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Sedinus 16.02.2009 01:17

Traum vom Sommer
 
Traum vom Sommer


November war's, der Regen rauschte
und drückte auf die Dächer schwer,
ich saß am Fenster, sann und lauschte
hinunter auf das Häusermeer.

Durch regenblinde Fensterscheiben
drang letztes Licht zu mir herein,
und während die Gedanken treiben,
stellt sacht ein alter Traum sich ein.

Ein Sommertag zur Mittagsstunde,
im Garten spiele ich als Kind,
es ist so still in weiter Runde,
die Sonne scheint, es ruht der Wind.

Anmutig taumeln durch die Lüfte
Zitronenfalter hin und her,
weit angelockt vom Rausch der Düfte
des Sommergartens Blütenmeer.

Von fern nur gurrt noch eine Taube,
doch sonst schweigt still nun jeder Mund,
im Schatten an der Gartenlaube
schläft Harras unser Schäferhund.

Und neben ihm am Walnussbaume
ganz friedlich ohne Arg und List,
liegt auch die Katze wie im Traume,
die sonst nicht seine Freundin ist.

Ein unbeschreiblich tiefer Friede
liegt über dieser kleinen Welt,
es ist, als hätt’ des Himmels Liebe
sich allem freundlich zugesellt.

Verklungen sind die Sommerlieder,
vergangen ist der Kindheit Glück,
doch bringt der Traum mir immer wieder
die alte Seligkeit zurück.

Der Zauber jener stillen Stunden
prägte sich dem Herzen ein
und die Gewissheit, eingebunden
mit aller Schöpfung eins zu sein.

Drum trotz’ ich allen Wetterlagen
Und laß’ es regnen, wie es mag,
ich weiß ja, allen dunklen Tagen
folgt stets ein heller Sonnentag.


(Sedinus)

DerKleinePrinz* 16.02.2009 01:41

Lieber Sedinus :)

Dasist eins der besten Gedichte die ich in diesem noch so neuen Forum bisher lesen durfte. Obwohl es so lang ist fühle ich mich am Fenster sitzen und nachdenken, du hast meinen Geschmack getroffen!
Dann arbeitest du noch handwerklich sauber, männliche und weibliche Kadenzen immer im Wechsel und einwandfreie Metrik. Ich werde sie nicht überprüfen, denn ich bin mir eigentlich sicher, dass da alles in Ordnung ist. Toll! :)

Noch zwei ganz kleine Dinge.

Zitat:

November war's, der Regen rauschte
und drückte auf die Dächer schwer,
ich saß am Fenster, sann und lauschte
hinunter auf das Häusermeer.
Hinunter lauschen, hinunter sinnen oder hinunter sitzen? Das geht nach meiner Logik nicht.
Ich würde diese Strophe nocheinmal verändern:

Zitat:

November war's, der Regen rauschte
und drückte auf die Dächer schwer,
ich saß am Fenster, sann und lauschte
und sah hinab auf's Häusermeer.
Und hier würde ich noch ein Komma setzen:

Zitat:

Von fern nur gurrt noch eine Taube,
doch sonst schweigt still nun jeder Mund,
im Schatten an der Gartenlaube
schläft Harras, unser Schäferhund.
Dein Gedicht ist spitze!

Liebe Grüße
Der Kleine Prinz*

Lena 16.02.2009 05:38

Hallo Sedinus

Dein Gedicht ist wunderschön!

Man wird sofort gefangen genommen, und läßt sich mit dir auf deinen Sommertraum ein.

Harras und die Katze..konnte ich mir gut vorstellen.

Eine wahrliche Idylle.

Lena :)

Chavali 16.02.2009 13:20

Hallo Sedinus,

was für ein schönes Sommertraumgedicht, der auch den Kindheitstraum mit einschließt.
Das LI fühlt sich zurückversetzt in alte Zeiten durch das Regenwetter, das es heute wie damals gab.
In zehn Strophen a vier Zeilen im Kreuzreim erzählst du den uralten Traum, den
ältere Menschen träumen, wenn sie sich in ein 'Damals' zurückversetzt fühlen.
Eine tiefe Weisheit spricht aus deinen Versen.
Diese beiden Einleitungsstrophen scheinen mir am besten gelungen und sie gefallen mir auch am besten:
Zitat:

November war's, der Regen rauschte
und drückte auf die Dächer schwer,
ich saß am Fenster, sann und lauschte
hinunter auf das Häusermeer.

Durch regenblinde Fensterscheiben
drang letztes Licht zu mir herein,
und während die Gedanken treiben,
stellt sacht ein alter Traum sich ein.
Sehr gern gelesen!
Liebe Grüße,
katzi

Mr. @ 19.02.2009 07:15

Lieber Sedinus,

schließe mich gern meinen Vorlobern an. Sie Stimmung einfühlsam wiedergegeben. Dies Stückchen polarisiert vor allen Dingen nicht so sehr, wie dein erstes Strück hier. ;).

Ein paar kleine Macken sind mir - gerade weil es sonst ja so perfekt ist - dann doch aufgefallen:

IN S2 wechselst du zu früh ins Präsens. Die letzten beiden Verse spielen ja noch in der Vergangenheit.

In S4V1 beginnst du betont.

In S9V2 dito

Aber sonst; Chapeau! :)

LG eddigeh

Archimedes 19.02.2009 13:21

Lieber Sedinus, dein Gedicht fließt so wohl dahin wie ein lauer Sommerwind. Das ist ja die besondere Eigenschaft des Menschen, dass er sich in andere Welten und Zeiten versetzen kann, ein Überlebenstrick besonders für den Winter, da man früher ja eingeschneit war und wochenlang nicht aus der Hütte kam.

Zitat:

Der Zauber jener stillen Stunden
prägte sich dem Herzen ein
und die Gewissheit, eingebunden
mit aller Schöpfung eins zu sein.
Nur eine Kleinigkeit, die zweite Zeile hakelt für mich, ich würde umstellen:
sich prägte meinem Herzen ein

Ansonsten bin ich der Meinung aller vor mir: dolles Gedicht!
Gruß Archimedes ...dessen Kreise mitschwingen

Seeräuber-Jenny 22.02.2009 22:49

Aloha Sedinus,

ein sehr stimmungsvolles Gedicht, das uns von den Sommerfreuden einer Landratte erzählt. Da packt einen die Sehnsucht nach so einem beschaulichen Fleckchen Erde.

Aye, auch auf See war es schön, wenn der Sommer kam. Wir sind mit den Schiffskatzen um die Wette gerannt, haben Möwen geangelt und klebrigen Pfriem in die Wogen gespuckt. Aber so ein Blütenmeer lag uns nie zu Füßen, wenn wir über die glitschigen Planken schlitterten.

Ebenso wie Archimedes habe ich einen Verbesserungsvorschlag für die Zeile

prägte sich dem Herzen ein

Du könntest z. B. auch schreiben:

Der Zauber jener stillen Stunden
prägte sich tief im Herzen ein


Ansonsten ist es ein lupenrein gereimtes Gedicht und sehr schön zu lesen.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny

Sedinus 27.02.2009 18:07

Seid gegrüßt Kleiner Prinz*, Lena, Supikatzi, Mr.@, Archimedes und Seeräuber Jenny
Euch allen herzlichen Dank für die freundlichen Kommentare zuvor.
Nun zu den Korrekturvorschlägen:
Nach meinem Vertändnis ist die erste Strophe so zu verstehen:
Ich saß am Fenster, ich sann und ich lauschte hinunter.
Von hinunter sitzen und sinnen war nicht die Rede.
Dagegen kann man sehr wohl hinunter lauschen.

„Sah hinab …..“ passt nicht,denn wegen des letzten Lichts und der regenblinden
Fensterscheiben gab es da nichts mehr zu sehen.

Das Komma hinter Harras ist gerechtfertigt.

Es ist richtig, dass ich in Str 2 zu früh in´s Präsens falle. Man kann das formell heilen,
indem man das Wort „stellt“ mit einem Auslassungszeichen versieht (stellt`).

Mir war es nicht aufgefallen, dass „Anmutig“ in S4 V1 ja eigentlich einen Trochäus
einleitet. Man kann diesen Vers aber so lesen, dass man den Jambus gar nicht
vermisst; vermutlich liegt das daran, dass die zweite Silbe des Wortes dominiert,
weil sie klangvoller ist.

Der letzte Fall ist ähnlich gelagert, auch hier steht statt eines Jambus ein Trochäus.
Das war mir auch aufgefallen und ich wollte es richtigstellen mit einer Fassung
wie z.B.“Der Zauber jener stillen Stunden,
er prägte sich dem Herzen ein……“
Das gefiel mir aber alles nicht,weil die Flüssigkeit des Textes darunter litt. Da ich nun
kein Sixtus Beckmesser bin, entschloß ich mich, es trotz Fehlerhaftigkeit stehen zu lassen,

Euch allen herzliche Grüße vom alten Sedinus

Leier 27.02.2009 20:19

Lieber sedinus,

ein einfaches "wie ist das schön!" genügt hier nicht. Bei Weitem nicht.
So füge ich hinzu, wie intensiv eigene Kindertage durch Dein Gedicht wieder wach werden im nun schon alten Gedächtnis, daß man jubeln möchte:
Ja, d a s ist es!
Ob da nun ein unreimer Reim steht. Ob da irgendwo ein Komma fehlen mag:
Was schadet das, wenn man ein so zauberhaftes Gedicht vor Augen hat?
Du hast mich damit sehr beglückt!

Lieben Gruß
von
cyparis

Dana 01.03.2009 17:22

Lieber Sedinus,
draußen ist es kalt und düsig, der Sommer so fern.
Wie gut, dass das Forum Dichter hat, die den Sommer verewigt haben.
Ich schließe mich ganz und gar dem Kommentar von Cypi an, lese immer wieder und .....:) Ja, ich sah und erlebte meinen Sommertag.
Dafür ganz lieben Dank, denn es ging mir nicht darum, nur vom Sommer zu hören, sondern um ein Abtauchen in Verse, die ihn in wunderbaren Bildern aufzeigen.
Ein selten schönes Naturtraumgedicht, das über die Kinderzeit hinaus auch im Lebensherbst Sommertage erleben läßt.
Liebe Grüße
Dana


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