Gedichte-Eiland

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Angelika 01.01.2017 08:37

Neujahr 2017, sechs Uhr morgens
 
Das steckt so in den Leuten drin,
man will das alte Jahr, sagt man, vertreiben,
und jeder denkt, wenn’s knallt: Ich bin!
Kein Stäubchen soll vom Alten übrigbleiben!

Es rumst auf jedem Trottoir,
wer ängstlich ist, bleibt hinter der Gardine.
So tritt der Mensch ins neue Jahr,
mit Krach, teils Sekt, gewiefter Kennermiene.

Ein Rätsel, was das Morgen bringt,
der Jahresabschluss ist ein Jährchen offen.
Mit Gutem rechnet man bedingt
und wartet ab, setzt erst mal nur aufs Hoffen.

Was Hoffen angeht, sind wir groß,
noch schwelgen wir in schönen Reflexionen.
Doch Wirklichkeit ist mitleidlos,
uns Menschen bleiben bloß die Illusionen.

1.1.17

Thomas 01.01.2017 09:11

Das haut mich gänzlich von den Socken;
am Neujahrsmorgen ernst und trocken?
Mit Sekt und böllernden Kanonen
kann man die Illusionen schonen,
Sei quietschvergnügt und buntkariert,
damit das Jahr nicht sauer wird.


Liebe Angelika,

ich wünsche dir im neuen Jahr guten Mut viel Lebensfreude. :)

Liebe Grüße
Thomas

Angelika 01.01.2017 10:56

Lieber Thomas, nicht alle saufen sich die Birne Silvester weg. Na ja, in deinem Alter macht es noch Spaß, meine Generation ist da etwas weniger euphorisch. Meinetwegen könnte Silvester ausfallen. Für Rentner sind alle Tage gleich. Wirst du später selbst feststellen.

Danke fürs Reinsehen, und auch dir ein angenehmes 2017.

Angelika

Erich Kykal 01.01.2017 11:12

Hi Angelika!

Sehr gut geschrieben! Ein hervorragendes Gedicht.

"der Jahresabschluss ist ein Jährchen offen." - das ist geradezu genial formuliert! Statt "ist" hätte ich aus sprachmelodischen Gründen "bleibt" genommen, aber das spielt bei dir, wie ich mittlerweile weiß, keine primäre Rolle.

Nur diese Zeile hätte ich anders formuliert - aus denselben Gründen:

"man wartet erst mal ab und setzt auf Hoffen."

Für deine Version ist gerade nach dem Komma sehr viel Mundarbeit nötig, um sie klar zu artikulieren, und um im Rhythmus zu bleiben, muss man das auch noch unangebehm schnell machen. Es geht, keine Frage - aber wenn man es gängiger machen könnte, wozu die unnötige Zungenjonglage?
Mit "Schwulst" hat das nichts zu tun - wenn du mir diesen kleinen Hinweis auf eine deiner Aussagen an anderer Stelle gestattest ... ;):rolleyes:

Ansonsten gibt es hier nur Lobenswertes anzumerken: Das Rhythmische Wechseln der Zeilenlängen bringt Lebendigkeit und Dynamik in den Duktus, die Sprache ist wohlgesetzt und klar, der Inhalt erfrischend aufbereitet und gedanklich anregend, die Sprachbilder lebendig und energiegeladen.

Sehr gern gelesen! :)

LG, eKy

Angelika 01.01.2017 16:47

Lieber Erich, wenn du wüsstest, wie sehr mich dein erster Satz, du weißt, der, wo du schreibst, das Gedicht gefällt dir, in Wohlgefallen auflöst, um es mal in deinem Stil auszudrücken. Oder so ähnlich. Bei diesem Gedicht aber habe ich ihn wohl nicht verdient, es ist vielleicht für den 1. Januar ein bisschen zu ernsthaft?

Was meinst du mit der Mundarbeit? Ich spreche das ganz normal, mache aber dem Komma eine kleine Zäsur. Keine Zischlauthäufung, weiß nicht, was du meinst. Nein, schnell muss man nach dem Komma nicht sprechen, bloß ganz normal. Schnell sprechen müsste man, wenn ich unregelmäßigen Jambus benutzt hätte, dann wird das Sprechen schneller, weil man eben auf einen Takt mindestens eine oder mehr Senkungen unterbringen muss. Ist aber hier nicht der Fall.

Ja, ich habe im Wechsel 4 und 5 Hebungen in einer Strophe, durchgängig.
Das mache ich öfter, weil mir das Blockschreiben immer ein bisschen statisch vorkommt. Manchmal setze ich sogar nur 3 zu 5 Hebungen ein. Kommt aber auf den Stoff an.

Lieber Erich, danke fürs Reinsehen und deine Anmerkungen. Doppelt hält besser, darum noch mal die besten Wünsche fürs neue Jahr.

Angelika

Erich Kykal 01.01.2017 20:40

Hi Angelika!

Zitat: "wenn du wüsstest, wie sehr mich dein erster Satz, du weißt, der, wo du schreibst, das Gedicht gefällt dir, in Wohlgefallen auflöst, ..."

Da musste ich schmunzeln: Ein Problem löst sich im normalen Sprachgebrauch in Wohlgefallen auf - und wenn du diese Phrase auf dich selbst anwendest ... - wie gesagt, ich musste schmunzeln! :D

Mit "Mundarbeit" meine ich die Zungen-, Kiefer- und Gaumenbewegungen, die zur Bildung der Laute nötig sind. In deiner Version ist der Bewegungsablauf recht aufwändig und komplex, will man es flüssig im Duktus lesen - so zumindest mein Gefühl dabei.
Im klassisch Lyrischen kann man mehr oder weniger diese Regel postulieren: Je weniger Mundarbeit nötig ist, desto weicher, harmonischer und flüssiger die Sprache - ich erinnere in diesem Zusammenhang ans Französische.
Normalerweise ist viel und rasche Mundarbeit ein Zeichen dafür, dass die Spache an besagter Stelle nicht frei fließt, nicht harmonisch klingt. Das "man wartet ab, setzt erst mal nur auf's Hoffen" unterbricht diesen Fluss nicht nur durch das Komma, sondern auch durch die vielen kurzen Wörter hintereinander, die zudem recht konsonantenreich sind, vor allem "setzt erst" und "auf's Hoffen" mit vielen Zisch- und Verschlusslauten.
Man könnte das hemdsärmelig durchdiskutieren, woran mir nichts liegt. Ich schreibe nur, was ich beim Lesen empfinde, und ich habe kein Problem damit, wenn du meinem Vorschlag nicht folgst.

LG, eKy

Angelika 02.01.2017 08:09

Lieber Erich, warum hemdsärmelig? Man kann doch darüber ganz seriös und freundlich schreiben? Zischlauthäufung? Sehe ich nicht so. Außerdem, ein Rezitator ist in solchen Sachen mehr als geübt, ich hatte ja selbst Sprecherziehung, und wir haben dolle Dinger da durchexerziert. Aber dass mein Gedicht jemals von jemandem rezitiert werden würde, wage ich nicht zu hoffen. Leider, sage ich. Oder auch nicht.

Angelika

Erich Kykal 02.01.2017 10:58

Hi Angelika!

Hemdsärmelig? Warum müssen die Menschen Aussagen, die ihnen nicht schmecken, immer gleich negativ konnotieren?
Ich gab nur einen Hinweis und habe mir erlaubt, ihn näher zu erläutern. Ob du ihm folgst bleibt ganz deine Sache. Bürokraten sind hemdsärmelig, und nichts könnte einem alten Rocker ferner liegen! :D

LG, eKy


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