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Thomas 25.01.2012 12:48

Der alte Narr
 
Der alte Narr

Der alte Narr tritt ab.
Er macht sich einen letzten Spaß,
wirft seine Kappe in das Gras
und reißt vom bunten Kleid
die Silberglöckchen ab.

Der alte Narr tritt ab,
dem alten König auf dem Thron
singt er sein Liedlein ohne Ton,
wobei er Purzelbäume macht.
Der alte Narr, der lacht.

Er zieht an Hof und Volk vorbei:
Der eitlen Königin macht er
Noch einen Knicks, das freut sie sehr.
Der Hofrat klatscht und eilt herbei.
Der alte Narr, der lacht.

Er stößt mit Bischof und Kaplan
auf Himmel und die Hölle an.
Dem neuen Narren gibt er froh
Ein Bruderküsschen auf den Po.
Der alte Narr, der lacht.

Der alte Narr der lacht: Haha!
Er pfeift auf alles, was geschah.
Geht seinen Weg, denkt still zurück
an wahre Lüge, falsches Glück. –
Der alte Narr, der geht.

Vom Stadttor zu den Feldern hin,
da sieht der Narr die Schäferin,
die zierlich sich zu Boden bückt
und Blumen für den Liebsten pflückt.
Der alte Narr, der weint.

Thomas 26.01.2012 22:33

Hallo Lipiwig,

vielen Dank für die Rechtschreibekorrekturen, die bei mir zu oft nötig sind, und noch tieferen Dank für die netten Bemerkungen. Ja, es ist so, man kann Recht haben vor all den Narren, die einen für einen Narren halten, und trotzem das Schöne und Wahrhaftige aus den Augen verlieren. In dem Augenblick, in man es wiederfindet, ist man erlöst.

Viele Grüße
Ralf

horstgrosse2 27.01.2012 12:41

@Thomas

Interessantes Gedicht. Man könnte den „Narr“ als reelle Person nehmen oder als Metapher für etwas anderes. Eine wichtige Persönlichkeit, Ein Star, ein Ehemann?
Und es würde trotzdem funktionieren.
Dann würde der Hofrat und die anderen Personen und Titel natürlich auch nur Metapher-Figuren sein, aber egal, auch das würde funktionieren.

Zitat:
„und Blumen für den Liebsten pflückt.
Der alte Narr, der weint. „

Ja irgendwie eine Trauer auf eine verflossene Zeit, als man noch geliebt wurde.
Fazit:
Gefällt mir.

Thomas 27.01.2012 14:23

Hallo horstgrosse2,

vielen Dank! Ja, es ist so, wie du es beschriebst. Nur geliebt wird der Narr selten. Das muss auch nicht sein. Aber es ist für ihn besonders schlimm, wenn er das Wesentliche und einfach Wahre, welches er nach dem Verlassen der Stadtmauern wieder sehen kann, aus den Augen verliert.

Viele Grüße
Thomas


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