Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 28.11.2014 13:57

Sündenfall
 
Wer spielte nicht die leidige Geschichte
von Nachbars Kirschen und den sauren Trauben?
Wer wollte nicht in deren Angesichte
an späte Gnade und Vergebung glauben?

Es ist zu spät, dein Dasein neu zu kleiden,
der Vorhang fällt, und das Gewissen spricht
von jenem Orte, den die Freuden meiden,
wo selbst ein Lächeln weh tut im Gesicht.

Dein Grübeln macht das Staunen gar zunichte,
worin dir einst Erfüllung wuchs und Freude;
was stünde dir wohl besser zu Gesichte
als stummes Weh, darin es sich vergeude.

Der Augenblick, der deine Taten segnet,
erkennt dich kaum und kann letztendlich nicht
dein Trauern fassen, wo es niederregnet,
dass selbst ein Lächeln weh tut im Gesicht.

Es ist die Zeit der fallenden Gewichte,
wenn dein Erinnern die Minuten weitet.
Das Leben geht dir müd aus dem Gesichte,
allwo es kühler Schatten überbreitet.

Verstimmte Geigen nur, die um dich hängen,
die Wolken dräun, als hielten sie Gericht,
wo Bitternis und Süße dich bedrängen,
und selbst ein Lächeln weh tut im Gesicht.

Dana 28.11.2014 17:22

Lieber eKy,

ein sehr schönes und besonderes Gedicht. Die Reimart und das in Wiederholung weh tuende Lächeln unterstreichen die Unvergänglichkeit der Qual.
Ein ganzes Leben kann von nur einem Sündenfall überschattet sein und bleiben. Das sage ich, weil ich nicht davon ausgehe, dass hier der biblische Sündenfall gemeint ist.

Mir gefällt sehr, wie du die "Beständigkeit" einer Qual verdichtet hast. Du zeigst ihr Vorhandensein auf. Es geht nicht um "Mittel und Wege" sich freizusprchen, zu "entschuldigen". Wer denkt und fühlt, behält sie ein Leben lang. Dem bliblischen Sündenfall sehr ähnlich.;)

Ich schließe mit lobenden Grüßen,
Dana

Erich Kykal 28.11.2014 18:22

Hi, Dana!

Danke für deine Gedanken - du liegst ganz richtig!:Kuss

Interessant ist hier die Entstehung:

Gestern schaute ich mir im Spätprogramm irgendeines Senders nach langer Zeit wieder mal die "Rocky Horror Picture Show" an, seit langem einer meiner Lieblingsfilme!
Ein Zitat von Frank Furter (in der Szene, wo er alle versteinert, weil sie nicht so wollen wie er) blieb mir besonders im Gedächtnis: "Even smiling makes my face ache!" (Sogar Lächeln tut mir im Gesicht weh!)
Heute, bei der Heimfahrt von der Arbeit, kam mir im Auto die Idee, um diese Zeile herum ein Gedicht zu schreiben.
Beim Dichten gab es also zuerst die Reime, alle auf "Gesicht" oder "Gesichte", darum herum entstanden die Strophen, und zwar - ebenfalls ungewöhnlich - von hinten nach vorne. Nur die erste Strophe entstand vor der zweiten, welche dann die zuletzt geschriebene war.

So habe ich noch nie ein Gedicht gemacht - es war eine interessante Erfahrung.:D

LG, eKy

Falderwald 04.12.2014 17:04

Servus Erich,

interessant deine Erklärung um die Entstehung dieses Textes.
Manchmal ist das so, wie du es beschreibst. Bei mir passiert das auch hin und wieder, dass ich die letzte Strophe habe und den Text dann gezielt darauf hinführen muss, also ganz ähnlich. ;) :)

Inhaltlich ist das natürlich ein ziemlich dusterer Text und ich denke, da hat jeder sein eigenes Päckchen zu tragen, an dem er trauernd festgebunden hängt.

Stellvertretend für die gelungenen Wortbilder möchte ich "die Zeit der fallenden Gewichte" herausstellen, die Stelle hat mich nämlich ganz besonders beeindruckt.

Auch die Wortwahl ist elegant und dem Thema enstprechend angemessen.

Kritik belibt also Fehlanzeige und ich kann somit nur ein uneingeschränktes Lob für dieses Gedicht hier lassen.

Es hat mir in diesem traurigen Sinne gut gefallen. :)


Gern gelesen und kommentiert...:)

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Erich Kykal 04.12.2014 23:40

Hi, Faldi!

Wenn ein so akribischer Kritikus wie du nichts zu bemängeln findet, darf ich mir durchaus mit Stolz auf die Schulter klopfen!:)

Vielen Dank für dein Lob, es ist hoch geschätzt und willkommen!

LG, eKy


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