Gedichte-Eiland

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norbert 23.04.2010 23:41

Der Schnitter
 
Der Schnitter

Der Schnitter legt dir deine Uhr aufs Schafott,
ein Schlag - und die Unruh zerbricht.
Kein Engel, kein Lächeln, kein Wächter, kein Gott
erklären dem Schatten am Bett den Boykott
und kraftlos verzehrt sich das Licht.

Der Banker der Zeiten erklärt den Bankrott,
das Ende der Annuität.
Kein Bitten, kein Beten zerstört das Komplott
und Flehen um Gnade klingt fast schon wie Spott.
Es dunkelt, das Feld ist gemäht.

Warum ist der letzte, der einsame Kuss
des Todes so grausam und kalt?
Wer gab ihm den Auftrag, zu tun, was er muss?
Er bricht auch das mildeste Auge am Schluss,
auch uns wird er brechen - schon bald.

Dana 24.04.2010 21:58

Lieber Norbert,

seit gestern lese ich angetan - doch ich hatte ein Problem beim Kommentieren.
Ich suchte zwanghaft nach einer Antwort - bis mir heute aufging, dass ich auf das "Warum" nicht antworten kann.

Es sind die tiefen Betrachtungen, die berühren.
Der Schnitter ist beständig unterwegs und tut das Seine. Mit unverbrauchten Metaphern malst du Bilder und schaffst wortspielerisch interessante und gute Gleichnisse.
Die Antwort wird sich jedem einmal offenbaren - oder fragend machen - oder...

Liebe Grüße
Dana

norbert 28.04.2010 13:29

danke, limes,
ich seh es als daktylen mit einer auftaktsilbe, danke für deinen gewogenen kommentar.
liebe dana,
mglw. erschließt sich dem sterbenden letztlich der tod - dem hinterbliebenen fügt er nur wunden zu.
liebe grüße
norbert

Chavali 28.04.2010 16:41

Hallo norbert,

über den Rythmus des Textes wurde schon einiges geschrieben, mir gefällt er nicht so hierfür,
dafür aber die Idee, die Wortfindung und der Inhalt.
Was soll ich weiter sagen? Großartig gemacht!

Eine Interpretation ist - so denke ich - nicht notwendig.
Jeder weiß, was gemeint ist. Wer schon einmal einen solchen Abschied miterleben musste,
kann sich in die Gedanken und den Schmerz des Verfassers hineinvsetzen.

Lieben Gruß,
Chavali

norbert 05.05.2010 12:59

liebe dana und chavali,
das gedicht ist dem tod meiner mutter gewidmet, die karfreitag verstarb. ich habe ja nun seit monaten nichts mehr geschrieben, ich war während des sterbensprozesses dazu nicht in der lage. ja, der tod ist GRAUENHAFT, ohne wenn und aber, ich bin vollkommen erschöpft, die trauer ist momentan zweitrangig. letztlich kann man nur zu schopenhauer greifen: der plan des lebens ist UNVERNÜNFTIG, alles andere ist larifari.
liebe grüße
norbert

Chavali 06.05.2010 10:04

Lieber norbert,

ich schließe mich Limes an.
Wünsche dir viel Kraft!

LG Chavali

norbert 11.05.2010 23:44

danke, limes und chavali,
für euer mitgefühl.
allmählich lässt die erschöpfung nach.
liebe grüße
trauerbert

Erich Kykal 12.05.2010 13:42

Hi, norbert!

An dieser Stelle nochmals mein allerherzlichstes Beileid!

Was soll man da noch groß Gedichte rezensieren - alle Argumente erscheinen vor der realen Tatsache oberflächlich und eitel.
Dennoch, und ohne das bescheuerte Klischee zu bemühen, dass ein Dichter "leiden" muss, um gut zu schreiben, sei hier festgehalten, dass dieses Gedicht in all seiner schöpferisch empfundenen Tiefe nach meinem Ermessen tatsächlich eines deiner besten ist! Gratulieren kann und will ich nicht angesichts der Umstände, aber vielleicht tröstet es dich auch ein wenig, wenn ich dir zumindest sage, wie gut mir deine Zeilen gefallen haben!

Zum Troste auch dies (und ich spreche aus gleicher Erfahrung!): Auch Schmerz nutzt sich ab. Irgendwann brauchst du ihn nicht mehr zu betäuben. Bis dahin und darüber hinaus alles Gute!

LG, eKy

norbert 15.05.2010 22:03

danke, lieber erich,
ja, wahre kunst entsteht immer aus tiefem leid - oder aus leidenschaft, der schwester des leids.
ich empfinde weniger trauer als ein gefühl der verlassenheit und leere, eine lähmung.
liebe grüße
norbert

a.c.larin 16.05.2010 08:36

lieber norbert,

spät aber doch nun auch von mir die aufrichtige anteilnahme!

verluste berühren, erschüttern, machen sprachlos.
irgendwo hab ich mal gehört: die frage nach dem "warum" führt nirgendwo hin.
(außer in die vergangenheit - und dort gibt es hunderte "warums")
die frage: "wozu kann es gut sein" oder "was kann ich daraus lernen" weist in die zukunft.

und jeder abschied ist so ein impuls, jedes ende ein ( wenn auch schmerzlicher) neubeginn.

dafür alles, alles gute!
larin


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