Schikane vor Hockenheim
 

Schikane vor Hockenheim

Sie stand am Straßenrand und hielt den Daumen raus.
„Steig ein“, sagte ich. „Wo solls denn hingehen?“
Sie zog sich mit dem Labello die Lippen nach und sagte: „Fährst du bis nach Ecclestone?“ Ich bemühte mich, etwas Enttäuschung in meine Stimme zu legen, und murmelte: „Leider nur bis Hockenheim.“
Sie schlug sehr auffällig ihre langen Beine übereinander und sagte: „Übrigens, ich heiße Mercedes und ich kenne bis Hockenheim zwei, drei hübsche Schikanen.“
Ich bretterte also los bis auf die Kuppe kurz vor dem Waldstück, wo sie sagte: „Da vorne links ist eine Boxengasse.“
In der Boxengasse wars ganz schön dunkel und kein Helfer weit und breit.
Sie drehte die Rückenlehne leicht nach unten und sagte: „Das ist zwar nicht Hockenheim, aber ich lass mich gern überrunden.“
Ich beugte mich etwas rüber zu ihr und fuhr ihr ganz leicht über die Nockenwelle.
Sie flüsterte mir ins Ohr: „Übrigens, ich hab dich angelogen – ich heiße gar nicht Mercedes.“
Ich entgegnete: „Macht nichts – ich bin auch nicht Leonardo Cabrio.“
Sie schloss die Augen und hauchte: „Ist doch nicht schlimm, schau dir lieber mal meine Zusatzausstattung an.“
„Oh“, sagte ich, „hübscher Doppel-Airbag.“
Sie verzog genüsslich die Lippen, langte zu mir rüber und fragte: „Und wo ist dein Auspuffrohr?“
Ich beeilte mich mit dem Reißverschluss und sagte: „Hier, mit Krümmer!“
Sie grinste etwas süffisant.
„Das soll ein Seitenschweller sein…?“ fragte sie schnippisch.
„Rennmaschinen müssen erst warmlaufen!“ belehrte ich sie. „Mach mal Suzuki am Kawasaki.“
Zuerst fand ich ihren Anlasser nicht, aber er war dann doch genau über dem Ritzel.
Es wurde langsam etwas unbequem, und ich bat sie: „Zeig mir mal die Heckpartie.“
Sie stöhnte: „Nicht so hastig, nimm erst mal den Verteilerfinger und pass auf die Stoßstange auf – Au-di Quattro, das tut aber VW.“
Ich sagte: „Mach nicht so Nicki Lauda, du erschreckst die Wildschweine.“
Am Schluss hingen wir ganz schön in den Gurten – so wären wir wohl nie über den TÜV gekommen.



hehe

gesprochen von Hans Beislschmidt

Hallo Beisl,

also, was soll ich viel schreiben?

Zuerst habe ich natürlich gelesen und da dachte ich so bei mir, meine Güte, da haben sich aber zwei Ersatzteillager gesucht und gefunden...:D

Dann habe ich es mir angehört.

Und, ich kann nur sagen, das ist dir super gelungen.

Also Leute, hört euch das Wildschwein mal an, ich kann es nur empfehlen.


Gerne gelesen, gehört, gelacht und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

hey Faldi,

du ahnst sicher, dass ich dieses Werk für die Kleinkunstbühne geschrieben habe. Es lebt natürlich davon, dass die Motorsportbegeisterten sich wiederfinden bei Krümmer und Ritzel hehe.

Der Gedankenanstoß lieferte Michael Bully Herbig in seiner damaligen Show. Da gab es jedes Mal den Beitrag "Bully und die Tapete". Ich nenne das mal synonyme Texte. Es gibt zwei Anforderungen: Die erste ist natürlich das Thema mit dem Handlungsfaden. Das zweite sind die Synonyme, die aber nicht wahllos implantiert werden, sondern sich aus einem einzigen Themenkreis rekrutieren. In diesem Fall war es "REISEN PER ANHALTER UND MOTORSPORT".
Bully hat unzählige Beiträge nach diesem Muster präsentiert. Viele davon waren absolut bescheuert - aber gerade deswegen mir noch heute in Erinnerung.

Vielleicht sollte ich noch ein paar mehr von der Sorte machen ....

Danke für Komm und aufmerksames Hören.

Gruß vom Hans

Lieber Hans,
ich kenne mich mit Autos nicht so gut aus, darum habe ich mehrfach gelesen.
Inzwischen kenne ich deine Schikane auswendig. :D
Ihr hingt zum Schluss in den Gurten? Unfall? Na, die Hauptsache ist aber, dass nichts und niemand zu Schaden gekommen ist.:cool:

Den echtesten Lacher hat mir Au-di Quattro, das tut aber VW.“ entlockt - eben die gängigen Automarken.

Fein gesprochen und geschrieben. Ich kann mir das lachende Publikum richtig vorstellen.

Liebe Grüße
Dana

hallo hans,

da kann man diesen beiden motorsportlern nur wünschen, dass ihnen kein sand ins getriebe kommt, sonst passiert vielleicht noch ein kolbenreiber!

was - es sind gar keine helfer in der boxengasse?
wer wird ihnen dann beim wechseln der gummis zu hand gehen?
(was ein richtiger grand prix ist, der geht ja gleich über mehrere runden - und wenn der wechsel nicht zack-zack geht, dann verliert man doch den anschluss!)

übrigens gummis: man sollte immer auf das richtige profil achten (wegen der straßenlage). bei überhitzung platzen die sehr leicht - da spielt man dann mit dem leben. :eek:

und wenn man erst mal so richtig auf touren gekommen ist, ist eine notbremsung ja gar nicht mehr so leicht. :p

also: immer schön vorsichtig im straßenverkehr!

:D larin

hey ihr zwei,

brämm bä bä bä brämm ...

ja, es ist schwer für einen sensiblen Künstler wie ich sein Publikum und seine Leser zu gewinnen. Anspruchsvolle und richtig gute Literatur, so wie ich sie mache bleibt halt immer nur einem besonders aufgeschlossenen Leserkreis vorbehalten und ihr gehört zweifelsfrei dazu.:D

hehe

Gruß vom Hans

ebenfalls hehe, hans b.,


als ob die wildschweine ausgerechnet die wären, die bei so einem spektakel reißaus nehmen würden.... neeeneeee. das kauft dir keiner hier ab. und das weißt du.


köstlich, deine schikane und wirklich fein vorgetragen - da hört man den schmunzler in jedem wort. gefällt mir.


grinsegruß in die box,


fee