Gedichte-Eiland

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Walther 09.11.2017 14:49

Gewinn
 
Gewinn


Ich sitz bei mir, auf einem dieser Stühle,
Die zwischen allen stehn, im Zwischenraum.
Und um mich weht des einen Herbstes Kühle,
Da Blatt um Blatt verlässt den einen Baum.

Ich frage mich, wie ich mich immer fühle,
So un- wie eingeteilt in Wach und Traum.
Es knistert meine Zeit, in der ich wühle;
Ich suche mich, jedoch ich kenn mich kaum,

Noch weiß ich, wie ich heiß. Das weiße Linnen
Bedeckt den großen Tisch so voll von Leere.
Ich schreie still und teufle wie von Sinnen,

Dass mir mein Blut und Speichel fast gerinnen:
Ich sitze noch und komm mir in die Quere,
Und halt mich fest und kann doch nichts gewinnen.

In memoriam Georg Trakl.

Erich Kykal 11.11.2017 11:55

Hi Walther!

Das ist dir großartig gelungen!

Interessant deine Art neuerdings, in den Quartetten von Sonetten auf umarmende Reime zu verzichten. Ich habe das auch gemacht, damals bei meinen "Seltsamen Sonetten" (weswegen sie auch so heißen), allerdings schlicht deshalb, weil ich damals erst begonnen hatte, Sonette zu schreiben und nicht um irgendwelche Regeln wusste als nur die nackte äußere Form.

Darf man das neuerdings, oder schert es dich bloß nicht mehr?

Jedenfalls ein wirklich großartiges Werk, das du hier geschrieben hast! Chapeau und Reverenz! Ich habe jede Zeile genossen, bis hin zur hervorragend alles rundenden Conclusio!

Das LyrIch beim letzten Versickern in Demenz oder Alzheimer, gebeutelt von vergeblichen Wutanfällen in seltener werdenden lichten Momenten! So meine Deutung.

Allergernst gelesen! :):Blume:

LG, eKy

Kokochanel 11.11.2017 13:34

Lieber Walter,

ein hervorragendes Gedicht mit Tiefgang und Wortspielen.:Blume:
Ich sehe es hier allerdings nicht den Demezkranken, obwohl es sein könnte. da hat Erich recht.
Ich jedoch sehe hier mehr den Menschen, der sich nie richtig entscheiden kann, der Konflikte und Endgültiges scheut und sich dafür selbst verachtet. Einer, der angepasst ist in alle Richtungen ( das weiße Linnen auf dem Tisch, blütenrein, ohne Makel sozusagen und doch symbolisiert es die Leere des Angepasstseins).
Einer, der immer laviert, dies eigentlich nicht will, sondern mal Klartext reden, der es aber irgendwie nicht schafft. Und dehalb auch nie an das Ziel kommt, das er vielleicht hätte.
Sehr gerne gelesen. Da es nicht als Sonett ausgewiesen ist, stören mich die fehlenden umarmenden Reime nicht.
LG von Koko

Erich Kykal 11.11.2017 16:25

Hi Koko!

Was bitte verstehst du unter "als Sonett ausgewiesen"?

Gilt es etwa nur dann, wenn ein Dichter extra wo dazuschreibt: "Dies ist ein Sonett!!" ?! :D;)

Nö, ich denke nicht! :D Es ist die Sonettform, da ist anzunehmen, dass es als Sonett gemeint ist. Punkt.

LG, eKy

Ophelia 11.11.2017 18:34

Hi Walther,

dein Gedicht ist großartig.:Blume: Ich schließe mich Erichs und Kokos Meinung an. Ein Hochgenuss von Anfang bis zum Schluss. Wirklich hervorragend gedichtet!

LG Ophelia

Walther 12.11.2017 12:34

lb eKy,

danke für deine freundlichen und lobenden worte. das hat mich sehr gefreut, da dieser text an anderen stelle stark in der kritik ist, weil er Georg Trakl die referenz erweist. ich gebe zu, ich mag Trakls lyrik sehr, es gibt leider viel zu wenig davon.

ob das ein sonett ist? ich denke schon. dich stört ein wenig die vermischung von sonnet (englischer prägung, wohl von Shakespeare wenigstens bekannt gemacht, wenn nicht gar entwickelt) und dem kontinental-deutschen sonett. diese beim text eigentlich "automatisch" entstanden. ich schreibe manche sachen im autopilotmodus - und hier war das so. am ende stand das da, was jetzt zu lesen ist.

man kann deine interpretation durchaus gelten lassen. es geht ja um sinn- und ich-suche. Trakl war ein suchender, der durch traumatische erfahrungen sich selbst quasi "verloren" hat und den tod fand - von dem man bis heute nicht weiß, ob es ein selbstmord war oder eine tragische überdosis.

lg W.


lb koko,

mich freut sehr, daß dir das gedicht gefällt. es ist in diesem fall m.e. überflüssig, ob man sich auf das sonett versteift. das gedicht zeichnet ein traumatisches schicksal eines empfindsamen menschen nach, der in einer höchsten verzweiflung und verwirrung ist. wenn das gelungen ist, war es recht gemacht.

danke vielmals für lesen und kommentieren!!!

lg W.


auch dir,

lb Ophelia,

meinen aufrichten dank. alle einträge zeigen mur, daß man dieses gedicht allen fragestellungen zum trotz als durchaus brauchbar empfinden kann. das baut auf!

lg W.

Erich Kykal 12.11.2017 21:26

Hi Walther!

Apropos Rechtschreibfehler ;):

Bei "Reverenz" ist der Unterschied sehr wichtig, ob mit "v" oder mit "f" geschrieben.

LG, eKy

juli 13.11.2017 08:26

Lieber Walther,
Du hast einen guten Lauf!
Das Gedicht bewegt mein Inneres. Es ist mitreißend, kraftvoll und melancholisch.
Wunderbar! :Blume:

Ich habe danach Trakl gelesen. ( ich kannte ihn nicht):o
Und bin positiv überrascht, was und wie eine unruhige Seele erschaffen kann.
LG sy

:Blume::Blume::Blume:

Walther 13.11.2017 08:35

Zitat:

Zitat von Erich Kykal (Beitrag 107573)
Hi Walther!

Apropos Rechtschreibfehler ;):

Bei "Reverenz" ist der Unterschied sehr wichtig, ob mit "v" oder mit "f" geschrieben.

LG, eKy

stimmt,

mein lb eKy,

daher mein ganz besonderer dank!!!

lg W.


Zitat:

Zitat von syranie (Beitrag 107576)
Lieber Walther,
Du hast einen guten Lauf!
Das Gedicht bewegt mein Inneres. Es ist mitreißend, kraftvoll und melancholisch.
Wunderbar! :Blume:

Ich habe danach Trakl gelesen. ( ich kannte ihn nicht):o
Und bin positiv überrascht, was und wie eine unruhige Seele erschaffen kann.
LG sy

:Blume::Blume::Blume:

lb Syranie,

danke, daß ich dich zu Trakl anstiften durfte!

lg W.


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