Gedichte-Eiland

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Leier 17.03.2009 08:16

Verpfändet
 
-

In diese reiche Lebensfülle,
in die mich rätselhaftes Los getrieben,
dringt eine ahnungsschwangre Stille,
ein kühler, starker, ferner Wille
wie ein Gebot, daß ich nun meine Hülle
abzustreifen habe, sie nicht mehr lieben
darf, da diese Zeit nun endet.

Der fremde Wille schreckt als Drängen
auf neue, unbekannte Dornenpfade,
zu andrem Büßen, andrer Gnade,
zu tiefern, wildern Orgelklängen,
zu demutsvollen Weihgesängen,
zu einem dunklen Nachtgestade
hin, von dem der Tag sich wendet.

Als Trost wird mir Dein Blick nur bleiben
aus Augen hehr und tief und klar,
jeden Spottes, jeden Tadels bar,
bereit, Dämonen zu vertreiben,
Hohes auf das blasse Pergament zu schreiben,
das einstmals meine Seele war,
entrissen mir, getreten und geschändet.

Nun hab ich alles: Leben, Herz und Hülle,
Pulsschlag, Geist, geliebte Stille
für Deinen Kuß auf meine Stirn verpfändet.

Chavali 17.03.2009 11:36

Liebe Worte-Spinnerin :)

hier hast du uns wieder etwas ganz fein Gesponnenes vorgesetzt.
Eine unerfüllte Liebe kannst nur du so intensiv, ja fast wild, bedichten.
Am Ende blieb nur ein Kuss auf die Stirn, der unvergessen blieb.

Sehr gern gelesen und kommentiert hat mit lieben Grüßen,
katzi

Leier 17.03.2009 12:52

Liebe Supikatzi,

ich danke Dir sehr für diesen lobenden Kommentar.
Der mich anspornt, meine "Pfade" nicht zu verlassen (bei ernsten Gedichten). Auch daß Du am Reimschema nichts auszusetzen hast, erleichtert mich.

Leider wurde alles umsonst verpfändet - den versprochenen Kuß auf die Stirn bekam LyrI nie.

Lieben Gruß
von
cyparis

Chavali 17.03.2009 12:59

Liebe cypi,

Zitat:

Auch daß Du am Reimschema nichts auszusetzen hast, erleichtert mich.
warum sollte ich?
Du hast in allen Strophen durchgängig abaaabc und das will man erst einmal hinbekommen.
Dein Sprachgefühl ist ohnehin bemerkenswert sicher.

Nochmals http://www.smilies.4-user.de/include...lie_sg_011.gif

a.c.larin 17.03.2009 15:31

liebe cyparis,
ich schließe mich meiner vorrednerin an.
habe gerade versucht, dein gedicht laut zu deklamieren,
dabei blieb ich an ein paar stellen hängen, probier mal,
ob sie dir nicht auch in der variation flüssiger lesbar sind:

Strophe 1) abstreifen soll

Strophe 3) diejeden Spottes, jeden .....
Gutes auf 's blasse Pergament ( "Hohes auf das blasse
Pergament" da stolpere ich beim Lesen und "Hohes" ist
wegen dem h im Inlaut auch schwierig beim Laut-Lesen)
Strophe 4) Pulsschlag und Geist, ( dadurch wird die Atempause beim
Beistrich vertieft, der Zuhörer hat noch einmal ein wenig Zeit ,
Gehörtes auf sich wirken zu lassen...)

Mir gefällt das sehr, dass die Sinneinheit immer wieder ein wenig über die Zeile greift - hört sich an wie Meeresbrandung ......Glückwunsch!

larin

Leier 18.03.2009 09:35

Liebe larin,

ich habe mir Deine Einwände lange Zeit und gründlich durch den Kopf gehen lassen.
Wir lesen wohl verschiedenartig, denn in mir stimmt die Melodie.
Vorerst bleibe ich deswegen bei der jetztigen Fassung des Gedichtes.

Für das Lob bedanke ich mich sehr, denn Lob von einer wahren Dichterin wiegt!

Lieben Gruß
von
cyparis

ReinART 18.03.2009 10:21

Liebe Cyparis
wie unterschiedlich die Menschen, Ihre Intentionen, Gedanken und Gefühle sind.
Das ist das Leben in seiner ganzen Bandbreite.
Wie Du auch schon bemerktest, haben wir so einige Schnittmengen in der Betrachtung unseres Seins. Du drückst es mit Deinen, Dir eigenen cyparischen Worten aus und ich mit meinen mir spezifischen Worten. Wäre schrecklich und langweilig, wenn alle den gleichen Brei verschütten würden! :)
Sehr schön!
Alles Gute
reinhard

Leier 20.03.2009 09:49

Lieber ReinArt,

ich finde auch, daß das einen Dichter ausmacht:
Seine Verse sind unverwechselbar.
Einheitsbrei: Unvorstellbar! Schrecklicher Gedanke.
Dann wäre Dichtung ad absurdum geführt.
Der Himmel bewahre uns davor!

Hab Dank für Dein Lob!

Lieben Gruß
von
cyparis

Erich Kykal 25.03.2009 12:41

Zitat:

Zitat von cyparis (Beitrag 5401)
-

In diese überreiche Lebensfülle,
in die mich rätselhaftes Los getrieben,
dringt eine ahnungsschwangre Stille,
ein kühler, starker, lebensferner Wille
wie ein Gebot, daß ich nun meine Hülle
abzustreifen habe, sie nicht lieben
mehr darf, da diese Zeit nun endet.

Der fremde Wille schreckt als Drängen
auf neue, unbekannte Dornenpfade,
zu andrem Büßen, andrer Gnade,
zu tiefern, wildern Orgelklängen,
zu demutsvollen Weihgesängen,
hinfort zu dunklem Nachtgestade
von dem der helle Tag sich wendet.

Als Trost wird mir Dein Blick nur bleiben
aus Augen hehr und tief und klar,
jedweden Spottes, jeden Tadels bar,
bereit, Dämonen zu vertreiben,
ein Hohes auf das Pergament zu schreiben,
das einstmals meine blasse Seele war,
entrissen mir, getreten und geschändet.

Nun hab ich alles: Leben, Herz und Hülle,
Pulsschlag des Geistes und geliebte Stille
für Deinen Kuß auf meine Stirn verpfändet.

Hi, cypi!

Ein wunderbares Werk mit traumhaft lyrischer Conclusio, herrlicher Sprache und fast heiterer Schwermut.
Ich hoffe, meine kleinen Vorschläge zur klanglichen und metrischen Abrundung des Ganzen sind dir von Nutzen. Viel besser zu machen gibt es da nicht. Vielen Dank für diese schönen Zeilen!

LG, eKy

Leier 19.04.2009 21:35

Lieber Erich Kykal,


darüber muß ich lange nachsinnen.
Das Gedicht, so wie es steht, ist mir sehr ans Herz gewachsen.
Aber hab Dank für Deine Anregungen
und Dein Lob!


Lieben Gruß
von
cyparis


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