Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 03.10.2014 15:05

Wider die Trägheit
 
Vertane Zeit - sie steht quer,
atmet schwer, liegt wie Schmerz
auf den Zeigern der Uhren.
Die Stunden räkeln wie Huren
sich faul in den Kissen der Hügel.
Wer durchtrennte die Zügel
zum Kutschbock der Tage?
Wer es auch sein mag,
dort hockend und lockend
nach lüsternem Schlaf:
Wehre dich brav.
Widersage!

Lailany 07.10.2014 23:52

Hallo Eky,
ein ebenso interessanter, ausdrucksstarker, gehalt-, wie auch poesievoller Text, der durchaus von einem der alten Meister stammen könnte, deren zeitloses Gedankengut in all seiner erhabenen Größe und Schönheit uns immer wieder in Bann zieht und beflügelt.

Meine Interpretation reisst mich aus den Gefilden Deiner Poesie heraus und wirft mich auf den Boden der Tatsachen zurück, da ich hier meinen eigenen inneren Schweinehund beschrieben sehe, der dort hockt, lockt und mit seinem Geschick, zu verführen, leider viel zu oft erfolgreich ist.
Schmerzlich bewusst wird mir das erst dann, wenn die Uhrzeiger davon Kunde geben, dass es zum Bereuen, Bedauern zu spät ist.

Ein Klassiker von einem unserer großen Künstler der Gegenwart.

Hat mich sehr nachdenklich gestimmt.

HG von Lai :Blume:

Erich Kykal 08.10.2014 12:41

Hi, Lai!

Danke für das positive Feedback - ich war mir nicht sicher, wie dieser "atavistische" Stil aufgenommen würde.
Ich kenne Rilke's Werk sehr gut, und er schrieb immer wieder mal Gedichte ohne innere Struktur, zwar gereimt, aber ohne Regelmaß oder Eingrenzung, nur ganz der Sprachmelodie folgend und ihrem natürlichen Rhythmus.
Dennoch schaffte er es, dass sich alles richtig und gut anhört, so als müsste es genau so sein.
Diesen Stil versuchte ich nachzuahmen, obwohl ich mich damit wahrscheinlich zwischen alle Stühle setze: Die Strukturpharisäer und -puristen werden behaupten, es sei ohne Regelmaß keine "klassische" Lyrik, und die "Modernen" werden sagen, es sei immer noch mit Reimen und daher nicht zeitnah genug, ein jämmerlicher Hybride, der es beiden Lagern recht zu machen versucht. Könnten sie sagen...:rolleyes:
Und ich kann alledem nur ein einziges unlogisches Argument entgegenhalten: Mir gefällt's halt so.:o

Danke für deine Gedanken!:)

LG, eKy

Lailany 09.10.2014 04:26

Nochmal ich, Eky,
ein Hybride mag er zwar sein, will man den Text so bezeichnen, aber von jämmerlich kann man sicher nicht sprechen. Du hast hier unverkennbar dieselbe Sorgfalt walten lassen wie bei jedem anderen Deiner Werke, alles passt und ist wunderbar stimmig.
Ich finds gut, wenn ein Dichter hin und wieder vom gewohnten Altbewährten abweicht und, wie nicht anders zu erwarten, bewegst Du Dich auch auf diesem neuen Pfad mit traumtänzerischer Sicherheit und Leichtigkeit.

HG von Lai :Blume:

Erich Kykal 10.10.2014 15:29

Hi, lai!

Danke für die Blumen!:):Kuss

LG, eKy

Chavali 10.10.2014 16:24

Servus Erich,

ein interessantes Stück Lyrik, das ich schon vor Tagen las und das mich zu diesem
(jämmerlichen)
Text inspiriert hat :D

klick hier


Hybrid, eine Mischform, das mag sein, wenn man die Texte kennt, die du sonst schreibst.
Ich finde es gelungen, sowohl vom Inhalt als auch von der Form her.
Da muss man keinem Lager gerecht werden wollen ;)
Es ist ein eigenständiger Text.

Die mittige Formatierung gefällt mir nicht so gut.
Auch wenn die Zeilen möglicherweise nicht gleich lang sind, ist eine linksbündige Formatierung
passender (finde ich).


Lieben Gruß,
Chavali



Erich Kykal 10.10.2014 20:10

HI, Chavi!

Der Text von Rilke, der mich hierzu inspiriert hat, steht beim 2. Werk zu lesen, das ich dazu gemacht habe: "Seelchens Nachtlied".
Rilke hat "Das Gebet" ebenfalls zentriert geschrieben, daher mein Nachahmen in dieser Hinsicht.

Ich freue mich, dass ich dich auch inspirieren konnte. Wird natürlich umgehend kommentiert!:)

LG, eKy


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