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Pedro 07.08.2010 04:37

Gestern traf ich Luzifer auf dem Klo
 
Gestern traf ich Luzifer auf dem Klo


Nachmittag. Bullenhitze. Ich will zu einer Apotheke gehen. Mein Kopf droht zu zerspringen. Ich brauche ein paar Tabletten. Da sehe ich Adalbert, er studiert Theologie und will Priester werden. Er wäre ein ganz angenehmer Typ, wenn er nicht jedes Gespräch auf Gott umlenken würde. Manchmal denke ich, dass er nicht ganz normal ist. Wahrscheinlich bezweifelt er auch meinen Geisteszustand. Ich versuche unerkannt zu entkommen, aber er kommt schon auf mich zu.

„Grüß dich Paul, wie geht’s dir? Du siehst nicht so gut aus.“
„Kein Wunder nach gestern.“
„Was war denn los?“
„Bin in der Nacht versackt mit ein paar Kumpeln.“
„Das kommt bei dir wohl öfter vor!“ Vorwurfsvoll schaut er mich an. „Du solltest ein solideres Leben führen. Gerade gestern haben wir im Seminar über sinnvolles Leben gesprochen.“
„Was heißt hier „sinnvolles“ Leben?“, frage ich und weiß im gleichen Moment, dass ich jetzt nicht so schnell wegkommen werde.
„Na ja, sein Leben kann man immer ändern, denk doch mal an Paulus.“
„Paulus? Das war doch der, den fast ein Blitz getroffen hat, mit dem Gott dann persönlich gesprochen hat, der dann ein guter Christ wurde.“
„Genau der! Er hatte eine Vision.
„Stell dir vor, mir ist gestern in der Nacht etwas Ähnliches passiert.“
„Was, hattest du etwa auch eine Vision? Komm, rede nicht so einen Quatsch, das glaube ich dir nicht!“
„Wieso, du glaubst doch auch anderen Menschen, dass sie Gott gesehen und gehört haben!“
„Das ist ja wohl etwas anderes! Aber erzähl mal.“
„Na ja, ich ging gestern in der Nacht in der Wohnung umher, irgendetwas war mir nicht bekommen. Wahrscheinlich die fetten Würste, die Edgar immer in seiner Kneipe serviert. In meinem Bauch rumorte es gewaltig. Als ich dann auf der Klosettschüssel saß, entleerte ich mich gleichzeitig nach vorne und nach hinten. Als ich dann die Spülung betätigte, wurde das ganze Klo von einem Blitz erhellt. Zunächst konnte ich nichts sehen, so geblendet war ich. Ein gewaltiger Gestank entwickelte sich. Dann stand einer vor mir, ein kleiner Kobold in einem langen schwarzen Mantel. Ziemlich mitgenommen sah er aus, der Mantel. Aus seinem roten Gesicht ragte eine gewaltige Nase heraus. Ich fragte ihn, was in Teufelsnamen er hier in meinem Klo zu suchen habe. Er lächelte freundlich.
„Ich bin Luzifer und will deine Seele abholen.“
„Habe ich so was?“
„Deine Seele wird in aller Ewigkeit schmoren.“
„Warum das denn?“
„ Du hast es verdient!“
Als ich ihn anbrüllte, er solle jetzt endlich diesen ganzen Blödsinn lassen und verschwinden, griff er an meinen Hals und nahm da irgendwas weg. Er rief dann noch: „Jetzt habe ich sie für alle Ewigkeit!“ Dann wurde er immer kleiner.
Ich nahm ein Stück Klopapier, wickelte ihn schnell ein, schmiss ihn ins Klo und drückte die Spülung.“
„Du erzählst da so ruhig, dass du jemanden ins Klo geschmissen hast, ist er nicht stecken geblieben?“
„Als ich den Deckel anhob, sah ich nichts mehr von ihm.“
„Und was denkst du jetzt, was wirst du machen?“
„Was machen?“
„Du hast den Teufel gesehen, er hat deine Seele mitgenommen, und du hast ihn im Klo weggespült. Da musst du dir doch Gedanken machen.“
„Mensch..., ich glaube nicht an so etwas, ich war besoffen!“

Falderwald 03.10.2010 22:01

Hallo Pedro,

deine beiden Protagonisten Paul und Adalbert könnten unterschiedlicher kaum sein.
Auf der einen Seite der weltliche Lebemann, auf der anderen der angehende Theologe.
Da prallen zwei Philosophien aufeinander.
Adalbert ist bekannt dafür, alle Gespräche auf Gott zu lenken und seinen Mitmenschen moralische Vorschläge zu unterbreiten.
Dies ist natürlich für einen Typen wie Paul Wasser auf die Mühlen.
Nachdem Adalbert indirekt seinen Lebenswandel kritisiert, erzählt Paul ihm die Geschichte seiner angeblichen nächtlichen Vision.
Nach anfänglicher Ablehnung hört Adalbert aber zu und nutzt das wieder aus, um Paul aufzufordern, sich Gedanken über sein Verhalten zu machen.
Pauls Konter ist dann ein direkter Schlag in Adalberts Überzeugung.
Er gibt ihm nämlich zu verstehen, daß er nicht an so einen Zauber glaubt und dies wohl nur eine Illusion aufgrund seines Alkoholkonsums gewesen sei.

Ich werte deine Geschichte also unter dem Motto: Jeder soll glauben, was er will, doch damit aufhören, andere von seinem (Irr)Glauben zu überzeugen.


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Pedro 04.10.2010 03:16

Luzifer
 
Morgen Falderwald,

Zitat:

Ich werte deine Geschichte also unter dem Motto: Jeder soll glauben, was er will, doch damit aufhören, andere von seinem (Irr)Glauben zu überzeugen.
Genau das war meine Absicht.

Vielen Dank für die Rückmeldung.

Gruß

Pedro


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