Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 28.03.2011 09:28

Meine besten Seiten
 
Die Hügel meines Herzens stehen voll Ruinen
von Burgen, die ich jenen einst erbaute,
die ich geliebt. Doch ihre Freudenmienen
verloren sich und wurden mir zum Schrei!
Sie sind wie Bildertafeln heute, ungeschaute,
auf manchen blassen Seiten,
verblättert von den Zeiten
in meines Lebens Märchenbücherei.

Wer kommt die alten Herzensbilder schauen,
damit ich sagen kann: Seht, wer ich bin!?
Denn Burgen kann ich keine mehr erbauen,
die Liebe ging und ließ mich lang allein,
nur in Erinnerungen findet sich noch Sinn.
So werden meine Seiten
im Tode mir entgleiten,
und die Ruinen brechen lautlos ein.

Dana 29.03.2011 19:42

Lieber eKy,

fast möchte ich dir versichern, dass deine besten Seiten noch lange erhalten und beschaut bleiben. :)

Man kann diese Verse wunderbar doppeldeutig auslegen - aber auch einzig auf die geschriebene Kunst ausrichten.
Darum bin ich auch nicht bereit, die letzten zwei Verse als endgültig und traurig anzunehmen.
Vielleicht werden die noch gebauten Häuschen einst zu Burgen und dass sie eines Tages lautlos einbrechen ist relativ unsicher.
Es gibt noch immer den Denkmalschutz ;) - da werden Burgen zu Schlössern restauriert, oder zumindest so betrachtet.

Auf das lyr. Ich bezogen ordne ich dieses gute Wert der Rubrik Hoffnung und Fröhliches zu.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 07.04.2011 07:50

Hi, Dana!

Vielen Dank für deinen ermutigenden Beitrag!

Leise Trauer mag anklingen, aber eigentlich beschreiben die Zeilen nur einen Umstand, mit dem sich ein jeder ohnehin irgendwann abfinden muss.
Nichts ist für immer!
Ich zumindest bin mittlerweile damit im Reinen. Dennoch ein dickes Bussi für deine freundliche Anteilnahme. SCHMMMATZ!

LG, eky

laurenzia 07.04.2011 10:22

Hallo eky,

ich schleiche gerade ein bisschen in den Ruinen herum und lasse mal die Klassik auf mich wirken (ich habe sie bemerkt, die sechs und fünf Hebungen :D). Die kurzen Verse sechs und sieben - zwei und drei Hebungen - interpretiere ich als Frau-Mann, also leider Gottes, inhaltlich irgendwie als Mangelsituation. Tja und acht Verse. Ich hoffe sehr, das dass nicht die Unendlichkeit symbolisiert.
Von der Strophenform geht es hier lebhafter zu, als das was ich sonst von Dir kenne. Du weißt ja, mir gefällt so was :).

Vom Klang her fallen mir die Hügel-Herzen und Burgen-baute auf. Solche Reimformen gehen doch auf die alten Germanen zurück? Das ist aber lange her. Es unterstreicht aber auf jeden Fall die Ruinen.
In der zweiten Strophe gefällt mir der klangliche Bruch zwischen "Herzenbilder schauen" und "Seht, wer ich bin!". Dieses Ruuummms klingt fast wütend. Vielleicht tröstet es Dich ja ein bisschen, dass Herzensbilder schauen nicht altersabhängig ist ;), sag ich mal :rolleyes:.

Und zum Inhalt "die Ruinen brechen lautlos ein". So,so, aha! Das erinnert mich an die Frage: gibt es ein Geräusch, wenn niemand da ist, der es hört?

Lieber eky, also ich muss Dir sagen, in Deinem Bauch geht´s bunt zu ;) :) :) :). Sehr schön gemacht. :)

liebe Grüße laurenzia

Erich Kykal 07.04.2011 12:34

Hi, Laurentia!

Wow, du kommst vielleicht auf tiefschürfende Gedanken von wegen der Hebungen, Senkungen, Reimform und Wortwahl!
Ich kann nur versichern: Ich habe an absolut nix davon gedacht, als ich dies "einfach so vor mich hin" dichtete! Das Schema ergab sich aus den ersten Zeilen wie stets automatisch, ansonsten lauschte ich dabei nur meiner inneren Melodie, um im Takt zu bleiben.
Sorry, dass ich kein so großes Geheimnis bin wie gedacht. Nur einer von diesen "Aus dem Bauch heraus" - Dichtern. Dennoch sei herzlich bedankt für diese kundigen Überlegungen. Sie führen mir vor Augen, wer ich vielleicht sein könnte, wenn ich mir Mühe gäbe. Aber dazu bin ich wahrscheinlich zu faul.:);)

LG, eKy

laurenzia 07.04.2011 13:34

:D

Sag´ ich doch, so was von buntem Bauchgefühl :). Und ich armes Würstchen muss mir immer überlegen, wie ich welches Stilmittel wann und wo einsetze. Aber es hat den Vorteil, dass ich immer mehr und immer öfter erkenne, wenn andere DichterInnen irgendwas in der Art verwenden, ob sie das nu wissen oder nicht. Is das nicht super ;) :D ?
Ne im Ernst. Das ist wirklich ein tolles Gedicht - ähm vom Handwerklichen. Inhaltlich gesehen ist es traurig. Aber wer weiß, vielleicht läuft einem ja morgen die große Liebe über den Weg. Kann ja schließlich alles passieren. Wir werden es dann hoffentlich mitkriegen. :)

liebe Grüße laurenzia

Erich Kykal 08.04.2011 07:19

Hi, Lauri!

Nur keine Sorge - Ruinen können ein wunderschöner Ort sein!;):)

LG, eKy

Onkie IIV 20.05.2011 14:17

ein sehr schöner anfang und ein insgesamt schönes gedicht. durch den punkt im viertletzten vers führst du den lesefluss nicht mehr ganz so schön, wie ich finde, das hat mich ein bisschen gestört, ein anderer sieht es aber vllt anders, ansonsten gefällt es mir sehr gut :)
lg
onkie

Erich Kykal 15.06.2011 13:09

Hi, Onkie IIV!

Zum einen hast du Recht, zum anderen ist der Punkt hier nötig, um die Conclusio beginnen zu können. Ein Bindestrich wäre auch möglich gewesen, gefällt mir persönlich aber nicht so gut.
Ich denke, ein guter Leser kann damit leben.

Vielen Dank für dein Lob!

LG, eKy

a.c.larin 03.07.2011 19:23

Lieber Erich,

Dein "Bauch" hat wieder mal ganz feine Dinge ersonnen - und heute höre ich einmal nur mit dem musiklalischen Ohre zu.
Deshalb kann ich auch nur sagen:

Das ist Musik in meinen Ohren! :)

Vielleicht kann man die Bilder deines Herzens nicht mehr sehen - aber ihr Klang ist immer noch zu hören: Molto cantabile!
Das waren gewiss deine besten Saiten....

Liebe Grüße,
larin

Erich Kykal 05.07.2011 11:22

Hi, larin!

Vielen Dank für das "molto cantabile"!

Mir stand dabei vor Augen, wie uns das Leben aufeinander zu und wieder auseinander treibt, bis man sich irgendwann dran abgenutzt hat und aufgibt, Gleichgesinnte zu suchen, mit denen man sein Leben vielleicht teilen könnte oder wollte.
Wie selten funktioniert das auch, vor allem, wenn man schon immer allein war! Dann ist man in vielen Dingen gar nicht oder nicht mehr fähig, sich zu öffnen, sich mitzuteilen, mitzufühlen.
Gleichwohl wird die Vergangenheit immer rosiger und verklärter, weil man genug Zeit hatte, all die Niederlagen und Demütigungen, all den Schmerz zu sublimieren, zu verdrängen.
Und was bleibt letztlich von so einem Leben? Nichts. Niemand erinnert sich.
Andererseits geht es den "anderen" ebenso - nur dauert es etwas länger.
Die Ruinen unserer Leben brechen ein, das gegenwärtige Leben überwuchert sie. Eine Zeitlang gemahnen die unbewohnten Gemäuer noch an etwas Vergangenes, Überlebtes, aber irgendwann verschwinden alle Spuren. Manchmal passiert dies sogar schon noch zu Lebzeiten der Betroffenen! Das sind diejenigen, von denen es dann heißt: Er wurde erst gefunden, als es im Stiegenhaus seltsam zu riechen begann...

LG, eKy

Stimme der Zeit 06.07.2011 07:53

Guten Morgen, Erich:),

dein Gedicht wurde bereits mehrfach kommentiert, aber ich möchte dennoch ein paar Worte dazu sagen.

Reimschema und Metrum finde ich sehr interessant, denn trotz der Variationen "fließt" der Rhythmus "durch". :)

Was die Aussage betrifft, ich beziehe mich damit auch ein wenig auf deine Antworten: Mit Ruinen kenne ich mich recht gut aus, davon habe ich viele. Man wird mit der Zeit ein wenig "eigenbrötlerisch", das bleibt nicht aus. Nur: Sich öffnen und auf andere Menschen zugehen ist wie fahrradfahren, man kommt aus der Übung, aber verlernt es nicht völlig.

Wichtig ist, sich der Tatsache bewusst zu bleiben, dass in Ruinen genug Steine zu finden sind, um mit diesen etwas Neues aufzubauen - und sich nicht entmutigen zu lassen. Was war, war; was ist, ist; und was sein wird, wird sein. Das Vergangene kann zu große Anziehungskraft entwickeln, dagegen sollte man sich zur Wehr setzen, damit Gegenwart und Zukunft nicht "aus dem Fokus" geraten. Eine einzige positive Erfahrung macht 99 Enttäuschungen wett. (Mein "Motto".) Nur nie aufgeben, sonst raubt man sich selbst die Chancen, etwas Neues und Schönes zu erfahren. Die Furcht vor erneuter Enttäuschung führt leider häufig zu einem "inneren Rückzug". Damit schützt man sich zwar vor der Gefahr erneuter Verletzungen, aber nimmt sich gleichzeitig die Möglichkeit, einmal im guten Sinne "überrascht" zu werden. Da bin ich persönlich stur wie ein Felsblock, aufgeben kommt nicht in Frage ... ;)

larin hat übrigens recht, vom musikalischen Standpunkt aus kann man dein Werk wirklich singen. Leider bin ich im musikalischen Bereich "technisch" absolut unbewandert, konnte aber doch sehr rasch in die Melodie "hinein finden". Für mich sind es immer diese Gedichte, die etwas "Besonderes" haben, denn die meisten "klingen" nicht. Nimm es also getrost als Kompliment, so ist es auch gemeint. :)

(Das ist der Grund, warum ich manchmal bei kleinen Fehlern "Erbsen zähle", denn diese wirken auf mich wie ein Ton, der "daneben" liegt. Manchmal ist es gar kein "echter" Fehler, trotzdem bleibe ich an einer Stelle "hängen". In Gedichten ohne Melodie dagegen bin ich großzügig, denn wenn ein Werk ohnehin nicht "singt", ist es ja im Grunde genommen "egal". Ich hoffe, dass du es mir also nicht übel nimmst, wenn ich gelegentlich auf einzelne Stellen hinweise, es ist nicht besserwisserisch oder "pedantisch" gemeint - ich möchte eben einen "Haken" heraus haben, damit es "perfekt klingt" ...):o

Zitat:

damit ich sagen kann: Seht, wer ich bin!?
Das ist die einzige Stelle, an der ich ein wenig "stocke". Meine "Pause" liegt innerhalb der Melodie nicht nur beim Doppelpunkt, sondern auch auf dem Komma nach "Seht", deshalb komme ich dort kurz "aus dem Rhythmus". Versteh das bitte als Anmerkung, es ist nicht als Kritik gemeint!

Meine Anerkennung (und ein wenig Erstaunen) für dein "musikalisches Gefühl", das dich in die Lage versetzt, "aus dem Bauch heraus" immer wieder Gedichte zu schreiben, die (so denke ich) eigentlich sogar Lieder sind.

Sehr gerne gelesen - und dir ein bisschen widersprochen. ;):)

Liebe Aufbau-Grüße http://www.123gif.de/gifs/baustellen/baustelle-0078.gif (;))

Stimme http://www.smilies.4-user.de/include..._devil_006.gif

Erich Kykal 07.07.2011 07:38

Hi, Stimme!

Vielen Dank für deinen ausführlichen und doch kurzweiligen Beitrag! Ich kann nur vorbehaltlos zustimmen - in jeglicher Hinsicht.

LG, eKy


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