu können oder sie gar besitzen zu dürfen wie ein Stück Vieh!
So lange es genug Unterwürfige gibt, sie sich solchen Herren - im Namen von Staatsform, Religion, Familienehre oder Patriarchenstolz - willig oder feige fügen, wird sich daran auch nichts ändern.

Seufzende Grüße, eKy


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