Gedichte-Eiland

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Dana 16.08.2015 18:27

Anna ist anders
 
.
.
.

....Du bist mir aufgefallen
....in deiner Unauffälligkeit
....unter den Kindern, allen:

Ein Mädchen, das in Stille lebt,
das Abstand zu den andern hält,
das schweigend ihrem Treiben folgt
und nicht erlaubt, dass man erkennt,
ob es erfreut ist oder staunt.
Ich denke dann, dass Anna träumt.

....Du bist mir aufgefallen
....mit einer fremden Traurigkeit
....unter den Kindern, allen:

Ein Mädchen, das sich schnell entfernt,
sobald die andern unbedarft
ihm fast zu nah gekommen sind,
es wieder ließen, unbedarft.
Denn Anna steht nur da und schaut,
sie lebt in ihrer eignen Welt.

....
Dein frühes Schicksal, Anna,
....ist eigene Besonderheit.
....Man gab dich immer ab.

Doch immer wieder denke ich
an die Momente, wenn du mir
dich anvertraut hast, inniglich;
du hast von Freunden mir erzählt,
die deine sind. Hast mich umarmt
und wie die anderen gelacht.
.
.
.

Erich Kykal 16.08.2015 19:31

Hi, Dana!

S1Z3 - würde ich "seinem" statt "ihrem" schreiben, da es sich auf (das) "Mädchen" in Z1 bezieht.


Erst dachte ich an Autismus, aber da passt die dritte Strophe nicht dazu. Eigentlich auch nicht so recht zur milderen Form, dem Asperger-Syndrom.

Ist das solitäre Verhalten das Mädchens also eine psychische Krankheit - oder hat es soziale Gründe?

Und was ist mit "Man gab dich wieder ab" gemeint? Wurde sie adoptiert und dann wieder abgegeben, weil man mit ihr nicht zurande kam? Bei einer Heimkindheit wäre so ein eigenbrötlerisches Verhalten nachvollziehbar. Leider wird kein Schauplatz im Gedicht erklärt, daher hängt man diesbezüglich in der Luft.

Der Text ist gut, allerdings verrät er zu wenig um Ursachen und Umfeld der Protagonistin, sodass dem Leser Fragen bleiben.

Gern gelesen!

LG, eKy

Thomas 16.08.2015 19:36

Liebe Dana,

sehr schön, inerssant und anregend. Fast ein Lied. Und gerade das "sodass der Leser Fragen hat." ist sehr gut.

Liebe Grüße
Thomas

Dana 17.08.2015 20:02

Lieber eKy,
danke für deinen Kommentar, deine Fragen und für dein Lob.:)
Dieses Gedicht habe ich schon seit längerer Zeit in "Kladde" und traute mich nicht, es zu posten.
Zu S1Z3: Anna folgt dem Treiben der Kinder - ihrem Treiben.

Jene "Anna" gibt es nicht und es gibt sie doch. Es geht um eigene Beobachtungen im Berufsleben. Kinder, die keiner eindeutigen "Krankheit" zugeordnet werden können, weil das soziale Umfeld dazwischen steht und Raum für sich einnimmt. Sie werden schulreif und müssen beschult werden.
Genau darum bin ich nicht konkret geworden, eher vorsichtig, weil es mir nicht zusteht.
Mit deinen Fragen kommst du den Realitäten aber sehr nah, ohne dass die Autorin erklären muss. Wem sage ich das? Du weißt es besser als ich.

Lieber Thomas,
genau: die Fragen und Probleme bleiben offen - aber sie sind.
Eine Allgemeinantwort gibt es eh nicht. Es geht um Kinder und darum, wie sie getragen, behandelt, angenommen und abgegeben werden.
Wobei ich hier möglichst wertungsfrei bleiben wollte. Es ging mir um Schicksale, die durch einen "Zeigefinger" nicht aus der Welt geschaffen werden.

Euch beiden liebe Grüße und lieben Dank,
Dana

juli 02.09.2015 21:09

Liebe Dana, :)
Dein Gedicht sticht von deinen anderen Gedichten optisch ab. Du beschreibst hier eine Alltagssituation. Ich habe mich zunächst gewundert, weil das gedicht unter der Rubrik : "Finstere Nacht" steht, doch beim mehrfachem Lesen wirken die kurzen Strophen.

.Du bist mir aufgefallen
....in deiner Unauffälligkeit
....unter den Kindern, allen:

.Du bist mir aufgefallen
....mit einer fremden Traurigkeit
....unter den Kindern, allen:

Dein frühes Schicksal, Anna,
....ist eigene Besonderheit.
....Man gab dich immer ab.

das ist gekonnt. Die anderen Strophen beschreiben. Wenn sie nur für sich alleine dastehen würden, dann ist eine Beschreibung von einem kleinen Mädchen, das ruhig ist. Doch die Gesamtheit und das wolltest du ja auch, zeigt auf eine "Andersartigkeit", es könnte ein Kind mit einer Diagnose sein, doch ich bin damit vorsichtig.

Mir gefällt dein Gedicht, der Rhythmus und der Aufbau.:Blume::Blume::Blume:

Liebe Grüße sy

Agneta 03.09.2015 19:56

eine vorsichtige und zarte Annäherung schafft dieses Gedicht, liebe Dana. Es mahnt und soll zeigen, wie ein Kind geprägt von Traurigkeit und "Abgabe" nach Hilfe schreit.
Abgabe, das kann vieles sein. Auch Eltern, die ihr Kind vor der Playstation absetzen, vor Laptop, TV, weil sie keine Zeit haben, handeln "abgebend". Kinder sind keine Ware, die man sich bestellen kann und dann wie ein Buch in den Schrank stellen.
Auch ich habe beruflich viele Schicksale gesehen.
Durch seinen ganz eigenen Stil nimmt das Werk mit, fängt ein. Und gut so.
LG von Agneta:Blume:

Dana 21.09.2015 16:46

Liebe Syranie und liebe Agneta,

so "vorsichtig" wie ich beim Dichten gewesen sind, so umsichtig und einfühlsam sind Eure Kommentare. Dafür herzlichen Dank.
Ich denke oft an Anna, trotz der Jahre die inzwischen vergangen sind.

Liebe Grüße
Dana

Chavali 03.11.2015 15:52

Liebe Dana,

ein Gedicht in interessanter Machart.
Den Beschreibungen folgen in den kurzen Zeilen die persönliche Sicht.

So ein Kind zu kennen ist sicher eine Bereicherung.
Für das eigene Verhalten, aber auch für das Kind, denn aus deinen Zeilen spricht eine
gefühlsmäßige Verbindung, die der kleinen Anna sicher sehr gut getan hat.

Lieben Gruß,
Chavali

Dana 16.11.2015 19:14

Liebe Chavali,

an Deinem Kommentar ist mir eines besonders aufgefallen und wichtig. Ich teile es mit Dir:

Zitat:

Zitat von Chavali
So ein Kind zu kennen ist sicher eine Bereicherung.
Für das eigene Verhalten, aber auch für das Kind,

Glücksmomente, gute Zeiten verblassen und streben nach weiteren. So sind wir.
Jedoch darin, wo wir traurig sind, wo wir glauben benachteiligt zu sein, wo wir Schmerz empfinden - steckt viel Gutes. Es sind tatsächlich Bereicherungen, die für das (unser) Sein in Übertragung und damit einen unermesslichen Wert beinhalten.

Danke und liebe Grüße
Dana

Lailany 19.11.2015 23:36

Liebe Dana,
ein sehr berührender Text, in dem mit sorgfältig gewählten Worten dem Leser das Mädchen Anna vorgestellt wird. Ein Kind, das nicht auffällt, ein scheues, in sich gekehrtes Kind, das sich immer im Hintergrund hält.

Deine sensible Federführung öffnet dem Leser die Augen, um Anna sehen zu können und das Herz, Anna als den Menschen zu sehen, zu dem ihr Umfeld sie gemacht hat.
Dass sie dich gewählt und für wertig erachtet hat, ihr Vertrauen gewinnen zu dürfen, dafür hatte sie bestimmt gute Gründe.

Sehr gern gelesen und besenft.:)

LG von Lai:Blume:


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