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Falderwald 21.12.2018 19:57

Globalisierung
 


Globalisierung


Ich bin dafür, das ist doch keine Frage,
du kannst aus aller Welt dir Dinge kaufen,
sie liefern Träume aus an jedem Tage,
wir müssen nicht mal einen Schritt mehr laufen.

Egal wie weit, es fliegen doch die Flieger,
es fahren LKW's und Schiffe täglich
zum Endverbraucher, machen mich zum Sieger
und meine kleine Existenz erträglich.

Ich schnappe nämlich immer billig, billig,
die Umwelt lass ich andere verpesten,
die Abgehängten produzieren willig,
global gesehen hier aus Richtung Westen.

Man weiß es nicht genau, wie viele starben,
Entwicklungsländer kontra Europäer,
die einen leisten sich's, die andren darben,
gewinnen tut - wie stets - der Global Player.

Die Wirtschaft garantiert mir die bequemen
Verhältnisse mit ihren Raffinessen,
so leb ich im globalen Einvernehmen
moralisch einwandfrei und vollgefressen.


Falderwald
. .. .


Erich Kykal 22.12.2018 09:54

Hi Faldi!

Wie wahr, wie wahr - hab gerade wieder einen Hucken Bücher in "amazonien" bestellt ... Ach, wenn bloß die Auswahl nicht so groß wäre! :rolleyes::Aua

Die Wintererdbeeren lass ich mir aus Ägypten liefern, meine Kleidung wurde von Kindersklaven in Indonesien genäht, mein Schnitzel wurde noch lebend und danach im Verarbeitungsprozess kreuz und quer durch Europa chauffiert - und mein CO2-Schatten ist mir sowas von egal! :eek::cool:

Das Problem ist, dass unser Wohlstand längst auf einem derart dichten Netz von menschlichen wie umwelttechnischen Schädlichkeiten beruht, dass jede Form von Protest eigentlich selbstmörderisch geworden ist, denn nimmt man nur einen "Ziegel" aus dem Gebäude sich bedingender wirtschaftlicher Abhängigkeiten, so bricht alles zusammen - und so ein Europa möchte ich nicht erleben!

Da bin ich Egoist genug zu sagen: Ich möchte mein ganzes Leben in einer dieser kurzen Phasen und geographisch eng begrenzten Zonen von Frieden, Sicherheit und Wohlstand verbracht haben - auch wenn ein Teil davon auf dem breiten und ausgepeitschten Rücken anderer ruhte!
Das ist vielleicht so eine Altersgeschichte - vor 20 Jahren wäre ich vielleicht noch mit so einem Text auf die Barrikaden gegangen ... - aber Fanatismus hat mir nie gelegen, und mancher Konsens riecht zwar streng, aber man gewöhnt sich daran.
Mittlerweile habe ich mich mit der Unabänderlichkeit menschlicher Dummheit, selektiver Blindheit und Grausamkeit abgefunden, und wenn ich schon kritisiere, dann bestenfalls noch mit der psychologischen Wirkung von Einzelschicksalen.
Die aufgebrachte Gebärde des idealistischen Weltverbesserers habe ich längst an den Nagel meiner Sattheit gehängt.

Dennoch sehr gern gelesen - so aus der zynischen Position des Gescheiterten ... ;):rolleyes:

LG, eKy

Thomas 22.12.2018 13:21

Lieber Falderwald,

du skizzierst die "moralisch einwandfreie", da vom un- bzw. amoralischen Wirtschaftsdogma abgesegnete, Haltung, welche sich so bequem einnehmen lässt und letztendlich so selbstzerstörerisch ist.

Es ist offensichtlich, dass die enge Vernetzung durch die angeblich alternativlose Globalisierung uns aus aller Welt genau die Probleme zurückbringt, die durch ideologisch dumme Wirtschaftsdogmen entstehen und immer weiter verschlimmert werden.

Mauerbauen, Ausländer raus schreien oder America first ist einfacher, als wirklich global zu denken und zu handeln. Ich verstehe dein Gedicht als Aufforderung, genau das zu tun.

Liebe Grüße
Thomas

waterwoman 27.12.2018 22:03

Hallo Falderwald,

deinen Text verstehe ich als (versteckte) Satire.

Dieses Szenario, das du hier beschreibst, ist leider bittere Realität, nach dem Motto:
Was kümmerts mich, wo das alles herkommt und wie es produziert wurde.
Aber wir Menschen sind eben träge, faul, fett und gefräßig.
Es muss immer mehr, immer besser und immer billiger sein.

Was für eine verkorkste Welt.

Gruß
ww

Falderwald 29.12.2018 20:47

Servus Erich,

ich schließe mich da nicht aus, denn auch ich profitiere ganz sicherlich von der Globalisierung, zumindest so, wie sie heute stattfindet.
Das Problem ist nur, dass wir alle so gerne mit den Fingern auf andere zeigen und das mit unserer Moral rechtfertigen. Da stellt sich mir einfach oft die Frage, wie gerechtfertigt unsere Moral wirklich ist. Wir verurteilen -zu Recht- jegliche Form von Gewalt, aber die Gewalt, die wir alle indirekt ausüben und damit allen möglichen Dingen Vorschub leisten, deren Konsequenzen noch gar nicht wirklich abzusehen sind, nehmen wir guten Gewissens in Kauf. Ich finde uns und unser System äußerst zweifelhaft.
Wie soll bei diesen gravierenden Unterschieden jemals das Ziel erreicht werden, Europa, geschweige denn die Welt wirklich zusammenzuführen?

Ja klar, mir geht es gut, warum sollte ich mich beschweren? Aber ab und zu überfällt mich eben das schlechte Gewissen. Meine Kinder müssen auch noch in dieser Welt leben...

Vielen Dank für deine Rückmeldung...:)


Moin Thomas,

jeder muss bei sich selbst anfangen etwas zu tun, denn nur wenn auch die innere Überzeugung vorhanden ist, wird man glaubwürdig - für sich selbst und für andere.

Man kann viele Dinge tun, zwar Kleinigkeiten nur, aber auch steter Tropfen höhlt den Stein, wie man so schön sagt.
Ich lasse das Auto möglichst oft stehen, fahre also nur damit, wenn es sich einfach nicht vermeiden lässt und versuche dann immer verschiedene Dinge zu kombinieren. Ich ernähre mich in letzter Zeit vermehrt von Lebensmitteln aus der Region, versuche mein Geld ebendort auch möglichst auszugeben, es ist mir auch egal, ob ich auf ein Buch in der Buchhandlung vor Ort ein paar Tage länger bei eigener Abholung warten muss und Fleisch kommt auch weniger auf den Tisch.
Ich arbeite also an meiner eigenen Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit, wenn auch sicherlich nicht noch nicht alles perfekt ist. Aber, wie heißt es? Nobody ist perfect...;)

Meinen Dank für deinen Kommentar...:)


Hi waterwoman,

ich würde diesen Text eher als bittere Realsatire auf unsere eigene Moral verstehen.

Du hast natürlich vollkommen Recht mit deiner Beschreibung. Was aber wäre, wenn es anders herum liefe?
Es würde nicht immer mehr, immer besser und immer billiger werden...

Das Ganze ist und bleibt nämlich ein Politikum. Andersherum könntest du nämlich keine Wahlen gewinnen, das steht bei einer zufriedenen Gesellschaft gar nicht zur Diskussion. Das ist bekanntlich ein Geschäft mit der Hoffnung, und die gründet sich auf die ganz natürliche menschliche Gier. So einfach ist das...;)

Ich bedanke mich für deine Antwort...:)


Vielen Dank für eure Kommis...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald



Thomas 30.12.2018 06:41

Lieber Falderwald,

bei sich selbst anfangen ist immer gut, ja, eigentlich selbstverständlich, aber vermutlich wird es nicht ausreichen, um das wesentliche Problem zu lösen. Eine Lösung habe ich auch nicht parat.

Liebe Grüße
Thomas


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